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Sächsische Elbzeitung Tageblatt für die Snrykilt die amtlichen Bekanntmachungen für den Stadtral, das Amlvgcrichc, Hauptzollamt Bad Schandau und das Finanzamt Sebnitz. — Bankkonten' Stadtbank Bad Schandau Nr. 12 — Ostsächsische Genossenschaftsbank Zweig niederlassung Bad Schandau — Postscheckkonto' Dressen 33 327 Fernspr.' Bad Schandau Nr. 22 — Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandau Erscheint täglich nachmittags 5 Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage Bezugspreis (in NM.) halbmonatlich ins Haus gebracht 1 NM., für Selbst- »bholer 90 Pfg. — Einzelnummer 10 bzw. 15 Pfg. — Bei Produktions- »erteuerungen, Erhöhungen der Löhne und Materialienpreise behalten mir uns das Recht der Nachforderung vor. Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemeinden Altendorf, Kleingießhübel, Klein hennersdorf, Krippen, Lichtenhain, Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postel- wit^ Prossen, Rathmannsdorf, Reinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Walters dorf Wendischfähre, sowie für das Gesamtgebiet der Sächsischen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Skalier Hieke Vcrantworilich: Walter Hieke. Anzeigenpreis (in NM.): Die 7gcspaltene 35 nun breite Petitzeile 20 Pfg., für auswärtige Auftraggeber 25 Pfg., 85 mm breite Neklamezeile 80 Pfg. Tabel larischer Satz nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen wird entsprechen der Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für in- und ausländische Zeitungen Ständige Wockenbeilsgen: .»"---im»---un» „Oss Leben im Bild" 2 „Die Frau und ihre Melt", Illustrierte Sonntagsbeilage: " Nichterscheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung berechtigt nicht zur Bezugspreiskürzung oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung Bsü Sckanüau, Sonnabend, den 20. September 1030 Nr. 221 74. ^akrgang Keim Wims mil »em MO«. Einlösung des grundlegenden Wahlversprechens. Von Paul Oskar Seidl. Noch niemals in der deutschen Geschichte bedeutete ein Wahlergebnis für alle Beteiligten eine so starke Nerven probe wie die Entscheidung der Wähler vom 14. September. Negierung und Parteien stellten ihre gesamte Leistungsfähig keit in den Dienst der Aufrüttelung der Wahlberechtigten. Diese wichtige Arbeit ist von Erfolg begleitet gewesen. Jeder richtig geführte Wahlkampf muh emc kräftige Belebung des politischen Interesses durch Steigerung der Wahlbeteiligung Wecken. Von dieser Ucbcrlcgung aus betrachtet, bedeutet das Ergebnis der jüngsten Wahlschlacht einen so großen Sieg für den Gedanken, das; das Wahlrecht als Wahlpflicht betrachtet werden muh, wie ihn selbst die Wahlen zur Nationalversamm lung mit der Wahlbeteiligung von 82,68 Prozent nicht ge bracht haben. Der Wille der Wähler zur Mitwirkung an der Gestaltung der politischen Geschicke unseres Vaterlandes er wies sich also als so lebendig wie noch niemals seit der Aendc- rung der Staatsform im Jahre 1918. Die außergewöhnliche Anteilnahme der Wahlberechtigten, ihr Slurmlaus an die Wahlurnen über die Heftigkeit des politischen Feuers vom 19. Januar 1919 hinaus ist durch nichts anderes erreicht worden als durch die Parole: Gegen den Marxismus. Sic wurde ausgegcbeu von sämtlichen Parteien des sozialen Bürgertums, das trotz seiner immer noch phantastischen Zersplitterung im Zeichen dieser Parole zu einem klaren Erfolge gelangt ist. Es steht zahlenmäßig im neuen Reichstag kräftiger da als im alten. Der anti- marxistische Charakter der Wahlen vom 14. September tritt noch deutlicher hervor im Wahlschicksal der zahlreichen bür gerlichen Parteien. Soweit sic einmal in Koalition mit dem Marxismus verbunden sind, wandte sich das Vertrauen der Wähler von ihnen ab. Wenn cs nur dem Zentrum geglückt ist, mit der Zuuahmc der Wahlbeteiligung ungefähr gleichen Schritt zu halten, so dankt es diese günstige Entwicklung, ab gesehen von seiner organisatorischen Geschlossenheit, vor allem der Beharrlichkeit, mit der sein Kanzler Brüning in dem Frage- und Autwortenduell zwischen ihm und Braun die Lebcnsnotwendigkeiten des sozialen Bürgertums hoch ge halten hat. Alle anderen Parteigruppen jedoch haben den Versuch der Zusammenarbeit mit dem Marxismus durch den ! Verlust gewaltiger Wählcrmafsen bezahlen müssen, die in ge- ! fchlossencn Heerhaufen der Fahne zugeströmt sind, unter der j am planvollsten und rückhaltlosesten gegen den Marxismus gekämpft wurde. Das ist geschehen mit dem Schwung und der Wucht einer echten gewaltigen ! Volksbewegung, eines Ereignisses in unserer Politi- > scheu Geschichte, der gegenüber alle Wahldialektik, alle Wahl- ! arithmetik hoffnungslos versagen muß. Wenn mau aus dieser Lage schlußfolgernd an die Nc- gierttugsueubilduug gehen will, steht man gewiß vor einer ungeheuer schwierige» Aufgabe, infolge des schlechthin lächer lichen Farbenreichtums, der den am 14. September gewählten I Reichstag immer noch kennzeichnet. Schicksalswahl hat man die Entscheidung vom 14. September genannt. Eine Schick salsfrage ist auch die Regierungsbildung. Wird das soziale Bürgertum sich noch einmal mit dem Marxismus eiulassen können? l Einer bejahenden Beantwortung dieser Frage steht die Willenskundgebung der Wähler gegen den Marxismus entgegen. 1lmso schwieriger wird man in diesem Augenblick vergessen können, daß der Marxismus durch oie entscheidende Abstim mung am 18. Juli dieses Jahres den Teil des sozialen Bürger tums, der aus Rücksicht auf breite Arbeitnehmerschichtcn mit der sozialdemokratischen Funktionärschaft zusammen zu arbeiten versuchte, einfach verriet, als das Schicksal des Reiches eine Zusammenfassung der wirtschaftlichen und finanziellen Schlag- kraft, eine ernste Besinnung auf dem Wege der Versorgungs politik gebieterisch erforderte. Was hinter der Masse der Partei- fnuktioiiärc und Parteilitcraten blieb, die wir Mitte Oktober noch einmal in den Reichstag cinziehcn sehen, ist nicht die Mehrheit der arbcitnchmcndeu Schichten, der Massen des Werktätigen Volkes, sondern besteht zu einem großen Teil aus verängstigten Versorgungsbcrechtigtcn im weitesten Sinne, die von der Not der Gesamtheit bisher noch nicht zur Preisgabe ihres VersorguugSstaudpunktcs gebracht worden sind. Ist dieser Marxismus,' der unser Volk in die Gefahr brachte, sich in die Leiden erbittert gegeneinander ringenden Fronten Ver sorgte und Versorger anfzulösen, nach diesen Wahlen überhaupt noch bündnissähig? Soll die Wiederanfbauarbeib unserer Wirtschaft, unserer kulturellen und geistigen Bedeu tung, die mit dem Sturz deS Kabinetts Müller-Hilferding be gann, fortgesetzt werden? Das sind Fragen, an deren Beantwortung man zu denken hat, ehe mau zum Rechenstift greift. Die Mehrheit des deut schen Volkes steht nunmehr geschlossener denn je nicht hinter jenen, die kein Vaterland kennen, das Deutschland heißt, son dern folgt der zwar recht bunten, aber doch in der einen Ueber- zcugnng verbundenen stärkeren Schar, das cs immer ein Vaterland geben wird, das Deutschland heißt. Und das Aus land? Es hat noch keinem Volke geschadet, daß cs sich ent schlossen zeigt, seine Lebcnsnotwendigkeiten wahr zu nehmen! Är «mmle ARküliS isl Mi B««! Die Nelchsregieeung fordert jetzt nicht die Revision des Houngplaneö Ile ersten Mrilge der lommunistWen NeWtags- fraktion. Bcrli n. Der „Petit Parisien" berichtet aus Berlin von Gerüchten, wonach die RcichSrcgicrmig bereit sei, Vic Revision des P ounnplnueö z» betreiben und bei den ausländischen Regierungen cinzulcitcu. Tic französische Zeitung begründet diese Gerüchte mit verschiedenen Wahlreden der Minister, be sonders zieht sic cinc Rcdc des NcichSinncnministcrS Dr. Wirth zum Beweis heran. Hierzu teilen unterrichtete Kreise mit, kein Mitglied des ReichSknbinclts habe jemals Acuher»»- gcn getan, aus denen geschlossen werden könne, die RcichSrcgic- rung strebe cinc Revision des Ponngplancs an. Alles, was über Revision nsw. geschrieben werde, habe nur dann einen Zweck, wenn die Weltöffentlichkeit für diesen Gedanken reif sei. Ta man aber hiervon noch ivcit entfernt sei, denke die Rcichsrcgicrung gar nicht daran, in diesem Augenblick die Revision des Ponngplancs zu fordern. Berlin. Tas Zentralkomitee der KPT. hat die ncugcwähltc kommunistische Rcichstagssraktiou beauftragt, einen Antrag aus Eiuslclluug der gesamte» Aouug;ahl»ugcu cinzubrmgc». Die komm»»istischc Rcichstagssraktiou wird serucr dein ucucu Reichstag ein umfassendes IparProgra m m vorlegeu, das Anträge aus Streichung bet den Ausgaben siir Reichswehr, Polizei, bei den Gehältern der Minister und oberen Beamten usw. Vorsicht. Dic „Rote Fahuc" vom Sonnabend veröffentlicht die Rcdc des Partciführers Thälmann vor dcn Berliner Frak- tionssunkliouärcn der KPD., in der Thälmann diese und noch weitere Anträge der Kommunistische» Partei Dc»tschlauds an- kttudigt, sowie kommu»istischc Anträge auf Auflösung des Landtages in Preußen und in anderen Ländern des Reiches. Kampf um die Minderheiten Briand nimmt entschieden gegen den deutschen Standpunkt Stellung! Genf, 19. September. Der politische Ausschuß der Völkerkmndsversammlung vegan» Freitag mit der Beratung der Minderheitenfrage, die durch eine» Antrag der deutschen Delegation vor die diesjährige Völkerbunosoersammlung gebracht worden ist. Im Auftrag der deutschen Delegation legte Reichsminister a. D. Koch-Weser den Stand punkt der deutschen Regierung dar. Er führte unter anderem aus, der verstorbene Außenminister Dr. Strese mann habe auf der letzten Völkerbundsversammlung es als selbstverständlich erklärt, daß sich der 6. Ausschuß alljähr- l i ch mit der Minderheitenfrage und mit der Lösung der dem Völkerbund hierin gestellten Aufgaben beschäftigen werde. Die deutsche Delegation halte es daher für erforderlich, die verschiedenen Aspekte des Minderheitenproblems regel mäßig in einem Völkerbundsausschuß zu erörtern. Immer mehr gewinne die Erkenntnis Raum, daß die Minderheitenfrage eine befriedigende Lösung finden muß, wenn eine politische Entspannung in Europa erreicht werden soll. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehren, als könne der Völkerbund angesichts der zunehmenden Bedeutung des Minderheitenproblems und im Hinblick auf die gesteigerte Aufmerksamkeit der öf fentlichen Meinung in Bezug auf diese Frage in die Ge fahr geraten, hinter der Entwicklung zurückzubleiben. „Ich möchte glauben", so fuhr Dr. Koch fort, „daß dle- es Problem in Zukunft einer seiner Tragweite angemessene Beachtung im Jahresbericht des Generalsekretärs finden möchte." Der Jahresbericht enthält nichts über die auf Grund der Madrider Beschlüsse vorgesehene Statistik über die Minderheitenbeschwerden. Ich spreche, glaube ich, nicht nur für die deutsche Delegation, wenn ich ebenso wie die Oeffentlichkeit hier eine Erwähnung der Tätigkeit der Dreier komitees vermisse. Zu der Handhabung des Beschwerdeverfahrens, soweit es durch die Madrider Beschlüsse verbessert worden ist, be merkte der deutsche Delegierte, daß die Anwendung des Beschmerdeverfahrens im Interesse des Schutzes der Minderheiten noch wesentlich vervollkommnet werden könne. Rach der veröffentlichten Statistik seien von 57 Peti- tionssällen 26, also beinahe die Hälfte, als nicht emp fangsfähig erklärt worden. Die Auslegung der Bestim mungen über die Zulässigkeit von Beschwerden müsse möglichst weitherzig gehandhabt werden. Man beacht einen schweren Fehler, betonte Koch-Weser, cvenn man Minderheiteiipetitionen grundsätzlich als rela tiv belanglose Sachen ansehen will. Da das Minderheiten beschwerdeverfahren bisher der einzige Weg ist, auf dem der Völkerbund seine Garantiepflicht erfüllt, muß besonderer Wert darauf gelegt werden, daß die Dreierkonütees die an sie gelangende» Beschwerde» möglichst eingehend prüfen. Von der den Dreierkomitees durch Ziffer 3 der Madrider Beschlüsse gegebenen Ermächtigung, auch zwischen dcn Ar beitstagungen Sitzungen abzuhalten, ist bisher kein Gebrauch gemacht worden. Cs wäre dringend zu wünschen, daß die Dreierkamilees möglichst weit- aehenden Gebrauch von der Veröffentlichung ihrer Unter suchungen machen. Inhaltlich müßte die Veröffentlichung möglichst klar gefaßt sein. Jedes Ratsmitglied muß in der Lage sein, sich fortlaufend über den Stand eines Be schwerdeverfahrens zu unterrichten. Die Minderheitenfrage, so erklärte der deutsche Dele gierte zum Schluß, ist ein allgemeines europäisches Problem. Der Kern dieses Problems ist nicht mehr und nicht weni ger, als den Minderheiten den Schuh ihrer Menschenrechte auf Wahrung ihres Volkstums, ihrer Muttersprache, ihrer Kultur und Religion im Rahmen des Staates, in dem sie leben, nicht nur rechtlich zu verbriefen, sondern auch praktisch zu verwirklichen. Die gegebenen Mittler zwi schen zwei Kulturen und damit die Vorkämpfer des geeinten Europas sind die Minderheiten, die ihre Kultur frei entwickeln können. Die Befriedung und An näherung Europas gehl nicht nur über gefallene Zoll grenzen, sondern in erster Linie über besciediake Minder heiten. Inc weiteren Verlauf der Aussprache wandte sich der französische Außenminister Briand vagege», daß der Völkerbund bereits jetzt eine Revision der Madrider Beschlüsse vornehmen solle. Gegen die Schaffung einer ständigen Minderheiteiikommissio» habe er Bedenken. Zudem habe jeder Staat heute schon die Möglichkeit, Min derheitenfragen vor den Völkerbundsrat zu bringen. In ähnlichem Sinne äußerte sich der tschechoslowakische Außenminister Benesch, der u. a. erklärte, daß seine Ne gierung über die bestehenden Verpflichtungen hinaus keine neuen übernehmen würde. Der ungarische Delegierte A p p o n y i stellte fest, daß in de» Friedensverträge» den Minderheiten Schutz und freie Entwicklung zugesichert sei, woraus sich für die betreffenden Staaten die Pflicht ergebe, diese Verträge zu respektieren. Das jetzige Verfahren verschaffe nur unvollkommen den Be schwerden der Minderheiten Gehör. Mit Entschiedenheit trat er dec Auffassung Beneschl entgegen, daß der Rat eine Aenderung des Verfahrens ohne Zustimmung der Regierungen nicht beschließen könne. Der Völkerbund habe auf diesem Gebiete ein Kouveränikätsrecht. Wenn Beschlüsse des Rates von den betreffenden Staaken nicht angenommen würden, fetzten sie sich in Gegensatz zu den Fricdensverträgen. Die Schaffung einer ständigen Minderheitcnkommission würde einen großen Fortschritt bedeuten. Zum Schluß er klärte er seine Unzufriedenheit mit der Tätigkeit des Sekre tariats auf dem Gebiete des Minderheitenschutzes. Die Mtemdmm CMim-MM Paris, 19. September. Ueber die Unterredung des Reichsaußenministers Dr. Curtius mit Außenminister Briand will der Außen- volitiker des „ Matin " berichte» können, daß Cnrtius mid Briand sich zunächst über die Vorschläge betreffend das Ver- ähren für die weitere Behandlung des Europaplans ver- tändigt hätten. Beide seien der Ansicht, daß der Ausschuß etzt gebildet werden und zwischen den beiden Völkerbunds tagungen in Tätigkeit treten müsse.