Volltext Seite (XML)
A-orker Wochenblatt. M i t t h e i l u n g e n über örtliche und vaterländische Angelegenheiten. Vierter Jahrgang. Prei« für den Jahrgang bei Bestellung von der Post 1« gr. SLchs., bei Beziehung bet Blatte« durch Botengelcgcnheit 12 Gr. Sächs. . .. - ^^19. Erscheint jeden Donnerstag. 10. 1838. Betrachtungen, Gedanken und Bedenken bei dem Erscheinen des neuen Kriminalgesehbucheö. (Beschluß.) NVW Wir behaupten also nochmals, wir bedürfen der Prügel nicht, und leugnen, daß sie das einzige Wirksame Mittel gegen Verbrechen, daß sie „praktisch" seien (wie die Herren Praktiker sic nennen.) Freilich die Herren Juristen d. h. diejenigen, welche in Amt und Würden stehen und Richter - oder Aktuariats- posten bekleiden, wollen daS immer nicht zugeben. Und wahr ist cs, wer Gelegenheit hat, das Benehmen derer, die als Bettler, Vagabonden oder Verbrecher vor Gericht zu thun haben, mit anzusehen, wird allerdings manchmal versucht, dieser Juristenmelnung sich anzu schließen. Aber für diese Fälle, wo Jemand wegen Ver- siocktheit bei der Vernehmung, Aeußerung wirklicherBos- hcit bei dem gewöhnlichen Verkehre in der Gerichtsstube und dergl. die Geduld des Richters auf die Probe stellt, hat auch das Kriminalgesetz noch keine Hiebe diktirt, so wie denn überhaupt noch kein Gesetz sie zuläßt. Sagt man aber, gerade hier wäre eine Züch tigung oft am wirksamsten, so müssen wir wieder darauf zurückkommcn, daß verstockte Verbrecher, welche körperlich gezüchtigt werden, häufig nur noch verstockter werden, und daß gegen diejenigen übrigen Menschenkinder, welche an Gcrichtsstelle oder gegen den Richter sich vergehen, auch die andern Jüch- tigungs- und Strafmittel ausreichen. Oder meint man vielleicht diejenigen Prügel, durch welche man den Leugnenden zum Geständniß zu bringen versucht? Diese wird man doch nicht „praktisch" nennen wol, len. Sonst müßte man die Tortur, jenes Kind der Finsterniß, auch praktisch finden und wieder eingrführt wünschen müssen. Freilich soll das Gefängnlß wirksam sein, so muß es auch wirkliches Gefängniß sein — Entziehung der Freiheit verbunden mit Einsamkeit. Denn die Ge» fängnißstrase, die — bei dem Dorfrlchter abgesessea wird, wie bei manchen Patrimonialgerichten vorkommt, ist allerdings keine Strafe. Aber hierin eben liegt der Knoten, hierin liegt eit» Grund der Begünstigung der Prügelstrafe. Die In haber der Patrimonialgerichtsbarkeit nämlich haben häufig keine Gefängnisse. Soll also Gcfängnißstrafs wirksam verbüßt werden, so müssen erst Gefängnisse angelegt werden. Das kostet Geld. Oder —wenn die Gefängnisse auch schon da sind, so trifft es sich häufig, daß —Wächter gehalten —Kost gereicht — die Familie des Gefangenen während der Strafzeit erhalten werden muß. Das kostet wieder Geld! Besser also, man verwandelt das Gefängniß in Prügel. Dä braucht man weder Frohnfcste, noch. Wächter, weder Unterhaltung für die Familie, noch Azung für die Eingespcrrtcn. Und das wird nun auch, gerade das wird eine ge, fährlichc Klippe sein. Jetzt, wo die körperliche Züch tigung in das Gesetzbuch ausgenommen, wo die Ver wandlung der Gefängnißstrafe in Prügel zulässig ist — jetzt wird man zu Abkürzung der Sache und zu Schonung der Beutel häufig auf diese Verwandlung