GROSSUS PRAGENSIS Der Prager Groschen und seine Teilstücke Von Karel Castelin Vorbemerkung: Der vorliegende Abriß der Geschichte unserer böhmischen Silberprägungen in der Groschenzeit entstand aus einem am 2. Mai 1964 in der Wissenschaftlichen Arbeitsgemeinschaft Numis matik im Deutschen Kulturbund zu Dresden gehaltenen Vortrag. Die Grundzüge des Vortrags wurden hier beibehalten, aber durch wichtigere Details, vor allem durch zahlenmäßige Angaben, ergänzt. Selbstverständlich konnte hierbei nicht alles berücksichtigt werden; die über große Teile Europas ver streute Fachliteratur über den Prager Groschen ist hierzu viel zu umfangreich. Außerdem wurden große Zeitabschnitte der Prager Groschenzeit bisher noch nicht im einzelnen durchgearbeitet. Die Teilstücke des Prager Groschens wurden außerhalb der Tschechoslowakei fast gar nicht behandelt, dagegen besteht außerhalb unseres Landes eine umfangreiche Literatur über Gegenstempelungen auf Prager Groschen. Diese ungleichmäßige Bearbeitung der einzelnen Münzsorten und Zeitabschnitte ermöglichte bisher noch keine einheitliche Darstellung. Die vorliegende Arbeit, die erste ihrer Art außerhalb der Tschecho slowakei, soll deshalb dem mit der umfangreichen tschechischen numismatischen Literatur nicht vertrauten Leser eine Darstellung der Geschichte der böhmischen Groschenprägung bieten, wie sie uns heute in den Hauptumrissen erscheint; nicht behandelt konnten hier die gleichzeitigen Goldprägungen sowie die (ökonomisch weniger bedeutenden) mährischen Kleinsilberprägungen werden. Trotz der Kürze der Arbeit wird der Leser hier so manches Neues und auch Interessantes linden, was zur weiteren Beschäftigung mit den Prager Groschen anregen soll. Großer Wert wurde seitens des Herausgebers und des Autors auf hinreichende Illustrationen gelegt, die in Zukunft vor allem bessere Fundbeschreibungen und dadurch genauere Datierungen ermöglichen werden. Um den Umfang nicht ungebührlich auszudehnen, wurde im Text von Literaturhinweisen Abstand genommen und eine Aus wahl der wichtigsten Literatur am Schluß der Abhandlung beigegeben; sie wird jedem Interessenten eine weitere Beschäftigung mit einer der bekanntesten Mittelaltermünzen Europas ermöglichen. Fund beschreibungen konnten der großen Anzahl halber ebenfalls nicht in die Literaturübersicht aufgenom men werden. Mein aufrichtiger Dank gebührt dem Vorstand der Dresdner Arbeitsgemeinschaft, der nach dem Vor trage dessen Veröffentlichung anregte, sowie dem Schriftleiter der Arbeite- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege, Herrn Dr. Werner Coblenz, der planmäßig und durch viele Jahre alle numismatischen Bestrebungen um bessere Erkenntnis unserer Vorzeit unterstützt und dessen Ent gegenkommen die Verwirklichung der Publikation verdankt wird. I. Die Zeit, die wir in Böhmen als Grosehenzeit bezeichnen, ist einer der drei großen Zeitabschnitte, in die wir die böhmische Münzgeschichte einteilen. Das Mittelalter etwa von 950 oder 960 bis 1300 ist die Zeit der Denare, wobei das Ende dieses Abschnittes, das 13. Jahrhundert, durch eine besondere Sorte der Denare, die Brakteaten, gekennzeichnet ist. Die Groschenzeit der böhmischen Länder dauerte von 1300 bis 1547; an sie schließt die Zeit des Talers, die bei uns mit der Prägung der ersten Guldengroschen in Joachimstal im Jahre 1520 beginnt.