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Wochen- und RachnchMatt zugleich KMsts-AWM für Hohndarf, Mich, Kemdorf, Kisdorf, Kl Szidir«, Kkinriihrort, Morirs»» n. Milse». Amtsblatt für de« Stadtrat zu Lichtenstein. M. 65. Dienstag, dm 19. März 1895. Meses Blatt erscheint täglich (außer Sou«- «L Festtags) abends für den folgenden Tag. MerteNStzEcher Bezugspreis 1 ^U^6^f. — Einzelae^Stummer 1« Pfennige. -U ^Wellungen nehmen außer Ler Expedition in Lichtenstein. Markt 179, alle Kaijerl. Poftanstalien, Postsoten, sowie Lie Austräger entgegen. — Inserate werde» die viergespalt« Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. RMWliMtMiwch md Emsind Ml2—Mr. Gtädtische GpürtKffe zrr LLchtöKftsiR. Der Zinsfuß für sämiliche Spareinlagen wird von uns rm Einverständnis mit dem Stadtverordnetenkollegium vom s. Juli 189S ab von 3'/s °/o aus 3 ProzeNt herabgesetzt. Lichtenstein, den 7. März 1895. Der Mat zu Lichtenstein. Lange. Mrt. LagesgefchichLe. * — Lichtenstein, 18. März. „So viel im Märzen Nebel sich Plagen, so viel Gewitter nach hundert Tagen", — so heißt es bekanntlich in der alten Bauernregel, bei deren Bewahrheitung man sich für den kommenden Sommer auf starke elektrische Entladungen gefaßt machen kann, da an solchen Nebel schleiern in letzter Zeit wirklich kein Mangel war. * — Bernsdorf. Van einem recht beklagens werten Unglücksfall, welcher; auch wiederum eine Mahnung und Warnung sein möge, wurde eine hie sige Familie betroffen. Als am vergangenen Sonn abend mittag die Frau des Bergarbeiters M. auf kurze Zeit die Stube verlassen hatte, um Wäsche auf zuhängen, hatte sich das kleine O/z Jahr alte Kind mit der am Boden sichenden und mit Wasser gefM ten Waschwanne zu schaffen gemacht und ist dabei so unglücklich in dieselbe gefallen, daß die zurückkeh rende Mutter es in leblosem Zustande vorfand und alle Wiederbelebungsversuche leiser vergeblich w »ren. * — Die im Stillen segensreich wirkende Frei maurerloge in Glauchau bedachte am gestrigen Sonntags 9 arme Konfirmanden (5 Knaben und 4 Mädchen) mit vollständigen Ausstattungen zu deren bevorstehender Konfirmation. Außer den Kleidungs stücken war jedem Beschenkten 1 Gesangbuch mit ge wählten Aufschriften beigefügt worden. Eine ernste Ansprache an die Kinder vollendet« den menschen freundlichen Akt. * — Concert-Verein Glauchau. Wegen Erkrankung der Signorina Franceschina Prevosti wird das V. Abonnement - Concert bis auf weiteres verschoben. — Glauchau, 16. März. Als Kantor für Glauchau ist nach Schluß der gestrigen Proben in gemeinschaftlicher Sitzung des Schulausschusses und Kirchenvorstandes Herr Friedrich Ewald Franz, z. Z. Musiklehrer-Vikar am Königs. Lehrerseminar I zu Grimma einstimmig gewählt worden; er hat auch di« Wahl angenommen. Herr Franz ist am 15. Juli 1870 zu Langbmkersdorf bei Neustadt in Sachsen geboren, hat von Ostern 1884—1890 das König?. Lehrerseminar zu Pirna besucht und ist von Ostern 1890 — 1893 als Hilfslehrer an der Stadtschule zu Neuüadt i.S. thättg gewesen. Seine hervorragende musikalische Befähigung — er bestand am 26. Febr. 1890 die erste musikalische Prüfung am Kgl. Lehrer- seminar zu Pirna mit der Hauptzensur I — trieb ihn dazu, sich dem Studium der Musik zu «widmen. Er besuchte von Ostern 1893 bis März 1894 das Kgl. Konservatorium für Musik zu Leipzig mit bestem Erfolge. Seins Lehrer bezeichnen ihn als vorzüglich musikalisch veranlagt mit tüchtigem KompositionSta- lerst, als sehr fleißigen, überaus tüchtigen Musiker, der zu den schönsten Hoffnungen berechtigt. Auch bei den gestrigen Proben erwies sich Herr Franz als hervorragend befähigt, vorzüglich gebildet und durch aus tüchtig; seine Leistungen wurden allseitig als die besten anerkannt. So erscheint denn die Wah! des Herrn Franz für unser musikalisches Leben sehr günstig und ein würdiger Nachfolger unsres verdienst vollen Herrn Kantor Finsterbusch gesunder-. — W a l d e n b u r g , 16. März. Ihre Durch!, die Fürstin Pamela von Schönburg-Waldenburg und Ihre Durchlaucht dis Prinzessin Luise von Schön burg-Waldenburg nebst Gefolge sind in Dresden ein getroffen und im „Europäischen Hof" abgestiegen. — Vor einigen Tagen ward aus dem Erz gebirge gemeldet, daß der in Elterlein wohnhafte Sandhändler Hermann mit feiner Frau auf der Lengenftlderstraße im Schnee erfroren aufgefunden worden sei. Wie j-doch das Wochenblatt für Geyer meldet, hat Hermann am 14. d. M. aus Borsten ¬ dorf eine Postkarte an seine Angehörigen in Geyer aufgegeben, auf der er msttsilt, daß sich da« Ehe paar noch am Leben befindet. Wohl habe es ö (?) Tage im Schnee gesteckt, sei aber glücklich gerettet worden. s Schmölln, S.-A„ 14. März. An dem Ausstande nehmen j-tzt fast sämtliche Steivnußknopf- arbeiter teil, welche nicht in Wochenlohn stehen. Auch die Frauen derselben und dis Fabrikmädchen müssen feiern. In einigen hiesigen Fabriken „streikt" man jetzt schon zum zweiten oder dritten Male. Für viele Arbeiterfamilien ist der Ausfall in dem wöchentlichen Verdienste recht empfindlich. Während Diejenigen, welche wöchentlich nur 7—8 M. verdient Haven, es sich wohl gefallen lasse», wenn sie jetzt aus der Kasse 10—13 M. erhalten, erleiden Jens, Welchs 20—30 M. verdienten, einen schmerzlichen Ausfall. Die Ar beitgeber machen die Entlassung der streikenden Arbeiter öffentlich bekannt und wollen nur einzelne derselben nach Bedarf wieder einstellen. 8 200 Mark Geldstrafe wegen einer falschen Zeitungsnachricht. Bekanntlich hatte die „Sasle- Ztg." vor einigen Wochen eine Notiz gebracht, daß eine Frau mit zwei Kindern in Reußener Flur er froren aufgefunden worden seien. Der traurige Vor fall ward von dem Korrespondenten des Blattes dem Gemeindevorstand in Reußen zur Last gelegt, da er den Dreien kein Obdach auf ihr Ersuchen gegeben habe. Da die ganze Nachricht erfunden war, so wurde gegen den verantwortlichen Redakteur der „Saale- Ztg." gerichtlich vorgegangen und derselbe, wie dem Hallejchen „General-Änz." aus Hohenthurm gemeldet wird, zu 200 Mk. Geldstrafe verurteilt. Der Staats anwalt hatte 300 Mk. Strafe beantragt. (Sollte der Erfinder der Nachricht, der die „Saale-Ztg." in so frecher Weise hineinlegte, denn straffrei ausgehen? In diesem Falle wird die Redaktion der „Saale- Margarethe. Original-Roman von M. Widdern. (Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Zu den Hellen Glanztap-ten an den Wänden, der sauber einfach weiß angestrichenen Decke, sahen die grünen Polstermöbsl, die prachtvoll umrandeten Familienporträts und der große, freilich von den Taxatoren für schon wertlos erachtete Teppich sehr hübsch aus, besonders da der unschöne braune Kachel ofen durch einen gestickten Schirm vollständig dem Auge des Eintretenden entzogen wurde. Auch das nebenliegende Schlafkabinett, das Mar garethen so klein — zu klein fast für sie allein er schien und in dem die Nachbarin zu ihrem Entsetzen sechs Männer beherbergte, war sauber und hübsch eingerichtet, nicht minder die Küche. „Wie unsere Kronprinzessin werden Sie hier wohnen und so allein!" sagte die Kleine, einen ent zückten Blick um sich werfend. Das Kind hatte ein hübsches, offenes Gesicht chen und eine Art, sich zu bewegen und zu sprechen, die Margarethen wohlthat. Das Gefühl grenzenloser Verlassenheit war plötzlich so mächtig über sie gekommen, eine Angst und ein Grauen vor ihrer neuen Umgebung, daß sie einen förmlichen Trost in der Gegenwart dieses kleinen Wesens sah, welches übrigens mit einer Sauberkeit gekleidet war, die sofort auch für die Mutter ein günstiges Vorurteil weckte. „Nun", sagte sie deshalb, „wenn es Dir so gut bei mir gefällt, Kleine, dann bleibe noch ein Weil- chen, vorerst aber laß Dich für Deine Gefälligkeit belohnen". Sie hatte dem Kinde eine kleine Silbermünze in die Hand gedrückt und dadurch einen Jubel her vorgerufen, welcher schier endlos schien; die Kleine war gewiß nicht verwöhnt, mit der geringen Gabe hatte sich Grethe ihr ganzes Herz gewonnen. In der Großstadt werden die Kinder schon recht früh nützliche Glieder der menschlichen Gesellschaft, besonders die Kinder des Proletariats, der armen Arbeiterfamilien, deren Häupter, Mann und Frau, den ganzen Tag außerhalb des Hauses beschäftigt sind und dadurch gezwungen werden, die Sorge für die Wirtschaft auf die Schultern der Kleinen zu legen. Auch unsere neue Bekannte, Lieschen Braun, wie sie sich nun Margarethen vorstcllte, gehörte zu diesen Frühreifen: Schon mit neun Jahren besorgte sie allein, während der Vater als Steinträger arbeitete und die Mutter bei der kronprinzlichen Wäsche angestellt war, die ganz^ Wirtschaft. Sie reinigte die Woh nung, besorgte das Mittagsessen, welches den Eltern von den noch kleineren Kindern nach den Arbeits stätten getragen werden mußte, und fand dann noch neben der Erfüllung ihrer Schulpflichten genügend Zeit, defekte Wäsche zu flicken und mit Altersgenos- finnen zu plaudern. Das kleine Ding machte sich nun auch sofort bei ihrer neuen Nachbarin nützlich. Die wenigen Einkäufe wurden in der Nachbarschaft besorgt — sie zündete Feuer in der Kochmaschine an und half Mar garethen den Kaffee bereiten, wobei sie ihrem Ent zücken Ausdruck verlieh über die wundervollen Gerät schaften in Madames Küche. Ganz und gar in j Aufruhr geriet ihre Seele, als die junge Frau, die unter dem frohen Geplauder des Kindes viel von ihrer Angst und Mutlosigkeit verloren, nun das hübscheste kleine Täßchen, das sie noch in ihrem Schranke vvrfand, für den kleinen Gast füllte und Lieschen noch dazu ein großes Sück Zucker in die Hand gab. Ueber alledem aber war es Abend geworden, die Eltern der Kleinen mußten jeden Augenblick nach Hause kommen; zum erstenmal erinnerte sich Lieschen mit Schrecken daran — denn auch zum erstenmal hatte sie über anderen Dingen die eigenen Pflichten vergessen. So setzte sie denn das bald geleerte Täß chen auf ein kleines Marmortischchen und empfahl sich für heute. Die Thür schloß sich hinter ihr und Margarethe war allein. Anfangs suchte sie sich die Zeit damit zu vertreiben, daß sie in allen Ecken und Winkeln ihrer kleinen Wirtschaft Umschau hielt und den In halt der Schränke ordnete. Dann aber, als es für heute absolut nichts mehr zu thun gab, setzte sie sich in den Polsterstuhl am Fenster und blickte hi naus auf die Straße — aber das Wogen und Treiben da unten konnte sie nicht zerstreuen — die heimkehrenden Arbeiter erweckten keinerlei Interesse, ja, manchmal erschreckte sie sogar der Anblick wider licher Trunkenbolde — und so wandte sie sich bald wieder ab von dieser traurigsten Seite des Daseins und versenkte sich ganz io ihre Träume und Er- innerungen: sie dachte an das verödete Vaterhaus — der teuren toten Mutter, die man, ohne daß auch sie zugegen, nun zur letzten Ruhe gebettet, und irr