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Der Grrnsiwtr Der Grenzbote erscheint täglich mit Ausnahme des den Sonn- und Feiertagen folgenden Tages und kostet vierteljährlich, voraus bezahlbar, 1 Mk. 2t- Pfg. Bestellungen werden in der Geschäftsstelle, von den Austrägern des Blattes, sowie von allen Kaiser!. Postanstalten und Postboten angenommen. Inserate von hier und aus dem Verbreitungs bezirk werden mit 10 Psg-, von auswärts mit 15 Pfg. die 4mal gespaltene Grundzeile oder deren Raum berechnet und bis Mittags 12 Uhr sür den nächstfolgenden Tag erbeten. Reclamen die Zeile 20 Pfg. TUM mii Anzeiger für Mors und das ödere Vogtland Verantwortlicher Nedacteur, Drucker und Verleger: Atto Weyer in Adorf. Hierzu Sonntags die illustrirte Gratisbeilage „Der Zeitspiegel". Sonntag, den 11. November 1900. 302. Politische N««-schan Berlin, 9. Novbr. In hiesigen Regie rungskreisen wird gegenüber der Londoner Meldung, daß der russische General Lenewitsch die Annexion chinesischen Gebietes in Tientsin pcoclamirt habe, die größte Zurückhaltung beob achtet. Man lehnt es direct ab, sich zu dieser Angelegenheit, die in ihrer bisher gemeldeten Form nicht sür genügend beglaubigt erachtet wird, irgendwie zu äußern. Diese überaus vor sichtige Haltung ist angesichts der heiklen Natur der ganzen Angelegenheit sehr begreiflich, denn wie man sich erinnern wird, schweben zwischen England und Rußland schon seit längerer Zeit Controvcrsen über die Art, wie die Russen in Tientsin vorgingen und die chinesischen Bahnen in ihre Verwaltung genommen haben. Berlin, 9. Noobr. Wie das „Berl. Tgbl." erfährt, beruht die Meldung der „Münch. Allg. Ztg.", daß die Höhs der für den Chinafeldzug verwendeten Summen, für welche der Reichstag Indemnität bewilligen solle, 80 bis 100 Mill, betrage, auf willkürliche Kombination. Berlin, 9. Novbr. Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: Dis „Rheinisch-Westfälische Ztg." stellt wiederholt die Behauptung auf, ein für Sürwestafrika entscheidender Beamter' des Aus wärtigen Amtes habe kürzlich Deutsch-Südwest- Afrika „nur noch als Tauschobjekt" bezeichnet. Der Aufforderung verschiedener Blätter, den an geblichen Beamten zu nennen, ist die „Rheinisch- Westfälische Zeitung" bisher ausgewichen. Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß keine der in Betracht kommenden Stellen eine solche oder ähnliche Aeußerung gethan hat, die völlig grund los wäre, da selbstverständlich keinerlei Absichten, Verhandlungen oder gar Abmachungen bestehen, die irgendwie zum Gegenstands hätte, eines oder das andere unserer afrikanischen Schutzgebiete ganz oder theilweise zu veräußern. Konitz, 9. Novbr. Im Meineidsproceß Maßloff und Genossen beantragte der Staats anwalt, das „Schuldig" gegen alle Angeklagten auszusprechen. Der Oberstaatsanwalt schließt sich dem Antrag an und führt in längerer Rede aus, daß selbst Fürstbischof Dr. Kopp den Ritual mord für ein Märchen halte. Der Familie Lewy sei es vollständig gelungen, ihr Alibi nach zuweisen. Rechtsanwälte Vogel und Hunrath plaidiren für „Nichtschuldig" bei der Maßloff und Roß. Morgen Vormittag wird die Ver handlung fortgesetzt. Paris, 9. Novbr. Das französische Eelb- buch enthält Mittheilungen über einen bisher völlig unbekannt gebliebenen Plan des Prinzen Taching, der am 1. Juli einen Aufstand gegen den kaiserlichen Hof Hervorrufen wollte. Frank reich und Rußland wollten das Pronunciamento des Prinzen unterstützen, die übrigen Mächte aber hielten ein solches Beginnen nicht für opportun. Die darauf bezüglichen Unterhandlungen wurden von Kabine! zu Kabinel geführt. Die Pekinger Gesandten wußten von dieser Combina- twn nichts, sie hatte wenigstens den Lrsolg, daß das Bombardement der Gesandtschaften zeit weilig eingestellt wurde. — Diese Publikation dürs-e die Eifersucht Li-Hung-Tschangs, der sich schon in der letzten Zeit sehr gereizt zeigte, noch steigern. — Die Gegensätze, welche zwischen englischen und russischen Truppenführern im Laufe des ostasiattzchen Feldzuges wiederholt in kleinen Re dereien sich Luft machten, haben kürzlich wieder einmal zu einem heftigen Zusammenstöße geführt. Anläßlich der Erledigung einer vom Grasen Waideisee geregelten Etiksttcnfrage gc- riethcn die betheiligren Offiziere hart aneinander, doch gelang es schließlich, den Stre't auf gütli chem Wege zu schlrchten. Graf Waldcrjee hat die Fortnahme aller Flaggen außer der russischen vom Bahnhof in Schanghaikwan befohlen, der britische Offizier verweigerte jedoch die Herab ziehung der britischen Fahne ohne Befehl vom General Gaselee. Ein russischer Osficier mit Sol daten schlug darauf die Sikh-Schildwache von j ihrem Poften und riß die Flagge herab. Die Sikh-Schildwache feuerte über die Köpfe der Russen, ein Leutnant brachte die Wache heraus und verlangte sofortige Wiedeihissung der Flagge, die stärkere russische Abtheilung legte an und drohte zu feuern, falls dis Wache vorginge. General Read sandte sofort 200 Mann und ver langte Entschuldigung und Wiedeihissung der britischen Fahne, widrigenfalls er das Verhalten der Russen als Kriegsakt ansehen würde. Schließ lich entschuldigte sich der russische General und hißte die britische Flagge wieder auf. — Aus Tientsin wird vom Mittwoch ge meldet: Das italienische Detachement traf auf dem Rückwege von Paotingfu drei Bataillons Chinesen. Sie wurden abgeschnitten und muß ten sich ergeben. Die Franzosen blieben als Besatzung in ILschou. Der deutsche Gesandte Mumm v. Schwarzenstein erwiderte gestern den Besuch des Prinzen Tsching, doch war dies nur ein Akt der Höflichkeit »md <yne politische Be deutung. Die Friedensverhandlungen sind noch nicht eröffnet. Es bestätigt sich, daß die chine sische Regierung das Versprechen abgegeben hat, die Vicekönige des Pangtse-Thales und den Taotai von Schanghai in ihrer Haltung nicht zu beein flussen. — 3m Oranjefreistaat ist es zwischen den Buren und Engländern zu einem größeren Ge fecht bei Bothaville, nordwestlich von Kroonstad gekommen, das mit einem Siege der Engländer endigte. Die Buren hatten wieder die Kopjes im Umkreise der Stadt besetzt und führten sogar auch einige Schnellfeuergeschütze und einen „laugen Tom" ins Gefecht. In dem Kampf wurden 23 Buren getödtet und 30 verwundet, 100 Buren geriethen in Gefangenschaft. Die Engländer erbeuteten 7 Geschütze. Die Verluste auf englischer Seite betrugen 3 Offiziere und 4 Mann. OerMches «nd SSchftfches. Adorf, 10. Novbr. (Musikalisches.) Ueber die vom Stadtorchester engagierten Künstler schreiben die Münchner Neuesten Nachr.: König liches Odeon. Herr Cairati errang, wie bei seinem ersten Auftreten am vorigen Sonntag, auch diesmal wieder glänzende Erfolge. Man hat da eine echte VirtuosenbegabunK vor sich, die schon heute den so hoch gesteigerten Beför derungen der modernen Klaoiertechnik vollkom men gerecht wird. Sehr wohlthuend wirkt die Natürlichkeit seines Vortrags. Da ist keine Spur von Affektation, wohl aber giebt sich in allem eine echte Musikerpersönlichkeit kund. Der reiche Ehre erntende Pianist spielte eine Bnrca- role in -4-moll von Rubinstein, die Arpeggien- Etude in Ls von Chopin op. 10 und den „Mephistos-Walzer von Liszt. Das letztere Stück brachte er mit sicherer Ueberwindung der technischen Schwierigkeiten und sehr viel Tem perament zu Gehör. Namentlich hervorzuheben ist es, daß Cairati es versteht, die Perioden gruppen in großen Zügen auszugestalten. Ein Urtheil über die Liedervorträge des Tenors Dr. Arturo Bossi lautet: Selten haben wir ein solch umfangreiches und dabei schmiegsames, in allen Sätteln gerechtes Organ zu bewundern Gelegenheit gehabt, wie dasjenige des Herrn Dr. Arturo Bossi. Seine tüchtig entwickelte Tech nik und musikalische Intelligenz zu erproben, fand er auch bei der Erledigung seines diesmali gen Programms genügend Gelegenheit. 63. Iahrg. — Zu Weihnachten kann man sich einen wunderhübschen Zimmerschmuä verschaffen, wenn man jetzt von im Freien stehenden Kirsch-, Aspfel-, Flieder-, Mandel-, Crataegus- und Pyrus- Bäumen Zweige abbricht — nicht abschneidet - - ! und sie in einem warmen Zimmer in lau warmes Wasser stellt und sie jeden Tag mit einem Bestäuber überfeuchtet. Zu Weihnachten steht Alles in voller Blüthe und gewährt einen lieblichen Anblick. — Aus der Gegenüberstellung der Versand ziffern derjenigen obervogtländischen Gütererpe- ditionen, die in der Nähe der Heidelbeeren und Preiselbeeren in großer Menge spendenden Waldungen und Waldblößen liegen, ist zu er sehen, daß auch die heurige Waldbeeren-Ernte zwar etwas reichlicher ausgefallen ist als 1899, den Umfang des 1898er Beerenerirags aber bei weiten nicht erreicht. In dem letztgenannten Jahre betrug das Gewicht der mit der Eisen bahn versandten Heidel- und Preißeibeeren 150 831 Kilogr., 1899 101 128 Kilogr. und 1900 117 337 Kilogr. Die an Ort und Stelle im Haushalte und in den vogtländischen Gast- wirthschaften in einem Jahre als Mus oder Kompot zur Verwendung gelangende Reeren- menge wird auf ungefähr 600 Centner geschätzt, nnd zwar zu etwa ,, Heidel- oder Schwarz beeren und zu rothe oder Preißeibeeren. —I. Arnsgrün, 9. Novbr. Wiederum steht unser Ort vor einer neuen Lehrerwahl, der 4. innerhalb eines Zeitraumes von nur zwei Jahren. Der jetzige Lehrer, Herr Loos, der annähernd t'/? Jahr an hiesiger Ortsschule mit großem Fleiß und Erfolg gewirkt hat, ist als Lehrer an die Schule zu L. bei Zwickau gewählt worden. SchönIind. In der Nacht zum Dienstag erhängte sich der Handarbeiter Hauswurz in seinem Hause. Hauswurz steht im Alter von 69 Jahren und bezieht Invalidenrente. Das Motiv zur That ist unbekannt. — Nach dem Stande am 12. Oktober d. I. hatte Schöneck 4049 Einwohner, das sind 45 mehr als zum gleichen Zeitpunkte des Vor jahres. — Im März 1896 war der schon bejahrte Schmiedemstr. Dietz aus Hartmannsgrün mit einer größeren Geldsumme nach der böhmischen Grenze zu auf den Kuhhandel gegangen, aber nicht wie der zurückgekehrt. Nach einiger Zeit wurde Dietz in einem Walde bei Asch erhängt aufgefunden. Weil keinerlei ersichtlicher Grund zu einem Selbst morde vorlag, so nahmen und nehmen noch heute diejenigen, welche Dietz kannten, als sicher an, er sei das Opfer eines Verbrechens geworden, umso mehr, als man in den Kleidern der Leiche kein Geld vorfand. Es sind im Laufe der Jahre und auch Heuer wieder der That Verdächtige gefänglich j eingezogen worden, sie mußten jedoch wieder entlassen werden, und die That dürfte leider unge sühnt bleiben. Oclsnitz i. E. Am Montag Nachmittag hatte das 4jährige Töchterchen des Bergarbei ters Paul Kinder in Neuwiese das Unglück, mit einem Messer, das es seiner Mutter brin gen wollte, zu fallen und sich das rechte Auge ganz bedenklich zu verletzen. Die tiefbekümmerte Mutter hat sich auf Anrathen eines Arztes mit dem Kinde sofort nach Zwickau zu einem Spe zialarzt begeben, welcher nach zweimaliger Be handlung zum großen Glück sagen konnte, daß Aussicht vorhanden sei, dem beklagenswer- ! then Kinde die Sehkraft dieses Auges zu er- halten. Zwickau, 9. Novbr. Ein Stubenbrand setzte gestern Morgen in aller Frühe die Be wohner eines Haufes in der Glauchauerstraße in Aufregung. Eine Frau war mit der bren- ! nenden Petroleumlampe zu Fall gekommen ! und das Pet oleum hatte sich über ein Sofa j ergossen. Das Sofa fiel dem Feuer zum Opfer.