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Sächsische Elbzeitung Ständige Wockenbeilagen: wöit 71. Jahrgang Bad Sckanüau, Mittwoäi. den 13. Lpril 1927 Nr. 87 ^s- Nichterscheinen einzelner Nummern infolge höherer Gewalt, Streik, Aussperrung, Betriebsstörung usw, berechtigt nicht zur Kürzung des Bczugsprciscs oder zum Anspruch auf Lieferung der Zeitung läalicb nach»! 5, Uhr mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. — Bezug, preis (in R^.) halbmonatlich ins Haus gebracht NO Pfg., für Selbstabholer 80 Psi. Liinclnummcr 10 bzw. 15 Pfg. - Bei Produklionsvcrteucrungcn Erhöhungen der Löhne und Materialienprcise behalten wir uns das Recht der Nachfordcrung vor Sächsische Schweiz Tageszeitung für die Landgemeinden Altendorf, Kleingießhübel, Kleinhenners» dors, Krippen, Lichtenhain, Mittclndorf, Ostrau, Porschdorf, Postelwih, Prossen, Rathmannsdorf, Ncinhardtsdorf, Schmilka, Schöna, Waltersdorf, Wendischfährc, sowie für das Gcfamtgebiet der Sächsischen Schweiz Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke, Inh. Walter Hieke , Verantwortlich: K. Nohrlapper Anzeigenpreis (in NM.): Die 7gespaltcnc 30 mm breite Petitzcilc 15 Pfg., für aus wärtige Auftraggeber 20 Pfg., 85 mm breite Neklamezeile 80 Pfg. Tabellarischer Sah nach besonderem Tarif. — Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt. Anzeigenannahme für alle in- und ausländische» Zeitungen unü Wissen", „llnterlmltungsbeilage", Dgg Leben im Bild" der 5rau", Illustrierte Sonntagsbeilage Tageblatt für die Stadt^a Sladtgirolasst Nr. 12- OstsächMchc Genossenschaftsbank Zwcignicdcr- Etadtvanl __ Postscheckkonto: Dresden »3 327 Fernsprecher: Bad Schandau Nr. 22 — Drahtanschrift: Elbzeitung Bad Schandau Truppenzus ammenziehung im Fernen Osten SNovMsteruns »n «apan Sehr ernste Lage in China. Die Borgänge in China rufen jetzt auch in Japan starke Nervosität hervor. Die Tokioter Presse vertritt die Meinung, das, infolge des gegenwärtigen Standes der Beziehungen zwischen Moskau und Peking eine sehr ernste Lage ent standen sei, durch dieIapan vielleicht in M i < l e id e n s ch a s t gezogen würde, wenn auch Moskau wohl nicht eine Entscheidung durch Waffengewalt suchen werde. Wie nervös man in Tokio geworden ist, geht daraus hervor, das, weitere vier japanische Torpedoboots Zerstörer angewiesen woUden sind, sich zur Ausreise nach Schanghai bercitzuhalten. Der Sonderberichterstatter dcü „Dailh Telegraph" meldet an« Schanghai: Die Haltung der Japaner bean sprucht das stärkste Interesse, da alle Anzeichen ans eine allgemeine Mobilisierung des japanischen HcercS Hinweisen. Der Berichterstatter fragt, ob man eine offene Kriegserklärung gegen Rußland erwarten müsse oder ob die mobilisierten .Kräfte nur für eine Ver- ändernng im engeren Nahmen bestimmt seien. Die japa nischen Einwohner in Hankan sandten ein Ultimatum an ihre Regierung nnd forderten, dass eine Expcditiousstrcit- kraft sofort nbgcschillt werde, nm dnö ihnen zngcfügtc Unrecht zu sühnen. Der Korrespondent schliesst: Die allernächsten Wochen werden Ereignisse von größter Bcdcntnng im Fernen Osten sehen. Gleichsam, um diese Prophezeiung zu bestätigen, weis; der „Daily Telegraph" weiter aus Peking zu melden, das; grosse japanische Verstärkungen in der mandschurischen Eiscnbahnzonc eingctroffcn sind. Rach einer Meldung der „Daily Mail" werden grosse russische und chinesische Trup penkontingente an der sibirischen Grenze zusammen- gczogen. Keine Räumungsabsichten der Ehinadeutscken. Die Nachrichten, dass die Deutschen in China einzelne Plähc im Innern, insbesondere in Hankan, zu räumen gedächten, entsprechen nicht den Tatsachen. Nach Tele grammen, die beim Ostnsiatischcn Verein Hamburg- Bremen o"S Tsinanfu, der Hauptstadt der Provinz Schan- tung, l...^ !>..>. Schanghai cingclanfcn sind, sind die Deut schen in Tsinanfu nnd Hankan vollzählig an diesen Plätzen geblieben und haben auch nicht die Absicht, diese Plätze zu verlassen. * „Dailh Mail" berichtet aus Peking: Die gelegentlich der letzten Durchsuchung im russischen Botschaftsgebäude verhafteten Nüssen sind frcigclasscn wor- dem Der Stab der russischen Botschaft fährt am Sonn abend nach Russland ab. * Entwaffnung der Arbeiterschaft in Schanghai. Nach einer Meldung der Zentral News haben die nationa listischen Truppen in Schanghai mit der Entwaffnung der mit Waffen -versehenen Arbeiter begonnen, die heftigen Widerstand leisteten. In der vergangenen Nacht wurde das Hauptquartier der Arbcitcrgewerlschaft regelrecht belagert. Die Verteidiger unterhielten während der ganzen Nacht Gcwehrfeuer. Bei den Kämpfen wurden 13 Arbeiter getötet, während die Nationa listen nur 1 Toten zu beklagen chatten. * Japans Vorbereitungen in der Mandschurei. Die Verwaltung der südmandschnrischen Eisenbahn soll, wie ans Moskau gemeldet wird, rollendes Material für den Trans ¬ port japanischer Truppen bereit gestellt haben. Der japanische Generalkonsul in Lharbin -habc eine ausserordentliche Sitzung der japanischen Konsuln in der Mandschurei cinbcruscn. Der Oberbefehlshaber der chinesischen Truppen im Bereiche der chinesischen Ostbahn habe sm Namen des Marschalls Tschang- tsolin erklärt, dass der Ostbahn keinerlei Gefahr drohe. c» Äapan broyt sruvlanv mit Eingreifen. Der japanische Generalkonsul in Schanghai erklärte dem Ver treter der Havas-Agcntur gegenüber, dass infolge der Sowjet- Note die Spannung zwischen Russland und China in der Mand schurei, wo die Bevölkerung keine einheitliche sei, zu schweren Folgen führen könne. Für den Fall, dass der Ausbruch eines Krieges, der von nun ab in Erwägung gezogen werden müsse, zu Unruhen sichren sollte, werde sich Japan zwecks Herstellung der Ruhe zum Eingreifen genötigt sehen. Der Generalkonsul erinnerte sodann an die bestehenden Verträge, die es den Sow- jetvertretcrn verbieten, kommunistische Propaganda zu treiben. Japan könne gegenüber der Bolschcwisierung Chinas nicht un- disscrent bleiben. Die japanische Regierung verfolge die Ent wicklung der nationalen Bewegung in China mit Wohlmollc». Sie werde aber einen bolschewistischen Einfluss aus diese Be wegung nicht zugcbcn, da ein solcher Leben und Besitz der Japaner in China gefährde. Sine russische Erklärung an Japan. Riga, 12. April. Nach Meldungen aus Moskau hat die Sowjetrcgierung den russischen Botschafter in Tokio beauftragt, der japanischen Negierung eine Erklärung über die russische Po litik in China zu überreichen. Darin erklärt die Sowjetrcgierung, dass sie keinerlei territoriale Gewinne in China verfolge. Der Botschafter soll noch in diesen Tagen den japanischen Ausscn-1 Minister aufsuchcn, uni sich mit ihm über die Lage in China zu besprechen. * Abberufung der chinesischen Konsuln aus Ruhland? Wie ans Moskau gemeldet wird, soll Marschall Dschangtsolin sämtliche chinesischen Konsuln aus der Sowjetunion abbcrufen und die vollständige Schliessung der russischen Botschaft in Peking verlangt haben. Marschall Tschangtsolin hat in Peking eine Ausstellung der bei den Russe» gelegentlich der Beschlagnahme ves rassischen Schiffes gefundenen Dokumente »»geordnet. Die Sowjetbotschaft Hal ans diesem Anlass einen neuen Protest -bei -der Zentrnlrcgie- rung eingereicht. Chiua-Veratung des Washingtoner Kabinetts. Newyork, 12. April. Die amerikanische Regierung be schäftigte sich heute mit der gegenwärtigen Lage in China. Van amtlicher Seite wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass die in der Note der Mächte wegen der Nankinger Zwischenfälle erhobe nen Forderungen -von der Kantonregierung angenommen werden würden. New York. Nach Washingtoner Meldungen hat Staats sekretär Kellogg in einer Unterredung mit dem englischen Bot schafter erklärt, dass Amerika sich für den Fall einer Ablehnung -der Forderungen der -Mächte an Knnion an einer Blockade nicht beteiligen würde. SSV Millionen Defizit in England. Churchill über den englischen Haushalt. Das Englische Unterhaus beriet über den Hanshalts- plan, der mit einem Defizit von etwa 800 Millionen Mark abschliesst, das das grösste Friedcnsdefizit in der Geschichte des britischen Schatzamtes nnd vor allem auf den Grubcu- strerk des letzten Jahres zurückzuführen ist. Aus der Rede des Schatzkanzlcrs Churchill, der den Haushaltsplan eingehend begründete, ist für Deutschland von besonderem Interesse, dass sich Churchill trotz dieses Defizits stritt gegen eine Ermässigung der Rüstungsaus gaben um etwa 250 Millioueu aus sprach. Der Schatzkanzler meinte, dass eine solche Ermässi gung m England wahrscheinlich eine Panik Hervorrufen wurde. In gleicher Weise wandte sich Churchill auch gegen drastische Herabsetzungen der Ausgaben für Unterricht, Gesundheitspflege usw. Zur Balancierung des Etats schlug Churchill Einführung «euer Steuer» und Erhöhun» gen der gewöhnlichen indirekten Stenern vor. Anderer seits sollen drei Ministerien abgebant werden. Ein südslawisch-bulgarischer Grcnzzwischenfall. Sofia, 12. April. An der südslawisch-bulgarischen Grenze hat sich heute ein blutiger Zwischenfall abgespielt. Ein süd slawischer Soldat, der die Grenze bewaffnet überschritten hatte und von der bulgarischen Grenzwache ausgefoüdert wurde, sich znrülkzuziehcn, erschoss einen bulgarischen Unterossizier und flüchtete über die Grenze. Zur Untersuchung des Tatbestandes wurde eine bulgarische Kommission an die Grenze entsandt. Für eilige Leser. * In Ballenstedt am Harz ist das frühere Mitglied des Berliner Schauspielhauses, Arthur Vollmer, im Aller von 78 Jahre» gestorben. * In Weinheim an der Bergstrasse begann am Dienstag eine Konferenz -sämtlicher -deutscher Ncichsbahndircktore» unter dem Vorsitz des Ncichsbahudircktors Kleinmann aus Esse». * Der Prozess iu Colmar hat gestern nachmittag mit dem Freispruch -des Angeklagten -Hclsey sei» Ende gefunden. * In einer Grube bei Barnsley ereignete sich am Dienstag eine Explosion, bei der drei Mann getötet wurden. * Wie amtlich gemeldet wird, sind die liberalen Truppen in Nicaragua in einer Schlacht -bei Ccrro Ceballo entscheidend geschlagen morden. Dle Voten in DeutsMtanv tZum vcvorjteyendcn Kongress der Auslandspolen tn Warschau.) Von Adolf Eichler. Die Deutschen im slawischen Osten fühlten und fühlen sich auch ohne politische Vereinigung mit dem Deutschen Reiche als lebendige Glieder der deutschen Kulturgemcinschaft. Die Polen im deutschen Oste» aber können sich die geistige Zusammen», gehöriglieit mit dem polnischen Volke nicht ohne politische Ein heit mit dem polnischen Staate denken. Die deutsche Kala- strophe im Osten ist darauf zurüchzusührc», dass dem Aorkricgs. deutschen im Reich mit seinem Kühlen Sinne sür das Vernünftige und Erreichbare das Verständnis für den Machtwillcn nnd die phantastischen Hoffnungen der Polen abging. Noch kurz vor dem deutschen Zusammenbruch, den die Polen komme» sahen und förderte», wurde dem Poleutum inner- und ausserhalb der deut schen Reichsgrenzen Mässigung gepredigt. Atan forderte von ihnen die Reise des Verzichts und wusste nicht — trotz tausend, facher unzweideutiger polnischer Kundgebungen — dass der Pole keine Resignation kennt: mau wusste nicht, dass er den sachlichen Deutschen an Opscrsähigkcit übertrisst und dass, während der Deutsche noch erwägt, der Pole schon im verwegenen Spiel der Kräfte sein ganzes nationales Sein auf eine Karte setzt. Der eigentliche nationale Kampfboden, auf dein sich über, steigerter polnischer Nationalismus, traditionelles Verschwörer- tum und hemmungslose Irrcdcntabcstrcbunge» auch heute »och im grösste» Ausmass entfalte», si»d die deutsche» Ostge biete. Ei» weitverzweigtes Vereinsnetz bietet den polnischen Führern — die sich eben zur Beschickung des Auslandspolen. Kongresses in Warschau rüsten — reiche Bctätigungsmöglich- keite». Ihren politischen Zusammenschluss erreichten sie im Bund der Polen in Deutschland, der 6 Landesabteilungon und in Berlin ein Generalsekretärin! mit eigenem Orgcm besitzt. Ein Emigrantcnbund in Erfurt und eine Reihe von Bcrufsverbändcn wollen die wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder wahr, nehmen Der Verband der polnischen Schulvereinc in Deutsch, land, an dessen Spitze der polnische Abgeordnete im preussischen Landtag Baczewski steht, unterhält nicht nur im Oste» des Reiches, sonder» auch im rheinisch-westfälische» Iiidustriebczirk eine Reihe polnischer Schulen. Die Nüttel zu dem Unterhalt des polnische» Schulwesens erhält er vom Adam Mickiewicz-Verein in Warschau, der cs als seine Aufgabe bezeichnet, „möglichst er- giebige kulturelle Hilfe den Landsieute» zu bringen, die im hef tige» Kamps um die Muttersprache mid die nationale Existenz in de» Grenzgebieten stehen, die infolge ungünstiger politischer Konjunkturen gegenwärtig den, polnische» Staat nicht einver- leibt sind." Zu diesen Grenzgebieten rechnet der Mickiewicz- Verein u. a. de» bei Deutschland verbliebenen Teil Oberschlesiens, den Danziger Freistaat und Ostpreussen. Auch der durch seine Entdeutschungsaktionen in Westpolen und Oberschlesie» bekannte Westmarkenverei» greift mit seiner Arbeit nach Deutschland hinüber. Er unterhält aus einem mit Staatsgeldern nujge. füllten Fonds die polnischen Schulen im deutschen Westen und säht mit Mitteln, die derselben Quelle entstammen, <!0 junge Leute preussischer Staatsangehörigkeit in Polen erziehen, um sie später zur Propaganda in den „unerlösten Gebieten" zu ver- wcnden. Der Verband der polnischen Sokols, der stark politi sierten Turnvereine, zählte im Jahre 1925 (sür 1920 sind die Zahlen nicht bekannt gegeben) -12 Vereine mit rund 1200 Mit gliedern. Der deutschfeindliche „Kurjer Poznanski" in Posen nennt die Sokol-Vereine „die stärksten und lebenskräftigsten Vorposten des polnisch-nationalen Lebens in Deutschland." Er bekämpfte deshalb auch den im Januar d. I. aus dem Ver bandstag in Essen gefassten Beschluss, die Sokol-Vereine in ein fache Turn- und Sportvereine umzuwandeln. Im März d. I. fasste übrigens eine Gauversammlung der Berliner Sokol-Ver- enw eine Entschliessung, in der die Essener Beschlüsse mit höchster Entrüstung abgelehnt wurden. Daneben bestehen noch Verbände der polnischen Gesang vereine und eine Unmenge von Jugend- und kirchlichen Ver einen, die alle neben religiösen auch nationale Ziele verfolgen ' und zu Verbänden zusammengeschlossen sind. Auch polnische Studentenverbände sind vorhanden. Ueber die polnischen Vereine inBcrlin urteilt das Organ des Bundes der Polen in Deutschland, „dass sie seit jeher sich nicht nur zum Nutzen der Polen in der Fremde, sonder» auch für das Wohl der Heimat betätigte», so dass ihne» zum grosse» Teil das zu daukcn sei, was Polen heute darstelle." Der Verband der Berliner polnischen Vereine umfasst heute 38 verschiedene Verbände. Der grösste Teil der organisierten polnischen Bevölkerung Berlins siebt, soweit sich ihre Stellung-