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Ser Bote vm Mim Erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag, Donnerstag und Sonnabend mittags Wöchentliche Beilage: »Neue Illustrierte" Monatsbeilage: »Rund um den tAeisingderg" Müglitztal-Zeitung Bezugspreis für den Monat l,l'> BM. einschließlich Iulragen Anzeigen: Die viergespaltene 67> mnr breite jzorpuszeilr oder deren Raum 20 Pf., die X6 n,m breite Aeklome- oder Einge« sandtzeile oder deren Raum 40 Psg. — Bei zwangsweiser Ein treibung erlischt der Anspruch auf etw. Wirderholungsnachlah. Bezirksanzeiger für Altenberg, Geifing, Lauenstein, Bärenstein un- -ie umliegenden Ortschaften Dieses Blatt ist für die Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen des Amtsgerichts Lauenstein, sowie der Stadtbehörden Altenberg, Geising, Lauenstein und Bärenstein behördlicherseits bestimmt Druck und Verlag: F. A. Kuntzsch, Altenberg — Verantwortliche Schriftleitung. Flora Kuntzsch, Altenberg — Fernruf Lauenstein 427 — Postscheck Dresden 11811 — Giro Altenberg 11 Nr. »2 67. Jahrgang Sonnabend, den 6. August 1S32 Die Regierung warnt zum letzten Mate Notverordnung gegen die Terrorakte in Vorbereitung Angesichts der zahlreichen Meldungen über Terrorakte und der von allen Seiten ohne Unterschied der Partei geäu- ßerten Wünsche, daß gegen derartige Ausschreitungen mit aller Strenge vorgegangen werde, hat die Reichsregierung unter dem Vorsitz des Reichsinnenministers eine neue Notverordnung beraten, durch die den Terrorakten mit schärferen Mitteln entgegengetreten werden soll. Die Notverordnung soll verkündet werden, falls in den nächsten Tagen keine Beruhigung eintritt. Sie sieht verschärfte Bestimmungen über den Missbrauch von Waffen und Sprengstoffen vor und ordnet die Einsetzung außerordentlicher Gerichte an, die politische Gewalttaten in einer Art Schnellverfahren aburteilen sollen. Die Strafbestimmungen für unbefugten Landfnedensbruch und Waffenbesitz werden weiter verschärft. Bei schweren politischen Gewalttätigkeiten soll auf Todesstrafe erkannt werden. Wenn die öffentliche Ruhe und Ordnung in den nächsten Tagen nicht weiter gefährdet wird, will die Regierung von der Verkündung der Verordnung absehen. Die Welle -es politischen Terrors In der Nacht zum Donnerstag wurde in Ortelsburg (Ostpreußen) aus einem vorüberfahrenden Auto gegen das Kaufhaus Robert Neumannn eine Brandbombe geschleudert, die die Auslagen in Brand setzte. In der gleichen Nacht wurde das Amtsgericht Mehlanken (Ostpreußen) durch einen Sprengstoffanjchlag beschädigt. In der Umgebung von Dreng- furt (Ostpreußen) wurden am Mittwoch mehrere Feuerüber fälle auf Nationalsozialisten verübt. 2n zwei Fällen gingen die Schüsse fehl, in einem anderen Falle verletzte ein Kom munist einen Mann und eine Frau, die beide der NSDAP, angehörcn, durch Teschingschüsse schwer. In der Nacht wurde ein Nationalsozialist in der Wohnung durch eine von draußen geschleuderte Flasche am Kopfe schwer verletzt. In München kam es in der Nacht zum Donnerstag zu schweren Zusammenstößen zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten, wobei der SA.-Mann Kiefer einen schweren Brustschuß erhielt. -In zwei Kaufhäuser wurden Brandbom ben durch die Schaufenster in das Innere geworfen. 2n einem Bierzelt der Löwenbrauerei und im 2ugendheim der SPD. entstanden Brände, die auf politische Hintergründe zu rückgeführt werden. 2n Sosnitza (Oberschlesicn) wurden zwei Polizisten vom Sozius eines Motorradfahrers beschossen und schwer verletzt, Die Täter wurden festgcnommcn. Der eine hat ein Geständ nis abgelegt; er gehört der NSDAP, an. Bei einer Schlägerei zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten in Mayen bei Koblenz wurden Io Personen verletzt. Zehn Kommunisten wurden von der Polizei ver haftet. 2n einer Wohnung explodierte eine selbstgefertigte Handgranate, wodurch ein Kommunist und sein Vater schwer verletzt wurden. 2n Berlin wurde in der Nacht ein SA.-Mann, der 37- jährige Friseur Fritz Schulz, von Kommunisten erschossen. 2n einen» anschließenden schweren Handgemenge wurden drei Nationalsozialisten durch Schüsse und Stiche schwer verletzt. 17 Kommunisten, darunter der Haupttüter, wurden verhaftet. (Weitere Meldungen 1. Bcilagenseite). Erundlteuererlab bei Mieiaursall Einer Entschließung des Landtages entsprechend erläßt das Sächsische Finanzministerium eine Verordnung über den Erlaß von Grundsteuer bei Mietausfällen. Der Erlaß der Grundsteuer kann in folgenden Fällen bis auf weiteres für die Zeit vom 1. August 1932 ab auf Grund des § 30 des Grundsteuergesetzes gewährt werden: Bleibt der Mietrohertrag eines Grundstücks im Rech nungsjahr um mehr als 20 v. H. hinter der gesetzlichen Miete des ganzen Steuergegenstandes zurück (Minderertrag an Miele), weil Mieträume (Wohnräume oder gewerbliche Räume) ohne Verschulden des Steuerpflichtigen leerstehen oder weil Mieträume infolge der ungünstigen Wirtschafts lage zu einem geringeren Betrag als der gesetzlichen Miete vermietet werden mußten (Billigervermietung) oder weil der Vermieter die bedungene Miele ganz oder teilweise vom Mie ter nicht erhält (Mietausfall), so kann der Teilbetrag der Grundsteuer bis zu Dreiviertel erlassen werden, der dem Ver hältnis des Minderertrages an Miete zur gesetzlichen Miete des ganzen Steuergegenstandes entspricht. Läßt sich für den Steuergegenstand eine gesetzliche Miete nicht feststellen, so tritt an Stelle der gesetzlichen Miete die Jahresrohmiete nach dem Stand am 1 Januar 1931. Soweit Wohngrundstücke die bisher eigenbenutzt waren, ganz oder teilweise unverschuldet leerstehen, kann die auf die leerstehenden Räume während der Dauer des Leerstehens im Rechnungsjahr anteilmäßig entfallende Grundsteuer bis zu Dreiviertel erlassen werden, wenn sie mehr als 20 o. H. der Jahresgrundsteuer des ganzen Steuergegenstandes be trägt. Soweit eigenbenutzte gewerbliche Grundstücke infolge Einstellung, Einschränkung oder Umstellung des Betriebes ganz oder teilweise leerstehen, kann die auf die leerstehenden Räume während der Dauer des Leerstehens im Rechnungs jahr anteilmäßig entfallende Grundsteuer bis zu Dreiviertel erlassen werden, wenn sie mehr als 20 v. H. der Jahresgrund steuer des ganzen Steuergegenstandes beträgt. Ist die Betriebseinstellung oder Betriebseinschränkung jedoch in Verfolgung wirtschaftlicher Vorteile vorgenommen worden, z. B. bei Rationalisierung oder Ankauf und Still legung zur Äusuyaliung ocr Konkurrenz, ,o rann eine er hebliche Härte in der Abforderung der vollen Grundsteuer nicht erblickt, und es kann mithin Erlaß von Grundsteuer nicht gewährt werden. Zur Au'wertung von Sparguthaben Rach den vom Sächsischen Innenministerium angestellten Ermittlungen haben die sächsischen Sparkassen auf die Auf wertungsschuld von insgesamt 479 418 000 RIN bis zum 30. Juni 1932 160 297 000 RM, das ist rund ein Drittel der Aufwertungsschuld, zurückgezahlt. Mit Rücksicht auf die Verhältnisse trägt das Ministerium Bedenken, gegenwärtig Termine festzusetzen, an denen bestimmte Teilbeträge der Aufwertungsguthaben fäl lig werden. Den Sparkassen wird aber in einer Verordnung dringend empfohlen, soweit es ihre finanziellen Verhältnisse irgend ermöglichen, beim Vorliegen eines besonderen Bedürf nisses Abschlagszahlungen auf die Aufwertungsguthaben zu leisten und solche in der in 8 9 der Dritten Verordnung zur Durchführung der Aufwertung der Sparguthaben vom 30. Juli 1927 vorgeschriebenen Höhe von monatlich 100 RM insbesondere auch schon den Gläubigern zu gewähren, die das 60. Lebensjahr vollendet haben. Sachsen und der «eichrlommillar Zur Haltung Sachsens in der Reichsratssitzung vom 2. August erfahren wir auf Anfrage: Die Sächsische Regierung vertritt nach wie vor die Stel lung, daß die Frage der Rechtmäßigkeit eines Reichskommis, iars für Preußen und damit auch die Frage der Instruktion der preußischen Reichsraksstimmen lediglich vom Staats gerichtshof zu entscheiden ist. Diese Stellung war bekannt und deshalb ist sie im Reichsrat nicht wiederholt morden. Sie er übrigt sich auch um deswillen, weil der Reichsrat zu der Frage der Beschlußfähigkeit nicht Stellung genommen hat. Vielmehr haben sich sämtliche außerpreußischen Länder im Ergebnis auf den gleichen Standpunkt wie Sachsen dadurch gestellt, daß sie sich auf eine sachliche Beratung der Tages- :ung eingelassen haben. Politische Umschau Reichstag am 30. August. Nach der Reichs- vcrfassung muß die Reichsregierung den neugewähl- ten Reichstag spätestens am 30. Tage nach der Wahl zur ersten Sitzung zusammenbenffen. Dies ist der 30. August. Wie wir erfahren, hat die Reichsre- gierung die Absicht, die erste Sitzung des neuen Reichstages auf diesen Tag anzuberaumen. Sie dient der Konstituierung des Hauses, die durch Na mensaufruf und durch die Feststellung der Beschluß fähigkeit geschieht. Alterspräsidentin ist nach dem Geburtsdatum die bekannte kommunistische Abgeord nete Klara Zetkin. Da sich Frau Zetkin ständig in Moskau aufhält und ihr Gesundheitszustand zu wün schen übrig läßt, waren Zweifel aufgetaucht, ob sie das Amt des Alterspräsidenten annehmen würde. Wie von kommunistischer Seite mitgeteilt wird, ist aber daniit zu rechnen, daß sie zur Eröffnungssitzung des Reichstages nach Berlin kommen wird, um ihr Amt als Alterspräsident auszuüben. Die Reichsre gierung steht nach wie vor auf dem Standpunkte, in unveränderter Zusammensetzung mit einem groß zügigen wirtschaftlichen und politischen Reformpro- gramm vor den neuen Reichstag zu treten. Die hartnäckigen Polen. Der polnische Ge sandte begab sich am Donnerstagnachmiltag erneut zum Reichsaußenminister. 2m Verlaufe der Be sprechungen wurde seitens des polnischen Gesandten auch die Angelegenheit des Flaggenzwischensalles in Warschau gestreift, nachdem die polnische Regierung bereits, wie berichtet, eine Note an die Neichsregie- rung gesandt hatte. 2n dieser Note hat die polni sche Regierung, ohne auf Einzelheiten einzugehen, lediglich noch einmal ihren Protest zum Ausdruck gebracht. Die Note wird von der Reichsregierung unverzüglich beantwortet werden, und zwar in dem selben Sinne, den der Reichsaußenminister dem pol nischen Gesandten gegenüber bereits am 2. August zum Ausdruck gebracht hatte: daß nämlich der Sachverhalt bereits geprüft sei und das Verhalten des deutschen Geschäftsträgers v. Rintelen durchaus der internationalen Übung entsprochen habe. Aus diesem Grunde müsse der Protest der polnischen Re gierung zurückgewiesen werden. So sorgt die Tscheche- für ihre Bevölke rung! Aus Karpathorußland schreibt man der NSK.: 2n Karpathorußland herrscht Hunger und Verzweiflung. Es ist eine Not, die man sich auch in den schlimmsten Arbeiislosenbezirken des Westens nicht vorstellen kann. Der Miskolozer Erzbischof An tal Popp, der seinerzeit als ungarischer „Agitator" aus der Tschechoslowakei ausgewiesen wurde, sam- melte in Ungarn, seinem jetzigen Wohnsitz, sieben Waggons Getreide und Kartoffeln, die er an die Adresse des karpathorussischen Autonomisten 2van Kurtyak, als Hilfe für die Hungernden sandte. Das wäre für viele Tausende Menschen eine Hilfe in schlimmster Not geworden! Die Waggons standen fast zwei Monate an der Grenze; denn die tschecho slowakische Grenzwache ließ sie nicht herein. Die Behörden verweigerten die Weiterbeförderung und das Ausladen der Lebensmittel. Jetzt, nach fast drei Monaten, wurde die Einfuhr dieser Lebensmittel- spende endgültig verboten. Die ungarischen Behör den mußten die Lebensmittel von der Grenze ab- transportieren und versteigern. 2n Karpathorußland aber hungern die armen Gebirgsbauern und die Waldarbeiter weiter, und nichts rührt sich, um ihr schlimmes Los zu mildern. Preutzenparlament am 16. August. Der Ältestenrat des Preußischen Landtags beschloß, den Landtag auf Dienstag, den 16. August, einzuberufen. Der Landtag wird dann eine allgemeine Aussprache über die Einsetzung des Reichskanzlers von Papen zum Reichskommissar in Preußen und über die Ter rorakte der letzten Tage abhalten, für die zwei Tage in Aussicht genommen sind.