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Sächsische Elbzeitung Erscheint täglich nachmittags 5 Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Feiertaac ««uaspreis lin RM.) Ddmonatlich ins Haus gebracht 1 RM., für Selb^t- »dholer W Psg. — Einzelnummer 10 bzw. 15 Pfa. — Bei Produktions- Verteuerungen, Erhöhungen der Löhne und Matecialienpreise behalten wir uns das Recht der Nachsorderu.ig vor. zur Bezugspreiskürzung oder zum Anspruch aus Lieferung der Zeitung Nr. 44 Baü Sctwnüsu, Zreiwg. den 21. Zebrusr 1930 74. Hakrgang Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemeinden Altendorf, Kleingießhübel, Klein- Hennersdorf, Krippen, Lichtenhain, Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postel« witz Prossen, Rathmannsdorf, Reinhardtsdors, Schmilka, Schöna, Walters dorf, Wendischfähre, sowie für das Gesamtgebiet der Sächsischen Schwei- Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Verantwortlich: Walter Hieke. Tageblatt für die Lmr-air die amtlichen Bekanntmachungen für den Stadtritt das Amtsaerimi bl» Hauptzoltamt Bad Schandau und das Finanzamt Sebnitz — Bankkonto« - Stadtdank Bad Schandau Nr. 12 - Ostsachsische GenosicnsLaft-bank Niederlassung Bad Schandau — Postscheckkonto: Dreien 33 327 Uernspr.: Bad Schandau Nr. 22 —Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandau Anzeigenpreis lin NM.): Die 7ges-^ltene 35 mm breite Petitzeile 20 Pfa., für auswärtige Auftraggeber 25 Pfa., 85 mm breite Reklamezeile 80 Psg. Tabel larischer Satz nach besonderem Tarif. Bei Wiederholungen wird entsprechen- Ständige WoMenbeilagen: Leben' Md'""""" »chl«,>ch.ln.n Numm-.n Nh"« G-wal,. B,' frankreich unä üi« polenfragr. Von l)r. N. F. Ling- Paris. Das Liqnidationsabkonlnicil mit Polen wird in Frank reich mit bc vndercr Aufmerksamkeit verfolgt und beglicht, wie cs mit a len Vorgängen der Fall ist, die Polen betreffen, und in ganz besonderem Matze mit denen, die das Verhältnis von Deutschland und Polen zum Gegenstand haben. In« Aus lände wurde bekanntlich dieses Abkommen verschiedentlich in dem Sinne anfgefatzt, als ob dadurch Deutschland sich des Rechtes aus eine Aeuderung seiner Ostgrenzen begeben und ein für alle Mal ans das Vorbringen seiner Forderungen verzichtet hätte. Dadurch wird auch wieder die Frage aktuell, wie Frankreich sich dazu verhält. Die Lage ist ja doch nun einmal so, daß sich eine Erörterung des Ostprvblcmü ohne Frankreich nicht denken läßt, wenn dasselbe vielleicht anch nicht direkt in Erscheinung tritt, sondern hinter den Kulissen arbeitet. Es ist zum Verständnis der Lage notwendig, mit einigen Worten die ursprüngliche Polenpolitik Frankreichs bei Abschluß des Versailler Vertrages in die Erinnerung zurück- zurufcn. Bekanntlich verdankt Polen in seiner gegenwärtigen Gestalt sein Entstehen dem damals sehr lebhaften Wunsche Frankreichs, im Osten Europas ciu Bollwerk zu errichten, das zwei Aufgaben zu erfüllen hatte, die einer Barrikade gegen das bolschewistische Nutzland nnd die zweite eines Druckmittels aus Deutschland, um dessen Energie vom Rhein abzulcnkcn. Wie stehen heute die Dinge'? Das amtliche Frankreich ist kaum nm einen Schritt von dieser alten Auffassung zurückgewichen und steht ihr im gegenwärtigen Zeitpunkt vielleicht näher als jemals in den letzten Jahren. Die Gegenbewcgung gegen die Kommunisten hat zur Zeit in Frankreich einen Höhepunkt erreicht. Selbst unter Poincare wagte man nicht derartige Schritte zu unter nehmen. wie sic Tardieu als ^nncnmimncr. der er ja neben seinem Amt als Regierungsführer ist, noch vor seinem kürzlich erfolgten Sturze eingeleitet hat, Die Ange legenheit des aus der Sowjctbotschast entwichenen frü heren Botschaftsrats Besfedowski und ganz besonders das Verschwinden des Generals Kutjepoff Haven in hervorragen der Weise dazu bcigctragcn, die Stimmung in den Rechts parteien derart zu erregen, datz sie am liebsten den Abbruch der diplomatische» Beziehungen zu Nutzland sähen. In den Stratzen von Paris sind mannshohe Plakate in grellen Far ben angeschlagen, die sogar eine Durchsuchung der Sowjct- botschaft fordern. Angesichts solcher Stimmung gewinnt Polen mehr denn je wieder die alte Bedeutung, die ihm von Anfang zugedacht War, uud so wird man sich schwer hüten, es in irgend einer Weise zu verletzen und etwa ein deutsches Verlangen nach Grenzbcrichtigung im Osten gut zu heißen. In jeder denkbaren Weise schmeichelt man Polen. Wenn ein polnisches Kriegsschiff ans einer französischen Werft vom Stapel läuft, weuu ein Denkmal eines polnischen Patrioten in Paris oder in Warschau enthüllt wird, wenn überhaupt ein Anlaß zu besonderen Festlichkeiten vorhanden ist, so kann man sicher sein, daß Polens Lob und die angeblich unverbrüch lichen Beziehungen beider Länder amtlicherscits in den höchsten Tonen gefeiert werden. Jeder polnische Außen minister verbringt einen guten Teil seiner Amtszeit in Paris, man sieht ihn immer wieder vor großen Tagungen in Genf und anderswo dort auftauchen, und er ist auch sonst ein ständiger Gast Frankreichs. Die finanzielle, militärische und politische Unterstützung Frankreichs hat nicht nachgelassen. Polen gilt ihm nach wie vor als eine Hauptkarte in seinem außenpolitischen Spiel. Nun ist es allerdings schon wiederholt Vorgekvmmcn, daß dieses also umschmeichelte Pole» die Lage wie ein richtiger Erpresser auszunutzen verstand. Schon im Augenblick der Locarnoabschlüsse machte cs sich recht unliebsam bemerkt und versuchte bekanntlich unter vielem Geschrei, möglichst jede Erwähnung der Ostfragcn zu verhindern. In gewissem Maße ist Frankreich der Gefangene seiner eigenen Schöpfung, und cs hat Augenblicke gegeben, wo Briand und ciu Teil der öffentlichen Meinung durch das aufgeregte Gebaren Polens befremdet, wenn nicht gestört wurden. Es war bisher von der Haltung der Rechtsparteien die Rede. Ist die der Linken anders? Gewisse Ansätze dazn sind nnverkcnnbar,' vereinzelt erschienen über Danzig und den Korridor Artikelreihen, die in Polen Aufsehen erregt und einmal sogar zu einem förmlichen Protest geführt haben. Auch dürften die jüngsten Politiker, namentlich diejenigen, die erst während des Krieges und später zu Männern heran- gewachscn sind, den Ostfragcn eine viel geringere Bedeutung beimesseu als die ältere Generation. Es ist aber noch zu früh, um mit Sicherheit zu sagen, ob sich hier eine Strömung vorbereitet, die einmal an Kraft und Breite gewinnen wird, oder ob es sich hier nur um Ansichten eines kleinen Kreises handclt, der im Augenblick keinen sehr großen politischen Ein fluß besitzt. Bei alledem darf schließlich nicht folgendes über sehen werden: Die Energie Frankreichs ist, abgesehen von der Londoner Abrüstungskonferenz, in der Hauptsache von inner- politischen Fragen in Anspruch genommen. Zwar wird noch immer über Räumung, Deutschland, Stahlhelm und Giftgase in der Presse und zwischen den Parteien gestritten, aber der eigentliche Parteikampf spielt sich auf.iunerpolitischem Boden bedeutet natürlich keinen Vorteil für dir deutschen in dirProblem erst wieder mit Gewalt , . ? ""geführt werden müme. Mair wird da- dcntlÄ.7^ Wenduna in Frankreich zugnnsten der dir 9 ..fr rechnen tonnen nnd gut tun, auch aus keme ubcrtr.ebeiien Hoffnungen zu setzen, es sc! "llgcmcmc weltpolitische Lagc kurch die Politik Äolo/-^^ erhielte. Nicht ohne Besorgnis Annäherung Italiens an Bulgarien nnd Ungarn und ,ctzt anch an Oesterreich, weil cs darin den Versuch erblickt, den jugoslawischen Vasallen emzukreiscu. Es ist denkbar, daß man eines Tages unter dem Einfluß dieser Politik — vor allem, wenn keine Einigung über die Flotten stärke zwischen Italien und Frankreich erzielt werden könnte — Deutschlands Ostfordcrunaen mit günstigeren Augen be« trachtet, nm dadurch Deutschland sich anzunähern nnd mög lichst von dem Anschluß abzuhaltcn, der in französischen Augen das letzte Glied der Kette um Jugoslawien bildet. Diese Möglichkeit sei erwähnt, ohne ihr allzu große Bedeutung bei- zumesscn. Im Finanzlabyrinth Sie Sorge am den Reichsetai. An gestrengte Suche. Das Reichskabinett trat Donnerstag gegen Abend zusammen, um sich endgültig mit den für den Reichs Haushaltsplan für 1S3Ü sestzusctzendcn Aufgaben zu be schäftigcn. Außerdem war in Aussicht genommen, das Liquidationsabkommen mit Polen einer erneuten Be sprcchung zu unterziehe,,, zumal von verschiedenen politi schen Seiten Wünsche lebhaft in die Erscheinung getreten sind, dieses Abkommen von den sonstigen Reparationö- gesctzen nach dem Young-Plan abzulösen und die Be schlitßfasiung darüber einstweilen zu vertagen. Ob dieses Verlangen die Zustimmung des ReichökabinettS finden würde, wurde allerdings lebhaft bezweifelt. In politischen Kreisen trat vielfach die Ansicht stark hervor, die Regierung werde nach dem Plan des Neichsaußenmiuisterö Doktor Curtius die Aoung-Gesctzc einheitlich verbunden mit den LiguidationSabkommcn im Reichstage znr Vorlage bringen. Reichsfinanzminister Dr. Moldenhauer bat bc kauntlich seine Besprechungen mit den Parteiführern und den Sozialpolitikern der Regierungsparteien abgeschlossen und erklär,, bis Dienstag nächster Woche werde er nun mehr eigene Decknngüvorfchläge für den Ncichshaushalts- plan ausarbeiten. In Betracht gekommen sind mehrere Vorschläge, die aber keine einheitliche Aufnahme fanden. Starken Widerspruch findet fortgesetzt die Idee, den Aus fall bei der Arbeitslosenversicherung durch Reformen dieser Versicherung selbst anszugleichen. Das Defizit be rechnet sich immer noch auf mindestens 100 Millionen Mark. Der Finanzmimster wollte die Deckung des De fizits der Neichsanstalt selbst übertragen, für die sie in sich eine qualifizierte Mehrheit finden müßte. Mangels Einigung sollte das Kabinett entscheiden. Nach einem weiteren Vorschlag sollte die Differenz durch Beitrags erhöhung um ein viertel bis ein halbes Prozent gedeckt werden oder durch ein allgemeines Notopfer. Aber alle diese Vorschläge konnten keine Mehrheit bei der Be sprechung auf sich vereinigen. Deshalb will nun der Finanzministcr mit neuen Plänen bervortrctcn. Für elNge Leser. * Der Reichsrat stimmte am Dounerslag in einer Vollsitzung dem Gesetzentwurf zu, der das Rcichsjnstizministc- rium ermächtigt, bis znm April 1!M Hilssrichtcr in Zivil- nnd Strafsachen zum Reichsgericht hinzuzuziehcn. * lieber die Besprechungen zwischen den Reichsministern Schmidt und Dietrich und dem rumänischen Finanz minister Madgcarn wird lediglich mitgctcilt, daß hierbei die gegenwärtigen Schwierigkeiten in den rnmänisch-dcutschcn Handclsvcrtragsverhandlungcn, insbesondere die deutsche Jndustricaussuhr nach Rumänien und die rumänische Futtermittclausfuhr nach Deutschland einer eingehenden Prü fung unterzogen worden sind. * Wie der „Vorwärts" meldet, ist Gesandter Ulrich R a u - scher von Warschau nach Berlin zur Berichterstattung abgc- reist. * Wie aus Moskau gemeldet wird, hat der Vertreter dcr OGPU. in Leningrad, Mcdwed, bei der Sowjctrcgie- rung die Schließung sämtlicher Kirchen, Shna- gogen und anderer Bethäuser in Leningrad be a n t r a g t. Die OGPU. erklärt, die Schließung der religiösen Institute müsse sofort durchgcsührt werden. Man erwartet, daß zum 1. Mai 1M> keine Kirche in Leningrad mehr existieren werde. * Der englische Botschafter in W ashi n g ton, ^-ir Esme Howard, übergab am Mittwoch dem Präsidenten H o o v^ sein Abberufungsschreiben. Seine Nachfolge als Botschafter hat Sir Ronald Lind sah übernommen. Kelne Herausnahme des Volenvertrages. Berlin. Am weiteren Verlauf der Kabincttüsihung cr- stattete, wie halbamtlich mitgctcilt wird, der Rcichoaußen- Minister Bericht über den Stand der Auöschußvcrhandlungen über den floungplan und scrncr über da« deutsch- polnische Liquidationsabkommen. Tas Kabinett beschloß, im Sinne der Ausführungen des Rcichoaustcnmini- stcrS an seinen früheren Entscheidungen fcstznhaUcn. * Dieser Kabincttsbcschluß bedeutet also, daß eine Heraus nahme des polnischen Lignidationsabkommcns ans den Poung- planabmachnngcn nicht geplant ist, und daß das Kabinett nach wie vor auf gleichzeitiger Verabschiedung durch den Reichstag besteht. Zollerhöhungen für Kaffee und Tee beschlossen. Berlin. Amtlich wird mitgcteilt: Das Rcichskabinctt ermächtigte in scincr am Donnerstag unter dem Vorsitz des Reichskanzlers statlgchnbtcn Sitzung den Rcichüfinanzminister zum Erlast einer Verordnung über die Inkraftsetzung der Z o l l c r h ü h u n g c n für Kaffee und Tcc, welche in dem Gesetz vom 8. April UM über Erhöhung von Zöllen be schlossen sind. Die vom Reichssinanzministcr daraushin zu erlassende Ver ordnung wird unverzüglich der Ocsfcntlichkcil bckanntgcgcben. Tic Erhöhung tritt am 5. Mär; d. I. in Krast. Das Rcichskabinctt erledigte alsdann die Ausgabcnscite des Etats für 1M> bis auf einige kleinere Rcstpunktc, die »och im Lause dieser Woche ihre abschließende Behandlung sindcn werden. Durchbrochene Vertraulichkeit. Indiskretionen. Der Zwischenfall, der sich in den fortgesetzte» Be ratungen der vereinigten Ausschüsse für Haushalt und Auswärtige Angelegenheiten im Reichstag über den Poung-Plan zwischen dem Reichsminister Dr. Wirth nnd den« dcutschnarionalen Abgeordneten von Frcy- tagh-Loringh oben am Mittwoch zutrug, hat mittlerweile eine eigenartige Aufklärung erfahre». In der rechtsstehenden Deutschen Zeitung war ein Bericht über die vertraulichen Sitzungen der Ausschüsse vom vorhergehenden Tage erschienen, der zugleich eine politische Stellungnahme der genannten Zeitung ans drückte. Dr. Wirth war der Meinung, gewisse Einzelheiten aus der Sitzung hätten dem Blatt nur durch den Ab geordneten Freytagh-Loringhoven zugchcn können, weil dieser als ständiger Mitarbeiter der Deutschen Zeitung bekannt ist. In Wirklichkeit hatte sich aber ein Redakteur der Deutschen Zeitung in die vertrauliche Sitzung im Reichstage cinschlcichcn und unter einer Bank verbergen können. Von ihm stammte die Auslassung des Blattes. Der Vorsitzende der vereinigten Ausschüsse, Abg. Scheide ln ann, gab in der Donnerstagsitzung davon Kenntnis nnd fügte hinzu, cs sei somit festgcstcllt, daß keine Indis kretion eines Ansschußmitglicdes vorlicge. Wenn die Ausschüsse, so sagte er weiter, den Beschluß faßten, ver traulich zu verhandeln, so geschehe das nicht, um den Zeitungen ihre Arbeit zu erschweren und überhaupt Geheimniskrämerei zu weiden, sondern im vaterländischen Interesse und um dem Ausland nicht von vornherein Angriffspunkte zu geben. Außerdem sei der Bericht in der Deutschen Zeitung vollkommen entstellt und unrichtig gewesen. Im Verlauf der wcncre» Debatte, die auch Donners tag vertraulich sich über die Sauktionsfragcn verbreitete, sagte der dcutschnationale Abgeordnete GrafWcstarp, auch er könne das Verhalten des Zeitungsoertrctcrs in dem vorliegenden Falle nicht billigen, und Abgeordneter Koch-Weser bemerkte, cs handele sich um keme