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Sächsische Elbzettung Bad Scksnüau, Mittwoär. den 7. September 1927 71. ^gbrgang Nr. 209 Tageblatt für die d.e °mU'ch°n , , " Betriebsstörung usw. berechtig, nicht zur Kürzung des Bezugspreises oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung Nichterscheinen einzelner Nummern infolge ,'Derer . - ——_ Druck und Verlag: Sächsische Elbzettung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke Verantwortlich: K. Nohrlappcr Anzeigenpreis l>n NM.): Die 7gespaltene 35 mm breite Petiizcilc 20 Pfg.. für aus wärtige Auftraggeber 25 Pfg., 85 mm breite Reklamezeilc 80 Pfg. Tabellarischer Sah nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabat, gewährt. Anzeigenannahme fär alle in- und ausländischen Zeitungen „„„„ch-,: »-» -- - Md,-,"», «,^-In. AM "L ° -LA « .V»°, LU »r«i, (In NM.) halbmonatlich in, Ha "uerungen. Erböhungen oer Süchstsche Schweiz Tageszeitung für die Landgemcinoen Allendorf, Kleingießhübel, Kleinhenner». dorf, Krippen, Lichtenhain, Mittelndorf, Ostrau, Porschdorf, Postelwitz, Prossen Rathmannsdorf, Rcinhardtsdors, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wcndischführe sowie für das Gesamtgcbiet der Sächsischen Schweiz Ständige WoMenbettagen: L „Vas Leben im Bild RheinlandräumunI und Ostloearno Wichtige Vorbesprechungen in Genf.! Der polnische Nichtaugriffspakt. > Die Arbeiten der Völkerbuudvcrsammlung in Genf kommen nnr langsam vorwärts. Nach Vornahme der Wahlen zum Präsidialbureau, dem auch Dr-Stresemann angchört, haben die sechs Ausschüsse der Volkerbnndver. sammlung, in denen je ein deutscher Vertreter sitzt, ihre Tätigkeit ausgenommen. Das Hauptinteresse dürste sich auf dieArbeitendcsAbrü st n n g s au s schusses konzentrieren, in dem der Vorsitzende, der tschechische Außenminister Benesch, aukündigte, daß er neben der zur- zeit allein auf der Tagesordnung stehenden Frage einer Beschleunigung des Natszusamm ent r i t t s tm Falle von Krisen alle im Zusammenhang mit dem Ab- tüstungsproblcm stehenden Fragen der Gesamttagcsord- nung cinbcziehen werde. .. Diesen Abrsistungösragen galten Besprechungen, die der deutsche Ausrenministcr mit Chamberlain am Dicnötag hatte. Wie cs heißt, wird in englischen und in französischen Kreisen der Versuch gemacht, auf Deutschland dahin einzu- wirken, von einem scharfen Vorgehen in der AbrüstungS- frage wie auch in der Frage der Rheiulandräumung abzu- sehen. Indessen besteht in weiten Kreisen der Völkcrbund- mitglicdcr wegen der Verschleppung der AbrNstungSfragc eine starke Verstimmung, die auch in der Voll sitzung der Völkcrbundvcrsnmmlung zum Ausdruck kom men wird. Eine weitere wichtige Unterredung hat zwischen Chamberlain und Briand stattgefuudcn, in der das Ver hältnis zwischen Deutschland und Frankreich sowie die Aktion der polnischen Negierung zur Herbeiführung eines Nichtangriffspaktes zur Sprache kamen. Der Havasver- trctcr in Genf berichtet hierzu, daß Polens Vorschläge in ihren Grundzügen darauf abzielteu, die Sicherheit der MUgliedstaatcu des Völkerbundes zu erhöben und den Frieden besonders in Osteuropa stchcrzustcllcn. Es sei durchaus wahrscheinlich, daß der Polnische Plan innerhalb weniger Tage eine konkrete Form nnnchmcn werde, damit er au den politischen Ausschuß des Völkerbundes verwiesen werden könne. Dr. Stresemann wird sicher nicht verfehlen, Deutschlands ablehnenden Standpunkt zu den polnischen Plänen klar und deutlich zum Ausdruck zu bringest. Chaniverlain gegen Vies pollnifWen «oefMMge Genf, 6. September. Der englische Außenminister Cha in - berlain empfing Henie nachmittag einige Verirrter der eng lischen Presse. Chamberlain erklärte diesen, daß die englische Delegation die Kandidatur Kanadas untcrstüßcn werde. Zu den polnischen Vorschlägen erklärte Chamberlain, cs müsse der polnischen Negic-rung dringend empfohlen werden, die Siche rungen, die sie bereits erhalten hätten, nicht durch Maßnahmen zu entwerten. Eine Aktion der polnischen Negierung zur Ein leitung einer Dioknssion über den Abschluß eines Sicherheits- Vertrages könnte lediglich den Eindruck erwecken, als ob die Polen die bereits für Polen geschaffenen Sicherungen nicht als ge nügend erachten. Hierdurch wurde« diese zweifellos eine Ent- wcrtuug erfahren. England könne nicht ciusehcn, was mit den polnischen Vorschlägen gewonnen werden könne. Es existieren schon die Garantien des Völkerbuudspaltcs, cs cxisticrcn weiter die westlichen und östlichen Locarno-Verträge, die die Friedens garantien noch verstärken. Mehr sei nicht nötig. Wenn einzelne Redner das Bedürfnis hätten, in der Vollversammlung Friedeno- phrascn zn dreschen, so bleibe ihnen das unbenommen, aber Eng land sei für eine Wiederbelebung des Genfer Protokollcs und für neue Dinge nicht zu haben. Allgemein ist der außerordentlich gereizte Ton aufgefallen, in dem der englische Außenminister seine Erklärungen abge geben hat. Holländischer Vorstoß in der Abrüstungsfrage Genf, 6. September. In der heutigen Nachmittagssitzung der Vollversammlung des Völkerbundes begann die allgemeine Aussprache über den Bericht des Völkcrbundsratcs und des Generalsekretärs. Hierbei brachte der holländische Außenminister einen Zwischcncntwurs ein, der die Grundsätze des Genfer Proto kolls von 1024 neu auslcbcu läßt. Ju der Entschließung heißt es: Die Völkerbundoversammlung sei zu der Ueberzcuguug gelangt, daß, ohne allerdings eine Dis kussion über das Genfer Protokoll von 1021 wieder ausnehmen zu wollen, co dennoch wünschenswert sei, in eine erneute Prüsuug der Gruiidsätzc des Genfer Protokolls zu treten. Die Voll versammlung des Völkerbundes beschließe, die Prüfung der Prin zipien des Protokolls von 1024 sowie die Schlußfolgerungen des Berichtes der vorbereitenden AbrUstungskommission den zustän digen Kommissionen der Vollversammlung zur Stellungnahme zu überweise». Der holländische Außenminister begründete in längeren Aus führungen seinen der Vollversammlung vorgelegten Ncsolutions- cntwurf. Er wies darauf hin, Laß die Abriistungsarbeitcn des Völkerbundes bisher zu keinem Erfolg geführt hätten. Die Ur sache hierfür liege in der immer noch nicht durchgesiihrten mora lischen Entwaffnung und in der Ablehnung der Grundsätze des Genfer Protokolls. Der Geist dieses Protokolls sei jedoch nicht tot, und cs wäre jetzt der Zeitpunkt gekommen, seine Grundsätze auf ihren wahren Wert von neuem zu prüfen. Die Abrüstung sei der erste Schritt und die Voraussetzung für die allgemeine Sicherheit. Jede Negierung müsse sich dessen bewußt sein, welche Verantwortung sie auf sich nehme, wenn sic die Durchführung des Abriistungsgedankens ablehne. In seiner großangclegte» und von der gesamten Versamm lung mit Spannung verfolgten Rede wandte sich der holländische Außenminister Bclnats van Blockland zuerst gegen den Antrag der englischen Regierung auf Herabsetzung der Zahl der Rats tagungen von vier auf drei, da hierdurch die Autorität des Völkerbundsrates gefährdet werden würde. Der Nat müsse als eine Art Gewissen des internationalen Friedens aufgefaßt wer den. Ilm diese Aufgabe zu erfüllen, müsse er in regelmäßigen Abständen zusammentreten. Die öffentliche Meinung würde die Hcrnbsctzung der Zahl der Ratstagungen als eine Einbuße des Prestiges des Völkerbundsralcs empfinden. Die Erundausgabe des VölkerbundsratLS sei die Lösung der Abrüstmigssragc. Die tiefe Enttäuschung, die die öffentliche Meinung in der Welt an gesichts des Mißerfolges in den bisherigen Abrüstungsverhand lungen des Völkerbundsrates empfinde, sei auf die Ablehnung des Grundsatzes des Genfer Protokolls zurückzuführen. Die Leit sätze des Protokclls seien: Schiedsgericht, Sicherheit und Ab rüstung. Dieses Programm sei bisher nicht durchgcführt worden. Die Erklärungen des holländischen Außenministers wurden von der Versammlung mit großem Beifall ausgenommen. Ledig lich die englische Delegation »ahm an der allgemeinen Beifalls kundgebung nicht teil. Nach der Rede des holländische» Außen ministers wurde die Sitzung geschlossen. Komplizierung der Lage. Ge » f, V. September. Heule nachmittag hat eine Zusammen kunft zwischen Chamberlain, Briand, Benesch und Sokal stall- gesunden, an der Benesch als Vorsitzender der Abrüstuugskom- mission der Vollversammlung leiluahm. In dieser Unterredung sind die bekannten polnischen Vorschläge eingehend erörtert worden. Für heute abend ist eine Unterredung zwischen Cham berlain, Briand und Stresemann vorgesehen, auf der die Er örterung über diese Frage fortgesetzt werden soll. Der heute nachmittag in der Vollversammlung ciugebrachtc holländische Antrag, der eine Wiederasufnahmc der Grundsätze des Genfer Protokolls vom Jahre 1024 vorsieht, bedeutet i» der gegenwärtigen Situation eine Unterstützung der polnischen Ab sichten. Die Tendenz des holländischen Antrages, der allgemein größtes Aufsehen erregt hat, läuft darauf hiuajus, durch Wicder- ausrolluug der Kedaukengänge des Genfer Protokolls den ge samten Komplex des Schiedsgcrichtsgcdankcns sowie der Ab- rüstungs- und der Sicherhcitsfrage wieder in die allgemeine Dis kussion zu werfe». Er bedeutet somit eine wenn auch nicht beab sichtigte tatsächliche Unterstützung der polnischen Absichten, dem Gedanken der allgemeinen Sicherheit und im Zusammenhang damit den Ausbau von Sicherheitsverträgen in den Vorder grund zu rücken. Der holländische Antrag hqt jedenfalls eine neue Situation in Eens herbcigesührt. Die Lage hat dadurch eine ernste Komplizic- rnng erfahren. Die englische Delegation macht chis ihrer ab lehnenden Haltung gegenüber den konform laufenden holländisch polnischen Aktionen kein Hehl. Die Erklärung, die Chamberlain heute englische» Pressevertretern gegenüber abgegeben hat, müsse, so wird in englischen Kreise» scstgestellt, als eine bindende und eindeutige Stellungnahme der englische» Regierung aufgesaßt werden. England lehne grundsählrch die Wtederausrollmig der Ecdankengänge des Genfer Protokolls von 1024 ab. Starke Widerstände erwartet.- Gens, K. September. Zu dem heute völlig unerwartet ge kommenen Antrag des holländischen Außenministers bezüglich des Genfer Protokolls von 1024 wird von bestinformiertcr Seite mit geteilt, daß die Einbringung dieser Resolution ohne Verständigung mit den übrigen Mächten erfolgt ist. Es wird allgemein damit gerechnet, daß der holländische An trag ans starke» Widerstand stoßen wird. Für morgen ist eine Zusammenkunft zwischen Briand und Stresemann vorgesehen, in der der holländische Antrag zur Begutachtung gelangen soll. Nach den heute vom Völkcrbundsbüro getroffene« Dispositio nen so^l die morgen beginnende Debatte über den holländischen Antrag bis Sonnabend zu Ende geführt werden. Von unter richteter ScitL wird hervorgchobcn, daß die holländische Aktion i» keinem Zusammenhang mit dem polnischen Vorschläge stehe, viel mehr war der holländische Ncsolutionscntwurs bereits in Haag vor der Böllcrbundsversammlung eingehend vorbereitet worden. Gegenüber der holländischen Initiative, die gegenwärtig alle anderen Verhandlungen überschattet, sind momentan die pol nische» Vorschläge stark i» den Hiatergrund getreten. Der stampf üer veutzchtumr in NortkchleMig Vvu A. Nvrden. Vor kurzem yat Schleswig-Holstein die 700. Wicderkeh des Tages der berühmten Maria Magdalenen-Schlacht von 1227 feiern können, jener Schlacht, die nicht nnr für die schles wig-holsteinische sondern auch für die gesamte deutsche Ge schichte Vvu großer Bedeutung gewesen ist, und deren Andenken auch im großen deutschen Vaterlandc eigentlich etwas mehr Beachtung verdient hätte, als sie gefunden hat. Jene Maria Magdalenen-Schlacht nämlich, die auf der Heide von Born höved zwilchen Dänen und den schleswig-holsteinischen Stäm men geschlagen wurde, entschied für immer über das Schicksal der Ostsee, sie war, wie der Kieler Geschichtsforscher Professor Scheel agt, nicht nnr eine deutsche, sic war eine germanisch- Schicksalsschlacht. In jener Schlacht wurde der Dänenkönig Waldemar der Sieger, wie er vou seinen Zeitgenossen genannt wnrde, von dem l)olstcinischen Grafen Adolf IV. entscheidend geschlagen und Schleswig-Holstein vom dänischen Joch befreit. Hier zeigte sich zum ersten Mal in der deutschen Geschichte nach der Schlacht im Teutoburger Walde, was Deutschland vermag, wenn es einig ist, und darum hat man die Maria-Magda lenen-Schlacht, wie sic in der Geschickte genannt wird, so oft mit der Römerscklacht verglichen. Die Bedeutung war tat sächlich nicht minder groß. Wie in der Teutoburger Schlacht der Westen Germaniens vom Feinde befreit wurde, so wurde durch diese Schlacht der Weg nach dem Osten frei, nnd deutsche Siedler gaben dem von Slaven besetzten alten germanischen Gebiet wieder ein germanisches Gesicht. Um Schleswig-Holsteins Freiheit ist im Laufe der Jahr-' Hunderte noch oft gerungen worden, znletzt 1804. Aber von dem, was damals für immer znrückgcwvnnen schien, ist 1920 wieder ein Stück verloren gegangen. Die Dänen nannten es „wieder vereinigt", mit Dänemark nämlich. Diese sogen. „Wiedervereinigung" ist damals ebenso nnaerecht er olgt wie die Abtrennung Enpen-Malmedhs, Oberschlesiens, oes Me mellandes und anderer deutscher Gebietsteile; das ist des öfteren nachgcwiesen nnd braucht nicht von neuem besonders betont zu werden. Ucberall im abgetretenen Gebiet kämpft das Deutschtum einen harten Kampf nm sein Dasein, ganz besonders aber in Nordschleswig. Nicht daß, von Einzel- fällcn, die natürlich auch Vorkommen, abgesehen, das Deutsch tum erusten Verfolgungen ansgesetzt wäre wie in Obcr- schlesien durch die Polen nnd im Memelland dnrch die Litauer allen Genfer Abmachungen znm Trotz, in Nordschleswig ist cs neben dem Kulturkampf vor allem der Kampf um die wirtschaftliche Existenz, der die Dänen :n gleichem Maße trifft wie die Deutschen. Das kleine Dänemark ist mit erheblichem Gewinn ans dem Weltkriege hervorgegangen, ohne daß es auch nur einen Tropfen Blut hat hergeben müssen. Aber weder das sozialdemokratische Kabinett Stämmig, das am 2. Dezember 1926 gestürzt wurde, noch das seitdem am Ruder befindliche Kabinett Mavseu-Mhgdal, das sich aus der Venstre (Bauernlinken) und den Konservativen zusammensetzt, haben cs vcrstandcn, dicse Gewinne zu erhalten. Im Gegenteil, die Wirtschaftskrise, die bald nach Kriegsschlnß auch Dänemark ergriff, hat sich besonders in letzter Zeit erheblich verschärft, nnd wenn man bei der Fvlkethiugswahl 1926 behauptete, daß die Hälfte der einst schuldenfreien nordschleswigschen Bancrn- höfe, die zum Teil 300 bis 400 Jahre lang im Besitz derselben Familie sind, vor dem Nnin ständen, so kann man jetzt fagen, daß die Zahl auf mindestens 80 Prozent angewachsen ist. Schuldenfreie Höfe aber gibt es in Nordschleswig überhaupt nicht mehr. Das hat die dänische Mißwirtschaft zustande ge bracht, die das Land innerhalb von sieben Jahren mit 700 Millionen Kronen belastete. Allen denen, die sich 1920 „hcim- stimmten", ist ans diese tragische Weise vor Angen geführt worden, was sie, in dem Glauben einen guten Tausch zu machen, leichtsinnig anfgegeben haben. Diese ernste Krise, in der sich Nordschleswig befindet, sollte auch Dänemark zu denken geben. Ist es nickt möglich gewesen, ein in geordneten Verhältnissen befindliches Nord schleswig, wie es von Deutschland übernommen wurde, zn ec-