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Bis '/,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt Hauptblatt und älteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer AmtSgettchtSbeztr»: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohorn, Obersteina, Niedersteina, Weißbach, Ober, und Niederlichtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Klein-Dittmannsdorf Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Förster« Erben (Inh. I. W Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Tkumuer 151 Sonnabend, den 30. Juni 1928 80. Jahrgang Amtlicher Teil. Straßensperrung Die Staatsstraße Dresden—Kamenz wird wegen Vornahme von Mossenschüttunas- und Dampswalzorbeiten (am Eierberge) in Mur Lichtenberg vorübergehend gesperrt. Der Fähr verkehr wird vom 2. di» S. Juli aus Gemrindestratzen über Leppersdorf—Lichtenberg—Pulsnitz, vom 6. bi» 17. Juli (bei km 19,2 am Eierberge ab zweigend) aus die von Großröhrsdorf nach Lichtenberg führende Gemeindestraße über Lichtenberg—Pulsnitz umgeleitet. Amtshauptmannschast Kamenz, am 29 Juni 1928 Schornsteinfeger - Kehrlöhne Mit Wirkung 00m 1. Juli 1923 werden die bisher geltenden Schornsteinseger-Kehrlvhne und -Gebühren um 10 Prozent erhöht. Pulsnitz, am so. Juni 1928. Rat der Stadt. Das Wichtigste Der Reichskohlcnrat hat in seiner Sitzung am Freitag dem Antrag ves oberschlefischen Steinkohlenshndikats auf Erhöhung der oberschle sischen Kohlenpreise zugestimmt Der Preis wird danach um eine Reichsmark je Tonne im Durchschnitt aller Sorten ab 1. ?. erhöht. Wie aus Moskau gemeldet wird, hat das Präsidium des allrussischen ZentralvollzugsauSschusics beschlossen, die Wolgadeutsche Republik dem Niedelwolga-Gcbiet anzugliedern. Die beiden amerikanischen Rekord-Wcltreisenden, die am Freitag früh um 5 Uhr im Flugzeug gestartet waren, haben nach einem Funk sprach de« Ozeandampfers „Olympic" das Schiff erreicht und sind Bord gegangen. Rechtsanwalt jetzt das Justizministerium leiten soll, war seither einmal Reichsinnenminister, und sein Fraktionskollege V.irtrich. Baden, der als Spezialist in Bauernfragen Oie Notlösung. Bon Or. R. Michaelis. Sieben Wochen hat es gedauert, ehe das Kabinett Mül ler zustande kam, das nunmehr von deni Reichspräsidenten beMtigt worden ist. Dier Sozialdemokraten gehören dem Kabinett an, zwei Dolksparteiler, zwei Demokraten, ein Ab geordneter des Zentrums, ein Abgeordneter der Bayerischen Volkspartei und ein Parteiloser. Schon diese Zusammen- setzung, mag sie auch dem Wahlergebnis am nächsten kommen, zeigt doch auf den ersten Blick, daß das neue Kabinett nicht von langer Dauer sein kann. Das Zentrum mit nur einem Abgeordneten in der Regierung hat mit diesem Entschluß deutlich zu erkennen gegeben, daß eine Umbildung des Kabi netts notwendig ist, denn nur ein Zentrumsminister ist an gesichts der Stärke der Zentrumsfraktion im Reichstag ein Unding. Die Volkspartei hat zwar ihren Ministern Strese mann und Lurtius den Weg in die Negierung freigegeben, hat sich aber ihre Stellungnahme im einzelnen Vorbehalten. Mess beide Tatsachen allein genügen, um dem Kabinett den Stempel der Vorläufigkeit aufzudrücken. Man hat dieser Re gierung Hermann Müller bereits den Namen Ferien-Kabinett gegeben und hat damit sicherlich das richtige getroffen. Es war höchste Zeit, daß wir über den Zustand der Negierungs- losigkeit hinwegkamen und eine Lösung der langen Krise fanden. Lieber ein provisorisches Kabinett als gar keins! Am Dienstag soll die neue Regierung mit ihrem Pro gramm vor den Reichstag treten. Programm sagen wir und meinen doch nur eine Erklärung, die eigentlich gar kein Programm enthalten kann. Das Kabinett ist zustande ge- kommen, ohne daß man sich über irgendwelche Programm- punkte hatte einig werden können, ohne daß man einen Ar beitsplan hatte ausstellen können, der, wenn auch nur über Wochen, hinweghalf. Was die Regierung auch anpacken wird, ob es die Amnestiefrage gleich in der ersten Reichstagssitzung oder die Frage des Panzerkreuzers, und was sonst noch in der Schwebe hängt, ist, jedesmal wird der Bestand des Kabi- netts von der Einstellung des Reichstags zu jeder Einzel- frage abhängig sein. Der Reichstag wird allerdings kaum länger als bis Mitte Juli tagen, und so wird es vielleicht möglich sein, sogar höchstwahrscheinlich, daß sich dieses provi- sorische Kabinett Uber die Reichstagsferien bis zum Septem ber retten wird. Seine größte Aufgabe wird also die sein, den neugewählten Reichstag nach einem kurzen Intermezzo in die Ferien zu schicken. Die Mitglieder der neuen Regierung sind bis auf Herrn Guerard vom Zentrum keine Neulinge in den Negierungs- geschäften. Der Kanzler Hermann Müller iibernahm genau 8 Jahre nach dem Tage die Kanzlerschaft, an dem er den Vertrag von Versailles als Reichskanzler und Außen- Minister unterschrieb. Hilferding gehörte im Jahre 1923 als Reichsfinanzminister dem ersten Kabinett Stresemann an, Wissel! war früher einmal Reichswirtschaftsminister und hat sich durch seine lange Tätigkeit als Schlichter in Groß-Berlin auf sein jetziges Amt gut vorbereitet; Seve ring übernimmt jetzt sein erstes Amt in einer Reichs- regierung, er hat sich früher nur an der Negierung in Preu- ßen beteiligt, von der er 1926 als Innenminister sich trennte. Die beiden volksparteilichen Minister sind aus dem alten Ka- binet übernommen. Der Demokrat Koch-Weser, der als Rechtsanwalt setz früher einmal Rei W WW ses nem MWMlneilS Die Köpfe der neuen Neichsregiernng ^Schwierigkeiten bei Beratung der Re gierungserklärung Berlin. Das neue Reichskabinett, das am Donners tag abend vom Reichspräsidenten offiziell ernannt wurde, ist unter dem Vorsitz des Reichskanzlers Müller am Frei tag vormittag zu seiner ersten Beratung zusammengetreten. Der Reichskanzler vereidigte den neuen Reichsverkehrs- minister von Guerard und den neuen Reichsernährungs minister Dietrich-Baden, die bisher in einem Reichskabinett noch nicht vertreten waren und den Eid auf die Weimarer Verfassung noch nicht geleistet hatten. Ls wurde dann an l)r. Stresemann ein Vegrüßungstelegramm abgesandt, worauf das Kabinett mit der Beratung der Regierung»- erklärung begann. Das Kabinett wird sich, auch wenn man die meisten Punkte vertagt, zur Frage der Anmesti«, zum Bau des Pan zerkreuzers, Uber den im Reichsrat angenommenen Gesetz entwurf für den Nationalfeiertag und über die Frage des Vertrauensvotums zu äußern haben. Bei der Amnestie wollen die Sozialdemokraten die sogenannten Fememorde ausnehmen, womit sie auf Widerspruch bei der Deutschen Volkspartei und bei der Bayerischen Dolkspartei stoßen. Große Schwierigkeiten entstehen auch bei der Beratung der steuerpolitischen Vorschläge. Die Frage des Baues des Panzerkreuzers fall' noch Möglichkeit vertagt werden, dagegen wird wohl noch vor der Vertagung des Reichstages über den Gesetzentwurf wegen des Natio nalfeiertages eine Abstimmung stattfinöen müssen. Wenn das Kabinett vom Reichstag ein formelles Der- trauensvotum fordern sollte, ist die Abstimmung der Deut- schen Volkspartei und der Bayerischen Dolkspartei zunächst von dem Inhalt der Regierungserklärung abhängig. Es ist durchaus damit zu rechnen, daß die beiden Fraktionen sich der Stimme enthalten, womit die Mehrheit für das Kabinett von vornherein sehr gering wäre. Eine Erklärung des Zentrums. Die Reichstagsfrattion des Zentrums, der die Forde rung auf Besetzung des Dizekanzlerpostens vom Reichs- Präsidenten abgeschlagen wurde mit dem Hinweis, der Reichspräsident müsse es ablehnen, sich in der Ausübung seiner verfassungsmäßigen Rechte Dorschriften machen zu lassen, hat eine Erklärung erlassen, in der sie betont, daß der Reichspräsident über die tatsächlichen Vorgänge bei der Regierungsbildung nicht zutreffend unter- richtet worden sei. Die Zentrumsfraktion habe niemals daran gedacht, dem Reichspräsidenten Vorschriften über die Airs Übung der ihm verfassungsmäßig zustehenden Befug- niste zu machen. Der Vizekanzlerposten sei dem Zentrum durch Müller-Franken angeboten worden, und diese Tatsache habe das Zentrum zu Verhandlungen über den Posten be- rechtigt. In die verfassungsrechtlichen Befugnisse des Reichspräsidenten einzugreifen, habe der Fraktion völlig ferngelegen. Der bisherige Reichsarbeitsminister Or. Brauns hat sich vom Reichsrat verabschiedet. Dem scheidenden Minister sprach im Namen des Reichsrats Staatssekretär Or. Weis man n den Dank für seine erfolgreiche Tätigkeit aus. Hermann Müller und die ausländische Presse. Die Wiener Presse spricht von den Hindernissen, die das neue Kabinett überwinden müsse und hebt hervor, daß Hermann Müller und Stresemann als Persönlichkeiten Vermittler zwischen den Parteien sein könnten. Die Pariser Zeitungen schreiben, daß einerseits die Politik von Locarno von dem neuen Kabinett weiter ver- folgt werden könne, daß aber andererseits die Ernennung Hermann Müllers zum Kanzler nicht Aufrufe zum Haß und zum Revanchefeldzug, der in Locarno nicht vorgesehen wor den sei, verhindere. Die Sozialdemokratie bleibe im Dienst des deutschen Imperialismus. Die LondonerBlatter heben auch wie die meisten Pariser Zeitungen hervor, daß das wichtigste Moment die Beibehaltung des Ministers Stresemann als Außenminister sei, da die Locarnopolittk so beibehalten werde.