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Kleine Zeitung für eilige Leser. * Eine Verordnung der Ncichsregicrung nerbictet jcglichcu ierkauf von Waffen und Munition an Polen und Rufilaub oivic auch jede Durchfuhr dorthin. * Die Zwaugsbcwirischnfiung von Margarine und Kunst« peifcfetten hört vom 1. August ab auf. * In Marburg wurde eine für Polen bestimmte Waffen« cndung auf dem Bahnhof ungehalten. * Der rheinische Agitator Dr. Dorten wurde in Wiesbaden icchastet, nach einer Meldung wieder freigelnsseu, nach einer mderen aber dem Reichsgericht in Leimig zuacfübrl. ' Infolge der belgischen Gewaltmaßregcln in Eupen« i)!almedn stimmten dort 33 726 Einwohner für Belgien und nir 278 sür Deutschland. * Neuerdings heißt es, das, die Wiedergutmachungskouferenz ,1 Genf erst Anfang September zusammentreten soll. * Nach einem Moskauer Funkspruch hat die Sowjctregle- img den Vorschlag Polens auf Abschluss eines Wasfeustill- tanoes angenouunen. * Nach einem drahtlosen Telegramm aus Moskau beginnen üc russisch-polnischen Waffeustillstandsverhandlungen am !ll. Juli abends. * Ein ungarisches Angebot von Waffcnhilfe gegen Sowjet- uülnnd wurde von England abgelehnt. * Die Unterzeichnung des türkischen Fricdcnsvertrages wird wch in dieser Woche in Paris erfolgen. Zwischen WLrischafisrai und Reichstag Ein parlamentarischer Mitarbeiter schreibt uns: Es ist ein Experiment, das gemacht wird, zum ersten Male gemacht wird: die Teilung der öffentlichen Debatte über ein internationales Abkommen von der Bedeutung des« jenigcn von Spa in einen wirtschaftlichen und einen politischen Teil und die Zuweisung des einen Stoffgebietes nn den vorläufigen Rcichswirtschaftsrat, des anderen an den Reichstag. Wobei Beschränkungen eigentlich nur dem Reichs« Wirtschaftsrat auserlegt sind, der bei seinen Erörterungen am Freitag und Sonnabend sich auch wtrllich von allen politischen Fragen auf das gewissenhafteste fcrngehalten hat. Während der Reichstag nicht verhindert werden kann, neben der politischen auch die wirtschastliche Tragweite des Ab kommens von Spa ganz nach Gefallen zu diskutieren. Aber vielleicht findet das Beispiel der Enthaltsamkeit, das die Sachverständigen des Ncichswirtschaftsrates ihm ge« geben haben, beim Reichstag eine gute Statt, und man wird sich hier weniger mit dem Kohlenabkommen als mit dem Entwasfnungsprotokoll von Spa beschäftigen. Hier bleibt wohl in der Tat noch manches zu sagen übrig, auch für die Negierung. Hier muff aber auch mit dem Aufgebot größerer politischer Leidenschaftlichkeit gerechnet werden, als bei der Kohlcnfrage, und hier wird Herr Fehrenbach sich scholl wieder etwas mehr für die Gcsamthaltuug unserer Delegation einsehen müssen, als er es bisher in der Öffent lichkeit getan hat. Danach wird der Reichstag abermals die ertrauensfrage sich zu überlegen haben: das Provisorium, üc das man der neueu Negierung, als sie sich den Volks- ertretern nach ihrem Amtsantritt oorstellte, freie Bahn ge ährt hatte, ist abgelaufen. Nun werden auch diejenigen, ie damals in unentschiedener Haltung beiseitctratcn, sich sür ein klares Ja oder Nein entscheiden müssen. Wir möchten glauben, dafi der Ausgang dieser Verhandlungen nicht weiselhaft sein kann. Alle Welt ist einig in der Überzeugung, dafi der Neichs- Irtschaflsrat die erste Probe auf seine Existenzberechtigung orzüglich bestanden hat, und das will schon etwas sagen ei einer Frage, die die Gemüter im ganzen Reich so sehr is aufs tiefste erschüttert hat. Es sind wohl alle, die dem deutschen Volke bei dieser Gelegenheit etwas zu sagen hatten, auch wtrllich zu Wort gekommen, und niemand hinderte sie daran, von dieser Tribüne aus, sich alles herunterzureden, was sie auf dem Herzen hatten. So haben Männer der Praxis wie Stinnes und Hilger, wie Jmbusch und Auoolf, ebenso ihren Standpunkt vertreten, wie Männer der Wissenschaft und der Verwaltung, der Produktion wie des Konsums. Und es hat sich zum Schluß das nur allzu selten erlebte Schauspiel ergeben, dafi von der äufiersten Rechten bis zur äufiersten Linken sich nahezu Einmütigkeit herausstellte in dem Bekenntnis zur Mitarbeit auf den von der Negierung betretenen Bahnen. Niemand gefiel sich darin, Schuldsragen aufzuwersen und durch ihre Erörterung Lank und Streit zu entfesseln. Alle Redner hielten den Blick auf die praktischen Notwendigkeiten der Lage gerichtet, und alle juchten ihr Bestes darin zu tun, um die ungeheuren Schwierigkeiten, vor denen wir flehen, nach Möglichkeit zu mildern. So sollte es verständigerweise auch beim Parlament des allgemeinen Wahlrechtes sein. Aber hier gibt es Parteien, im Neichswirtschastsrat gibt es Gruppen: jene scheinen keinen Augenblick den Kampf um die Macht aus den Augen verlieren zu können, während diese immer daran denken und denken müssen, dafi keine Gruppe sür sich allein im Staude wäre, den komplizierten Wirschastsapparar des Deutschen Volkes aufrecht zu erhalten, geschweige denn zu verbessern Und zu vervollkommnen. Wir sind uns aue so ziemlich darin einig, bah unsere gesammelte Kraft vorerst der Wiederauf- richtung unserer Wirtschaft gelten muh, wir haben uns aber noch nicht zu der Erkenntnis durchriugen können, dafi unter diesen Umständen die politischen Kämpfe am besten so lauge zurückgcstcllt werden, bis unsere Wirtschaft wieder cinigermafien auf festen und gesunden Füficn sicht. Gewiss, alle Verständigen bekennen sich, wenn mau unter vier ober sechs oder acht Augen mit ihnen spricht, zu dieser Binsen wahrheit. Wenn sie aber vor die Osjeullichkeit hintretcn, so ziehen sie cs vor, bedächtig den Kopf hin und her zu wenden oder an der entfesselten Leidenschaft des Gegners auch ihrerseits dem Temperament die Zügel schiessen zu lassen. Die Politik verdirbt den Charakter, hat man früher gesagt: sic läuft, jetzt Gefahr auch die Wtrtschaftzu ver derben oder das, was von ihr noch übrig geblieben ist. Immerhin, es ist ein Fortschritt, dafi wir neben dem Reichstag einen Rcichswirtschaftsrat haben, in dein die ernstesten Lebens fragen unseres Volkes auch mit der gebührenden Ernst haftigkeit behandelt werden. Ist er jedesmal auf dem Posten, wenn es darauf nnlommt, dem Reichstage mit gutem Bei spiel vorauzugehcn, so wird eine dauernde Einwirkung auf den üsjentlichcu Geist in Deutschland nicht nusblciben. Uns allen wäre in etwas wenigstens damit gehotfen, wenn dieses Experiment nicht vergebens gemacht würde. ^Nergarbeiier und Kohlenabkommen. Steigerung der Förderung. In einer in Bochum abgchalleueu, von 266 Schacht- nnlageu des Ruhrgebiets beschickten Nuhrbcrgarbcitcr-Konsercnz berichtete der Abgeordnete und Kohlensachvcrständige Hue über die Konscrcnz in Spa. Er betonte, dafi er mit Stinnes nur in den wirtschaftlichen Fragen einer Meinung gewesen sei. Die Regierung sei gezwungen gewesen, das Kohlen abkommen zu unterzeichnen, um das Reich nicht zerstückeln zu lassen, ausserdem hätten aussenpolitische Gründe dabei mit- gcsprochen. Die Durchführung des KohlenavkommenS sei nahezu immögllch. Die Bergleute würden sich auch von der Entente nicht um die Ticbcnstundcnschicht bringen lassen. Eine Be setzung des Ruhrgebiets würde für ganz Europa die schwerwiegendsten Folgen haben. Hue sowohl wie alle übrigen Redner forderten die schleimige Sozialisierung dcS Bergbaues. In einer einstimmig angenommenen Entschliefiuug billigte die Versammlung das Verhalten der Bcrgarbeiteroertretcr in Spa. Die Entschliefiuug protestiert gegen eine Besetzung des Ruhrgebiets und gegen eine Versklavung der Bergleute und erklärt, dafi die Bergleute sich dagegen zur Wehr sehen würden. Die Bergarbeiter seien freiwillig bereit, die Kohlenförderung so zu steigern, dafi die von der Entente gesordcrleu Kohlenmengen und außerdem der Kohlenbedarf Deutschlands und die laut Verträgen an Holland, die Schweiz usw. zu liefernden Kohlenmengen geliefert werden könnten. Voraussetzung sei eine bessere Ernährung der Bergleute. Solange diese nicht erfolgt, sei eine Mehr förderung beim besten Willen nicht möglich. Schließlich wurden betriebstechnische Verbesserungen der Bergwerke, des Transportwesens und des Wohnungswesens und die un gesäumte Sozialisierung verlangt. Ein Antrag der Radikalen auf Einstellung der Über schichten und Lohnerhöhung wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Vom Reichswirtschaftsministerium wohnte ein Vertreter den Verhandlungen bei. Er appellierte an die Bergarbeiter, das Vaterland vor der Zerstückelung zu be wahren. Dann wurde noch ein Antrag angenommen, den jenigen Landesteilen die Kohlenzufuhr zu sperren, in denen sich Sonderbündclelen durchsetzen sollten. Polm'sch-Ntssische Verhandlungen. Vor dem Waffenstillstand. Die russische Sowjctrcgierung hat die polnische Bitte um Waffenstillstand angenommen und folgendes Antwort« telegramm nach Warschau gerichtet: „Die Sowjetregicrung Rußlands gibt der russische» Oberste» HcereSleituug de» Befehl, mit den militärische» Kommandanten Polens sofort Verhandlungen cinzngehcn, die zu einem Waffenstillstand, der den endgültigen Frieden zwischen den beide» Länder» vorbereitet, führe» könne». Die russische Regieruug wird die polnische Negierung über Ort und Zeit des Beginns dieser Verhandlungen zwischen de» Mtlitärkommaudoö der beide» Parteien unterrichten." Damit ist nun aber der Waffenstillstand noch keineswegs eine Tatsache, mit der gerechnet werden kann, denn nach Lem ganzen bisherigen kategorischen Ton Moskaus dürfte man den geschlagenen Polen Bedingungen vorschreiben, die diesen reichlich unbequem sein werden. So verlangt bekannt lich Rußland unter allen Umstünden eine unmittelbare Grenze mit Deutschland, eine Forderung, die natürlich bereits bei den Waffenstillstandsbedingungen eine Stolle spielen dürfte. Deutsches Ausfuhrverbot von Kriegsbedarf. Die Ncichsregicrung hat eine Verordnung erlassen, wo nach im Hinblick auf die Neutralität Deutschlands im Kriege zwischen Polen und Sowjctrußland die Ausfuhr und Durch fuhr von Waffen, Munition, Pulver und Sprengstoffen sowie von anderen Artikeln des Kriegsbedarfs verboten wird, so weit diese Gegenstände für die Gebiete eines der beiden kriegführenden Länder bestimmt sind. Die Reichsregierung Sächsische Elbzeitung Tageblatt für die Sächsische Schweiz WW für das WWA, W HWfiaH«i, smic für dcv K »Sächsische Elbzeltniig" erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. >Ie Ausgabe erfolgt nachmittags 6 Uhr. Bezugspreis: monatlich 4.— M., ins Hans «bracht 4.60 M., durch die Post 4 - M. (chne Bestellgeld). Einzelne Nummer 20 Pf. esNllungcn nehme« die Briefträger und Postanstalten, sowie alle ZcitungSbolcn entgegen. Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung', Alma Hieke. «rnruf Nr. 22 Gcmcindeverbands «Girokonto Bad Schandau 36. 6Äl»l zu Bad ZWn M NaWcmiuilml zu ßahBm Anzeigen finden die weiteste Verbreitung. Annahme derselben bis spatesten« bormsttag« st Uhr, größere Anzeigen am Tage Por dem Erscheinen erbeten. OrtSprciS für die Klein« schriflzcilc 60 Pf., für auswärtige Auftraggeber 75 Pf. (tabellarischer und schwieriger Satz nach Ucbercinknnft), Reklame u. Eingesautt die Zeile 150 Pf. Bei Wiederholungen Rabatt. Verantwortlich: Konrad Rohrlapper, Bad Schandau. Postscheckkonto Leipzig Nr. 34S18 :—: Telegramme: Elbzeitung. lr. 173 Bad Schandau, Dienstag, den 27. Juli MO 6H. Jahrgang hak mit dem Erlaß dieses Verbots von einer ihr nach aner- kanntem Völkerrecht zustehenden und durch die Bestimmungen des Versailler Vertrages unberührt geblichenen Befugnis Gebrauch gemacht. Dadurch ist jeder Möglichkeit oorgcbeugt, dafi eine kriegführende Partei von der andern durch Zuführcn von Waffen usw. durch deutsches Gebier b-aünstiat wird. An gehaltener Waffentransport. In Marburg an der Lahn traf aus Gießen kommend, ein polnischer Transportzug ein. Im Zuge befanden sich fremde Offiziere mit Frau und Kind, sowie einige Wagen Gewehre und Munition. Auf dem Marburger Bahnhof sand sich auf die Kunde von dem Eintreffen des Zuges eine große Menschenmenge ein, die gegen den Weitertransport protestierte, Einige Wagen wurden aufgeriffcn und die darin befindlichen Gewehre herausgeholt und zerschlagen. Der Zug verbleibt bis zum Eintreffen einer Nachricht von der Neichsregierung, die eine sofortige Untersuchung eingeleitet hat, auf einer Station in der Nähe von Marburg. Die rote Brücke der sozialen Revolution! Genf. Nach einem Funkentelegramm aus Moskau erklärte Trotzki auf dem Kongreß der russischen Eisenbahner, Polen werde aufhören, ein Pufferstaat zu sein, der Nußland entgegengesetzt sei. Es werde die rote Brücke der sozialen Revolution werden. Deshalb steigere Europa fieberhaft die Unterstützung Polens. Deshalb müsse auch Rußland seine Anstrengungen verdoppeln, um die Entente vor die Tatsache zu stellen, daß das Allrussentum vernichtet sei. Deutsche Truppen zum Schuhe unserer Ostgren,e? Königsberg. Voraussichtlich wird die interalliierte Kommission nunmehr den deutschen Truppen in der Gegend von Nastenburg die Erlaubnis geben, in das Abstimmungs gebiet einzumarschieren, da die dort befindlichen Entente- truppen zu schwach sind. In Ostpreußen ist bis jetzt alles ruhig. In erster Linie ist die Gesahr eines Uebeltritts russischer oder polnischer Truppen über die Grenze im Gebiet von Lqck gegeben, wo die Russen etwa 80 Kilometer von der Grenze stehen. Judenverfolgungen in Polen. Wien, 27. Juli. Warschauer Abendblätter melden unerhörte Verfolgungen der organisierten jüdischen Arbeiter schaft. Führende Genossen und saft alle Vorstandsmitglieder der sozialistischen Organisationen werden in allen Städten verhaftet, z. T. schwer mißhandelt und tn Ketten geschlagen. Die meisten jüdischen Arbeiterlnstltutlonen, sogar Kinder heime, Arbeltcrküchen und Schulen, alle gewerkschastllchen und politischen Vereine und Lokale werden geschlossen. Zahlreiche Genossen sind nach Posen geschleppt und inter niert worden. Das republikanische Irland. Bekenntnisse eines irischen Staatsmannes. Einem französischen Journalisten gegenüber hat der in den letzten Tagen mehrfach genannte irische Politiker Griffith die überraschende Mitteilung gemacht, daß Irland sich als eigener Staat mit einem Ministerium und Parlament, mit Gerichten und Heer konstituiert habe, und daß er selbst Vize präsident dieser irischen Republik und zugleich ihr Minister des Innern sei. Die Republik umfasse die grüne Insel mit Ausnahme von Ulster. Das irische Parlament habe bereits getagt, die Ver fassung angenommen, das Ministerium mit den Fach- abteilungeu für Inneres, Ackerbau, Arbeit, Handel, Aus wärtiges, Finanzen, nationale Verteidigung und Selbst verwaltung eingesetzt, den Präsidenten — es sei der in Amerika sür die irische Sache tätige de Valera—und den Vize präsidenten, eben Griffith gewählt. Sogar auswärtige Be ziehungen habe die neue Nepubitk bereits ausgenommen und sei durch Botschafter oder Kousuiu in Frankreich, Italien, Argentinien, den Vereinigten Staaten und der Schweiz ver treten. Vor Jahrcsschluß denke sie in den wichtigsten Ländern solche Vertreter zu haben. Zurzeit nehme sie in Amerika eine Anleihe auf, nachdem sie in Irland selbst in einer die Erwartungen übersteigenden Höhe von 800 000 Pfund ge zeichnet worden sei. Die Armee, ein Freimilligenhecr, zähle bereits 200 000 Mann. Das politische Programm des neuen Staates umschrieb Griffith in den vielsagenden Sätzen: „Wir sind clo jure und ci» kcroto die Negierung von Irland. Wir keimen kein England, es gibt hier auch keine britische Negierung, sondern nur eine englische Okkupationsarmee. Wir sind im gleichen Falle wie Belgien unier der deuhchen Okkupation, nur mit dem Uuierschiede, daß der irinhcn Regierung wirksamere AktionsmUtci zur Vertilgung sieben als seinerzeit der belgischen. Wir wo.,eu die materiellen Hilfsquellen unseres Lauoes hebe» und danach trachten, dafi nus die anderen Nationen als unabhängige Republik anerkennen. Griffith nahm für die Tätigkeit bc Valeras kn Amerika, mit anderen Worten für die irische Republik das Verdienst " ?!