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Sächsische Elbzeitung Sächsische Schweiz und Wissen", „Das Unter!,altungsblatt Bad Scüandsu, Donnerstag, den 12. Mai 1930 74. )akrgang M. U3 „Das Leben im Bild" Tageblatt für die chen Bekanntmachungen sür den Stadtrat das Rad Scbaiidau und das Finanzamt Sebnitz. Ranllonini. -o— Ostsächsische Genossenschaftsbank Zweiz- ' u __ Postscheckkonto: Dresden 33 327 Nichterscheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung berechtigt nicht zur Vezugspreiskiirzung oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung ätänüigö Wotbonböllagon. und ihre Welt", Illustrierte Sonntagsbeilage Tageszeitung für die Landgemeinden Altendorf, Kleingießhübel, Klein hennersdorf, Krippen, Lichtenhain, Mittclndorf, Ostrau, Porschdorf, Postel- witz, Prossen, Rathmannsdorf, Neinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Walters dorf, Wendischfähre, sowie für das Eesamtgebiet der Sächsischen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Verantwortlich: Walter Hieke. 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Die schwerste Sorge der deutschen Innenpolitik, eine finanzielle Sorge sowohl wie eine politische Sorge, ist »ach wie vor die Lage der deutschen Sozialversicherung im allgemeinen und in ihr wieder an erster Stelle die der Arbeitslosenversicherung. Es war daher zu er warten, daß die Beratungen des Etats des Reichsarbeits- ministcriums im Ausschuß Anlaß zu einer gründlichen Er- artcruug bieten werden. Das ist denn auch iu großem Um fange geschehen. In sehr eingehenden, auf ein reiches Zahlenmaterial gestützten Darlegungen wies Neichsarbeitsminister Dr. Stegeriva ld nach, welche Ansprüche diese Versicherung auch weiterhin an das Reich stellen wird. Er kündigte, vor sichtig in der Form, aber dennoch deutlich genug, au, daß man, zunächst für das Jahr 1930, ohne eine Erhöhung der Beiträge in der Arbeitslosenversicherung wohl nicht aus- kommcn werde, und fügte später noch hinzu, daß es auch zweifelhaft erscheinen müsse, ob eine Erhöhung um 14 Pro zent ausreichend sein werde. Das hieß mit anderen Worten, daß wir mit ziemlicher Sicherheit die Erhöhung um 14 Pro zent, also auf 4 Prozent, erwarten dürfen. Unter den übrigen Acußernngen des Ministers sie! besonders die Stelle auf, wo er eine wirkliche Besserung in der Arbeitslosenversicherung erst von einer anhaltenden Bes serling der wirtschaftlichen Lage abhängig machte, ohne na- nirlich hcnte sagen zu können, für wann er diese voraus- i-hc und vom Eintritt welcher Ereignisse das abhängig sei. Alich seine Warnung, die Besserung nicht einseitig von der landwirtschaftlichen Seite her zu erwarten, wurde ricl beachtet. Die anschließende Debatte zeigte vor allem, daß die noch »or Jahresfrist weitverbreitete Neigung, einem r a d i k a- len Abbau der Versicherung das Wort zu reden, heute auf allen Seiten kaum mehr Anhänger hat. Unverkennbar aber war der nachhaltige Eindruck, den die Mit teilung des Ministers über die Lage der deutschen Sozial versicherung und im Zusamcnhang hiermit über die Lage der deutschen Sozialveriichcrunn und im Zusammenbana der deutschen Wirtschaft überhaupt aus die Ausschußmitglie- Vcr ausgcübt hat. Kriegslage» Im Haushaltsausschuß des Reichstages wurde der yaushalt des Rclchsarbeilsministeriums beraten. Der Berichterstatter, Abgeordneter A ufhäufer (Soz.), führte aus: Ein Ueberblick über die Entwicklung der Sozial- Iwlitik zeige, daß die aus den Kriegsfolgen slammcndcu sozialen Notstände noch nicht überwunden seien. Wenngleich wohl der neue Etat um rund 129 Millionen gegenüber dem Vorjahre vermindert sei, so müsse erwartet werden, daß darunter nicht die Er füllung der sozialpolitischen Aufgaben leidet Die Ersparnisse bei», Arbeitsministerium hätten schon die äußerste Grenze des Möglichen erreicht. Die Kürzung beim Kapitel Sozial versicherung gingen im wesentlichen auf Kosten der Versicherten. Das gelte vor allem für die Kran kenversicherung und Invalidenversicherung. Bei der Arbeitslosenversicherung lasse der Etat die Deckungsfrage offen. Die jetzt eingestellten Mittel würden kaum ausreichen, wenn der Arbeitslosendurchschnitt 1,2 Millionen beträgt. In diesem Jahre sei aber mit einer weit höheren Durchschnitts- Mhl zu rechnen. Das Arbeitsministerium stehe vor großen Aufgaben, vor dem Tarifvertrags-Gesetz, dem Arbeitsvertrags-Gesetz, der A u s g c st a l t u n g der Sozialversicherung und schließlich vor dem Problem der Sanierung der Arbeitslose nver- 'icherung. Unter diesen Umständen sollte der Ausschuß »oi diesem Haushalt die gleiche Bewilligungsfreudigkeit zei ge» wie bei den Etats anderer Ministerien. SSegernrMs MWardenMerri Reichsarbeitsminister Dr. Stcgerwald erklärte: ''gegenwärtig treten an den Neichsarbeitsminister vier Grup- ?-» heran mit Wünschen, die größere Mehrausgaben er- ordern würden, und zwar die Arbeitslosen, be> Dimmte Gruppen der I n v a l i d e n r e n t n e r, die Kleinrentner und die K r i e g s b e s ch ä d i g t e n. Aui er anderen Seite werden mit dem gleichen Nachdruck For- -rnngen nach Ersparnissen, auch beim Sozialetat ausgestellt, ich habe mich daher in den letzten Wochen bemüht, einmal er deutschen ösfentlichen Ansgabcnwirtschaft nachzugehen md zu prüfen, ob sich nicht ein Weg finden lasse, mit dem owohl den Wünschen der Wirtschaft nach Erleichterung, wie auch jenen der sozialbedrängtcsten Volksschichten nach besse rer Fürsorge sich Rechnung tragen lasse. Dabei habe ich fcstgcstellt, da^> die öffentlich rechtlichen Gesamtausgaben (Reich, Länder, Provinzen, Gemeinden, Sozialversicherung, Kirchen nsw.) rund 23 Milliarden Mark betragen. Davon haben wir ans gut drei Milliarden, di« für Reparationsleistungen und Schuldentilgung und -ver- zinsung benötigt werden in den ersten Jahren keinen Ein fluß. Die restlichen 20 Milliarden Mark Ausgaben ent fallen ans: Sozialversicherung (davon 1,0 Milliarden für Ar beitslosenversicherung und Arbeitslosenfürsorge) 6 Milliar- den, Kriegsbeschädigtcmfürsorge ohne Offizierspensionen unk ohne Versorgung der neuen Wehrmacht 1,400 Milliarden, Wohlfahrtspflege 1,300 Milliarden, Wohnungswesen, Haus- zinskteuer rnd sonstige Zuschüsse des Reiches und der Län der I Milliarde, Gesundheitswesen 0,500 Milliarden, Veam- tenpensionen und Hinterbliebenenbezüge in Reich, Ländern, Provinzen, Gemeinden, Reichsbahn, Reichspost, Ofsizicrs- pcnsioncn und Versorgung der neuen Wehrmacht 1,900 Mil liarden, Beamtengehälter ohne Reichsbahn und Neichspost, die dafür 2,5 Milliarden verausgaben, aber einschließlich der Bezüge des Klerus und der Beamten der Sozialversicherung 5,250 Milliarden. Der Rest von etwa 3,3 Milliarden Mark wird aufgewandt für Landstraßen und Wasserstraßen mit 1,5 Milliarden Mark; für Industrie und Landwirtschaft 400 Millionen Mark und an Sachausgaben für kulturelle Zwecke, innere Verwaltung, Finanzverwaltung, Justiz, Heer, Polizei (die persönlichen Ausgaben sind bereits in der Position Be amtengehälter enthalten) 1,4 Milliarden. Abzüglich der Doppelzahlungen verbleiben gut 12 Millionen Personen oder nahezu 20 Prozent der deutschen Gcsamtbevölkerung, die Zuwendungen aus öffentlich rechtlichen Mitteln erhallen. Diese Zahl ist in Wahrheit größer, weil bei den Beam tenpensionären und deren Familien sowie Hinterbliebenen genaue Ziffern nicht zu ermitteln sind. Im Mittelpunkt des innerpolitischen Streits steht seit einem Jahr das Arbeits losenproblem. Im Jahre 1930 dürfte die Arbeitslosigkeit wesentlich größer sein als im Jahre 1929. Im Jahre 1930 stehen bis jehl für die Bauwirlschafl nahe zu zwei Milliarden Mark weniger zur Verfügung als im vergangenen Jahre. Der Rückgang der Bauwirtschaft ist in der Hauptsache auf zwei Beobachtungen zurückzuführen, erstens darauf, daß die Städte meist sehr stark verschuldet und jetzt gezwungen sind, ihre kurzfristigen in langfristige Schulden umzuwandeln, was stark zur Drosselung der Bau wirtschaft führt, zweitens darauf, daß die Mittel für erst stellige Hypotheken bis zur Stunde noch stark schien. Die Sparkassen werden in diesem Jahre, auch im Hinblick auf die finanzielle Lage der Gemeinden, sehr vieL, weniger für Für eilige Leser. * Briand empfing am Mittwoch den polnischen Außen minister Zaleski und den südslawische» Außenminister M arinkowits ch. Ferner sand eine kurze Unterredung zwischen Dr. Curtius und Zaleski statt. * Tas Großflugzeug „T. 200»" ist am Mittwoch nm 10.30 Uhr nach einem im ganzen 10Mimdigen ohne Stö rung verlaufenen Flng ans dem Tempelhofer Feld glatt gelan det und wurde dort n. a. von dem Reichsvcrkchrsminister v. G n ü r a r d und von Professor Junkers feierlich be grüßt. * Tie Düsseldorfer Kriminalpolizei steht ans dein Stand punkt, daß die Verhaftungen in Berlin nnd Ra 1 i b o r mit den Düsseldorfer Mordtaten kaum in Zusammenhang gebracht werden können. In Port au P r in e e kam es zn blutigen Ziisam- mcnstößcn zwischen der Polizei nnd im Stcucrstreik stehenden Bauern. Cs gab 2 Tote und t> Verwundete. erststelligc Hypotheken zur Vcrsügmig stellen können als tm Vorjahr. Dasselbe gilt für die Invaliden- und Angestell- tcnversicherung, deren Ueberschüsse sich von Jahr zu Jahr vermindern und die daneben im laufenden Jahre für die Arbeitslosenversicherung 150 Millionen Mark Reichsbahn- Vorzugsaktien überiiommen haben. Die Neichsregicrung ist willens alles aufzubieten zur Belebung der Bauwirtschaft. Es wird baldigst die Beseiti- gung der Kapitalcrtragssteucr für festverzinsliche Papiere ourchzusUyren sein, wie auch Verhandlungen schweben über die Mobilisierung der 185 Millionen Neichsschatzanweisungen der Invalidenversicherung von 1929 und der 150 Millionen Reichsbahnvorzugsaktien der Invaliden- und Angestellten versicherung von 1930. Die bis fehl noch fehlenden zwei Milliarden Mark für die deutsche Baumirtschaft im Vergleich zum Vorjahre bedeuten 500 009 bis 609 900 Arbeitslose. Diese eme Tatsache wirkt sehr viel stärker auf den Etat der Ar- beilslosenversicherungsanstall zurück, als alle ausdenk baren Reformen und Verbilligungsmaßnahmen. Mit Steuererhöhungen und auch mit der Erhöhuna der Bei träge zur Sozialversicherung ist dem Arbcitsloscuproblem au sich in Deutschland nicht beizukommen. Für etwaige Mehr aufwendungen zugunsten der Sozialversicherung gibt cs zwei Wesse. Zunächst eine allgemeine Steuererhöhimg. Steuer erhöhungen für Vermögen und hohe Einkommen kann gegenwärtig keine Negierung vorschlagen. Der zweite Weg ist die Erhöhung der Beitrüge zur Sozialversicherung. Auch dagegen habe ich starke Bedenken. 15 Prozent Lohnvor enthaltung allein für die Sozialversicherung, ohne direkte und indirekte Steuern, sind für die Lohn- und Gehalts empfänger eine Grenze, die nicht mehr weit überschrittet' werde» kn»». Leider kann ich für die nächsten Jahre eine Senkung der Gesamtausgaben in der Kranken-, Unfall- und In validenversicherung nicht in Aussicht stellen. Bei der Krankenversicherung halte ich solche für möglich, die In- validenversicherung dagegen steht in Kürze vor einer Krisis. Sie wird in einigen Jahren um eine größere Beitragserhöhung nicht herumkommen. Es wird zu prüfen sei», ob bei der Krcmkenversicherung so viel gespart werden kann, wie die Jnvalideiiversicheruiig demnächst an Mehreinnahmen benötigt. Größere Erspar nisse sind erst dann bei der Arbeitslosenversicherung und der Wohlfahrtspflege möglich, wenn wir in absehbarer Zeit zu halbwegs günstige» und konsidierten Wirtschaftsver- hältmssc» komme». Für Arbeitslose und Wohlfahrtsunter stützte müssen im laufenden Jahr über drei Milliarden Mark aufgeweiidet werden. Davon kann bei Bewältigung des Arbeitslosenproblems nmd die Hälfte gespart werden. An die Rede des Ministers schloß sich eine lebhafte Debatte. Der sozialistische Abgeordnete Graßmann wandte sich gegen Stegcrwalds Anregung bctr. Ersparun gen bei den Krankenkassen. Es bedürfe nur einer Verein heitlichung der Krankenkassen nnd der zahlreichen Werks kassen. Die Schäden der Nationalisierung müßten endlich ausgeglichen und eine Verkürzung der Arbeitszeit erreicht werden. Der Abbau der heutigen Mchrarbeitszcit sei drin gend erforderlich. Der Demokrat Schneider (Berlin) prophezeite zur Arbeitslosenversicherung in Zukunft einen noch größeren Fehlbetrag. Er fordert genaue Unter suchung über etwaige Mißbräuche. Wie-erMammenMt des RMstoges Berlin, 15. Mai. Der Reichstag tritt heute, Donnerstag, nachmittags um 3 Uhr wieder zusammen, um nunmehr die zweite Be ratung des Etats für 1930 in Angriff zu nehmen. Der Haushaltsausschuß hat bereits eine große Anzahl von Einzel etats erledigt, darunter die Etats der Reichswehr und Ma rine, den Justizetat, den Etat des Verkehrsministeriums und den Etat des Wirtschaftsministerinms. Auf der Tagesordnung der Neichstagssitzung steht zu nächst die erste Beratung einiger Gesetzentwürfe, so der kei nen Justizreform, der Gesetzentwurf über steuerliche Erleich terungen zur Verbilligung der Kreditvsrsorgung der Wirt schaft, über die Liquidierung der Bank für' deutsche Jndu- strieobligationen usw. Dio zweite Beratung des Etats be ginnt dann mit den Etats des Ncichsvräsidenten und des