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Zwönitz und Umgegend 6. Jahrg. Dienstag, dm 31. Mai 1881. . 4? v« Inserate werden bi- spätestens Mittag» de» vorhergehenden Tage- de- Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit io Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Erscheint wöchentlich drei Nal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). AbonnementSpreiS beträgt vierteljährlich 1 Mark 20 Pf. prwnumerauäo. Organ für den Stabtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. Anzeiger Tagesbericht. — In Bezug auf das Befinden des durchlauchtigsten Prinzen Albert (Sohn Sr. königl. Hoheit des Prinzen Georg) haben wir zu unserm schmerzlichsten Bedauern zu berichten, daß trotz des Land aufenthalts in Hosterwitz und durch den Genuß der ozonreichen Luft die gehoffte Besserung bis jetzt noch nicht erfolgt ist. Hochderselbe liegt unausgesetzt im Bett und nimmt im Ganzen äußerst wenig Nahrung zu sich. Die Blutungen sind dagegen in der letztvergange nen Woche seltener geworden. — Wie gefährlich es ist, sich erhitzt dem Luftzuge in einem Eisenbahnwagen auszusetzen, dies beweist wiederum folgender Fall. Ein Mann von Eilenburg suchte mit Anstrengung aller Kräfte den Eisenbahnzug nach Leipzig zu erreichen, was ihm auch gelang. Er hitzt setzte er sich an das Fenster eines Wagens und ließ sich ab kühlen. Doch bald verspürte er ein Stechen und Prickeln in den Augen, und als er in Leipzig ankam, war er erblindet, mußte einen Augenarzt consultiren, der nur geringe Hoffnung auf Genesung geben konnte. — Zu dem so lehrreichen Kapitel über den Werth von Lotte rien zum Besten von wohlthätigen und sonstigen Anstalten, bei denen die Gewinne „im Werthe von" eine wichtige Rolle spielen, liefert nachstehendes Geschichtchen eine interessante Illustration. Der Haupt gewinn der Schles. Musikfest-Lotterie, zu welcher Loose auch in Sachsen vertrieben werden durften, bestand aus einer 1'/z Centner schweren silbernen Nachbildung des National-Denkmals auf dem Niederwalde, dessen Werth seitens des Comitee's auf 35,000 Mark angegeben wurde. Ursprünglich war dieses Silbermonstrum seitens der Berliner Kaufmannschaft als Geschenk zur goldenen Hochzeit unseres Kaiser paares bestimmt gewesen, jedoch nicht rechtzeitig fertiggestellt und ab genommen worden. Bekanntlich erhielt den Gewinn der blinde Flügelstimmer Friedemann in Breslau, aber alle Versuche des Glück lichen, den Gewinn auch nur für die Hälfte der obigen Summe zu veräußern, find gescheitert, vergebens wandte er sich an eine große Zahl Standesherrn, sowie der höchsten Vertreter der Geldaristokratie — von allen kam .abschlägige Antwort. Friedemann beabsichtigt nun, um überhaupt einen Nutzen aus dem Gewinn zu ziehen, den selben lediglich nach dem Silberwerth zu verkaufen. Das schöne Prachtstück im Werthe von 35,000 Mark muß mit dem Hammer zerschlagen und als Bruchsilber verkauft werden, um verkäuflich zu werden. — Dresden, 29. Mai. Mit furchtbarer Gewalt stürzte gestern Mittag in der Zeit von 12 bis gegen 2 Uhr Gewitterregen — man sagt eine Wasserhose — über den Plauenschen Grund. Hatten die Felder schon durch den Regen die Tage daher gelitten, so wurde gestern das Meiste, was menschlicher Fleiß geschaffen, in kurzer Zeit zerstört und unberechenbarer Schaden angerichtet. Die Ortschaften Kleinnaundorf, Neu-Bannewitz, Niederhäßlich, wie namentlich auch Potschappel scheinen am schwersten betroffen. Ihre Thallage macht ein Zusammenströmen des Wassers möglich, das in wilden Fluthen durch die Dorfstraßen rauschte und auf seinem Wege die verschieden artigsten Gegenstände, selbst Schuppen, kleine Ställe rc., sowie Thiere mit fortriß. Die am Anfang von Kleinnaundorf stehenden Häuser, sowie der Gasthof standen mit ihren Hinteren Fronten buchstäblich tief im Wasser, die Garteneinfriedigungen sammt Säulen und Grund mauern wurden fortgerissen. Kalte Blitzschläge erfolgten auf dem Segen-Gottes-Schachte und in Neu-Bannewitz in ein Freiherrlich von Burgk'sches Haus; in Niederhäßlich soll der Blitz auch gezündet haben. Der.Eisenbahnverkehr war vorläufig vollständig unterbrochen, die Gleise mit Kies und Steinen meterhoch überschüttet, sowie auch der Bahnhof Potschappel völlig überfluthet. Der um 1 Uhr vom böhmischen Bahnhof abgelassene Lokalzug nach Tharandt blieb zwischen Hainsberg und Deuben in der Jluth stecken, und der sonst um 2 Uhr 31 Min. von Chemnitz hier ankommende Zug traf nicht ein. Dieser sowohl, wie der um Uhr in Dresden eintreffende waren in Tharandt aufgehalten worden. Nach mehrstündiger Arbeit gelang es jedoch, wenigstens ein Geleis wieder fahrbar zu machen und so ging zuerst der um 4 Uhr abgehende Courierzug um ^6 Uhr und hinterher der 3 Uhr-Zug nach Chemnitz ab, auch trafen bald darauf die aufgehaltenen Züge ein. Von 7 Uhr an hoffte man den Verkehr der Züge wieder regelmäßig, wenn auch nur auf einem Geleise, zu gestalten. — Der Andrang zu den überflutheten Orten mar schon gegen 4 Uhr kolossal und der Anblick, der sich um diese Zeit bot, ein tiefbetrübender. An der Weißeritz, welche um ca. 1 Meter angeschwollen und überall, auch hier bei Dresden, weit über die Ufer getreten ist, sind die Ufer-Böschungen, die Werke fast 20jähriger Arbeit, fast ganz zerstört, die jungen Bäume und Weiden- Anpflanzungen weggerissen u. s. w. An den Ufern der Weißeritz bis herein nach Dresden wurde noch gegen 6 Uhr alles nur Mög liche: Stühle, Leitern, Tische, Geräthschaften und selbst Schweine u. s. w. aufgefischt. — Zwickau, 27. Mai. Nachdem in den späteren Vormittags stunden drohende Wolken sich gezeigt, traten gegen Mittag mehrere Gewitter hier auf, die unter mehrfachen starken Schlägen und fast ununterbrochenem Donner sich wiederholt in starken Regengüssen, das einemal untermischt mit Schloßen, entluden und gegen Uhr, wenn auch etwas gemindert, noch andauerte. Der Regen, soweit er nicht durch seine Heftigkeit hier und da geschadet, dürfte dem Pflan- zenmachsthum nur förderlich sein. Die gestern zur Himmelfahrt hier und auswärts vorgekommenen Gewitter waren bei weitem nicht so heftig und andauernd als die heutigen und brachten ebenfalls er quickenden Regen, obwohl sie für Touristen und Spaziergänger theil weise recht störend sich geltend machten. — Zwickau, 28. Mai. Obwohl bei dem gestrigen schweren und andauernden Unwetter unsere Stadt selbst, und deren engere Umgebung, soweit bis jetzt verlautet, mit der Besorgniß beziehentlich bei den mehrfachen sehr heftigen Schlägen mit dem Schrecken davon gekommen sind, gehen uns doch von verschiedenen Seiten Nachrichten über angerichteten Schaden zu, die wenigstens die Bedeutung der vorhanden gewesenen Gefahr ermessen lassen. So hat aller Wahr scheinlichkeit nach der Blitz mehrmals den Marienkirchthurm oder doch die Leitung des von demselben nach der Feuerwache führenden elektrischen Telegraphen getroffen, so daß dieser nach dem Gewitter den Dienst versagte. Die zum Schutze des Fernsprechapparats an gebrachte Blitzschutzvorrichtung war zerstört, hierdurch aber weiterer Schaden an dem Apparat verhütet worden. Ain Abende functionirte der sofort reparirte Telegraph bereits wieder. Wahrscheinlich hängen die in einigen Parterrelocalitäten des Rathhauses bemerkten elek trischen Erscheinungen mit dem Einschlagen in den Telegraphen zu sammen. Uebrigens hat sich die neu hergestellte Blitzableitung des Marienkirchthurms bewährt. Unter den von auswärts eingegangenen Nachrichten ist auch eine Meldung darüber hierher gelangt, daß ein Blitzstrahl das Wohngebäude des der Stadtgemeiude Zwickau ge hörigen Rittergutes Niederhaslau getroffen und daselbst am Dache, dem Giebel uno einigen Scheidewänden Zerstörungen angerichtet hat. Ferner wird von einem Augenzeugen uns mitgetheilt, daß am Brttckenberg, in der Nähe der Waschanstalt, ein Baum durch einen Blitzstrahl entzündet, das Feuer jedoch durch den strömenden Regen alsbald wieder gelöscht worden ist. Außerdem sind uns bis jetzt folgende Fälle bekannt geworden: 1) schlug der Blitz in ein an der Pöhlauer Straße gelegenes Haus, fuhr am östlichen Giebel herab in eine Dachkammer, richtete hier verschiedene Verwüstungen an, setzte seinen Lauf nach mehreren Zimmern fort, zündete das Deckeurohr an und beschädigte vielfach den Bewurf; 2) schlug der Blitz in ein an der Hermannstraße gelegenes Haus, auch hier verschiedene Verheerungen anrichtend; gleiche Wirk ungen hatte