Volltext Seite (XML)
Erscheint wöchentlich drei Mal und -war Dienstag, Donnerstag und Sonnabend (Vormittag). Abonneinentspreis beträgt vierteljährlich l Mark 20 Pf. prsennmeranäo. Anzeiger Inserate werden bis spätesten- Mittags des vorhergehenden Tages des Erscheinens erbeten und die CorpuSspaltenzeile mit 10 Pf., unter „Eingesandt" mit 20 Pf. berechnet. Zwönitz und Umgegend. Organ für den Stadtgemcinderath, den Kirchen- und Schulvorstand zu Zwönitz. Verantwortlicher Redacteur: Bernhard Ott in Zwönitz. .>4? Dimstag, den 12. April 1881. 6. Jahrg. Tagesbericht. — Ain vorigen Mittwoch erlaubte sich in Dresden im Schöffen gerichtssaale ein im Zuschauerraum befindlicher Mann den frechen Scherz, seinem auf der Anklagebank befindlichen Freund — die Schnapsflasche zum Trinken anzubieten. Es geschah dies während der Pause, als sich der Gerichtshof zum Fällen des Urtheils zurück gezogen hatte. Der freche Patron wurde mit 2 Tagen Haft be straft und mußte seine Strafe sofort antreten. — Leipzig, 7. April. Das „L. T." schreibt: In der Sitzung des Reichstages am 2. April unternahm der Abgeordnete Eugen Richter wieder einen seiner bekannten leidenschaftlichen Angriffe gegen den Reichskanzler Fürst Bismarck, den er so gern, wenn seine Kräfte dazu ausreichten, von der Leitung der Negierungsge schäfte verdrängen möchte. Herr Richter stellte unter Anderem die Behauptung auf, daß der Schöpfer der deutsche» Einheit, Fürst Bismarck, das Prestige iin Volke verloren habe, was mit anderen Worten heißt, daß der Reichskanzler kein Ansehen und keine Sym pathie mehr im Volke genieße. Nach dem amtlichen stenographischen Sitzungsbericht ist dem Abgeordneten Richter daraus vom Fürsten Bismarck folgende Abfertigung zu Theil geworden: Ich will, bevor ich auf die Sache eingehe, kurz auf einige der letzten Bemerkungen des Herrn Vorredners antworten, weil ich dieselben bei ihrem ge ringeren Schwergewicht sonst vielleicht vergessen möchte. Er hat damit geschlossen, daß mein Prestige im Schwinden wäre. Ja, wenn er Recht hätte, möchte ich sagen: Gott sei Dank! denn Prestige ist etwas furchtbar Lästiges, Etwas, an dem man schwer zu tragen hat und das man leicht satt wird. Mir ist es vollkommen gleich gültig. Ich habe, wie ich sehr viel jünger war, ungefähr im Alter des Herrn Vorredners, als vielleicht noch mehr Ehrgeiz in mir steckte, Jahre lang ohne jedes Prestige, im Gegeutbeil als Gegen stand der Abneigung, wenn nicht des Hasses der Mehrheit meiner Mitbürger mich wohler, zufriedener und gesünder befunden als in den Zeiten, wo ich am populärsten gewesen bin. Das Alles hat für mich keine Bedeutung; ich thue meine Pflicht und warte ab, was daraus folgt. Der Herr Vorredner hat Das hauptsächlich da mit begründet, daß die Arbeiter den Beistand ablehnen, den ihnen die NeichSregierung zu bringen sucht. Darüber kann der Herr Vor redner noch gar keine Nachricht haben; was die Masse der Arbeiter denkt, das weiß der Herr Vorredner gar nicht; was die eloquenten Streber, die an der Spitze der Arbeiterbewegungen stehe», was die gewerbsmäßigen Publicisten, die die Arbeiter als ihr Gefolge brauchen, und die unzufriedenen Arbeiter als Gefolge brauchen, was Die darüber denken, darüber wird der Herr Vorredner ganz gewiß genau unterrichtet sein. Aber was der Arbeiter im Allge meinen denkt, wollen wir abwarteu. Ich weiß nicht, ob diese Frage in ihrer Bedeutung überhaupt schon bis zu ihrer Erwägung außer halb der gelehrten Arbeiterclubs, außerhalb der leitenden Streber und Redner vollständig durchdrungen ist. Wir werden ja bei den nächsten Wahlen die erste Probe davon haben, ob der Arbeiter sich dc.nu, geschweige jetzt, ein volles Urtheil darüber schon gebildet hat. — Das Polizeiamt der Stadt Leipzig macht Folgendes be- km nt: „In den frühen Morgenstunden des 1. d. Mts. ist in der Wohnung einer älteren Dame, des Frl. Kreußler, in Nr. 22 der Kleinen Fleischergasse, Feuer entstanden, und hat man die Bewohnerin des Logis in selbigem erstickt und mit Brandwunden bedeckt aufge funden. Zufolge «euerer Erhebungen dürfte es keinem Zweifel unterliegen, daß die Logishaberin nicht verunglückt ist, sondern daß ein Raubmord vorliegt. Es werde» nun aus der Wohnung zwei Aktien der Allgemeinen Deutschen Kreditanstalt snd Nr. 24,530 und 50,726, 2 Aktien der Sächsischen Bank 8ud Nr. 16,693 und 29,831, 3 Galicische Karl-Ludwigsbahn-Prioritäten II. Emission sud Nr. 54,352—54, ferner eine flache goldene Zylinderuhr mit weißem Zifferblatt, 17—19 Linien groß, eine kleine silberne Zylmderuhr, eine kurze goldene Panzerkette, ein längliches Medaillon, bestehend aus einer in Gold gefaßten Gemme, ein paar goldene Ohrringe mit langen Glocken, zwei kleine goldene Ringe, ein Portemonnaie mit silbernen Schaalen und rothem Futter, eine dunkelrothe Börse mit Silberperlen vermißt. Wir bitten dringend, unserer Kriminal- abtheilung sofort Notiz zu geben, falls Jemandem über den Verbleib obiger Werthgegenstände, die möglicher Weise Jemandem in Ver wahrung oder Versatz gegeben, bez. auch irgendwo versteckt sein dürften, etwas bekannt sein sollte, und setzen hiermit für Denjenigen eine Belohnung von dreihundert Mark aus, welcher zuerst Mittheilung macht auf Grund deren die Herbeischaffung der geraubten Gegen stände ermöglicht wird. Leipzig, am 7. April 1881. Das Polizei amt der Stadt Leipzig." — Chemnitz. Von angeblich glaubwürdiger Seite wird der „CH. Ztg." geschrieben: Der Spinnereibesitzer D. in H. bei Chemnitz hatte letztwillig bestimmt, daß er in Gotha durch Feuer bestattet zu werden wünsche und die Hinterlassenen erfüllten natürlich diesen Wunsch. Beim Fortbringen der Leiche aus der Behausung ersuchten dieselben den dortigen Pastor K., die christliche Einsegnung vorzu- nehmem Dieser aber verweigerte dies, „da Herr D. durch den Wunsch, in Gotha durch Feuer beerdigt zu werden, ein christliches Begräbniß abgelehnt habe" (wörtlich aus dem Antwortschreiben des Herrn Pastor). Die Geistlichkeit in Gotha hat aber bereitwillig dem Verstorbenen die letzten kirchlichen Ehren erwiesen und ihrer Verwunderung ü der die Weigerung des vorerwähnten Geistlichen Ausdruck gegeben- Die Freunde des Verstorbenen wollen diese An gelegenheit nicht ruhen lassen, sondern dafür sorgen, daß dieselbe im sächsischen Landtage bei Berathung des Cultusetats zur Sprache kommt. — Das Programm für den vom 16. bis 18. Juli d. I. in Döbeln stattfindenden 9. sächs. Feuerwehrtag ward folgendermaßen festgestellt. 1. Tag: Berathnngen, Schulübungen der Feuerwehr, Festzug (Nachmittags 3 Uhr), Manöver der Döbelner Feuerwehr, geselliges Beisammensein, Concert. 2. Tag: Vorführung neuer Er findungen, wissenschaftliche Vorträge über Löschwesen, Excursionen. Jeder auswärtige Feuerwehrmann hat 3 Mark als Festbeitrag zu zahlen. — Aus Döbeln schreibt man: Die Auswanderung hat in letzter Zeit auch in unserer Stadt große Dimensionen angenommen, und ist der Grund hiervon wohl in dein allgemeinen Mangel an hinreichender Arbeit zu suchen, wozu die kürzlich stattaefündenen Arbeiterentlassungen aus hiesigen Fabriken noch wesentlich beigetragen haben. Der größte Theil der auswandernden Familien hat sich als Ziel die nördlichen Staaten Nordamerikas erwählt; hoffentlich wird sich mit herannahendem Frühling wieder volle Beschäftigung ein stellen und damit die Auswanderungslust nachlassen. — Riesa. Mit dem 1. April ist für die Strecke Riesa-Leipzig ein ermäßigter Tarif für den Langholzverkehr in Kraft getreten. Dieser Verkehr hatte sich nämlich in der vorigen Schifffahrtsperiode zu einem großen Theil nach Torgau gewendet, von wo aus das Holz zu einem billigeren Frachtsätze nach Leipzig befördert wurde. Doch hofft man, durch die angegebene Anordnung den Verkehr wieder hierher zu ziehen. — Die Mügelner freiwillige Feuerwehr hat den Beschluß ge faßt, sich in kürzester Zeit aufzulösen. — Bischofswerda. Am Montag Nachmittag wurde der Kellner des Gasthauses zur „goldenen Sonne" vom Besitzer desselben beauftragt, eine Summe Geld von über 500 Mark auf der königl. Steuer-Einnahme abznliefern, der betreffende Kellner zog es aber vor, sich mit dem Gelde aus dem Staube zu machen, und gelang hm dies auch insoweit, als er sich zu Fuß von dort nach Hartha» irgeben und von da die Bahn nach Dresden benutzt hatte. Jedoch der Telegraph versagte seine Wirkung nicht, denn der Durchbrenner wurde in Dresden schon am Perron des Bahnhofes von der Gen-