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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Diese Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis betrügt bei Abholung wöchentlich 5V Rpf., bei Lieferung frei HauS DL Rps. Postbezug monatlich L.50 NM. Die Behinderung der Lieferung rechtfertigt keinen Anspruch auf Rückzahlung des Bezugspreises. ZeitungsauSgabe sür Abholer täglich 2—6 Uhr nachmittags. Preise und Nachlaßfätze bei Wiederholungen nach Preisliste Nr. 4 — Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern nnd an bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis vorM 10 Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr K Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Gebrüder Mohr. Hauptschriftleiter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, Pulsnitz Verantwortlich für den Heimatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, Pulsnitz; Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. — D.A. VIII.: 22SO. Geschäftsstellen: Albertstiaße 2 und Adolf-Hitler-Straffe '. Fernruf 518 und 550 Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft zu Kamenz, des Stadtrates zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz Nr. 222 Donnerstag, den 22. September 1938 90. Jahrgang Prag nimmt an! England und Frankreich hatten kategorische Erklärungen abgegeben Um 19.20 Uhr verkündete der Prager Rundfunk in tschechischer Sprache, daß die Prager Regierung die eng lisch-französischen Vorschläge angenommen hat. Der Sprecher betonte, mit deutlich fühlbarer Niedergeschlagenheit, daß sich die Regierung zur Annahme ge-wungen sah, nachdem ihr Vorschlag, das Problem einem internationalen Schiedsgericht zu unterbreiten, abgelehnt worden war ' und die englische und französische Regierung kategorisch erklärt hätten, sic könnten keinen Krieg führen. Der Regierungssprecher forderte dann die ganze Be völkerung zur Ruhe und Ordnung aus, weil sie andern falls den Staat bloß schwer schädigen würde. Die Re gierung und der Präsident seien entschlossen, den Staat unter den neuen Lebensbedingungcn zu führen. Schmerzerfüllt, weil die Unterdrückung von 7,5 Nicht tschechen aufhärt Gleich nach der Bekanntgabe, daß die Prager Ne gierung den Vorschlag der britischen und der französi schen Regierung angenommen hat wurde folgender Tert des Kommuniques der tschecho-slowakischen Negierung bekannt: „Die tschecho slowakische Regierung hat sich unter dem unwiderstehlichen Druck der britischen und der fran zösischen Regierung gezwungen gesehen schmerzerfüllt die in London ausgearbeitcten Vorschläge anzunchmen." Eine offizielle Bestätigung durch das Auffenamt in Prag war bisher nicht zu erhalten. * Zur Annahme der englisch-französischen Vorschläge durch Prag schreibt besonders treffend das „Berliner Tageblatt": Herr Benesch kommt mit seinem Schmerz zu spät! Während man in Prag auf das Wunder hoffte und eine bolschewistische Hilfe in London und Paris durch die Aktionen der dortigen kriegerischen Moralpre diger zu organisieren suchte, sind die Ereignisse den Ent ¬ schlüssen der Prager Machthaber weit vorausgeeilt. Es erregt Erbitterung, wenn in der Prager Mitteilung da von die Rede ist, daß „schmerzerfüllt" die Lon doner Vorschläge angenommen würden. Herr Benesch empfindet also auch heute noch Schmerz darüber, daß er den Terror gegen die Sudetendeutschen, gegen Polen und Ungarn nicht länger fortsetzen kann. Die Volksgruppen der Tschecho-Slowakei haben einen ganz anderen Schmerz zwanzig Jahre lang tragen müssen. Sie werden ihn nicht länger tragen. Auch darüber sollte Herrn Benesch mittlerweile ein Licht aufgegangen sei. Be zeichnend für die Verblendung der tschechischen Macht haber ist es, -daß sie die Schuld nicht in ihrer eigenen Politik suchen, sondern England und Frankreich anklageu. Ter Zweck liegt auf der Hand: Man sucht die bolschewi stische Propaganda gegen Chamberlain und Daladier zu entfesseln. All diese Winkelzüge haben keine Bedeutung mehr. Es handelt sich jetzt um nicht mehr und nicht we niger als um die Generalbereinigung der Volkstumsfrage in der Mitte Europas- Herr emBng die Gesandten Das Tschecho-slowakische Preßbüro teilt mit: „Heute um 17 Uhr empfing der Minister für Auswärtige Ange legenheiten Dr. Krofta den französischen und den briti schen Gesandten und erteilte ihnen im Namen der Re gierung die Antwort auf deren gemeinsam heute um 2 Uhr früh beim Präsidenten der Republik unternom menen Demarche Wie das Tschecho-slowakische Preßbüro dieser Meldung beifügt, werden mit dieser Antwort die Verhandlungen über den formalen Vorgang bei der sach lichen Durchführung der Vorschläge ausgenommen, welche die französische und die britische Regierung der tschecho slowakischen Negierung am 19. September 1938 zu machen für notwendig befunden haben. Die tschechische Annahmeerklärung in London eingctrosfcn Wie nunmehr auch in London amtlich bestätigt wird, ist die Note der tschechischen Regierung an Frankreich und Großbritannien, in der sie die englisch-französischen Vorschläge annimmt, Mittwoch abend in London e i n g e t r o f f e n. Fort mit dem Benesch-Staat Berliner Morgenblätter über Anter der Ueberschrift „Abtretrn, Herr Benesch!" schreibt der „Völkische Beobachter": Die Prager Regierung glaubte in Den gestrigen Abend stunden, durch eine Flucht in die Genfer Welt der Verträge ihrem Schicksal zu entgehen. Sie wollte noch immer nicht wahr haben, daß sich an ihr nach den ewigen Gesetzen der Gerech tigkeit das Schicksal mit aller Unerbittlichkeit vollzieht. Der Taktiker Benesch glaubte, mit alten Akten, die den Genfer Staub an sich tragen, den windfrohen Gang der Ereignisse aufhalten zu können. Zu spät! Die Zeit für taktische Spie lereien, die Benesch als Kind des Liberalismus liebt, ist vorüber. In Europa herrscht ein anderes Gesetz. Auch die große Chance sür ihn, sich im Aufbau Europas als Staats mann zu erweisen, ist verpatzt. Er mutz sich in das Unver meidliche fügen. „Schmerzerfüllt", so heitzt es in dem amtlichen Kommuni que, „habe die Prager Regierung Die englisch-französischen Vorschläge angenommen." Wan hofft in Prag, durch Sen timentalität Mitleid zu erwecken und merkt nicht, daß aus diesem Wörtchen „schmerzerfüllt" jener bittere Hohn auf die Vergangenheit spricht, der wie ein Faustschlag in das Gesicht der Gerechtigkeit wirkt. Man empfindet also im Hradschin Schmerz darüber, daß nun die Zeiten der Unterdrückung und Entrechtung der Su detendeutschen und der anderen Volksgruppen' ein sür alle Mal die Ereignisse in der Tschechei vorüber sind und nunmehr im Herzland Europas eine neue Epoche des Friedens, der Ruhe und Der Ordnung antreten soll. Man mühte meinen, dah Den Tschechen die Lust zum Höhnen vergangen ist. Aber Dem ist nicht so. Sie sinD und bleiben unbelehrbar. Da hilft nur eine Drastische Lektion, um sie zur Ordnung zu rufen. 2m übrigen aber ist es wirklich gleichgültig, in welcher Form die Tschechen dir englisch-französischen Vorschläge „an nehmen", und wie sie sich zu ihnen stellen. Der Gang der Ereignisse hat sie längst überholt. " Die hinterhältigen Methoden der bisherigen Verhand lungstaktik der Prager Regierung mahnen auch ihrer jetzigen Haltung gegenüber zu größter Vorsicht, solange die Zustände in dem abzutretenden deutschen Gebieten nicht sofort der neuen Lage angepatzt werden. Eine solche Entwicklung ist allerdings undenkbar, solange Herr Benesch als Hauptträger des Prager Mordsystems im Amt ist. Die Parole der Welt kann nur lauten: „Abtreten, Benesch!" Der „Berliner Lokalanzeiger" spricht von einem „würdelosen Ende" und schreibt Dann: Den Schmerz soll man achten, aber dieses „schmerzerfüllte" Pathos des alten, ge rissenen Agitators Benesch wirft wie Hohn und ist ein allzu plumper Angriff auf die Tränendrüsen seiner demokratischen Freunde. Warum ist die tschechische Regierung von Schmerz erfüllt? Weil sie sich der Notwendigkeit beugen mutz, die Hand von den Sudetenbeutschen und den fremden Rationali täten zu lassen, die sie bisher ungestört quälen konnte. Unecht und falscher Schein bis zum Schluß, würdelos und mit weiner lichen Anklagen gegen Die beiden Mächte, auf die man in Prag i^rge gefetzt hatte und unter deren Fittichen man die Politik der Radelstiche und Der hinterhältigen Fallenstellerei fort zusetzen trachtete, geht dieses System Benesch in die Brüche. Schmerz, weil man den Tschechen die Lust am Schikanieren, am Zerstören, am Erniedrigen der ihnen zugetriebenen Völker schaften nahm, Schmerz über die beschnittenen Tyrannengelüste und Trauer darüber, daß nun den Entrechteten die Freude der Freiheit in ihrer größeren Heimat winkt — das ist Prag! Hitler-Fahnen über Sudetenland Eger. In der Nacht zum Donnerstag und In der Frühe des Tages haben dir Sudetrndeutschen im ganzen Sudeten? gebiet bis herunter zur tschechischen Sprachgrenze den Ord nungsdienst, zunächst noch zusammen mit Den Organen des tscheche-slowakischen StaateS in eigene Hände übernommen. Das ganze Land ist in einen Taumel und unbeschreibliche Freude geraten. Hakenkreuzsahnrn wehen von den Häusern. Die Bevölkerung ist auf den Straßen. Alles fällt sich vor Freude um den Hals. Es gibt unbeschreibliche Szenen. Die Sudetenbeutschen, die sovirle schwere Jahre mit bewundrrnÄ- werter Ausdauer durchgemacht haben, hielten auch in den letzten Stunden vor ihrer Befreiung in mustergültiger Weise Zucht und Ordnung. Dir Organe des tschecho-slowakischen StaateS, Gendarmerie und Polizeibramtr machen gemeinsam mit den Sudetendeutschen den Ordnungsdienst, d. h. diese Organe sind den Sudetendeutschen beigegrben, doch treten sie selbst auch noch in Erscheinung. Der Führer in Godesberg eingetroffen Godesberg. Der Führer und Reichskanzler traf heute um 10 Ähr mit dem SoNDrrzug auf dem Bahnhof in Godes berg ein. ' Beneschs letzte Illusionen „Paris Soir" schildert dec nächtliche Vorsprache des englischen und französischen Gesandten bei Benesch Die Pariser Abendpresse behandelt sowohl die nächt lichen Ereignisse in Prag, die zu der Antwort der tsche chischen Negierung führten, wie die bevorstehrnde Be sprechung zwischen dem Führer und Chamberlain in gro ßer Aufmachung. Einige Blätter lassen zwar noch ein gewisses Bedauern durchblicken, erklären aber eindeutig, daß der Prager Regierung in ihrem eigenen Interesse und im Interesse des allgemeinen Friedens nichts anderes übrig bleibe, als die englisch-französischen Vorschläge widerspruchslos anzunehmen. Der Prager Berichterstatter des „Paris Soir" gibt leinen dramatischen Bericht von den diplomati schen Schritte, die die Gesandten Englands und Frank reichs in der Nacht in Prag unternommen hatten, um die tschechische Negierung von ihrer ursprünglichen Stel lungnahme abzubrinqen. Der englische Gesandte Newton habe sich mitten in der Nacht zu Benesch begeben. Mit hartem Realismus habe er Benesch darauf aufmerksam gemacht. Chamberlain eine günstige und greifbare Ant wort von Prag erwarte. Er habe förmlich mitgeteilt, daß England sich in einem anderen Fall — gleichgültig, welche Haltung Frankreich in einem unvermeidlichen Kon flikt einnchmen würde — jeder Unterstützung enthalten werde. Auch Paris habe Benesch in sachlicher Form darauf aufmerksam gemacht, daß Frankreich sich mit England solidarisch erkläre. Der französische Gesandte sei in dem Augenblick bei Benesch einqetroffen. als sein englischer Kollege aus dem Kabinett des Präsidenten heraustrat. Die Unterhaltung habe einen ungeheuerer Grad an In tensität erreicht, aber der französische Gesandte habe den Auftrag gehabt, Benesch die letzten Illusio nen zu nehmen. . _ . .