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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich MM-ÜWM für Kotziidorf, M!>H, Imsdors, Wdorl §l Hidien, KeimHsori, Ammo M MfftL Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. ——-———— ——— ———— ——— 45. Jahrgang. — — Nr. Z98. Fernsprech.Anschlutz Dienstag, den 24. Dezember 4895. Dieses Blatt erscheint täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag.' Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Mark 2S Pfennige. — Einzelne Nummer 1V Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltrne SvrpuSzMe oder deren Ranm mit 10 Pfennigen berechnet. —> Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Sparkaffen-Expeditionstage in Lichtenstein: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. BekKNNtMKHMS. Am 27. Dezember L8SS bleiben die hiesigen Ratsexpeditiosen wegen vorzunehmender Reinigung für Nicht dringliche AttgelegeNheite» geschlossen. Callnberg, am 18. Dezember 1895. Der Stadtgemeinderat. Prahtel, Bürgermeister. LMeKHeschichte. *— Lichtenstein, 23. Dez. Wie alljähr lich um die liebe Weihnachtszeit, so war auch wieder um diesmal der hiesige Frauenverein bedacht, armen Kindern und bedürftigen alteu Frauen durch eine gemeinschaftlicheChristbescherung eine Weihnachts freude zu bereiten. So verbreiteten denn auch gestern im hiesigen Ratskellsrsaale zwei große Tannenbäume ihren herrlichen Lichterglanz über die hübschen Gaben, die auf langen Tafeln der Inempfangnahme harrten, und manches Kinderauge strahlte noch helleren Glanz aus, als es jene entzündeten Christbäume vermochten. Wo man aber Weihnachten feiert, da findet die Weihnachtsfreude ihren schönsten Ausdruck im Weih nachtslied. Das mag man bei keiner Bescherung missen. Und so war es auch bei dieser Bescherung. Dis Feier erhielt noch besondere Weihe durch zwei innige Lieder: „Hosianna, Davids Sohn" und „Die schönste Zeit ist Weihnachtszeit", seitens des Knaben chores unserer Kirchs gesungen, und durch die An sprache des Herrn Oberpfarrer Seidel, die im An schluß an das verleseneWeihnachtsevangslium indem Worte des Apostels Paulus gipfelte: „Die Liebe höret nimmer au f." Wie im Laufe des Jahres die Liebesgaben gleich Bächlein zusammenlaufen und zu einem großen Strome anwachsen, so teilt sich dieser wieder in kleine Bächlein, damit recht viels an den Wohlthaten desselben teilnehmen und sich einer Liebeserweisung freuen sollen. Möge dem Frauenverein noch recht oft vergönnt sein, wohlzu- thun und mitzuteilen, denn solche Opfer gefallen Gott wohl. Uns allen aber schenke der himmlische Vater ein recht christlichfrohes Wethnachtsfest! — Bei der gegenwärtig so oft und schnell wechselnden Witterung sind Erkältungen der Füße und Atmungsorgane an der Tagesordnung. Nament lich bekommen es unsre Kleinen oft über nacht in den Hals. Es sei deshalb an die erprobten Dienste erinnert, welche in dergleichen Fällen die Citrone als Vorbeugangsmittel zu leisten vermag. Die in Apotheken und Droguerisn erhältliche konzentrierte Citronensäure kann, bei Diphtheritisanfällen recht zeitig angewandt, bis zur Ankunft des Arztes unschätz bare» Nutzen stiften. — Ein furchtbarer Schneesturm wütete vor 9 Jahren — nicht, wie einige Blätter schreiben, vor zehn Jahren — drei Tage hindurch, vom 19.—22. Dezember in ganz Sachsen und weit über dessen Grenzen hinaus. Der gesamte Eisenbahn- und Post-, sowie auch der Wagenverkehr war durch die nieder gegangenen gewaltigen Schneemassen vollständig unterbrochen. — Wie Leute, die im praktischen Leben stehen, über den Befähigungs-Nachweis urteilen, ersieht man aus folgender treffenden Bemerkung der „Typogr. Jahrbücher" (Jahrgang 1895, Heft XII): „DaS blinde Agitieren für den Befähigungs - Nach- weis erinnert uns an das alte: „Wen die Götter verderben wollen, den schlagen sie mit Blindheit". Der Befähigungs-Nachweis fällt mit der obligato rischen Innung, sobald letztere nur einigermaßen weiß, wozu sie da ist. Wir in Leipzig würden, so. bald wir obligatorische Innung hätten, sicherlich einen Minimal-Druckpreise-Tarif durchdrücken, wir würden bestimmen, wieviel Prozente Geschäfts-Auf schlag nötig sind, um ein Geschäft mit Ehren führen zu können. Derjenige, welcher sich nicht an diese Bestimmungen halten würde, wird so lange in Strafe genommen» bis er genug Vernunft besitzt, um richtig rechnen zu können. Ob dieser Sünder nun Buch drucker, Buchbinder oder Kaufmann ist, da« wird uns gleichgültig sein. Sicher ist, daß der Befähig ungs-Nachweis uns gegen die Schmutziane nicht schützt. Wir kennen Buchbinder und Kaufleute, die sich ihre Arbeit reell bezahlen lassen, während ganz tüchtige Fachleute schleudern, daß es eine Schande ist. — Wir betonen nochmals, daß wir gegen den Befähigungs-Nachweis sind, weil wir wissen, daß an dieser Forderung die ganze Reorganisation des Hand werks scheitern wird und muß. Wir können es der Regierung nicht verargen, wenn es der Meinung ist, daß sie mit Bewilligung der hochwichtigen obli gatorischen Innung zunächst ihre Schuldigkeit gethan hat; ist einmal diese Probe auf das Exempel geglückt, uun, so kann ja ein weiterer Schritt gethan werden, aber eher nicht." — Nirgends in der Welt, so schreibt heute die Konserv. Korresp., herrscht staatlicherseits eine leb haftere Fürsorge für die Arbeiterschaft als in Deutsch land; nirgends konnte die sozialdemokratische Bewe gung ungehinderter sich entfalten als bei uns in den letzten Jahren; aber nirgends tritt die Sozialdemo kratie vaterlandsloser, gehässiger und hetzerischer auf als innerhalb der deutschen Grenzen. Von Aner kennung der bisherigen, fast riesenmäßigen sozial politischen Leistungen ist in der Sozialdemokratie keine Spur wahrzunehmen. Im Gegenteil kann man täglich die Beobachtungen machen, daß die sozial demokratischen Agitatoren diese Leistungen nicht nur verkleinern, sondern sie auch in Mißachtung zu bringen trachten. Wollte man selbst das ganze Wirt- schaftsprogramm der Sozialdemokratie soweit es „innerhalb der heutigen Gesellschaftsordnung" er füllbar ist, ausführe», so würden die leitenden und agitierenden ,,Genossen" immer wieder neue Forde rungen erheben und neue Motive auffinden, um die Unzufriedenheit der Arbeiterschaft rege zu erhalten. Unter solchen Umständen erlahmt begründeterweise nicht nur der gute Wille der Besitzenden, auf die doch die Sozialreform in erster Linie sich stützt, zu weiteren reformmäßigen Fortschritten, sondern es bricht sich auch die Ueberzeugung Bahn, daß alles, was für die Arbeiter geschieht, der sozialdemokratischen Partei und deren Ansehen zu gute kommt. Wird den Arbeitern klargelegt, daß ihre Wünsche so Lange ohne Erfüllung bleiben müssen, bis die sozialdemo kratischen Führer und Agitatoren unschädlich gemacht sind, daß die Vertretung ihrer Interessen durch eine vaterlandslose revolutionäre Partei nur zu ihrem Schaden ausschlagen kann, dann werden sie sich besinnen, und eine Trennung der Arbeiter von den Sozial revolutionären wird dann nicht mehr als undurch führbar sich erweisen. — In den am Wollgeschäft beteiligten Kreisen giebt man sich angesichts des günstigen Ablaufs der Londoner Versteigerung und der festen überseeischen Berichte einer zuversichtlichen Auffassung hinsichtlich der nächsten Entwicklung des Geschäfts hin, wenn schon die geschäftliche Thätigkeit augenblicklich nicht gerade hervorragend lebendig ist, was indes mehr an der Jahreszeit liegt. Auch für Baumwolle herrscht gute Meinung, die sich besonders in namhaften Um sätzen von greifbarer Ware für den Verbrauch aus- drückt, unter deren Einwirkung der Preisstand in Europa sich noch etwas hob, wogegen Amerika ein wenig unter den vorwöchigen Preisen schließt. In Seide und Seidenwaren gab sich große Ruhe kund, doch gingen einzelne Gewebe und Bänder noch in sehr befriedigendem Maße ab; waS von neuen Auf trägen einläuft, sind, wie üblich um diese Zeit, größtenteils Nachbestellungen. Bel Leine» ist keine sonderliche Aenderung eingetreten, in Flachs gewinnt der Hande! au Ausdehung, aber nur langsam und unter Widerstreben der Spinner gegen die hohen Forderungen. Jute stand in schwachem Begehr, die Käufer beobachteten Zurückhaltung und suche» billiger anzukommen; ebenso versuchen die Abnehmer von Garnen und Geweben, mit niedrigem Geboten durch- zudringen, ab und zu mit Erlfolg, meistens lehnen aber Spinner und Weber Untergebote noch ab, be sonders wenn es sich um baldige Lieferung handelt. Hanf blieb träge und willig. — Dresden. Eik Schuhmacher verstarb vor einigen Tagen an einer Stichwunde, die seine« Hals durchbohrt hatte. Der Tod trat wenige Stun den nach dem Vorkommnis ein; der Mann selbst ! sollte sich ein Messer in den Hals gestoßen haben, wie fein Kousin, ein Schriftsetzer, der zur kritische« Zeit mit ihm zusammen in einer Stube gewesen war, behauptete. Dieser Schriftsetzer ist jedoch in Unter suchungshaft genommen worden, ebenso die Ehefrau des Verstorbenen. Es wurde nämlich bekannt, daß zwischen dem Schuhmacher und seinem Kousin un mittelbar vor dem angeblichen Selbstmord eine er regte Eifersuchtsszene stattgefunden hat. Der Ver dacht gegen dm Schriftsetzer, den Mord begangen zu haben, soll durch Ergebnisse der Untersuchung fast zur Gewißheit geworden fein. — Nach einer fast von allen Zeitungen gebrach ten und auch in unser Blatt übergegangenen Notiz sollte der ausGlauchau verschwundene Gerichts vollzieher Eichfeld bei Jerisau tot aus der Mulde gezogen worden sein. Diese Meldung bewahrheitet sich nach dem „Meer. Wochenblatt" nicht, vielmehr soll E. Glauchau mittels Eisenbahn verlassen haben; sonach herrscht über den jetzigen Aufenthalt desselben noch vollständiges Dunkel. *— Johanngeorgenstadt, 21. Dez. Die Konzessionsurkunde für die zu erbauende Eisen bahn Johanngeorgenstadt-Neudek-Karlsbad ist vom Kaiser!. Königl. Handelsministerium in Wim beim Aktionskomitee in Neudek eingegangm. Die Kon zession ist unterm 2. Dez. ausgestellt und enthält die Bedingung, daß dis Bahnlinie in zwei Jahren, von diesem Zeitpunkt abgerechnet fertiggestelltsein muß. — Zu der Verurteilung des Bahnwärters Wolf, der das Eisenbahnunglück bei Oederan verschul dete, schreibt der „Freiberger Anzeiger" treffend: „Wenn man sich diesen Uebeithäter, der nun durch eine schwere, aber gerechte Strafe seinen Teil der Schuld sühnen wird, und sein Vorleben näher an« steht, »so wird man nicht umhin können, auch gegen die diesem Mann vorgesetzten Instanzen schwere Vorwürfe zu erheben. Wie konnte man einen Menschen, der eine solche ungeheure Menge von Disziplinarstrafen wegen Vergehen im Dienste auf- zuweijen hat, neun Jahre lang auf seinem verant wortungsvollen Posten an einer der verkehrsreichsten Strecken unseres Landes belassen? Wie konnte man sich nur damit begnügen, einen solche» unzuverlässigen Angestellten nur mit ganz geringen Geldstrafen (30, 40 Pfennigen!) zu belegen, anstatt ihn um der all gemeinen Sicherheit willen zu suspendieren! Eine solche Nachsicht ist geradezu unbegreiflich und regt die Frage an, ob nicht unter solche» Umständen eine Anklage desselben Inhaltes gegen diejenigen Beam ten hätte erhoben werden können, welche auf die Beibehaltung eines solchen Mannes auf diesem Poste» maßgebenden Einfluß besaßen". — Kurze Hochzeitsfreude erlebte ein Hotelbe sitzer in Bautzen. Er hatte im vorigen Sommer eine blitzsaubere, junge Dame mit dem nicht ganz