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Erscheint wöchentlich drei Mal und zwar Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (vormittag). Abonnement-preiS beträgt vierteljährlich I Mark so Ps. ÄiiMtr für Inserat« werden bi« spätestes Mittags de« vorhergehenden Tage- det Erscheinen« erbeten und die Corpu-spaltenzeile mit >0 Pf., unter „Eingesandt" mit so Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stabtgemeinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz, verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. , 1Ä2 Donnerstag, den 28. December 1882. 7. Jahrg. Oeffentliche Sitzung -es Stn-tgemein-eraths zn Zwönitz Freitag den 29. Decermer a c. Abends 5 Uhr. Die Tagesordnung ist am Nerhandlungstage in dser Hausflur des Rathhauses öffentlich ausgehängt. Einige Glossen zum jüngsten Kriegslärm. Es ist uns zwar niemals eingefallen, trotz alles Kriegslärms der letzten Wochen den Frieden für ernstlich gefährdet zu halten und wir haben fest an der Meinung gehalten, daß auch die bisherigen Grundlagen des Friedens in Europa keine wesentliche Erschütterung erfahren haben, aber leider ist es eine nicht wegzuläugnende That- sache, daß der jüngste Kriegslärm, der in der Kölnischen und Vos- sischen Zeitung wegen Rußland angeschlagen wurde, iu vielen Kreisen eine wahre Panik hervorgerufen hatte, die höchst verderblich auf die ganze Geschäftswelt wirkte und manches Unheil anstiftete. Aus die sem Grunde möchten wir doch das Haltlose und Lächerliche der Kriegslärmepoche ein wenig unsern Lesern vor die Augen führen, damit sie sich bei späteren Anlässen an das Sprichwort erinnern: „Bange machen gilt nicht!" Daß es zwar angesehene Zeitungen gewesen sind, welche in die Kriegsposaune gestoßen haben, hindert lins nicht im Geringsten, mit dem Kriegslärme etwas scharfe Abrechnung zu halten, denn entweder hatten jene Zeitungen selbst infolge einiger außergwöhnlichen Berichte von der russischen Grenze den Kopf verloren oder sie haben leicht fertiger Weise eine Panik heraufbeschworen, deren Tragweite und Wirukng geradezu verdammenswerth genannt werden muß, denn wir wissen, daß der Ueberfall von Seiten Rußlands gar nicht geplant war, daß auch die russischen Kriegsrüstungen nicht entfernt jene Be deutung haben, die ihnen zugeschrieben wurde und daß schließlich die furchtbaren Enthüllungen der Kölnischen und Vossischen Zeitung iu ein Nichts zusammenfallen, sobald man fle näher prüft. Rußland ist kriegsbereit, vollständig kriegsbereit, hieß es in den sensationellen Artikeln jener Zeztungen. Wir möchten nnn jeden Vernünftigen fragen, ob er Deutschland, welches politisch und mili tärisch von einem Kaiser Wilhelm, einem Bismarck, einem Moltke und andern bewährten Diplomaten nnd Generälen geleitet wird, für weniger kriegsbereit hält als Rußland, und ob jeder gute Deutsche nicht hoffen darf, einen abermaligen Angriff auf Deutschland durch unser tapferes Heer so abgewiesen zusehen wie es 1870/71 geschah. Mit der Phrase: Rußland ist kriegsbereit — sollte also Deutschland nicht im Geringsten zu erschrecken sein, außerdem müssen wir uns aber auch erlauben, an der factischen Kriegsbereitschaft ein wenig zu zweifeln. Wahr ist allerdings, daß Rußland in seinem Heere und in der Aufstellung desselben einige wesentliche Reformen durchzuführen im Begriff ist, aber haben wir in den letzten Jahren nicht auch Fest ungen verstärkt und zahlreiche neue Regimenter und Batterien er richtet? — Unwahr, ja erlogen ist es aber, wenn behauptet wurde, Rllßland hätte in Polen ein mobiles Heer von 400,000 Mann auf gestellt. Die Aufstellung eines solchen Heeres würde den ganzen dortigen Eisenbahnverkehr wochenlang in Anspruch genommen haben, wovon Niemand etwas gemerkt hat und die Aufstellung von 400,000 russischen Soldaten an der deutschen und österreichischen Grenze würde ein Weltereigniß sein, welches sich wohl nicht vollziehen würde, ohne daß es die deutschen und österreichischen Generalstabsoffiziere bemerkt und sofortige Gegenmaßregeln bewirkt haben würden. — Geheimnißvoll meldete auch die „Vossische Zeitung," daß eine Kriegs- casse mit 2 Millionen Rubel von Petersburg nach Warschau gesandt worden sei?!? O „Vossische Zeitung," das mobile Heer einer Groß macht-kostet jeden Tag so ein paar Millionen und in den 2 Mil lionen Rubel ist wahrscheinlich die Friedenslöhnung der in Polen stehenden russischen Soldaten zu sehen. — Nun munkelt aber Dieser und Jener: „Aber etwas muß doch dahinter stecken!" Ja freilich steckt etwas dahinter, aber nicht Neues, nämlich die Thatsache, daß wir bereit« seit drei Jahren unsere enge Freundschaft mit Rußland gegen diejenige Oesterreichs vertauscht haben und daß man aus diesem Grunde zuweilen einen Kriegsteufel mit Rußland an die Wand malt, während doch die thatjächlichen Verhältnisse damit in Widerspruch stehen. Tagesbericht. — Zu vielen Klagen und Beschwerden giebt seit vielen Jahren der Umstand Anlaß, daß das abgehende Gesinde schon am 31. Dec. den Dienst zu verlassen pflegt. Wir weisen dies auf den H 19 der sächsischen Gesindeordnung hin, in welchem der Antrittötag für da» neue Gesinde und der Abzugstag für das abgehende der 2. Januar ist, Dienstherrschaften also auch zur Auszahlung des am Schluffe de« der Dienstzeit fällig werdenden Lohnes bez. der Ausstellung des Dienstzeugnisses vor den bezeichneten Terminen nicht verpflichtet sind. — Chemnitz, 21. Decbr. (Gerichtssitzung der Strafkammer II.) Der Papiermacher Adolf Moritz Giebel aus Zwönitz befand sich am Nachmittag des 13. November 1882 in der U'schen Restauration zu Hoheneck und hielt sich daselbst darüber auf, daß es ihm, der eben erst eine wegen Brandstiftung ihm zuerkannte fünfjährige Zucht hausstrafe verbüßt hatte, so schwer sei, Arbeit zu bekommen. Er sprach sich weiter zu Angehör verschiedener Gäste dahin aus, er werde, um wieder aus's Zuchthaus zu kommen, wieder Feuer an» legen, indem er ganz genau beschrieb, wie er dabei zu Werke gehen wolle, sodaß die Anwesenden dadurch in Besorgniß geriethen. Wegen der dadurch verhangenen Störung des öffentlichen Friedens traf ihn heute eine zweimonatige Gefängnißstrafe. — Schönheide, 20. Decbr. Es wird in unserem enteren Vaterlands Sachsen noch wenig Gemeinden von der Größe und in dustriellen Bedeutung unseres Ortes geben, in welchem nicht eine communliche Sparcasse anzutreffen ist. Dieser bisher bei uns noch vorhandene Mangel wird nunmehr dadurch gehoben werden, daß mit Anfang des nächsten Jahres mit Genehmigung der hohen Staats behörde eine Gemeindesparcasse in's Leben tritt. — Zittau. Zwischen hier und Gabel (Böhmen) ist einem Pascher ein Wagen mit 28,000 Cigarren confiscirt worden. T>er Pascher selbst entfloh. Deutschland. Von allen Seiten hat sich der politische Hori zont wieder geklärt, aber noch umlagern denselben dunkele Streifen und eine gewisse Verstimmung ist nicht nur in den leitenden Regionen, sondern aucb in der öffentlichen Meinung zurückgeblieben. Man fragt sich erstaunt, zu welchem Zwecke denn der ganze Stürm, welcher in den letzten Wochen die Spalten der deutschen, österreichischen und russischen Blätter durchtobte, entfesselt war, auf welcher Basts eigene lich jene sensationellen Artikel: „Krieg in Sicht" „Russische Rüstungen" „Kriegerische Aussichten" u. s. w. wurzelten? .Unzweifelhaft sind die ersten kriegerischen Posaunenstöße von der.„Navdd. AUg. Ztg." aus gegangen und ihr secundirte dann die „Köln. Ztg,", nachdem vorher das rheinische Blatt die merkwürdigen Enthüllungen über das deutsch österreichische Bündniß gebracht hatte; die genannten Blätter haben hierbei wenigstens bei dem Character der „Nordd. Allq-Ztg." kann man dies als ganz sicher bei diesem Blatte annehmen, officWsow Winken und Andeutungen gefolgt. Ueber die eigentliches UrMM! dieses Zeitungssturmes wird man einstweilen wohl noch im UnMrU bleibe», jedenfalls aber kann man aus der ganzen deutscheöster'reichtzche» russischen Affaire entnehmen, daß in dem gegenseitigen Verhältnis der betheiligten Mächte nicht Alles den bisherigen Darstellungen bei! officiösen Organe entspricht, haß abör dieses Verhällniß noch qM entfernt ist, sich zu einem gespannten zu gestalten, erscheint.sicher und. so wird sich hoffentlich auch die nicht wenig erregte öffentliche Mein ung wieder beruhigen. . Die am 20. December stattgefundenen Neuwahlen' zur würtzvn«, bergischen Abgeordnetenkammer haben im Allgemeinen eine N»«d«k läge des württembergischen Flügels der süddeutschen VokkstjarW gegenüber der deutschen Reichspartei ergebest. Ist StstttgMMad^ Eßlingen, Göppingen, Tübingen, Kraissheim, Leldenheim und auch- wahrscheinlich in manchen ländlichen Wahlbezirken siegten die Can didaten der Reichspartei gegenüber den bisherigen democratischen Vertretern. Bekanntlich verlor die deutsche ReiqWrtet bei den letzten