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Sächsische Elbzeiümg Tageblatt für die SkttPült die amtlichen Bekanntmachungen für den Stadtrat, das Amtsgericht, »a« Hauptzollamt Dad Schandau und das Finanzamt Sebnitz. — Bankkonten: 8t«dtbank Bad Schandau Nr. 12 — OstsaclMche Genossenschaftsbank Zweig niederlassung Dad Schandau — Postscheckkonto: Dressen 33 327 Frrnspr.: Bad Schandau Nr. 22 — Drahtanschrift: Tlbzeitung Bad Schandau Erscheint täglich nachmittags 5 Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage vtzugspreis (in RM.) halbmonatlich ins Haus gebracht 1 RM., fiir Selbst- «dholer 90 Pfg. — Einzelnummer 10 bzw. 15 Pfg. — Bei Produktions- Verteuerungen, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreise behalten wir ' uns das Recht der Nachsorderung vor. Sächsische Schwei» Tageszeitung Mr die Landgemeinden A.tendors, Kleingießhübel, Klein hennersdorf, Krippen, Lichtenhain, Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postel- witz. Prossen, Rathmannsdorf, Reinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Wallers dorf, Wendischfähre, sowie für das Gesamtgebiet der Sächsischen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Veraniwortlich: Walter Hieke. Anzeigenpreis (in RM.): Die 7gespaltene 35 mm breite Petitzeile 20 Pfg., für auswärtige Auftraggeber 25 Pfg., 85 mm breite Neklamezeile 80 Pfg. Tabel larischer Satz nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen wird entsprechen der Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für in- und ausländische Zeitungen Ständige Wockenbeilagen: »Unterhaltung und Wi^ Ms Leben im Bild" 2 2 „Dio Frau und lkre Welt", Illustrierte Sonntagsbeilage: 2 — »tichterscheinen einzelner Nummern Infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung berechtigt nicht zur Bezugspreiskürzung oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung Nr. 276 Bad Särandnu, Mittwock, den 26. November 1930 74. ^akrgsng Wieder Zuspitzung der Lage im Reich Zum Frontwechsel der Wlrtschaftöparlei — Ganierungögesetze durch Notverordnung? Der Kanzler drängt in seinen Besprechungen mit den Parteiführern auf baldige Klärung der Stellungnahme ihrer Parteien zu dem Negierungsprogramm. In acht Tagen wird der Reichstag zusammentreten, um sich mit dem Gesetzgebungswerk der Regierung zum Finanz- und Wirt- fchaftsprogramm zu beschäftigen. Dr. Brüning will jedoch schon vor dem Zusammentritt des Reichstages bindende Erklärungen der Parteien, wie sie sich zu den einzelnen Ge setzentwürfen stellen. Sollte sich ergeben, daß eine Mehr heit zu den Grundzügen der gesetzgeberischen Maßnahmen der Regierung in wichtigen Punkten nicht zu erreichen ist, dann scheint der Kanzler entschlossen zu sein, diese Gesetz entwürfe auch ohne Parlament zur Durchführung zu brin gen. Der Kanzler hat den einzelnen Parteivertretern ein gehend die Grimde auseinandergesetzt, die ibn zwingen, vom Reichstag eine schnelle und positive Entscheidung zu verlan gen. Er hat sich dabei entschieden gegen Abänderungen der Gesetzesvorlagen ausgesprochen, soweit sie das Ziel und dem Charakter der Vorlagen im Gesamtrahmen des Regie rungsprogramms verschieben. Nach den bisherigen Be sprechungen haben sich dabei sowohl Schwierigkeiten mit der Sozialdemokratie wie auch mit der Wirtschaftspartei er geben, die letztere veranlaßten, der Regierung Brüning die Gefolgschaft zu kündigen und ihren ministeriellen Vertreter, den Neichsjustizminister Dr. Bredt, aus dem Kabinett zurückzuziehen. Es hat niemals ein Zweifel darüber bestanden, daß die Regierung Brüning weder koalitionsgebunden ist, noch nach ihrer Zusammensetzung eine parlamentarische Mehrheit be sitzt. Deshalb ändert der Beschluß der Wirtschaftspartei for mell und tatsächlich die Lage des Kabinetts Brüniny nicht. Der Kanzler hat mehrfach erklärt, daß er nicht bemüht sei, koalitionsmäßig eine Mehrheit im Reichstag zu besitzen, son dern eine sachliche Mitarbeit aller positiv zu Reich und Wirt schaft eingestellten Kräfte erstrebt. Die Differenzen, die sich nach den jüngsten Mitteilungen zwischen Kanzler und So zialdemokratie ergeben haben, können allerdings den Kanz ler veranlassen, von seiner bisher vertretenen Absicht, das Gesetzgebungswerk auf dem geordneten parlamentari schen Weg zur Erledigung zu bringen, abzugehen. Eine endgültige Entscheidung darüber hat er noch nicht getroffen. Es sieht aber nicht so aus, als ob er seine bisherige Arbeit durch einen sachlich unbegründeten Mehrheitsbeschluß des Reichstages in Gefahr bringen lassen wird. Wahrscheinlicher ist, daß der Kanzler sich vom Reichspräsidenten die Ermäch tigung geben ließe, die von ihm als lebensnotwendig für Reich und Wirtschaft angesehenen Gesetzesvorlagen durch Notverordnung in Kraft zu sehen. Verschiedentlich ist in politischen Kreisen die Frage auf geworfen worden, ob die Reichsregierung verfassungsrecht lich in der Lage ist, auch die Gesetze verfassungsändernden Charakters — und das sind eine ganze Reihe, die sich auf die Finanzgesetzgebung beziehen — mit Hilfe einer Notver ordnung auf Grund des Artikels 48 in Kraft zu setzen. Nach Auffassung der zuständigen Stellen, ist diese Frage unter allen Umständen zu besahen, sofern es sich um Gesetze han delt, die erlassen werden, um einen Notstand oder eine Ge fahr für das Reich zu beseitigen. Dieser Weg erscheint für die Regierung um so notwendiger, nachdem sich gezeigt hat, daß in vielen Fällen schon eine einfache Mehrheit nicht zu erreichen sein wird, daß aber von dem Zustandekommen einer Zweidrittelmehrheit für die Gesetze verfassungsändern den Charakters wohl überhaupt nicht die Rede sein kann, -K Parteien und Regierungsprogramm Regierungsprogramm ohne Parlament? , Berlin, 26. November. Der Kanzler setzte im Laufe des Dienstag seine Be sprechungen mit den Vertretern der übrigen Parteien fort. Er hofft, diese Verhandlungen bis Donnerstag zum Ab- scbluk zu bringen, so daß sich für ihn dann eine vollständig geklarte Lage über die Stellungnahme der Partei ergibt. Erst dann wird er sich darüber entscheiden, auf welchem Wege die Inkraftsetzung des Finanz- und Wirtschaftspro- gramms erfolgen kann. Untragbare Abänderungsforderungen der Sozialdemokraten? An der Besprechung des Reichskanzlers mit den so zialdemokratischen Führern nahmen die Abgeordneten Mül ler, Franken, Dr. B r e i t s ch e i d, Dr. Hilferding und Dr. H e r tz teil. In mehrstündigen Verhandlungen wurden die Abänderungswünsche der Sozialdemokraten zu den Not verordnungen eingehend besprochen. Ihre endgültige Stellung zu dem Gesamtkomplex will die Sozialdemokratie davon abhängig machen, wie weit ihre Abänderungswünschc Verwirklichung finden. Zentrum hinter Brüning Die Zentrumsfraktion des Reichstags hielt am Dienstag eine Sitzung ab, in der zunächst alle vom Fraktionsvorstand in der Parlamentspause unternommenen Schritte und Maß nahmen einmütig gebilligt wurden. Weiter be schäftigte sich die Fraktion mit einer Reihe von Anträgen wirtschasts- und kulturpolitischer Art. Diese Anträge be treffen die Preis- und Ge h a l t s s e n k u n g und die Beschäftigung ausländischer Arbeiter. Die Negierung wird ersucht, die vom Gesetz nicht erfaßten Ge hälter in öffentlichen und privaten Institutionen, Organi sationen und Körperschaften durch geeignete Maßnahmen in angemessener Weise zu senken. Sie wird weiter gebeten, darauf Bedacht zu nehmen, daß die Lohnsenkungen zeitlich mit einer wirksamen Preissenkuno verknüpft werden. Ehristlich-soziale Abänderungswünsche Der Christlich-Soziale Volksdienst verlangt, wie in einer Fraktionssitzung festgestellt wurde, nicht die vollständige Auf hebung der Notverordnung, hat aber, wie wir hören, einige Aenderungswünsche. Er wendet sich vor allem gegen die bei den Krankenkassen neu eingeführten Krankenschein- und Rezeptgebühren. In steuerlicher Beziehung ist der Christlich-Soziale Volksdienst ein Gegner der Verzehrsteuer, während er einer an der Quelle er hobenen verstärkten Biersteuer zustimmen würde. Die Wünsche der Fraktion gehen weiter auf eine sozialere Ge staltung und Staffelung der Bürgersteuer hin. Minister Bredt zuriiügetreten (Wiederholt, da nur in einem Teil der gestrigen Auflage.) Wirlschaftsparlei gegen Anlehnung an Sozialdemokratie Die politische und parlamentarische Lag« hat sich seit Dienstag weiter zugespitzt. Noch bevor die Besprechungen des Kanzlers mit dem Vertreter der Fraktionen zum Ab- schluß gebracht worden sind, hat der Neichsparteiaus- schutz der Wirtschaftspartei nach eingehender Besprechung drei grundsätzliche Beschlüsse gefaßt, die eine vollständige Loslösung von der bisherigen Regierungskoalition bedeuten: Verweigerung weiterer Unterstützung der Regierung Brüning, Zurückziehung ihres ministeriellen Vertreters im Kabinett, Dr. Bredt, aus der Regierung und Stel lungnahme gegen Dr. Wirth in dem Konflikt Reich- Thüringen. Damit geht die Wirtschaftspartei zur ausgesprochenen Opposition über. Sie hat ihre Entscheidungen durch folgende parteioffizielle Verlautbarungen der Oeffentlichkeit bekannt- gegeben: Bereits am 26. September 1930 hat der Reichsausschuß beschlossen, daß sich dle Wirlschaftsparlei an keiner Regie rung im Reich beleiligt, aus welche die Sozialdemokralie unmillelbar oder mittelbar Einfluß ausübt. Die Ereignisse der letzten Zeit beweisen aber, daß die Regierung Brüning ihre Politik in Anlehnung an die Sozialdemokratie unter Preisgabe lebenswichtiger Interessen des deutschen Volkes und der deutschen Wirtschaft durchzuführen versucht. Rach Ansicht der Wirtschaftspakte! können auf diesem Wege dle großen Lebensvroblcme des deutschen Volkes in der Jnnen- nnd Außenpolitik nicht gelöst werden. Infolgedessen lehnt die Wirlschaftsparlei die weitere Unterstützung des Kabinetts Brüning ab. Es wird ausdrücklich hervorgehoben, daß dieser Beschluß einstimmig und im Einvernehmen mit dem Reichsjustiz minister Prof. Dr. Bredt erfolgt ist. Minister Bredt, der sich krankheitshalber in Marburg aufbält, hat unmittelbar darauf dem Reichskanzler sein Rücklrillsgesuch übermittelt, das bereits Dienskagmiltag in der Reichskanzlei vorlag. Ferner hat sich der Reichsausschuß der Wirtsclwftspar- tei bei seinen Beratungen über die weitere Einstellung der Partei zum Kabinett Brüning auch mit dem Konflikt Reich—Thüringen beschäftigt. Alo Ergebnis wurde mitgeteilt: Der Reichsausschuß der Wirlschaftsparlei billigt und vertritt den Standpunkt, den die Thüringer Land tagsfraktion im Sinne aller Thüringer Regierungspar teien eingenommen hat. Wie verlautet, hat der Reichskanzler nicht die Absicht, dem Reichspräsidenten zu empfehlen, den Reichsjustizmini ster zum Verbleiben in seinem Amt zu bewegen. Professor Bredt will in der nächsten Woche nach Berlin kommen und sich offiziell vom Reichskabinett verabschieden. Ueber das Rücktrittsgcsuch des Iusttzmmislers Dr. Bre or ist eine Entscheidung noch nicht gefallen. Wie verlautet, will der Reichspräsident die gesundheitliche Wiederherstellung des zur Zeit erkrankten Ministers abwarten, ehe abschließende Schritte unternommen werden. In parlamentarischen Kreisen hält man es nickt für ausgeschlossen, daß Dr. Bredt sich zum Verbleiben in seinem Amte bestimmen läßt, und dctß er dann als Fachminister dem Kabinett angebören würde, ohne dadurch seine Partei irgendwie zu verpflichten. Der Konslitt in der Wirlschaftsparlei beigelegt Die Verhandlungen des Neichsausschusses der Wirt schaftspartei haben zur Beilegung des Konflikts zwischen dem Abaeordneten Colosser und dem Parteivorsitzenden geführt. M MMn m mWMWmstecklO gegen Wringen Berti». Zum Streit zwischen dem Reichsinnenminister und Thüringen um die Zuschüsse für die Thüringer Schutz polizei schreibt die „Nationalliberale Korrespondenz" n. a.: Man habe in Thüringen den Eindruck, das; sich das Ncichsin- nenministcrinm alle Mühe gebe, um die Entscheidung vor dem Staatsgerichtshos künstlich zn verschleppen, ja, das; ihm an einer objektiven Erledigung des Streitfalles über haupt nichts liege. Man müsse doch annehmen, das; dem Für eMge Leser. * In Berliner politischen Kreisen ist die Frage erörtert worden, ob die Neichsrcgicrnng auch die Gesetze vcrfassungö- ändcrnden Charakters mit Hilfe einer Notverordnung auf Grund des Artikels 18 in Kraft setzen könne. Die Neichs- regiernng hat durch die zuständige» Stellen diese Frage prü fen lassen, und als Ergebnis dieser Auslegung sieht sie aus dem Standpunkt, daß sie auch bei v c r f a s s u n g s ä n - dernde» Gesetze» in der Lage sei, den Artikel 18 nnziiwendcn. " Die Natskammcr des Wiener Straslandcsgcrichts Hal beschlossen, dem Enthaftungsantrag des Verteidigers des Ozeanfliegers Devine stattzugebcn. Er wurde am Diens tag gegen eine Kaution von 50V00 Schilling aus der Haft ent lassen. Reichsinncnministerium bei der Sperrung der Zuschüsse Tat sachen bekannt gewesen seien, die eine solche scharse Verfügung materiell rechtfertigten. Seit der Klageerhebnng seien jetzt mehr als 5 Monate vergangen, nnd noch sei ein Ende der Be weiserhebung nicht abzilsehcn. Dabei erfahre man, das; die ersten vom Reichsinnenministerinin genannten Zeugen, die doch Wohl sozusagen die erste Garnitur waren, kaum irgend etwas für die thüringische Negierung nnd ihre Polizei Be lastendes bekundet hätten. Höchst merkwürdig berührten anch Vorgänge, die über die beabsichtigte Vernehmung des thürin gischen Ministers Dr. Frick in der lhüringischen Presse mit- gcteilt worden seien, und die allerdings den Eindruck verstärk ten, das; das Neichsinnenministerinm den Prozeß möglichst in die Länge ziehen wolle, nm dadurch das Land Thüringen, das die erheblichen Ausfälle bei seiner Finanznol nur schwer tragen könne, gefügig zu machen. Vielleicht sehe auch das Neichsinnenministerinm jetzt schon ein, das; es sich in dem Prozeß möglicherweise eine eklatante Niederlage holen könne, und wünsche diesen blamablen Ausgang möglichst lange hinansznschieben. Für die Nationalsozialisten in Thüringen sei das Verfahren des Neichsinnenministeriums nur Wasser ans ihre Mühle. Wenn das Neichsiunennüniste- rium etwa mit der Sperrung der Zuschüsse den Nationalsozialisten habe Schaden zn fügen wollen, so habe es sich gründlich verhauen, den» nichts habe in