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Pulsnitzer Wochenblatt 'selegr.-^ldr.: Wochenblatt Pulsnitz erscheint: Diensiag,Donnerstag u.Sonnabend. des l^ömgl. Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem larik. Erfüllungsort ist Pulsnitz. Inserats für denselben lag sind bis vormittags 10 Uhr aukzugsben. Oie funk mal gespaltene Zeile oder deren Naum 12 Pf., Lokalprsis 10pk. Reklame 25 Pf. Sei Wiederholungen Nabatt. ssernsprecher: Nr. 18. lZSZirKS-j^NZSlgSr UNdZsttUNg s^Dlatt M'f „Illustr. Sonntagsblatt", „Landwirtschaft licher Beilage" und „§ür Baus und Berd". Nbonnement: Monatlich 45 Pf., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Baus, durch dis Post bezogen Mk. 1.41. — — Q —umfassend Lie Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz m. s., Vollung, Srotzröhrsdorf, Bretnig, Bauswalds, Ohorn, Obersteina, Nieder. s-UM30i0Il i Ur 06U NMlSgLt lU^lSU^Zlt n steina,Wsitzbach,Ober-ll.Nisderlichtenau,Srisdersdorf-lhiemsndork,Mittelbach,Srotznaundork,Lichtenberg,Msin-Vittmannsdorf. Verantwortlicher Bedaktsur: Z. W. Mohr in Pulsnitz. Druck und Verlag von L. L. Sörster's Erden (Inh.: VV. Mohr). Expedition: Pulsnitz, Vismarckvlatz Nr. 255. Sonnaöend, den 5. Juni 1909. 6i. Jahrgang. Aas Wichtigste. Graf Zeppelin teilte dem Vorstand der Dresdner „Liedertafel" dei der gestrigen Huldigung mit, er beabsichtige demnächst eine Fernfahrt nach Dresden. Der Deutsche Flottenverein hält am heutigen Sonn abend in Kiel seine diesjährige Hauptversamm lung ab. Am Dienstag werden in Berlin nach Meldung dor tiger Blätter die Finanzminister der deutschen Einzelstaaten zu den Beschlüssen der Finanzkom- mission Stellung nehmen. Die diesjährigen englischen Flottenmanöver werden voraussichtlich nicht in der Nordsee, sondern im Atlantischen Ozean stattfinden. Der „Pester Lloyd" meldet aus Belgrad: Prinz Georg erklärte am 2. Juni im Ministerrate, daß er auf keinen Fall Belgrad oder Serbien verlassen werde. wir bei mit OsktttÄrss und Säcdsiscbss. Pulsnitz. Mit des Jahres längsten Tagen, in die in diesem Monate eingetreten sind, pflegen sich auch uns Stimmungen einzufinden, die nach Möglichkeit dem sonnigen Lichrmeere, das uns umflutet, harmo nieren möchten. Und warum auch nicht? Ist doch uns Mitteleuropäern, uns nordischen Leuten in unseren lan- gen, trüben, Winrertagen des Herzeleides genug beschert, ganz zu schweigen von den materiellen Nachteilen und den mancherlei körperlichen Schädigungen, die das rauhe nordische Klima mit sich bringt. Und dann: willkommen, von Herzen willkommen, ihr sonnigen Tage, ihr Tage voll Lust und Wonne, durchglüht von Sommerfreude und durchfeuchtet von Sommerwürze! Wir stimmen in diesen Wochen gern ein in des Dichters Rus: „Noch, noch ist es blühende, goldene Zeit, Noch sind die Tage der Rosen!" Freilich wissen wir recht gut, daß solch rosige Stimmung, die man mit einem gelehrten Fremdworts auch wohl Optimismus rennt, nicht nach jedermanns Geschmack ist und auch nist immer und überall am Platze erscheint. Denn es wäre durchaus unangebracht, wollten wir unsere Augen verschießen, an den offenen und und versteckten Schäden, an lenen unser privates und öffentliches Leven krankt, und di eher zu ernstem Nachdenken als zu jubeln- der Freude Mördern. Aber hier gilt des weisen Pre digers Rat: „Alles zu seiner Zeit!" Herzliche Freude an dem, wa des Freuens wert ist und dazu gehören die gerade jetzt so offenbaren Wunder der herrlichen Gctesnatur — schließt aufrichtige Selbstprü- sur^ ernste »elbsterntehr gewiß nicht aus. Darum gilt auch heute ttch das alte Wort; „Freue dich Jünalina J«end, und laß dein Herz guter Dinge sein " ^'ch^t oer mahnenden Hinzufügung: „Und oerg ß nicht, daß kch Gott um dies alles wird zu Gericht füb^ ren." Wer sich auch im Vollgenuß der Freude stets sei ner Verantwortung bewußt bleibt der wird auch nie die Schranken überschreiten, die menschliches und göttliches Gesetz ihm auch hierhin gezogen haben. — Das ists woran so lnzählige scheitern und dann verwandelt sich bei ihnen er Freudenbecher so leicht in einen Giftkelch. Gerade Miesen Tagen, wo die Natur das große ewige Freudengevt mit neuen, feurigen Zungen predigt: „Owunderschön ist Gottes Erde « Un wert, darauf vergnügt zu sein — fei sich jetr jener Schranken bewußt: sie gewahren erst die rechte Zreudeustimmung, denn die verhüten es, daß aus dem lebermaß das Gegenteil erwachse: „sieude heißt die starke Feder Ji der ewigen Natur. . . Pulsitz, 5. Juni. Gestern konnte der bei der Firma I. G. Hgffe, hier beschäftigte Gurtweber Herr Ewald Höfgen äS Oberlichtenau sein 25jähriges Arbeitsjublläum begehen. Aus diesem Anlaß wurde ihm seitens der Firma ein Ehrediplom und ein ansehnliches Geldgeschenk über reicht. — jur Auzeigepflicht der Aerzte bezüglich geschlecht licher Kränkungen. Bei einer unter dem Vorsitz des Pfarrers Mätzold-Dresden in Dresden abgehaltenen Ver sammlung des „Vereins zur Hebung der Sittlichkeit", bei der Prof. vr. mecl. Riecke-Leipzig einen Vortrag über die Geschlechtskrankheiten hielt, ist eine Resolution ge faßt worden: an das Königliche Ministerium des Innern die Bitte zu richten, die Anzeigepflicht der Aerzte bezüg lich der venerischen Erkrankungen einzuführen. — Zur Anzeigepflicht der Aerzte schreibt man dem „Dr. Anz.": Die Notiz in der Donnerstagsnummer erfordert folgende Berichtigung. Wohl ist in der kürzlich abgehaltenen Ver sammlung auch die Anzeigepflicht der Aerzte bez. der Ge schlechtskrankheiten gestreift worden. Aber diese wird .über kurz oder lang vom Staate selber eingeführt werden müssen, um dem wachsenden Verderben dieser Krankheiten mit Erfolg Einhalt zu tun. Sie besteht ja längst bei den viel geringere Opfer fordernden Krankheiten wie Scharlach, Diphterie, Cholera usw. — Die gefaßte Reso lution bezog sich vielmehr daraus, daß in gewissen Fällen und unter zu beobachtenden Vorschriften die Aerzte von der in dem angezogenen Z 300 des Reichsstrasgesetzbuches stipulrerten Pflicht entbunden werden. Bisher stehen die Aerzte macht- und ratlos da in dem Falle, daß ein Ge schlechtskranker sich nicht abhalten läßt, seine Krankheit wissentlich auf andere zu übertragen. — Wir nennen einen konkreten Fall: Ein junger Mann will heiraten, obschon er von seiner Krankheit noch keineswegs geheilt ist. Der Arzt steht und weiß es, daß er sofort sein un schuldiges Weib anstecken wird, ja vielleicht für das ganze Leben dem Siechtum überliefern wird. Der betreffende Mann ist gewissenlos, sich durch die Mahnungen und Vorstellungen des Arztes nicht beeinflussen zu lassen. Er heiratet eben, und das Unglück, namenloses Unglück, ist geschehen. Die Aerzte leiden ja selber unrer der jetzt bestehenden Unmöglichkeit, solch Unglück abzuwenden und werden gewiß dankbar sein wenn ein Weg gefunden würde, der sie in diesem Falle von der Schweigepflicht entbindet. — Uebrigens können sich die Eltern der Braut, bez. diese selber vor solchen betrübenden und schrecklichen Erfahrungen schützen, indem sie kurz vor der Verheiratung das Gesundheitszeugnis eines anerkannten Arztes ver langen. Sie haben dazu nicht bloß das Recht, sondern die Pflicht. Großröhrsdorf. Zwei Radfahrerunfälle, die dringend zur Vorsicht beim Fahren mahnen, ereigneten sich diese Woche in unserem Orte. Am Dienstag Abend gegen halb 10 Uhr fuhr ein Herr aus der Dresdner Gegend, von Pulsnitz kommend, in schnellem Tempo die Lichtenberger Straße herein, bog am Kantorat rechts ab und fuhr mit gleicher Geschwindigkeit den steilen, gefährlichen Kirchberg hinab. Ob er nun die Herrschaft über das Rad verloren hatte oder ein anderer Umstand die Veranlassung war, kurzum, er wurde oberhalb der Freudenbergschen Bäckerei vom Rade gegen den Zaun des Kantorats geschleudert, wodurch er mit dem Kinn auf eine Zaunplanke ausge spießt wurde und sich dadurch eine etwa 1»/- Zentimeter tiefe Wunde am Kinn zuzog. Auch am Beine hatte er sich beschädigt. Nach Anlegung eines Notverbandes fuhr er darauf mit der Bahn nach Dresden — Eine War nungstafel wäre an der Wegteilung des Kirchberges wohl am Platze. — Der zweite Unfall trug sich am Donners tag Vormittag gegenüber der Bismarckbrücke zu. Der 13jährige, hier zu Besuch weilende Neffe des Herrn Färber Frenzel fuhr die Bismarckstraße herab und verlor dann in der Nähe der Bismarckbrücke die Gewalt über sein Rad. Nach Passieren der Bismarckbrücke vermochte er nicht in die Bischofswerdaer Straße einzulenken, sondern fuhr direkt dem Mühlgraben zu. Beim Anfahren an die Barriere wurde er vom Rade herab und in den Mühl graben geschleudert, an dessen Ufermauer er mit dem Kopfe aufschlug. Blutüberströmt und arg am Kopfe ver letzt wurde er der Behausung zugeführt und in ärztliche Behandlung genommen. Also Vorsicht! — Ein recht betrübender Unfall mit leider tötlichem Au-gang ereignete sich gestern, als am Freitag aus der Straße unweit Gräfenhain. Die Frau des im Forsthause angestellten Försters fuhr mit dem Zweirad nach Königsbrück und benutzte den Weg über Gräfenhain. An einem Abhange hat sie nun aus nicht bekannten Gründen die Herrschaft über das Rad verloren, an ein Gebäude gefahren und ist so unglücklich abgestürzt, daß der Tod nach wenigen Minuten eintrat. — Der Monat Juni wird im Deutschen Radfahrer- Bunde und namentlich im Gau und Bezirk Dresden eine Fülle sportlicher Veranstaltungen und schöner Radwander- fahrten bringen, Im schönen Städtchen Kamenz hält der Gau Dresden am 20. Juni seinen diesjährigen Som mergautag ab. Reichhaltige Wettbewerbe sind ausge schrieben. Es werden an diesem Tage große Stern- Wanderfahrten aus allen Teilen des Sachsenlandes statt finden. Außerdem ist ein prächtiger Korso, zu dem außer anderen hohen Ehrenpreisen der wertvolle Bundes-Ehren pokal als Preis ausgeschrieben ist. Abends findet ein Saalsest mit Wettbewerben im Achter- uud Sechser-Kunst reigen, sowie Schulreigen und Radballspiele statt, für die ebenfalls viele wertvolle Ehrenpreise ausgesetzt sind. Die Sitzung des Gauvorstandes ist auf Sonntag vor mittags 9 Uhr, die Gaudelegierten-Sitzung auf 11 Uhr anberaumt. Dresden, 3. Juni. König Friedrich August von Sach sen ist am Dienstag mit seinen Kindern von Bartenstein, wo er zum Besuch des Fürsten Johannes von Hohenlohe- Bartensiein geweilt hatte, in Stuttgart eingetroffen und im Hotel Marquard abgestiegen. Als der König mit sei nen Kindern gestern früh auf dem Stuttgarter Haupt bahnhofe zur Weiterreise nach Sigmaringen erschien, hatte sich im Hoswartesaal der König von Württemberg zur Be grüßung eingefunden. Nach etwa 15 Minuten währen der herzlicher Unterhaltung reiste der König von Sachsen mit seinen Kindern zum Besuch des Hohenzollernschen Hofes nach Sigmarigen weiter. Dresden, 4. Juli. Graf Zeppelin teilte dem Vor stände der Dresdner Liedertafel bei ihrer gestrigen Hul digung in Friedrichshafen mit, er beabsichtige demnächst eine Fernfahrt nach Dresden zu unternehmen. Dresden, 3. Juni. Der streikende Hofoperusängcr. Der Konflikt des Dresdner Kammersängers Karl Burrian mit der Generaldirektion der Königlichen Hoftheater ist in ein neues Stadium getreten. Es wurde berichtet, daß Herr Burrian, als er in der „Boheme" am letzten Dienstag vor Pfingsten auftreten sollte, nicht zur Probe kam und die Generaldirektion sich daher gezwungen sah, nach einem Ersatz sich uwzusehen, den sie in dem Mannheimer Opern sänger Vogelstrom fand. Der unerwartete Erfolg dieses Künstlers, seine glänzende Aufnahme beim Publikum und bei der Kritik haben nun den Herrn Burrian, der bislang für unersetzlich galt, gar gewaltig verschnupft und Herrn Burrians Zorn wuchs noch mehr, als er vernahm, daß der Mannheimer Sänger unter glänzenden Bedingungen für die Dresdner Hofopcr engagiert worden ist. Inzwi schen hat die Generaldirektion der Königlichen Hoftheater nichts unversucht gelassen, um Herrn Burrian zur Zurück nahme seines inzwischen eingereichten Entlassungsgesuchs zu bewegen. Anfangs auch mit Erfolg. Als dann aber Herr Burrian von der Budapester Oper einen Engage- mentSantrag erhielt, hielt er sein Entlassungsgesuch wie der aufrecht und verlangte die Lösung seines Vertrages. Nunmehr erachtete aber Graf Seebach den Zeitpunkt für gekommen, um Herrn Burrian endlich in energischer und nicht mißzuverstehender Weise an seine eigenen Verpflich tungen zu erinnern und ihm mitzuteilen, daß eine Ver tragslösung seitens der Generaldirektion nicht erfolgen werde, Herr Burrian vielmehr seinen noch auf drei Jahre lautenden Vertrag erfüllen müsse. Diese Haltung der Generaldirektion der Königlichen Hoftheater hat in den weitesten Kreisen des Publikums die größte Befriedigung heroorgerufen, denn auch die enragiertesten Verehrer oder richtiger Verehrerinnen haben es nachgerade satt, sich die „Sonderlichkeiten" des Herrn Burrian gefallen zu lassen. Man kann wohl sagen, daß die allgemeine Beliebtheit, welcher sich der tschechische Heldentenor bisher erfreute, jetzt anfängt, ins Gegenteil umzuschlagen. Bisher glaubte man, Herr Burrian würde niemals zu ersetzen sein. Jetzt hat der jugendliche Mannheimer Sänger den Gegenbe weis erbracht und dieser hat die Sympathien des Publi kums während seiner Dresdner Gastspiels im Fluge er rungen. Der Konflikt zwischen der Generaldirektion der Hoftheater und Herrn Burrian ist zum offenen Bruche geworden. Herr Burrian weigert sich, da Gras Seebach das EntlassungSgesuch BurrianS abschlägig beschieden hat, überhaupt wieder aufzutreten. Er hat erklärt, in Dres den überhaupt nicht mehr singen zu wollen. Das ist nach Ansicht der Generaldirektion ein Kontraktbruch und Herr Burrian wird aus seinem unverständlichen Verhal ten die Konsequenzen ziehen müssen. Der Künstler und der Mitglieder der Hofkapelle hat sich infolge der fort währenden Absagen Burrians eine große Nervosität be-