Volltext Seite (XML)
61. Jahrgang. Arbeitsnachweis. Gesucht werden: 1 jüngerer Schmiedegeselle, Antritt 17. Mai oder später, Lohn nach Vereinbarung, von Wilhelm Weigel, Schmiedemeister, wiesa. Das Wichtigste. Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg traf gestern zum Besuch am Königlichen Hof in Dresden ein. Ein gewaltiger Fabrikbrand legte in Werda die Schoch- schen und Singerschen Etablissements in Asche. Aus verschiedenen Gegenden Deutschlands und aus Frankreich werden Schneefälle und starker Frost gemeldet. Die Zeichnung auf die neuen Reichs- und Preußen- Anleihen ist nur relativ befriedigend ausgefallen. Wie zum bevorstehenden Besuche Kaiser Wilhelms in Wien verlautet, wird Fürst Bülow der Zusammen kunft des Deutschen Kaisers mit Kaiser Franz Josef dort beiwohnen. Wie aus Teheran gemeldet wird, wurde das russisch englische Reformprogramm vom Schah angenommen. «Ul Mlk Ms Sie UMM. Die jüngste Orientkrisis kann wohl mit dem Siege der Jungtürken und der Proklamierung des neuen Sul tans Mohammed V. als wenigstens für Europa abge schlossen gelten. Es steht kaum zu befürchten, daß die Ereignisse am Bosporus noch eine ungünstige Einwirkung auf den europäischen Frieden ausüben werden, wenn- . gleich sie allerdings im Osmanenreiche selber noch einige Zeit nachzittern dürften. Da ferner schon vorher die Streitaffäre zwischen Oesterreich Ungarn und Serbien- Montenegro ihre Beilegung erfahren hatte, und da end lich auch die türkisch-bulgarische Streitfrage mit der er folgten Anerkennung des unabhängigen Königreiches Bulgarien ihre Erledigung gefunden hat, so können die Balkanwirren der neuesten Zeit als für Europa wieder abgetan betrachtet werden. Der verhältnismäßig friedlichen Wendung der Dinge im orientalischen Hexenkessel entspricht auch die sonstige Gestaltung der Welt age, die bis auf weiteres eine ruhige Entwickelung zu nehmen verspricht. Als ein hierauf hin- Leutcndes Zeichen kann zunächst die in Bajae bei Neapel stattgefundene Zusammenkunft der Könige von England und von Italien angesprochen werden, denn in ihrem gesamten Verlauf kann man sie als ein neues Friedens- symptom aufsaffen. Das Ereignis hat die hundertjährige Freundschaft zwischen England und Italien abermals hervortreten lassen, ohne daß doch zugleich zu Bajae irgendwelche besondere Abmachungen getroffen worden wären; solche würden sich ja auch mit der Rolle Italiens im Dreibund nur schwer in Einklang bringen lassen. Wichtiger aber sind noch vor der Tür stehende weitere Monarchenbegegnungen, die für den 12. Mai in Brindisi signalisierte Zusammenkunft Kaiser Wilhelms gelegentlich seiner Rückreise von Korfu mit dem König Viktor Ema nuel von Italien und der wenige Tage darauf nach folgende Besuch des deutschen Herrschers beim Kaiser Franz Josef in Wien, resp. Schloß Schönbrunn. Die Entrevue von Brindisi dokumentiert in klarer Weise das fernere Verbleiben des Apenninenkönigreiches in der mitteleuropäischen Allianz, welches in Anbetracht der mancherlei Schwankungen der auswärtigen italienischen Politik einigermaßen in Frage gestellt zu sein schien. Das in der letzten Orientkrisis hervorgetretene Ueberge- wicht der starken Machtstellung der zwei zentraleuropä ischen Kaiserreiche hat aber den Dreibundgedanken wenig stens in den maßgebenden politischen Kreisen Italiens zweifellos wieder zum siegreichen Durchbruch verholfen, und in diesem Zeichen wird sicherlich das herangenahte neueste Rendezvous Kaiser Wilhelms und König Viktor Emanuels stehen. Die sich fast unmittelbar anschließende Begegnung Kaiser Wilhelms mit seinem greisen kaiser lichen Freund und Verbündeten Franz Josef wird sich dann auch ihrerseits zu einer erneuten Bekräftigung des Dreibundes, im speziellen jedoch zu einer abermaligen Betonung des unerschütterlichen Bündnisverhältnisses ge stalten, welches Deutschland und die habsburgische Mo narch nun schon seit 30 Jahren fest umschlingt, und daß sich soeben erst bei der Verwickelung Oesterreich-Ungarns in die Balkanwirren der letzten Zeit wiederum vor aller Welt bewährt hat. Der bevorstehende Besuch des deutschen Kaisers beim Kaiser Franz Josef wird darum das treue Zusammenstehen ihrer Reiche wiederum deutlich vor Augen führen und sich hiermit unstreitig zu einem neuen Friedenpfade gestalten. Angesichts der zu gewärtigenden Konsolidierung der internationalen Lage können auch die persischen Wirren, die jetzt zur Besetzung der persischen Provinzialhauptstadt Täbris durch russische Truppen führten, keine sonderliche Beunruhigung Hervorrufen. Ebensowenig steht zu befürchten, daß die neuen revolutio nären Vorgänge in Marokko, wo sich Sultan Mulay Hafid durch die Truppen des Thronprätendenten El Roghi und durch feindliche Berberstämme ernstlich bedroht steht, internationale Schmierigkeiten zeitigen werden. unv Sücdsiscdss. Pulsnitz. Wie sich die Zeiten und die Verhältnisse ändern! Wer hätte früher gedacht, daß in unserm Städt- ! chen eine ganze Mozart-Oper zur Aufführung kommen könnte, wie es am Sonntag im Schützenhaus geschah durch Herrn Tonkünstler Bercht aus Dresden, den Leiter der Opern schule des Königlichen Konservatoriums mit seiner Künst lerschar, die uns „Figaros Hochzeit" ganz vortrefflich auf führte. Vor etwa 15 Jahren brachte der hiesige „Män nergesangverein" in einem Konzert die schönsten Teile aus Mozarts „Zauberflöte" und Webers „Freischütz" zu Gehör, um diese Musikschätze dem Publikum näher zu bringen, aber natürlich war es nicht möglich mit szeni scher Darstellung wie vorgestern abend. Viele, die nie oder selten ins Dresdner Opernhaus kommen, konnten sich nun hier mit wenig Kosten erfreuen an den entzücken den Melodirn und Harmonien Mozarts, die nun schon 123 Jahre Millionen ergötzten und die sich so wenig überlebt haben, daß sie noch heute diesem Meisterwerke einen Ehrenplatz unter allen Opern alter und neuer Zeit sichern. Auch für die, welche diese Oper in Dresden ein oder mehrere Mal in höchster Vollendung gehört haben, war es ein Vergnügen bei der anmutigen, so schlichten und dabei so ausdrucksvollen Musik Mozarts, die man immer wieder gern hört und bet der drolligen Handlung (die dabei ein ernstes treues Sittenbild ist des leichtlebigen, übermütigen französischen und spanischen Adels kurz vor der Revolutionszeit) zu beobachten, wie die junge Kunst genossenschaft mit jugendlichem Eifer, jugendfrischen Stim men und viel Gewandtheit im Spiel an ihre nicht leichte Aufgabe ging und wie sie sich selbst des guten Gelingens freute. Besonders zeichneten sich durch schöne Gesangs leistungen und feines Spiel die Damen aus: Frl. Olbrich als Gräfin, Frl. Roth als Susanna, Frl. Drescher als Cherübin und Frl. Ehren l als Marzellina, aber auch die Herren Kipper als Graf, Mittag als Figaro, Hennig als Basilio und Curzio, Scheder als Bartolo und Anto nio zeigten sich als sichere Sänger, besonders auch in den oft schwierigen Terzett- und Ensemblesätzen. Unter der bewährten Leitung des Herrn Tonkünstler Bercht war alles so sorgfältig und sicher einstudiert, daß in den vier Akten auch nicht ein einziges Stocken oder Versehen vor kam, obwohl man einen Souffleur, der bei anderen Vor stellungen sich ost recht störend bemerkbar macht, gar nicht zugezogen hatte. Meister Bercht hatte außer der Gesangs leitung auch noch die Regie und die ganze Klavierbeglei tung auf dem durchaus nicht tadellosen Instrument zu besorgen — gewiß keine kleine Aufgabe, die er aber mit aller Exaktheit löste. Auch die Kostüme waren histor-treu und elegant. So war der reiche Beifall nach den Akt- schlüsfen und bei offener Szene, besonders aber am Schluffe mit viermaligem Hervorruf der Darstellenden ein wohl verdienter, und vielleicht entschädigt diese Anerkennung auch etwas, wenn die Einnahmen für den einzelnen nicht bedeutend sind, obwohl der Saal gut besetzt war. Leider verteilt sich eben der Reingewinn auf 10 Personen, und durch Kostümleihen, Reise und Logieren entstehen erheb liche Ausgaben. Von vielen Musikfreunden aber hörte man den Wunsch äußern, daß Herr Bercht zu gelegener Zeit wieder eine derartige Opernaufführung hier veran stalten möchte. Wenn er aus diese Weise mit Helsen könnte, daß der Geschmack des großen Publikums sich mehr und mehr von der Tingeltangelmufik, der Kabarets, Couplets und vieler minderwertiger Operetten ab- und guter Opernmusik zuwende, so wäre das entschieden ein Verdienst im Dienste der Kunst, wenn auch nicht viel Geldverdienst dabei herausspringt. 8. Pulsnitz. Operetten - Saison. „Die Försterchristel". Operette in 3 Akten von Jamo, die nach „Dollarprin zessin" den größten Erfolg errungen und in Berlin, Dresden und Leipzig beinahe täglich seit einem halben Jahre gegeben wird, gelangt am Donnerstag, den 6. Mai im hiesigen Schützenhause zur Aufführung. In Leipzig allein sind heute nach den „Leipziger Neuesten Nachrichten" 79 Aufführungen zu verzeichnen und in Dresden min destens eben so viel. „Die Försterchristel" beherrscht mo mentan an jeder großen wie kleinen Bühne vollständig das Repertoir. Ueberall, wo man hört, wird „Die Für- sterchristel" gegeben. Bis jetzt haben nur „Die Dollar prinzessin" und „Die Försterchristel" das Repertoir der Theater behauptet und täglich volle Häuser erzielt. Der Vorverkauf ist eröffnet. Pulsnitz. Anmeldungen zum 200jährigen Regiments jubiläum des 4. Infanterie-Regiments Nr. 103 werden auch jetzt noch vom Vorsteher des hiesigen Königl. Sächs. Militär-Vereins entgegen genommen. Es ist dem Regi ment dringend erwünscht, daß die endgiltige Anmeldung noch vor dem Feste erfolgt, nur dann bleiben den Fest- teilnehmern die Unannehmlichkeiten langen Wartens, des Mitbringens der Militärpapiere erspart. Festzeichen, Fest schrift und Festpostkarten werden den Teilnehmern mög lichst schon Ende d. M. zugehen. Auch sei nochmals da rauf hingewiesen, daß ohne Festzeichen de'' Zutritt zu den verschiedenen Veranstaltungen nicht gestattet ist. Pulsnitz. Der neue Fahrplan bringt u. a. auch den sehr erwünschten Wagendurchgang nach Dresden für den 9»« vorm. hier abgehenden Personenzug. Das lästige Umsteigen der nach Dresden reisenden Passagiere in Arns dorf kommt hierdurch bei diesem Zuge in Wegfall. Die Ankunft in Dresden erfolgt wie seither um 10 Uhr vorm. Durch diese Maßnahme hat die Königl. Generaldirektion der Sächs. Staatseisenbahnen einen vielseitigen Wunsch der Interessenten erfüllt, was dankbar anerkannt wird. — Herr Kassenvorsteher Gustav Beyer in Kamenz, welcher vom Jahre 1876 bis 1901 in verschiedenen Be- amtenstelluügen der Station Pulsnitz zugewiesen war, feierte am 1. Mai sein 25 jähriges Beamtenjubiläum. Aus Anlaß dieser Feier wurde dem allseitig geschätzten Jubi lar durch seinen Dienstoorstand, Herrn Oberbahnhofs- Vorsteher Hentzschel, sowie durch die Beamten des Ka menzer Bahnhofs aufs herzlichste beglückwünscht und durch Ueberreichung eines Geschenkes erfreut — Vom Völkerschlachtdenkmal. Die Arbeiten am Bau des Völkerschlachtdenkmales sind, nachdem das 78,0 Meter hohe Baugerüst fertiggestellt worden ist, seit 14 Tagen wieder in vollem Umfange ausgenommen worden. Am Aeußeren ist mit dem Aufbau des 6,0 Meter hohen Kranz gesimses, welches einen zweiten Umgang in ungefähr 60,0 Meter Höhe bildet, begonnen worden, während im Innern die 16 Kryptafiguren ausgemeißelt werden. Wie bekannt, werden die Baumittel zum Teil durch Lotterien aufgebracht. Die Ziehung der nächsten Lotterie findet vom 11. bis 15. Mai statt. Da die Lose immer sehr be gehrt sind, ist es ratsam, sich bei Zeiten ein solches beim Deutschen Patriotenbund in Leipzig zu bestellen. — Das große Los ist heraus! Bei der am gestrigen Montag erfolgten Ziehung der 5. Klasse der Kgl. Sächs. Landeslotterie wurde der Hauptgewinn im Betrage von 500000 Mark auf die Nummer 87038 gezogen. Der Gewinn fiel in die Kollekte von Müller in Leipzig. Ohorn. Gegenüber den auch in eine große Anzahl anderer Zeitungen übergegangenen übertriebenen Nach richten von einer unabsehbaren Gefahr, der die Bewohner des Rödertales, durch angeblichen Dammbruch des zum Rittergut Ohorn gehörenden gegen 30 Scheffel großen Ober- mühlteiches, ausgesetzt gewesen sein sollen, sei zur Beruhi gung ängstlicher Gemüter mitgeteilt, daß eine solche Gefahr keineswegs bestanden hat und nach Ansicht von Wasser bau-Technikern auch niemals, selbst bei Wolkenbrüchen oder schneller Schneeschmelze, eintreten kann. Das Nic- Pulsnitzer Wochenblatt lelegr.-pldr.: Wochenblatt Pulsnitz erscheint: Dienstag, Donnerstag u.Sonnabend. 5lmts Les königl. Amtsgerichts und Les StaLtrates zu Pulsnitz Hilcrni^ umfassend dis Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Vollung, Srotzröhrsdork, Bretnig, Bauswalde, Ohorn, Oberstem«, Nieder- riliriSOlUir IUI Oen s»ilUSgk.l IchrSUtz^ll !X f-- n! pIill), steina, Weißbach, Ober-u.Niedsrlichtenau, ^rlsdersdorf-lhiemendorf, Mittelbach, Orotznaundorf, Lichtenberg, lilein-Dittmannsdork. Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz pr.265. Druck und Verlag von C. L. ?örster's erben (Inh.: I. XV. Mohr). Verantwortlicher Nedakteur: Z. XV. Mohr in Pulsnitz. Zeitraubender und tabellarischer Satz nach be sonderem Tarik. erküllungsort ist Pulsnitz. Inserate für denselben lag sind bis vormittags 10 Uhr aufzugeben. Die künk mal gespaltene Zeile oder deren Naum l 2 pk., Lokalpreis l 0 Pf. Nsklams 25 pk. Bei Wiederholungen Nabatt. Fernsprecher: Nr. 18. VezirKs-NnZSiger und Zeitung Matt M't „Illustr. Sonnlagsblatt", „Landwirtschaft. Ucher Beilage" und „§ür Baus und Berd". Abonnement: Monatlich 45 pk., vierteljährlich Mk. 1.25 bei kreier Zustellung ins Baus, durch die Post bezogen Mk. 1.41.