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KNWM' Tageblatt für die Sächsische Schweiz «Mit sSr !«»§ MWU ks HaVtzallmt, s»ic fk dn le »Sächsische Elbzcltiuig" erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn« und Feiertage. Die Ausgabe erfolgt nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: monatlich 4.— M., ins HauS gebracht 4.50 M., durch die Post 4.— M. (chue Bestellgeld). Einzelne Nummer 20 Pf. iSestellnngcn nehmen die Briefträger uud Postanilalteu, sowie alle Zcilungsbotcn entgegen. Druck und Verlag: Sächsische Elbzcllnng, Alma Hieke. >rmruf Nr. 22 Gemeindeverbands - Girokonto Bad Schandau 36. ZlMut zu Hail WM md itni zu Zeliuslm Anzeigen finden die weiteste Verbreitung. Annahme derselben bis spätestens vormittags 9 Uhr, grössere Anzeigen am Tage vor dem Erscheinen erbeten. Ortspreis für die Klein- schriftzcile 50 Pf., für auswärtige Auftraggeber 75 Pf. (tabellarischer nnd schwicrIgcr)Sad imch Ucbcrcinkuiist), Reklame u. Elngcsantt die steile 150 Pf. Bei Wiederholungen Rabatt. Verantwortlich: Konrad Nohrlapper, Bad Schandau. Postscheckkonto Leipzig Nr. 34S18 :—: Telegramme: Elbzeitung. 6H. Jahrgang r 184 Bad Schandau, Montag, den 9» 2lugust ^9^0 Kleine Zeitung für eilige Leser. * In einer weiteren Note fordert die Neichsregierung erneut non der Entente die Erlnubnis zur Verwendung von Reichswehr tm östlichen Abstimmungsgebiet. * Der badische Landtag bewilligte dem znrückgetretcnen rechtssozialistischen Staatspräsidenten Geib ein Ruhegehalt von jährlich 20 000 Mark. * Der antibolschewsslische General Wrangel meldet einen nrobcn Sieg über die Bolschewisten, bei dem er über tausend Gefangene und zahlreiches Kriegsmaterial erbeutete. * Die nördlichen Warschauer Aubenforts liegen bereits unter russischem Feuer. * Die französische sozialistische Partei beschlob, sofort Schritte zn unternehmen, um Protest gegen jedes gegen Nubland ge richtete Bestreben zu erheben. * In wenigen Tagen wird In Noulogne eine neue Entcntc- konferenz stattsinden, auf der über Soivjetrubland und Deutsch land beraten werden soll. * Die Engländer werden, dem italienischen Beispiel folgend, in den nächsten Tagen ihre Truppen aus dem ostdeutschen Abstimmungsgebiet zurückziehen. * Wie verlautet, haben die Bergarbeiter van England und Frankreich den sofortigen Eintritt in den Streik zugcsichcrt, falls das Ruhrgebiet beseht werde. Der endgültige Beschlich hierüber wird in London am 6. Oktober vom internationalen Bergarbeiterausschub gefaßt werden. * Die rumänische und tschecho-slowakische Negierung haben Im polnisch-russischen Krieg ihre Neutralität erklärt. * Der amerikanische Arbeiterbund, dellen Vorsitzender Aompers ist. fable eine Entschliessung, in der dem Abscheu aor Kommunisten und Bolschewisten Ausdruck gegeben wird. MMemde EMm. Vom ruisisch-polnischen Kriegsschauplatz schwirren Unab lässig leichtbeschwingte Funksprüche tm Wettlauf mit dick zemästeten Kriegsentcn durch die Welt. In Strategie und Kriegführung haben die Moskauer sich den Warschauern unbedingt überlegen gezeigt. Wer von beiden in der Kriegs- berichterstaltung die Palme verdient, muß dagegen zum mindesten noch als strittig bezeichnet werden. Die Polen haben es in der Verhetzung und Verleumdung politischer Gegner zu einer anerkannten Meisterschaft gebracht. Aber den Gang wichtiger Ereignisse selbst durch ebenso zielbewusste wie skuipellose Enlenfabrikation mitzubeslimmen, diese Kunst ist ihnen nicht im gleichen Grade gegeben wie den Sowjet- leutcn. Die ausländische Presse scheint von beiden Seilen nahezu ausnahmslos vom Schauplatz der Ereignisse fern- gehalten zu werden. Also ist der eigenen Phantasie kaum eine Grenze gezogen. Sicher ist nur, daß die Waffen noch immer nicht ruhen, daß die Operationen hüben und drüben mit Aufgebot aller Kräfte fortgesetzt werden. Wie es aber mit der nebenherlaufenden politisch-diplomatischen Aktion bestellt ist, das wissen die Gütter. Bald heisst es, die Polen hätten das russische Ansinnen, nicht nur über den Waffenstillstand, sondern zugleich auch über den Frieden verhandeln zu lassen, mit Entrüstung ab« gelehnt, bald wieder wird gemeldet, eine polnische Delegation mit Vollmachten zum Abschluß eines Fricdensvertrages habe sich in das bolschewistische Lager nach Minsk begeben. Ebenso wenig kann man mit Bestimmtheit sagen, ob die Cowjetregierung nun eigentlich die englisch-französischen Forderungen angenommen oder abgelehnt hat. Der Wahr heit scheint noch die Annahme am nächsten zu kommen, daß sie weder das eine noch das andere getan, sondern mit den seit jeher beliebten Ausflüchten, Zweideutigkeiten, Gegenvor« Wägen, Erwidcrungsfragen zunächst wieder einmal Zeit zu ge- omnen verstanden hat. Auch die zur Diskussion gestellte Wahl wischen direkten Verhandlungen unter den kriegführenden Karteien und der dringlichst angebotenen Friedcnsintcr- iention der Entente hat eine verblüffende Entscheidung ge« lmden: Es kommt, den neuesten Londoner Meldungen usolge, sowohl zu direkten Verhandlungen zwischen Moskau und Warschau, wie zu einer Friedenskonferenz n London, auf der, wenn Frankreich ein Einsehen hat, leben den Ostseeländern auch Deutschland vertreten ein soll. Aber vielleicht haben ivir es auch hier mit einer, diesmal in London aufgestiegenen Ente zu tun; denn was zu gleicher Zeit der Sowjetbevoltmüchiigle Kamenew n der britischen Hauptstadt betreibt, läßt wiederum aller- imid andersartige Auslegungen zu. Hier wird mit großem Nachdruck die Notwendigkeit betont, bei Verhandlungen über inen Waffenstillstand" gewisse Bedingungen und Sicherheiten csizusetzcn, die auf rein militärischem Gebiete liegen. Bürg« chasten müßten verlangt werden, die es Polen unmöglich nachten, die Zeit des Wasfenstillffandes zur Vorbereitung icucr Feindseligkeiten gegen Rußland zu benutzen, tu Viesen Bürgschaften gehöre eine teilweise Entwaffnung Md Einstellung der Rekrutierung. Auch gegen Frankreich, MS Polen andauernd militäntch unterstütze, fallen in dieser russischen Note einige Seitenhiebe. Ein Schlußsatz läßt ver« Muien, daß die Russen von der Zuziehung der Randstaalen !U einer neuen Friedenskonferenz wenig entzückt sein würden, obwohl auch sie dabei, geschickt wie sie sind, den allgemeinen uropäischen Frieden effektvoll in den Vordergrund rücken, kiclleicht hat dia Tatsache, daß Lloyd George inzwischen Befehl I zur Einleitung der «Seeblockade gegen Rußland gegeben hat, die Sprache der Moskauer Negierung im Sinne der britischen Phraseologie beeinflußt. Der Worte sind jedenfalls, wenn es nach Moskau geht, noch lange nicht genug gewechselt. Die Russen können bet Fortsetzung des Noten« und Depcschenwechsels, beim Ausstcigen immer neuer Kriegs« und Friedensentcn nur gewinnen, da sie es in Polen mit einem militärisch auf sich selbst angewiesenen Gegner zu tun haben, dem kaum noch eine Spur seines früheren, über alle Maßen ange- schwollenen Selbstbewußtseins verblieben ist. Von Parts aus müssen sich die Polen heute sagen lassen, daß die Entsendung verbündeter Truppen nach dem Kriegs schauplatz gar nicht mehr in Frage komme, und daß auf eine Unterstützung des schwerbedrüngten Alliierten an der Weichsel durch die Nachbarstaaten — also Tschecho« slowakei, Ungarn, Rumänien — ebensowenig zu denken sei. Der einzige moralische Beistand, mit dem sie rechnen tünnten, sei die Tatsache, daß Sowjetrußland auf die Anerkennung durch die Entente, wie auf ihren wirtschaftlichen Beistand angewiesen sei. Wobei nur übersehen wird, daß auch der wirtschaftliche Beistand Deutschlands für Sowjetrußland eine Frage von Leben und Sterben tst, was man in London und Paris vielleicht auch jetzt noch nicht wahrhabcn will, was aber in Moskau sehr deutlich empfunden wird. Lloyd George hat in London abermals viele Stunden lang mit Krassin und Kamenew verhandelt und scheint dabei dia sofortige Einstellung der Feindseligkeiten in den Mittelpunkt aller Entschlüsse gestellt zu haben. .Times" und .Malin" wissen sogar schon von einem richtigen Abkommen zwischen England und Sowjetrußland zu sprechen, das bei diesen Verhandlungen hcrausgekommcn sei; im besten Falle könnte es sich natürlich nur um den Entwurf eines solchen Ab kommens gehandelt haben. Wie dem auch sei, darüber ver gehen abermals ein oder zwei oder auch drei Tage, und mehr brauchen die Russen ivohl kaum noch, um mittlerweile tu Warschau einzurücken. Diplomatie und Krlcgsberichtcrstattung sind zuweilen noch schwierigere Kapitel als Kriegführung. Wenn die Russen Sieger bleiben, so nicht zuletzt um deswillen, weil sie die Feder mindestens ebenso gut zu handhaben verstauben wie das Schwert. Frankreich erhäli das Kommando. Warschau unter Feuer. Dis nördlichsten Außenfvrts von Warschau liegen bereits unter dem Feuer der russischen Vorhutartillerle. Angesichts der äußersten gefährdeten Lage Warschaus und des Restes der polnischen Armee überhaupt, hat sich der dort weilende französische General Weygand bereit erklärt, das oberste Kommando und die Verantwortung für die militärische Aktion zu übernehmen, was in der Bevölkerung völlige Billigung findet. Wenn die vom General gestellten Be dingungen die Genehmigung der polnischen Behörden finden, bürste der Kampf Polens gegen, die Bolschewisten wieder ausgenommen werden. Aufruf an dtc Bewohner Warschaus. Die polnische Negierung hat an die Bewohner Warschaus folgenden Aufruf erlassen: .Bürger der Hauptstadtl Der Feind befindet sich nur noch einige Werst von Warschau. Die Hauptstadt des polnischen Reiches steht vor einer dro henden Gefahr. Wollt Ihr tatenlos warten? Wollt Ihr Euch wie Sklaven benehmen? Niemals! Das heldenmütige Lemberg hat für die Verteidigung des Staates Tausende von Freiwilligen gestellt, und im Augenblick der Gefahr stand ganz Lemberg unter Waffen. Warschau, das ebenfalls Ruhmesblätter zu verzeichnen hat, muß dem Beispiel Lem bergs folgen. Zur Verteidigung der Hauptstadt müssen alle Bürger in Reih und Glied treten. Der Tag ist gekommen. Es gibt keine Wahl. Entweder Kampf bis zum Äußersten und damit Sieg und Freiheit, oder Sklaverei. Die Haupt stadt wird sich nicht ergeben. Bürger, zu den Waffen!" Die polnische Regierung noch in Warschau. Warschau, 9. August. Halbamtlich wird gemeldet: Die Meldung des Baseler polnischen Pressebüros über das Eintreffen der polnischen Negierung in Krakau ist diese Meldung, ebenso wie alle übrigen Einzel heiten vollkommen erfunden. Die polnische Negierung be findet sich nach wie vor in Warschau und hatte bisher auch keine Veranlassung, einzelne Dienststellen, Archive und sonstig« Einrichtungen aus Warschau zu entfernen. Lomza beseht. Warschau, 9. August. Der polnische Heeresbericht meldet die Besetzung der Stabt Lomza durch die Bolsche wisten. Nördlich von Ostrolenka geht der Kampf weiter. An der Buglinie finden erbitterte Kämpfe statt. Bei Drohyicin und Brest wurden die Bolschewisten über den Fluß zurürkgcworfen. Die Kämpfe bei Brody nehmen für die Polen einen günstigen Verlauf. An der Sercthfront wiesen polnische und ukrainisch» Abteilungen alle feindlichen Angriffe ab. Bei Miknltnsk wurde ein bolschewistisches Infanterieregiment aufgeriebon. Rußland will Friedensverhandlungen. Kopenhagen, 9. August. Wie ein Nadiotelegramm aus Moskau berichtet, will die Sowjetregierung keine Waffenslillstandsvcrhandlungen, sondern sofort Friedensver- handlungcn mit Polen führen, weil sie Nachrichten er halten habe, daß Polen nur Zeit zur Neuorganisation des Heeres gewinnen wolle. Englische Flotte im Kattegat. Kopenhagen, 9. August. Aus Göteborg wird ge meldet: Hier wurden mehrere Geschwader der englischen Flotte im Kattegat mit dem Kurs nach Osten gesichtet. Das Neiseziel ist angeblich Neoal. Ungarisches Hilfsangebot. Warschau, 9. Aug. Eine Delegation des ungarischen Parlamentes unter Führung des bekannten Politikers Baron Sünliiniß stattete am Freitag dem Dlzcmlnisterpräsfdenten Daszinski einen Besuch ab. Baron Süntüniß wies darauf hin, daß Ungarn der polnischen Negierung bereits vor zwei Wochen ein Hilfsangebot gemacht habe, aber bisher ohne Antwort geblieben sei. Ungarn wolle Polen nach wie vor unterstützen, und zwar nicht durch Entsendung einiger zehn tausend Mann, Munition und Kriegsmaterial, sondern auch durch Lieferung von Getreide der diesjährigen Ernte. Ebenso stellte das ungarische Note Kreuz auf Anfordern seine Dienste Polen zur Verfügung. Geheimverttag zwischen Wien und Moskau? Paris, 9. August. Aus Washington wird gemeldet, daß der Staatssekretär des Acußern Colby gestern morgen einen Geheimocrtrag veröffentlicht hat, der nach amerikanischer Behauptung im vorigen Monat zwischen der Sowjctrcglcrung In Moskau und der Wiener Negierung abgeschlossen worden sein soll. Nach Artikel 1 verpflichtet sich Oesterreich, in jedem Kriege gegen Sowjetrußland neutral zu bleiben und die Durchführung von Kriegsmaterial und Truppen durch sein Territorium zu verbieten, sofern dieses Material für die Feinde Sowjetrußlands bestimmt ist. In einem be sonderen Zusatz wird Polen erwähnt. Paragraph 2 sieht die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen und Handels beziehungen vor. Paragraph 3 spricht über die Wahrung der gegenseitigen Interessen. Rußland wird einen Vertreter nach Wien, Oesterreich einen nach Moskau schicken dürfen. Paragraph 4 setzt fest, daß alle Volkskommissare der ehemaligen Sowjctregierung in Ungarn, die gegenwärtig in Oesterreich sich aufhaltcn oder gcsangengehalten werden, befreit werden und von der österreichischen Negierung jede Unterstützung erhalten, um nach Moskau zurückzukehren. Dieser Artikel bezieht sich auf Bcla Khun. f,Aufruf an die Arbeiterschaft. Berlin, 9. August. In der sozialistischen Presse ver öffentlichen der Allgemeine Deutsche Gewerkschastsbund, die Sozialistische Partei, die Unabhängige und die Kommunistische Partei (Spartakusbund) einen gemeinschaftlichen Aufruf an die deutsche sowie die französische und englische Arbeiterschaft zum Schutze der deutschen Neutralität, etwaigen Versuchen der Entente, Truppen und Kriegsmaterial durch deutsches Gebiet zn transportieren, jegliche Hilse zu verweigern. Lohnkampf in der neuen österreichischen Wehrmacht. Wien, ö. August. Die aus der Volkswehr hervor» gegangene neue Wehrmacht Oesterreichs, deren Angehörige gewerkschaftlich organisiert sind, ist jetzt kurze Zeit nach ihrer Errichtung in einen Lohnkamps eingctreten. Sie verlangt eine wesentliche Erhöhung ihrer Bezüge und droht, falls ihre Forderungen nicht bis zum 1. September erfüllt sein sollten, mit dem Streik. Flaggmfrage mW Völksrhusw. Dr. Simons Standpunkt. Da die leidige Fiaggenafsäre der französischen Botschaft in Berlin immer noch nicht erledigt ist, so hat die deutsche Negierung der franzüsiichen den Voischlag gemacht, die An gelegenheit dem Völkerbünde zu unterbreiten. In einer Unterredung über diese Frage erklärte nun Neichsaußen« Minister Dr. Simons u. a.: »Ich will nicht uniersuchen, ob die französische Negierung nicht als Mitglied des Vöüerbuudes sogar die Pflicht bat, den Streitfall tm gegenwärtigen Stadium dem Völkerbund zu unterbreiten; jedenfalls bietet ihr Artikel 11, Absatz 2, auch die formelle Möglichkeit, auf unseren Vorschlag ein;u- gehen. Ich möchte aber betonen, daß die Vülkerbundsatzung ein Teil des Friedensoertrages ist. Der Friedensverirag ist wesentlich gekennzeichnet dadurch, daß er Leutnbland eins