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Wochen- und Nachrichtsblatt zugleich ItsWts-AMM fir Hohndorf, Uödlitz. Atrosdorf, Msdorf, A Gzidicn, Heimicheort, Maritna««. M>st». Amtsblatt für den Stadtrat z« Lichtenstein. M. 20 1895 43. Jahrgang. — Donnerstag, NM 24, Januar MeseS Blatt erscheint täglich sauher Soun- BÄ Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis 1 Marl 25 Pf. — Einzelne Nummer 10 Pfennige. lZsstellungen nehme» außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstatten, Postooten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die riergespaltE Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennige« berechnet. — Zunahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Tagesgeschichte- *— Lichtenstein. Wie der Handels-und Ge« werbekammerzuChemnitzmitgeteiltwird, hat der Kaiser!. Konsul in St. Petersburg aus Anlaß eines Spezialfallcs auf die auffallende Thatsache hingewiesen, daß fast der vierte Teil der bishsr bei dem Konsulat einge gangenen Zvllbefchwerden die Niederschlagur g von Strafen zum Gegenstände ha-, welche wegen angeb licher Versehen in den Gewichts- oder ähnlichen An gaben von den russischen Zollämtern verhängt worden sind. Zur Vermeidung solcher Strafen werden In teressenten eindringlich darauf aufmerksam gemacht, welche Genauigkeit bet der Wareneinsuhr nach Ruß land geboten ist. lieber die offiziellen russischen Be kanntmachungen, die sich darauf beziehen, können sich Interessenten im Bureau obengenannter Kammer, Theaterstraße 60 l, orientieren. *— Rüsdorf, 21. Jan. Dem hier woh nenden Wirtschaftsbefitzer Ernst Vogel sind in der Nacht zum 19. d. M. mehrere lebende Hühner, Butter und verschiedene Gegenstände im Werte von einigen 60 M. gestohlen worden. — Der Turnverein für Neu- und Antonstadt Dresden ladet in poetischer Form seine Mitglieder folgendermaßen ein: Grüß' Gott! Lustig sein mutet bekanntermaßen Mehr an wie leidiges Trübsalblasen: Außerdem macht auch Traurigkeit Alt zwar, doch leider nicht fett, vor der Zeit! — Also: „Vergnügen muß sein!" doch das „Wie"? Führt zuweilen zu Disharmonie. Und man gerät sich im Kampf um das Wahre Leicht in die nicht vorhandenen Haare; Abstiwmen läßt man mit „Ja" oder „Nein"! Weiß dann erst recht nicht, wo aus noch ein! Darum haben, auf's Reine zu kommen, Wir Eure Sach' in d' Hand genommen, Laden Euch gar höflich und fein Zum Oberbayr'fchen Gebirgsfest ein. Sonntag, der dritte Tag des Horn, Ist vom Gemeinderat angssetzt wor'v! Im Kostüme wög Jeder kommen: „Wie und als was?" bleibtunbenommen, Denn die Geschmäcker im Deutschen Reich Sind ja bekanntlich nicht alle gleich! Nur möcht's begreiflich einigermaßen Zum Charakter des Ganzen passen! Rucksack zum Beispiel will dien lich scheinen Alpenfexen mitpassenden Beinen; Bäuer liches Kostüm sich schafft Der Vertreter der notlei denden Landwirtschaft; Auch Sommerfrischler sind zugelassen: (Denn „frisch" ist's hier jetzt über die Maßen!) — Dem Gelingen widmen wir alle Kunst, Doch leider ist keine Freude umsunst! D'rum klage Niemand, es sei zu teuer: 's ist nimmer die letzte Ausgabe Heuer. Gilt's auch dem Umsturz vom Por, temonnaie: Nm Anfang deS Monats ist's ja „au lait!" Auch kann man den Schaden leicht reparieren (Den Bretzeljungen boykottieren, Denn längst erkannte die Wissenschaft: „In der Bretzel steckt ke'ne Lebens kraft!"). Wir hoffen d'rum zu Aller Frommen, Es werde Jeder recht zahlreich kommen! Das Nähere machen die Karten bekannt. Mit freundlichem Gruße Der Ortsvorstand. — Chemnitz, 21. Jan. Von einem schweren Schicksalsschlage wurde heute, Dienstag, nachmittag in der 5. Stunde eine in der Schloßvorstadt wohn hafte Familie betroffen. Zwei Kinder derselben, ein 7 Jahre altes Mädchen und dessen 4 Jahre altes Brüderchen, waren zwischen Kanal und Freigutstraße in einem Schlitten die Böschung hinabgesahren, hatten denselben aber nicht mehr zu erhalten vermocht und waren damit direkt in den stark angeschwollenen Pleißbach hineingefahrrn. Während es einem Lehrer der unweit gelegenen IX. Bezirksschule, Herrn Be zirksschullehrer Leißner mit Hülfe eines Unbekannten gelang, den Knaben dem jedenfalls sicheren Tode des Ertrinkens zu entreißen und noch lebend in einer Behausung der Leipzigerstraße unterzubringen, war das Mädchen samt Schlitten von der Strömung in den Pleißbachkanal getrieben worden, vor dessen Einmüdung in den Schloßteich man nur den Schlitten erlangte. Die Unglückliche konnte trotz eifrigster Be mühung der Berufsfeuerwehr, welche sofort mit ge eigneten Werkzeugen dahin abging, nicht aufgefunden werden. — Chemnitz, 22. Jan. Herr Schneidermstr. Dowe veranstaltet an mehreren Abenden im Laufe dieser Woche in Gemeinschaft mit der Kunstschützin Frl. Elsa Diana im Thalia-Theater eine Reihe von Vorstellungen, in welchen er nicht nur als Kunst schütze auftritt, sonder» auch den von ihm erfundenen bis jetzt noch nicht durchschossenen kugelsicheren Pan- zer dem Publikum vor Augen führt. Gestern nach mittag nun batte Herr Dowe zunächst eine Separat- Vorstellung veranstaltet, zu weicher sich auf ergangene Einladung fast das gesamte Ofstzierkorps mit Herrn Oberst von Malortie an der Spitze, Herr Polizei- dircktor Siebdrat, Herr Stadtrat Dr. May, Herr Polizeihauptmar.nLiebe, sowie Herr Stadtverordneten- vorsteher Justizrat Dr. Enzmann mit vielen Mit gliedern des Stadtverordneten-Kollegiums eingefun- den hatten. Herr Dowe, sowie Frl. Diana produ zierten sich vorerst als Kunstschützes und legten eine erstaunliche Geschicklichkeit und Treffsicherheit an den Tag. Wenn auch bei Herrn Dowe dann und wann noch ein Schuß daneben ging, so muß man doch be denken, daß er hier in Chemnitz das erste Mal als Kunstschütze auftritt, nachdem er sich von den beiden amerikanischen Kunstschützen Martin u. Frank Western getrennt hat, die ihn nach seiner Angabe in verschie- dentlicher Weise hintergangen hatten. Im Uebrigen produzierte sich Herr Dowe mit seiner Gefährtin in derselben Weife, wie dkcs die beiden amerikanischen Kunstschützen im vergangenen Sommer in der Linde hier gethan haben. Sie schießen brennende Kerzen aus, schießen in verschiedenen Stellungen nach Gyps- eiern, führen den sogenannten Tellschuß aus, bringen durch einen Schuß ein vis-a-vis aufgestelltes Gewehr zur Entladung, sodaß dessen Kugel ein über dem Kopfe des Schützen hängendes Ei zerschmettert rc. Zum Schluffe legi sich Herr Dowe seinen kugelsicheren Panzer an, worauf Fräul. Diana mit dem jetzigen Armeegewehr mehrere Schüsse auf den Panzer ab- giebt; man muß immer mehr die Erfindung des Herrn Dowe bewundern, umsomehr, nachdem zuvor Gelegenheit gegeben wurde, die furchtbare Durch schlagskraft des Geschosses an einem 75 am starken Eichenklotz zu probiere», welcher von der Kugel glatt durchbohrt wurde. Sodann setzte sich Herr Dowe auf ein Fahrrad und stellte vor sich einen anderen größeren Panzer auf, in welchem sich ebenfalls die Kugeln aus dem Armeegewehr verfingen. Die Herren Offiziere drückten wiederholt ihr Erstaunen über den kugelsicheren Panzer aus. In der Abendvorstellung concertierte außerdem die hiesige Militär - Kapelle, auch trat der bekannte Concert-Sänger, Herr Paul Ficker, auf, welcher mit seinen zu Gehör gebrachten Liedern reichen Beifall erntete. Der Besuch dieser Vorstellungen kann Jedermann aufs Beste empfohlen werden. — Das „Dresdner Journal" schreibt: „Um Zweifeln zu begegnen, fei mitgeteilt, daß nach den sestgestellten Erörterungen die Granate, durch deren Explosion vor einigen Tagen in Meerane ein Arbeiter getötet, ein anderer Arbeiter verletzt wurde, nicht von einem Königlich Sächsischen Schießplatz herrührt." — Glauchau, 22. Jan. Die Vergütung für die Naturalverpflegung bei Einquartierungen im Jahre 1895 ist für Mann und Tag mit Brod a. bei voller Tageskost auf 80 Pf., ohne Brod auf 65 Pf., b. bei Mittagskost auf 40 Pf., ohne Brod auf 35 Pf., 6. bei Abendkost auf 25 Pf., ohne Brod auf 20 Pf. und ä. bei Morgenkost 15 Pf., ohne Brod auf 10 Pf. festgesetzt worden. — Ein Bahnreiiender, der am vorigen Donners tag mit dem Zuge Nr. 217 der Linie Plauen-Eger fuhr, ließ im Bahnwagen ein Portemonnaie mit nahe zu 1000 Mk. liegen. Dasselbe wurde von Herrn Justizrat Opitz in Treuen gefunden und auf dem oberen Bahnhöfe in Planen abgegeben. Der Verlierer war nicht wenig erfreut, daß er, als er am andern Tage seinen Verlust anzeigen wollte, das Portemonnaie mit dem wertvollen Inhalte gleich wieder in Empfang nehmen konnte. — Wiederholt hatten wir das Auftreten von Schwindlern im Vogtlande zu melden, die unter dem Vorgeben, täuschend nachgemachtes deutsches oder österreichisches Geld gegen eine weit geringere Summe echten Geldes liefern zu können. Leicht gläubige um größere oder kleinere Geldbeträge brachten und alsdann verschwanden. Nachdem in der letzten Zeit in Klingenthal, Oelsnltz, Treuen und anderen Orten die Verhaftung derartiger Gauner glückte, wurde am Donnerstag auch in Auerbach ein an geblich aus Weißensand gebürtiger Mann festgenom- me«, der mehrfach falsches Geld angeboten, um sich echtes Geld zu erschwindeln. — InNeukoschütz bei Plauen trug sich dieser Tags ein bedauerlicher Unfall zu. Eine dort wohn hafte Frau nahm ihr 4jähriges Kind mit zum Wäsche mangeln, dort griff das Kind in einem unbewachten Augenblicke in die Mangel und die schwer belastete Docke ging ihm über das Händchen. Der behandelnde Arzt befürchtet, zu einer Amputation eines oder meh rerer Finger verschrecken zu müssen. — Eine heitere Begriffsverwirrung bewies neu lich ein junger Oesterreicher, der als „fahrender Ge sell" in der Herberge zur Heimat in Großenhain eingekehrt war und dort ein kleines Darlehn aufnahm, zu dessen Sicherung er sein Felleisen hinterlegte. Nachdem einige Zeit vergangen, erhielt der Herbergs vater eines Tages einen eingeschriebenen Brief aus Wien, der folgende Adresse trug: „Herrn Franz Billard, Hausvater der Herbergs zur Heimat in Großenhain bei Dressen." Herr Hilbig, der Her bergsvater der „Heimat", verweigerte zunächst die Annahme, es wurde ihm aber von der Post bedeutet, daß der Brief jedenfalls an ihn gerichtet sei. Und so war es denn auch: der junge Österreicher bat um Usbersendung seines Felleisens gegen Rücksendung des geliehenen Betrages. Wie der Reisende aber dazu gekommen war, an Herrn Franz Billard zu schreiben, lehrte ein Blick auf das eine Fenster der Gaststube, auf dem deutlich zu lesen steht: Brunei, öillarä. Der schlaue Oesterreicher hatte angenommen, daß dies der Name des Herbergsvaters sei. — Auf dem Ponitzer Rittergute wurde vor Weihnachten ein sehr wertvoller Jagdhund vermißt. Es wurde damals in verschiedenen Blättern annon- ziert, größere Belohnungen wurden versprochen, doch war von dem Hunde keine Spur zu entdecken. Jetzt, nach beinahe 5 Wochen, hat man ihn in einem zum Rittergute gehörigen Eiskeller gefunden und zwar lebendig. Er scheint sich in dieser langen Zeit von Mäusen notdürftig genährt zu haben. Das unfrei willige Fasten hat ihm übrigens, außer ein wenig Abmagerung, nichts weiter gethan. — Kreischa. Die älteste Industrie Sachsens ist nach der Leinenweberei die Strohflechterei. Die selbe war bereits im 15. Jahrhundert in Kreischa heimisch. Ein von Kreischa im Jahre 1690 nach Trebitz bei Wittenberg versetzter Lehrer verpflanzte dieselbe nach der genannten Gegend als eine in seiner Heimat seit „undenklichen Zeiten" heimische Arbeit. Zu jener Zeit wurden nur grobe Strohhüte, sog. Kappen, Käpen oder Pferdcköpfe, sowie Tyroler Hüte von ungeheurem Umfang und mit herabhängendem Rande verfertigt, die in Sachsen und Norddeutschland ihren Absatz fanden. Sehr beliebt können diese Strohgeflechte nicht gewesen sein, denn ein Lockwitzer Prediger Gerber klagte im Jahre 1711 darüber, daß der Luxus den Frauen lieber Gold und Seide als Stroh auf den Kopf setze und das Geschäft der Stroharbeit immer mehr und mehr verfalle. — Einen plötzlichen Tod erlitt am Sonnabend die Gattin des Kaufmanns Ullrich in Neugers dorf, welche in Begleitung ihres Gatten an einer