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Amtsblatt für die Ortsbehörde und den Gemeinderat?u Bretnig. Lokal-Anzeiger für die Ortschaften Bretnig, Hauswalde, Großröhrsdorf, Frankenthal und Umgegend. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend, ^donnementspreis inkl. des allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Unterhaltungsblattes" Aerteljährlich ab Schalter I Mark, bei freier Zusendung durch Boten ins Haus 1 Mark Pfennige, durch die Post 1 Mark exkl. Bestellgeld. '.---7-: —^^..1 Inserate, die 4gespaltene Korpuszeile 10 Pfg., sowie Bestellungen auf den All gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition die Herren F: A. Schöne Nr. 61 hier und Oehme in Frankenthal entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen Rabatt nach Uebereinkunft. Schriftleilung, Druck und Verlsg von N. Schurig, Bretnig. Inserate bitten wir für die Mittwoch-Nummer bis Dienstag vormittag ^z11 Uhr, für die Sonnabend-Nummer bis Freitag vormittag l/,11 Uhr einzusenden Inserate, welche in den oben vermerkten Geschäftsstellen abgegeben werden, werden an gedachten Tagen nur bis vormittags S Uhr angenommen. Nr. 83. Mittwoch den 18. Oktober 1899. S. Jahrgang. Oertliches unv Sächsisches. Bretnig. Welch großer Beliebtheit Und Verehrung sich der so plötzlich aus dem Leben geschiedene Lehrer Herr Robert Gebler von hier bei seinen Herren Vorgesetzten, Kol legen, Schülerinnen und Freunden erfreute, davon legen folgende Zeilen, die von d:m Gange zum Bahnhofe am Freitag und von der Trauerfeierlichkeit am Sonnabend in Leipzig handeln, beredtes Zeugnis ab. Der uns zugesandte Bericht, der den hiesigen vielen Freunden des Verewigten von Interesse sein dürfte, lautet: Am 13, Oktbi. 1899 vorm. 10 Uhr ver sammelten sich das Lehrerkollegium der 8. Bezirksschule zu Leipzig, dann seine 2. Mäd chenklasse, Herr Pastor Teichgräber, ferner Abordnungen vieler anderer Mädchenklaffen, in denen Herr Gebler früher oder gegenwärtig Fachunterricht erteilte, sowie viele Freunde, Eltern und ehemalige Schülerinnen des Ver ewigten am Eingänge des Dresdner Bahn hofes. Sie empfingen den Leichenwagen, der den Sarg aus der Kapelle des Johannessned- hofes brachte, schloffen sich ihm in langem, würdevollem Zuge an und geleiteten ihn zu dem in den entfernteren Teilen des Bahn hofes liegenden Eilgüterperron, wo der Wagen zur Ueberfühcung des teuren Toten bereit stand. Palmen und Kränze überdeckten den Sarg völlig. Ein kurzes Abschiedswort durch den Schuldirektor, ein stilles Gebet der An wesenden — und die Thür des Wagens wurde verschlossen und durch Plombierung versichert. Am nächsten Tage und zur nämlichen Stunde fand in dem prachtvollen Schulsaale der 8. Bezirksschule die erhebende Trauer feier statt. Zu beiden Seiten des schwarz- verhängten Rednerpultes erhoben sich mächtige Lorbeerbäume und andere Blattgewächse. In der Mitte des Saales nahmen die oberen Mädchenklaffen, an ven Seiten seine Kollegen, die Aborvnungen der Leipziger Schulen, seine Freunde und die Eltern seiner Schülerinnen Platz. Eingeleitet wurde der Traueraktus durch den Gesang des Liedes 646, 1—4, worauf der Direktor den 90. Psalm, den Lieblings psalm des Entschlafenen, verlas. Nach dem Gesänge der Mädchen: „Wenn ich ihn nur habe" betrat Herr Neumeister, als Klaffenbruder und ältester Freund, das Rednerpult. In schlichter, inniger Weise schilderte er den Lebensgang des so tragisch aus dem Leben Geschiedenen und legte dann dar, was die Schule, die Kinder und seine Freunde an ihm verloren: „Ein herzlicher Gesell, Herr 'sist ewig schade I" Schluchzen und lautes Weinen übertönte oft seine tiefbewegte Stimme. Nachdem noch der Quartettgesang mehrerer Amtsgenossen: „Es ist bestimmt in Gottes Rat —" verklungen, schloß die Feier mit dem Gesänge der 5. Strophe des Eingangs liedes. Eine leuchtende Zierde der Schule, ein liebevoller Führer und Förderer der Kinder, ein treuer und sinniger Freund, vor allem "der ein rastlos strebender, edler Mensch ck dicht mehr! Sem Bild jedoch wird uns in verklärtem Glanze dauernd geleiten! Bretnig. Am heutigen Dienstag früh in der 4. Stunde durchtönten Feuersignale unseren Ort und es dauerte nur kurze Zeit, >o war die hies. Feuerwehr bei der Spritze, sM ""ch dem Brandplatze, nach Ohorn, wo- d Strohfeime des Gastwirts Stange die Flammen vernichtet wurde, auszu- ruaen. Das Feuer war bald darnieder, so daß ein Eingreifen der hies. Spritze nicht für nötig erschien. Bretnig. Der Verband für Brand- schäden-Versicherung hält nächsten Sonntag nachm. 2 Uhr im Schützenhause zu Pulsnitz seinen Verbandstag ab. Großröhrsdorf. Der frühere Roß schlächter Namens Seifert von hier, der von den königl. Staatsanwaltschaften zu Dresden und Bautzen steckbrieflich verfolgt wurde, auch, wie sich herausstellte, im Monat Dezember v. I. dem Transporteur, der ihn ins Zucht haus nach Waldheim einzuliefern hatte, in Chemnitz entwischt war, ist in Glauchau in einer dortigen Restauration festgenommen worden. Pulsnitz. Ein recht bedauerlicher Un glücksfall ereignete sich am Montag hierselbst, indem ein 3jähriges Kind des dortigen Brau meisters Techritz in den neben der Brauerei liegenden Teich fiel und leider darin ertrank. — Die Civil-Trauung und damit die Institution unserer Standesämter konnten Anfang dieses Monats auf ein 25 jähriges Bestehen zurückblicken. Es hat jahrelang gedauert, ehe man dem Standesamte die volle Würdigung zu Teil werden ließ, die es heute genießt. Dabei darf nicht verschwiegen werden, daß die neuen Standesbeamten zum Teil daran selbst mit Schuld waren, indem sie ihre Machtbefugnisse überschritten Wie von bestunterrichteter Seite mitgeteilt wird, tritt vom I. Januar 1900 ab noch eine größere Vereinfachung der Handlung bei Schließung der Civilehe ein. Bisher fragte der Beamte: „Wollen Sie, Herr Karl Müller, mit dem Fräulein Therese Bärwinkel die Ehe eingehen?" und umgekehrt, worauf die beiden mir „Ja" antworteten. Der Beamte erklärte sodann die Ehe für geschloffen. Vom 1. Januar an soll es genügen, daß Braut und Bräutigam bereits bei der Anmeldung ihre Bereitwillig keit, sich zu ehelichen, erklären. Bei der Handlung selbst sagt dann der Beamte: „Auf Grund Ihres Aufgebotes und auf Grund der Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches erkläre ich Sie für ehelich verbunden." Dresden, 12. Oktober. Se. Majestät der König haben beschlossen, die getreuen Stände des Königreichs Sachsen zu einem gemäß 8 115 der Verfaffungsurkunde abzu haltenden ordentlichen Landtage auf den 7. November dieses Jahres in die Residenzstadt Dresden einberufen zu lasten. — Unter großer Begeisterung und Teil nahme von etwa 2000 Personen aller Stände und Parteien fand am letzten Sonntag Mittag im Tivoli-Saale zu Dresden unter Leitung des Reichstagsabgeordneten C. Lotze eine von der deutsch-sozialen Reformpartei im Königreich Sachsen vorbereitete Kundgebung für die Buren in Südafrika statt. Nach Reden des Reichstagsabgeordneten Gräfe und der Schriftsteller Zimmermann und Berthold nahm die Versammlung zunächst folgende Resolution an: „Die heute im Tivoli-Saale zu Dresden tagende, von der deutsch-sozialen Neformpartei einberufene, von etwa 2000 Personen besuchte Volksversammlung giebt ihrer Entrüstung lauten Ausdruck über die schmachvolle Rechtsverletzung, welcher sich die Regierung Ihrer Majestät der Königin von England soeben gegenüber der südafrikanischen Republik schuldig gemacht hat. Sie erklärt zugleich dem stammverwandten wackeren Buren volke, insbesondere seinen ehrenfesten Staats oberhäuptern Krüger und Stejn ihre aufrich. tigste Teilnahme an all' den Ereignisten freu ¬ diger wie trauriger Art, die ihm in hartem, blutigem Kampfe bevorstehen, und dankt für das mannhafte, ehrliche Auftreten, das die germanische Welt mit Bewunderung erfüllt. Heil und Sieg den wackren Buren! Das walte Gott." Ferner gingen Telegramme an Ihre Majestät den deutschen Kaiser, den König von Sachsen und den Reichskanzler ab. Aus zahlreichen Städten Deutschlands und Oesterreichs wurden Telegramme verlesen, darunter solche von den österreichischen Reichs ratsabgeordneten Wolf, Jro und Schönerer. Am Schluffe der Versammlung, zu deren Besuch auch der Konservative Verein zu Dresden aufgefordert hatte, sang die begeisterte Menge das niederländische Dankgebet von Kremser. Die englische Gesandtschaft hatte, wie man sagt, einige Mitglieder in die Ver sammlung entsandt. — Vom königlichen Landgericht zu Bautzen wurde am 12. Oktober der aus Kindisch gebürtige, 26jährige vormalige Ver sicherungs-Agent und Kassierer der Ortskranken kasse zu Kamenz, Friedrich Emil Hausdorf, wegen schwerer Urkundenfälschung, Betrug und Unterschlagung zu einem Jahr acht Monaten Gefängnis und dreijährigem Ehren rechtsverlust verurteilt. Bei der Straf- bemestung kamen drei Monate Untersuchungs haft in Anrechnung. — Einen gräßlichen Tod erlitt der Wirtschaftsbesitzer Gottlieb Förster in Herms dorf bei Radeburg. Derselbe hatte von aus wärts ein Fuder Dünger geholt und wollte dasselbe trotz der späten Abendstunde noch auf seinen Acker fahren. Auf dem Wege dahin stürzte oer Wagen um und begrub mit seiner Ladung den bedauernswerten Mann unter sich. Bevor man ihm Hilfe bringen konnte, war er bereits eine Leiche. — Eine Kindesmörderin ist in der Per son einer auf dem Rittergute Kreinitz bei Riesa bediensteten polnischen Arbeiterin er mittelt und festgenommen worden. Die Mörderin, Stephanie Jacinesky, hat ihr in aller Einsamkeit im Freien geborenes Kind in die Elbe geworfen. Der kleine Leichnam ist bis jetzt nicht aufgefunden worden. — Ein Ochse von einem Radfahrer überfahren! Es ist kein schlechter Scherz, sondern Thatsache. Kürzlich abends hat in Pretzschendorf bei Freiberg auf der Frauen- steiner Landstraße ein Radfahrer aus Colm nitz einen ziemlich starken Ochsen, der mit der Heerde von der Weide dem Stalle zugetrieben ward, überfahren. Radfahrer und Ochse kamen zu Fall, glücklicher Weise ohne Schaden zu erleiden. Nachdem der Ochse sich mit philo sophischer Ruhe wieder erhoben und den Schauplatz des Unfalls sowie seinen Gegner gehörig beglotzt hatte, schritt er würdevoll, als ob nichts geschehen wäre, von dannen. — Fünfzig Mark Belohnung sind Dem jenigen zugesichert, wer über den Verbleib des im Jahre 1823 zu Weinböhla geborenen Conditors Friedrich Theodor Conradi Mit teilung erbringen kann. Conradi hat früher in Freiberg i. S. gearbeitet, vor 3 Jahren ist er noch in Hainichen thätig gewesen. Von da ab verliert sich seine Spur. Man ver mutet, daß er sich nach Böhmen gewendet hat, wo er früher lange Jahre gelebt. Be zügliche Nachrichten nimmt die Geschäftsstelle des „Freiberger Anzeigers" in Freiberg i. S. zur Weiterbeförderung entgegen. — In dem 1. königl. sächs. Manen- Regiment Nr. 17. das in Oschatz in Garnison ist, befindet sich zur Zeit wohl der längstes Soldat im Sachsenlande. Es ist dies der Einjährig-Freiwillige Götz v. Ohlenhusen, der 2 Meter 5 Zentimeter mißt. — Gegen die Wahl des Herrn General konsul Geh. Hofrat Dr. Schober zum Abge ordneten für die Zweite Kammer im 5. Land- tagswahlkreise der Stadt Leipzig (Leipzig-West) hat der Wahlausschuß für Pache bei dem Wahlkommissar, Herrn Stadtrat Dr. Schanz, Protest eingelegt. Dieser Protest wird mit Bezugnahme auf 8 4, Absatz 2, Beilage s zum Gesetz, die Wahlen für die Zweite Kammer betreffend, vom 26. März 1896 be gründet, wonach „solche Personen, welche in aktiven ausländischen Diensten stehen", in die Zweite Kammer nicht wählbar sind. Herr Geh. Hofrat Dr. Schober sei aktiver, kaiserl. königl. österreichischungarischer Generalkonsul und als solcher nicht wählbar. Der Wahs; Ausschuß für Pache ersuchte daher den königl. Wahlkommiffar, das im 8 6 des angeführten Gesetzes vorgeschriebene Verfahren einzuleiten, nach welchem Zweifel über die Wählbarkeit von der Verwaltungsbehörde entschieden werden. Herr Generalkonsul Dr. Schober ist aber bereits Mitglied der Zweiten Kammer, ar hat die Wahl angenommen und seine Be scheinigung darüber erhalten. Es ist demnach zur Entscheidung der Frage, ob er wählbar ist oder nicht, nur die Kammer zuständig. Ferner wird bemerkt, daß Herr Generalkonsul Dr. Schober nicht Berufskonsul, sondern „Konsul uä banorss" ist und keine Vergütung für die Ausübung seines Amtes empfängt. — Die Ehefrau eines in Leipzig wohnen den Schriftsetzers hatte vor einigen Tagen in der Lotterie einen Gewinn von etwa 6000 Mark gemacht. Sie beauftragte ihren Mann, den Betrag zu erheben. Dies besorgte der Mann auch, doch kehrte er dann nicht wieder zurück. Die Frau wandte sich in ihrer Be sorgnis an die Polizei, der es auch gelang, den Durchbrenner zu erlangen. Er war in lustige Gesellschaft geraten und hatte von dem Gelds bereits 350 Mark verjubelt. — Das elf Monate alte Kind eines ! Schneidermeisters in Leipzig-GohliS hatte vom Tische das Tischtuch mitsamt dem darauf befindlichen heißen Kaffee heruntergezerrt, wobei sich derselbe über das Kind ergoß und dieses derart verbrühte, daß es an den er littenen Verletzungen gestorven ist. — Der wegen vorsätzlicher Gefährdung ! des Noro-Süd-Expreßzuges in Untersuchung und Haft genommene Zimmermann Hascher in Crimmitschau befindet sich in einem Zustande der Unzurechnungsfähigkeit und wird deshalb einer Anstalt zugeführt werden. — In Schmölln (S.-A) machte dieser Tage der Feuermann einer Fabrik die Wahr nehmung, daß sämtliche Fundamentschrauben der Dampfmaschine von ruchloser Hand ge» lockert waren. Da zum Glück nur mit Halder Kraft gearbeitet wurde, blieb ein Unglück, das von unberechenbarer Tragweite sein konnte, abgewendet. Auf Ergreifen des Uebel- thäters ist eine Belohnung von 500 M. in Aussicht gestellt. — Bedeutende Kohlenfunde in der Um gebung von Schmiedeberg in Böhmen (Bahn linie Weipert-Komotau) haben dazu Anlaß gegeben, weitere Mutungen vorzunehmen. Man wird ii^ Kurzem damit beginnen, an verschiedenen Stellen Bohrlöcher zu treiben, um die Ausdehnung und Mächtigkeit des Kohlenflötzes festzustellen. Geben diese Unter suchungen ein nur einigermaßen günstigesResul- tat, soll der Abbau im Großen betrieben werden.