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Wochen und Nachrichtsblatt zugleich HtsMs-Anmkk für Hihsdorf, Mlih, §t«d«rf, Wsdorf, Ä CgiRrn, Kmrichsort, M«imm » Mölst» Amtsblatt für de« Stadtrat zu Lichtenstein. ,—- 48. AaHrzang. -----—- Rr. 43. Mittwoch, HW 20 Februar 1895. MtstS Blatt erscheint täglich ilmtzer Tonn- ML NesttagS) abends für den folgenden Tag. MerteljShrlich« Bezugspreis 1 Mark 28 Pf. — Einzelne Nummer 1« Pfennige. —t 'Mellungeu nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postaustalten, Postboten, sowie die Austräger- entgegen. — Inserate werden die viergespalt« KorpuSzeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Lagssgeschich^. * — Lichtenstein, 19. Febr. Die Osterzeit rückt näher, die Zeit des Frühlings, die Zeit »der auch, in welcher so viele Tausende von jungen Leuten aus der Schule scheiden, um in dm Bund der er wachsene» Christen ausgenommen zu werden und fortan in eigener Tüchtigkeit und Trefflichkeit den schweren Lebensweg zu gehen. Am Ehrentage der Jugend ruht das Auge der Eltern, dn Verwandten, der Bekannten mit besonderer Teilnahme auf dem jungen Reis vom alten kernigen deutschen Volksstamm, und wenn das junge Blut mit leuchtenden Augen und roten Wangen frohgemut in die Welt hinein- schaut, daun bewegen heiße Glück- und Segenswünsche das Herz der Eltern. Wenn es auch sonst nicht gerade M loben ist, wenn all zu hoher Wert auf das Aeu- ßerltche gelegt wird, an diesen! Ehrer,- und Festtage gehört sich doch ein Feiertagsgewand, das dem Luxus das Wort nicht zu reden braucht, das aber doch des Tages würdig sein muß. Zum ersten Mal im Rock, statt in der Jacke des Schulbuben, zum ersten Male im langen Kleide des erwachsenen Mädchens, statt im Schulröckle, das ist ein Stolz; etwas Eitelkeit ist dabei, aber 's wird Niemandem anders ergangen sein an diesem Tage und auch Niemandem anders ergehen. Natürliche Empfindungen soll man nicht schmälern! Vortrefflich, wenn die Eltern bei Zeiten daran denken können, für ihren Liebling den Feiertagsstaat zu be sorgen, und dies und Jenes dazu. Aber nicht überall ist dem so; in den Hütten, wo die Armut wohnt, wo das Häuslein der Kinder so groß geworden, daß schon genug dazu gehört, sie richtig satt zu machen, da wird ein strenger und herber Winter, wie es der letzte war, ost genug bitter empfunden: der Verdienst ist nicht selten geringer, Krankheitsfälle erheischen Extra-Ausgaben, und mancher Spar-Pfennig, wel cher bei Seite gelegt worden war, mußte nun aus gegeben werden. Da rückt nun Ostern näher heran, es wird an den Feiertugsauzug für den Buden oder das Mädel auch gedacht, die der Schule Valet sagen, und die sich die Äugen ausweinen würde», sollten sie zurückstehen vor Anderen. Dabei werden die Nickel gezählt und wieder gezählt, da wird der Verdienst berechnet, was von dem noch erübrigt werden kann, da wird, ja was nicht Alles. Aber das Geld will doch nicht insgesamt zulangen, es fehlt noch immer und immer etwas, und fragend blicken die Augen des Kindes, welches eine schwere Schmerzens zähre kaum verbirgt! So jung und schon entsagen? Nicht doch! Hier ist eine gute und edle Gelegenheit, Nächstenliebe und Mildthätigkeit zu bewähren, Thrä- nen zu trocknen, reiche Freude zu schaffen, aufrich tigen Herzeusdank zu erwerben, Glaube an die Mensch heit zu erhalten. (Nachdruck verboten.) * — Vergangenen Sonntag in der 9. Stunde wurde bei einem hiesigen Fleischermeister die Laden kasfe gestohlen. Der Dieb, der in der Eile noch 6 Mk. in der Kasse liegen gelassen hatte, nahm seinen Weg durch die Hinterthür. Als die Frau des Flei schermeisters am Abend die Kasse leeren wollte, fand sie nur noch die 6 Mk., schöpfte aber keinen Verdacht, weil sie vermutete, ihr Mann habe das Geld zu sich genommen, bis sich schließlich der Diebstahl heraus- stellte. * — Hohndorf, 19. Febr. Vergangene Nacht wurde indem Materialwarengeschäft des Herrn Zesch hierselbst ein Einbruch verübt. Die Diebe sind durch ein Fenster in die Mangelstube eingedrun gen und von da aus in den Laden gelangt; diesel ben mögen es wohl in der Hauptsache auf ein vor her geschlachtetes Schwein abgesehen haben, da aber davon nichts zu finden war, nahmen die frechen Ein brecher folgende Sachen mit sich: für 50 Mark Strick garn, eine Partie Filzschuhe und Filzpantoffeln, Barchent, fertige Schürzen und Jacken, Betttücher, Röcke, mehrere hundert Stück Cigarren, ein Fäßchen Butter, Kaffee, Schweinsknochen und verschiedenes andere, sowie 30 Mark bares Geld. Der Gesamt wert der gestohlenen Sachen beziffert sich auf ca. 200 Mk. Hoffentlich gelingt es, das Raubgesindel baldigst dingfest zu machen. — Der Bedarf an Kohlen ist gegenwärtig so groß, daß die Zwickauer Steinkohlenwerke kaum genug liefern können; die Eisenbahnverwaltung muß große Anstrengungen machen, um die Transports zu bewältigen. — Die landwirtschaftlichen Kreisvereine im Königreich Sachsen haben seit einigen Jahren eine Kasse zur Versicherung von Genossenschaft sbullen eingerichtet, ir, der im Jahre 1893 bereits 97 Genos senschaften 182 Bullen mit 76779 M. 50 Pf. ver sichert hatten. Entschädigungen wurden in acht Fällen mit insgesamt 1239 M. gezahlt. Die Kasse gewährt volle Entschädigung für Verluste au solchen Bullen, die durch Tod infolge Krankheit, Femr, Blitzschlag oder sonstigen Ur,fall, oder auch durch Mindererlös durch Krankheit oder Unfall entstehen, bis zu dem Höchstbetrag der Versicherungssumme von 600 M. Dies bedingt natürlich höhere Prämien, als notwen dig werden, wenn Entschädigungen nur bis zu ft 4 der Versicherungssumme und nur im Todesfälle ge leistet werden. Um nun den Genossenschaften die Haltung von Wullen von Hohem Zuchtwerr zu erleich tern, hat das Ministerium des Inner» der Bullen- verficherungskasse einen zunächst einmaligen Zuschuß von 1500 M. überwiesen und die. Direktorialkonferenz der Kreisvereine hat beschlossen, für das Jahr 1895 nur eine Prämie vor, 3 Proz. zu erheben und dis Kosten der tierärztlichen Behandlung und Verwertung der zu entschädigenden Bullen ebenfalls auf die Ver- sichcrnngskasfe zu übernehmen. — Dresden, 17. Febr. Soeben wird das Ableben eines interessanten Greises bekannt, der im 89. Lebensjahre als einer der letzten Königl. Sachs. Offiziere, die 1849 in Schleswig-Holstein im Feuer gestanden habe», nach fast 30jährtger Ruheftandszeit verschied. Herr Generalmajor z. D. Carl Wolfgang v. Heygendorfs wurde am Christtag 1806 in Weimar als natürlicher Lohn des Herzogs (seit 1815 Groß- Herzog) Carl August von Sachsen-Weimar geboren. Seine Mutter war di« am weimarifchen Theater- Horizont mächtige, als Opernsängerin und Schau spielerin bekannte und berühmte Henriette Caroline Friederike Jagemann (geb. in Weimar am 25. Jan. 1777, f in Dresden am 10. Juli 1848), welche durch ihren fürstlichen Verehrer nebst ihrer Descendevz zur Frau von Heygendorfs uuter'm 16. Mai 1809 nobi- litiert wurde. Der junge von Heygendorfs verlebte seine erste Jugend in Weimar zur großen Zeit Goethe's, durchlief die Kadettenerziehungsanstalt und wurde 1825 Junker und Leutnant bei dem Gardereiter- Regiment in Dresden. Hier hat er seitdem fast ausschließlich sein Leben zugebracht. Er wurde be° sördert: 1833 zum Oberleutnant, 1844 zum Ritt meister und ZSkadronchef. 1850 zum Major, 1859 zum Oberstleutnant, 1860 zum Obersten bez. Regi mentskommandeur mW nahm am 17. August 1865, nach verbrachten 40 Dienstjahrsn unter Beförderung zum Generalmajor seinen Abschied. 1849 im däni schen Feldzuge, wo die Süchs. Gardereiter bei Aarhus und Veile mit Auszeichnung fochten, hatte er Ge legenheit, sich rühmlich hsrvorzuthun. Er wurde da her 1849 mit dem König!. Sachs. HeimichSvrden, dem König!. Preuß, roten Adlerorden mit den Schwer tern und dem Großherzogl. Weimar. Falkenorden ausgezeichnet. Später erhielt er noch den Kaiser!. Oesterreich. Leopoldordsn und den Ernestinischen Hausorden, das Dienstauszeichnungskreuz und die Weimar, gold. Jubiläumsmedaille. Vermählt war er dreimal: mit Meta geb. Abegg, mit Therese Ade leide von Watzdorfs und mit Rosa Klara von Könne- ritz. Die gesamte Militärdienstzeit v. Heygendorfs's entfällt, mit Ausnahme zweier Jahre, die er in Großenhain im Kommando beim 1. Reiterregiment zubrachte, auf das Gardereiterregiment. Z Die Witwe des auf der „Elbe" verunglückten Fabrikanten Walter Schüll in Düren hat nunmehr, wie ein Privattelegramm aus Köln m Ueberein- stimmung mit einer Mitteilung des „W. T.-B." meldet, über die ihr aus gezahlte Versicherungssumme von 100000 M. m der Weise verfügt, daß 50000 M. den Hinterbliebenen der auf der „Elbe" Verun glückten zu gute kommen, während der Rest von 50000 M. zu einer Stiftung zur Unterstützung alters schwacher, invalider und kranker Arbeiter der Firma Gebrüder Schüll, deren Chef der Verstorbene war, verwandt werden sollen. Z Stuttgart, 16. Febr. Es ist nun endlich beschlossen worden, das fünfte deutsche Sängerbundss- feft in den Tagen vom 1. bis 3. August 1896 hier abzuhalten. Se. Majestät der König hat das Pro tektorat übernommen. An der Spitze des Fest Aus schusses stehey, als Ehrenpräsident Prinz Hermann zu Sachsen-Weimar und als Präsident Oberbürgermeister Rümelin. ß Empfang des Bundes der Landwirts durch den Kaiser. Der Kaiser hat am Montag vormittag in Gegenwart der preußischen Minister des Innern und für die Landwirtschaft eine Abordnung des Bun des der Landwirt?, bestehend aus den Herren v Plötz, Dr. Rösicke, Dr. Suchsland, Lutz, Frhr. v. Ketteler- Harkvtten, Lucke und Düring, empfangen. Herr v. Plötz verlas eine Adresse, in welcher „die Vertreter von zweimalhunderttaufend deutschen Landwirten von Neuem an den Stufen Eurer Majestät Thrones das Gelübde unwandelbarer deutscher Treue niederlegen." Es wird sodann die Notlage der Landwirtschaft ge schildert und dann fortgefahren: „Wir waren be müht, in ernster Arbeit zu ermitteln, auf welche Weife die heutige Notlage der deutschen Landwirt schaft beseitigt werden könnte. Eure Majestät wollen geruhen, dies aus den Druckschriften Allergnädtgst zu entnehmen und welche wir ehrfurchtsvoll über reichen zu dürfen bitten. Mancher der hierin ent haltenen Vorschläge wird der Verbesserung noch be dürfen. Doch darüber können wir nicht im Unklaren sein, daß all' unser Schaffen und Können ein ver gebliches bleibt, wenn unserer Arbeit nicht der be sondere Schutz Eurer Majestät gesichert ist. Eure Majestät! Der deutsche Bauernstand ringt um seins Existenz. Mit ihm steht und fällt die Zukunft des deutschen Vaterlandes. Und so bitten wir denn für die bedrohte Landwirtschaft um Allerhöchstderen mäch tige Hilfe." Der Kaiser nahm die Adresse entgegen und erwiderte, dem „R-ichsanzeiger" nach, Folgen des : „Dem Beispiel der ostpreußrschen Landwirte, welche im Oktober v. I. zu Mir kamen, folgend, find auch Sie nun erschienen, um Mir Ihre Wünsche vorzutragen. Ihr Empfang ist Ihnen Beweis, wie ernst es Mir um das Wohl und Wehe Meiner Wauern zu thun, und daß mein Wort, daß Meine Thür jedem Unterthan offen stehe, keine leere For mel ist. In dem Eifer, sich selbst zu helfen und den auf der Landwirtschaft lastenden Druck alle» Kreisen klar zu machen, haben sich die Mitglieder Ihres Bundes in dem verflossene» Jahre zu einer Agitation in Wort und Schrift verführen lassen, die, über den Rahmen des Zulässigen hinausgehend, Mein landesväterliches Herz tief kränken mußte. An dem heutigen Tage jedoch habe» Sie, gleichwie Meine Ostpreußen dieses Vorgehen wieder gut gemacht. Aus der bevorstehenden Berufung des Staatsrats, dem alle einschlagenden Fragen zur Beratung vorge legt werden, mögen Sie ersehen, wie Ich hoffe, un ter Mitwirkung von Landwirten aller Stände Er sprießliches für die Hebung der Landwirfchaft zu er wirken. Mein landesvaterlicher Rat geht deshalb dahin, daß die Herren jeder sensationellen Agitation sich enthalten und mit Vertrauen der Arbeit des Staatsrats folgen mögen. Wir wollen Gott bitten, baß diese Bemühungen zum Heil der Landwirtschaft ausschlagen und daß Ihnen ein gutes Jahr beschert sein möge." Sodann sprach der Kaiser noch mit