Volltext Seite (XML)
A-orter Wochenblatt. Mittheil nn gen über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Vierzehnter Jahrgang. Preis für den Jahrgang bei Bestellung von der Post: 1 Thaler, bei Bestellung des Blattes durch Botcngelegenheit: St) Ncugroschen. 25. Mittwoch, so. Juni 1849. Politische Umschau. Nachdem der französische Gesandte Lcsseps auS Rom zurückgekchrt war und mehrere aus seine Missi on bezügliche Aktenstücke veröffentlicht halte, wodurch der offenbare Vcrrath an der römischen Republik fei ten der gewärtigen Machthabeu in Frankreich offenbar wurde, stieg die Entrüstung der Gemüther in Perris auf's Höchste. Wahrend nämlich Lesseps als aufrich tiger Franzose ein die römische Republik schützendes Bundniß mit Frankreich anzubahnen strebte, bereitete der Obergcneral Oudinol hinter seinem Rücken einen Angriff auf Rom vor, um es, wo möglich, durch Ue- berrumpelung in seine Gewalt zu bekommen, die Ne- publik zu stürzen und das kaule päpstliche Regiment wieder in sruh re Ehren einzusetzen. In der Nazional- versammlung lr ig L ed r u - R o I l i n sofort daraufan: den Präsidenten Louis Napoleon mit samml seinen Mini stern deshalb in Anklagestand zu versetzen. Ein An trag, über dem man zwar zur Tagesordnung verschritt, der aber nicht wenig dazu beitrug, die Erbitterung des Volks gegen jene scheinheiligen Regicrungsmänner zu nähren, welche die Revolution von 1848 frech verläug- nen und mit dem Absolutismus bublen. Vielleicht daß, wahrend wir dies schreiben, Monsieur Napoleon mit seiner Sippe gestürzt ist und eine neue Revolu- zion unter Ledru-RollinS Diktatur die alte zu besserer Anerkennung gebracht hat. — Daß Marschall Bugeaud an der Cholera verstorben ist, bestätigt sich. Mit ihm ist der angesehenste Haudegen des herr schenden Geldbürgerthums in die Grube gefahren. Mit brennender Ungeduld nehmen jetzt gewiß Viele täglich die Zeitungen in die Hand, die wichtige Nach« richten aus dem deutschen Süden und Westen, aus Pfalz und.Baden bringen sollen. Nachrichten brin gen sie wohl die Hülle und Fülle, allein keine solchen, wie sie alle Herzen, welche die Freiheit lieben, herbei- sehnen: Nachrichten von Schlachten, die geschlagen und gewonnen wurden, die der Sache des Volks einen we sentlichen Vorschub leisteten. Ein baldiger Zusammen stoß muß übrigens geschehen. Die herrlichen Gefilde der Bergstraße werden die blutige Wahlstait sein, da die fürstlichen Truppen einen gleichzeitigen Angriff auf Heidelberg und Mannheim im Schilde führen sollen. Möchten doch die Volkstruppcn kühn den ersten Sturm wagen. Die revolutionäre Energie derselben muß das Uebcrgewicht der Disziplin und Bewaffnung zu Schanden machen. Nur ein einziger Sieg und auch Würtembergs Sturmfahnc zieht der Volks, fache zu. — »rckrs «iv lUukti hat der preußische König seinen Herrn Bruder, den Prinzen von Preußen zum Oberbefehlshaber der sogenannten ,, Reichs truppen" eingestellt. Ein traurige Ehre für ihn, der ein deutscher Prinz sein und einmal ein deutscher König werden will. Hans, der Neichsverwcser, hat dazu nicht Muck gesagt. — Der langersehnte Mie- xvslawski ist in Karlsruhe endlich eingetroffen. — General Schneider hat den Landsturm der Pfalz unter die Waffen gerufen. Jeder soll kommen mit Gewehr, Sense, Picke, Mistgabel, Art, Dreschflegel, was er nur immer habe.— Worms ward von 6500 Mann Volkstruppcn von Neuem und regelmäßig be, setzt. — Mehrere hundert Ungarn langten in der Pfalz an. Sie kamen aus Sardinien, wohin sie von den Oestcrrcichern ubergetreten waren. In Stuttgart liegt die Nationalversammlung mit dem Ministerium!Römer im offenen Hader. Das Volk steht entschieden auf Seiten jener. Stuttgart ist ganz mit Militär umzingelt. Kanonen sind auf meh reren Höhen ausgestellt, welche die Stadt beherrschen. Man spricht, Herr Römer wolle die Versammlung mit Gewalt auseinander sprengen, die Stadl zu diesem