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Tageblatt für die SSchfische Schwei, WMtzti sir Ulil«tkM ks si»ie sir in Ai« „Sächsische Elbzeitung" erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. Die Ausgabe des Blattes erfolgt nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Sittteljährl. L.50 M., monatl. 2.20 Bi., durch die Post viertcljährl. 0.00 Mk. ss^ne Bestellgeld). Die einzelne Nummer kostet 1b Pfg. Alle Postanstalten im Kliche und im Auslande, die Briefträger und die Geschäftsstelle, sowie die ZritaugSboten nehmen jederzeit Bestellungen auf die „Sächs. Elbzeitung" an. Druck und Verlag: Sächsische Elbzeitung, Alma Hieke. Win! ii rtMn ui in StMkimitNt z« -«film Anzeigen sind bei der weiten Verbreitung der „Sächsischen Elbzeitung" von gutem Erfolg. Annahme derselben nur bis späteste«» vormittags 9 NÜr, größere Anzeigen am Tage vor dem Erscheinen erbeten. OrtspreiS für di« 0 gespaltene Klcinschriftzcile oder deren Raum 60 Pfg., für auswärtige Auf traggeber 80 Pfg. 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April im Flugzeug verlassen bat. * Hölz wird zunächst noch nicht ausgeliesert, weil er sich vor einem tschechischen Gericht wegen des Widerstandes bei seiner Verhaftung verantworten soll. * Lie ReichSkonferenz der Sozialdemokratischen Härtest die an Stelle des Parteitages die Wahtlaktik und das Wahl programm endgültig sestlegen soll, wird voraussichtlich am 6. und 6. Mai staltfinden. * Ler schon ILnger angekänbigte Generalstreik in Elsab- Lolhringen bat jetzt begonnen. * Der 1S. Internationale Sozialisten- und Arbeiterkongrek tritt am 81. Juli in Gens zusammen. - Poincarä beschuldigt in einem Artikel England der Schuld am Ausbruch des Aeltkrieaes. Var Little üer ZächMchen HoaMionrreglerung. Der sächsische Ministerpräsident Dr. Graduaiie» hat in der gestrigen Sitzung der Sächsischen Volkskammer sein Niirttrittügesnch eiugcreicht. Nach der vorläufi gen Verfassung must mit dem Ministerpräsidenten die ge samte Regierung zurücktrelen. In den letzten Tagen mar nach den politischen Vorgängen mit dem Verschwin den der gegenwärtigen sächsischen Negierung zu rechnen. Von demokratischer Seite wird angegeben, daß sich Dr. Gradnaner durch den Ausgang der Hölz-Affäre und durch Angriffe aus den Reihen der Demokratischen Partei zum ^Rücktritt veranlaßt gesehen hat. Diese Angaben stellen die Tatsachen glatt auf den Kopf. Der Rücktritt Dr. Gradnauers ist lediglich die Folge einer Palast revolution in seiner eigenen, d. h. in der mchrheits- sozialdemokratischen Partei. Wir haben schon wiederholt darauf hingewiesen, daß die radikale, die sogenannte Chemnitzer Richtung, die auf alle Fälle ein Zusammen gehen mit den Unabhängigen und eine gemeinsame Regierungsbildung unter Ausschaltung dec Bürgerlichen herbeisühren wollte, in der mehrheitssozialdemokratischen Partei längst die Oberhand gewonnen habe." In unterrichteten Kreisen besteht kein Zweifel darüber, daß ans der am Sonntag in Meißen beginnenden Landes konferenz der mehrheitssozialdemvkratischen Partei der für die Regierung Gradnauer - Uhlig eintretende Flügel Fraßdorf-Sindermann von den radikalen, unter Führung von Fellisch - Chemnitz Stehenden an die Wand gedrückt werden wird. In der sozialdemokratischen Volkskammer- Fraktion hat dieser radikale Flügel ebenfalls auch die überwiegende Mehrheit, wie aus einer am Mittwoch ab gehaltenen Fraktivnssitzung^hervorging, die eine Kom mission zu dem in Ostran (nicht in Schandau, wie ver schiedene Blätter meldeten) sich zur Erholung aufhaltenden Ministerpräsidenten entsandte und ihn ersuchen ließ, noch vor der Landeskonferenz sein Rücktrittsgesuch einzureichen, um freieBahn für eine rein sozialistischeNegierung zu schaffen. Die Hölz-Affäre, für deren blamablen Ausgang nicht nur Dr. Gradnauer, sondern das Gesamtministerinm ohne Ausnahme verantwortlich zu machen ist, hat mit dem, von den eigenen Parteigenossen Gradnauers erzwungenen Rücktritt, nicht das Geringste zu tun. Beweggrund für diejenigen, die Gradnauer zu Fall brachten, ist lediglich das Bestreben, mit Hilfe einer rein sozialistischen Re gierung und der augenblicklich noch vorhandenen, aus Mehrheitssozialdemvkraten und Unabhängigen bestehenden Volkskammermehrheit, noch vor den Volkskammer-Neu wahlen möglichst weitgehende Sozialisierungsmaßnahmen durchzudrücken und auch die Verfassung im sozialistischen Sinne zu gestalten. McMn MmMerMMM? In der Volkskammer wurde am Donnerstag ans Grund von Mitteilungen sozialdemokratischer Ab geordneter das Mitglied der Nationalversammlung StUcklen (früher Rcichstagsabgeordneter für den Wahlkreis Mittweida) als Kandidat fiir den Posten des sächsischen Ministerpräsidenten genannt. „Mit rückwirkender Kraft." Ein volkswirtschaftlicher Mitarbeiter schreibt. unS: Wurde in früheren Jahren eine Erhöhung von Preisen oder Gebühren oorgenommen, so ivar besonders bet den letzteren die Öffentlichkeit erstaunt, um nicht zu sagen geärgert, wenn nicht zwischen dem Beschlusse und dem Inkrafttreten ein Zeitraum von mindestens einigen Monaten lag. Seit dem Kriege, besonders aber seit der Revolution haben sich die Zeiten gewaltig geändert. Preis- und Gebührencrhähung folgen einander im raschesten Zeitmaße. Seit etiva I V2 Jahren macht sich vor allem noch eine andere Erscheinung geltend, die überdies weit über das hier geschilderte Gebiet hinüber» gegriffen hat: die Forderung solcher Erhöhungen, vor allem aber auch Lohn» und Gehaltserhöhungen um längere Zeit rückbezüglich zu machen. Tritt eine Gruppe von Arbeit nehmern heute, sagen wir im November, in Tarisverhand- lungen ein, so erscheint nicht selten unter ihren Forderungen der Punkt, daß das erhöhte Gehalt für die Zeit vom I.Juli (oder einem andern Tage) nachzuzahlen sei. Und nimmt eine Fabrikantenoereinigung Preiserhöhungen vor, so ist es geradezu eine Ausnahme, wenn eine, sagen wir Ende Januar beschlossene Preiserhöhung nur für die Januar-Lieferung gilt und man nicht noch um Nachforderungcn für das Vierteljahr vom Oktober bis Dezember an die Abnehmer herantritt. Beinahe sieht es so aus, als fände keiner der Be treffenden etwas Absonderliches oder Widersinniges an diesem Vorgehen. Schon die Tatsache aber, das; gleichzeitig mit dieser Neuschöpfung die Klagen über die Unzuverläfsig- keit des deutschen Kaufmanns und Industriellen im Aus« und Jnlande sich mehren, sowie die fernere Tatsache, daß gerade seit Beginn dieser Art der Preisbewegung eine kaum zu übertreffende Unsicherheit in unser wirtschaftliches Leben hincuUekommen ist, sollte stutzig machen. Tatsächlich handelt es sich ja auch um ein Vorgehen, das weder logisch zu be gründen ist, noch sich mit dem vereinbaren läßt, worin man früher mit Recht daS Wesen des ehrbaren Kaufmanns sah. Und Kaufmann in die^m Sinne ist ja letzten Endes nicht nur der Handelsgericht,.ch eingetragene Gewerbetreibende, der Bücher führt, sondern ebenso der Angestellte und Arbeiter, der mit seinen Kenntnissen und seiner Arbeitskraft Handel treibt, und der kleine Handwerker und Krämer, dem das Gesetz den Titel Kaufmann nicht zugesteht. Man mache sich doch einmal klar, was diese Forderung der Rückwirkung bedeutet. Nehmen wir zunächst ein Bei spiel aus dem Großgewerbe: wenn etwa Ende März eine Vereinigung von Tuchherstellern ihre Preise um 40 °/i> er höht und gleich so festlegt: diese Preiserhöhung müsse für alle Lieferungen seit Mitte Januar nachgezahlt werden, so heißt das doch nichts anderes, als daß z. B. der Schneider eigentlich gezwungen wäre, an den Kunden, für den er zu Anfang Februar aus dem damals bezogenen Stoss einen Anzug hergestellt hat, was ja heule fast stets gegen sofortige Zahlung oder gar gegen Vorausbezahlung geschieht, noch eine neue Rechnung zu schicken, die um schätzungsweise ein Viertel des ursprünglich bezahlten Betrages auskommen würde. Es bedarf nicht der Betonung, daß der Käufer dieses Anzuges wohl höchst erstaunt sein und die Forderung einfach ablchncn würde. Nun tut aber eine Arbeitergruppe das gleiche, meinethalben die Schneidergesellen. Es liegt auf der Hand, daß sich dadurch die Berech- nungsgrr.ndlage für den Schneidermeister nachträg lich ganz ebenso tiefgreifend verändert, und daß er eigentlich mit einer ebensolchen Nachforderung, wie vorher geschildert, hervortreten müßte, denn das ist das Bedeut same bei den Wirkungen gerade solcher Forderungen: der Fabrikant und wohl auch der sogenannte Grossist wird in den meisten Fällen in der Lage sein, die so geforderten Be träge in irgend einer Form von seinen Abnehmern sich ver güten zu lassen. Das ist aber mit seltenen Ausnahmen bei der letzten in Betracht kommenden Stelle, dem einzelnen Kaufmann und dem Handwerker eben nicht der Fall. Er steht sozusagen zwischen Baum und Borke. Den Nach forderungcn seiner Lieferer kann er sich nicht entziehen, denn er läuft sonst Gefahr, daß man ihm die Lieferung sperrt; er selbst aber ist kaum je in der Lage, Nnchfordcrungen zu stellen und wird also durch dieses ganze Unwesen zu einer „Kalkulation" erzogen, die solche Zufälligkeiten von vorn herein in Rechnung stellt, also: die Preise unnütz verteuert. Der letzte Urgrund dieses als unanständig zu bezeich nenden Verhaltens weiterer Kreise ist natürlich ivie stets das .Machtbewußtsein und das Gefühl der Unentbehrlichkeit, denn es gibt keine unorganisierte Unterbietungen mehr beim Ar beiter und Angestellten. Das Heilmittel gegen die Nachsorderungen des Fabri kanten liegt in den Verhältnissen selbst. Es kündigt sich bereits jetzt ein Wanken im Preisgebäude an, das mit diesen geschilderten Auswirkungen sicherlich aufräumen wird. Mit dem Arbeiter und Angestellten liegt die Sache etwas anders. Atan kann angesichts der noch immer wachsenden Teuerung seine Forderungen noch nicht einmal von vornherein als unberechtigt abtun. aber er soll sich doch rlar machen, daß er nicht nur Erzeuger ist, sondern m mindestens ebenso hohem Maße Verbraucher, und als solcher von den üblen Folgen der Nachfordcrungsmanicr aufs schwerste betroffen wird. So werden andere Bedingungen auch erfüllt sein müssen, ehe wir zu günstigeren wirtschaftlichen Verhältnissen kommen. Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist ziveifellos, daß die Forderungen nach rückwirkender Kraft von Lohn- und Preis erhöhungen wieder dorthin gesteckt werden, wo sie hin« gehören: in das Museum kaufmännischer Prcisunmäßigkeit. Noch eine Belastung der Zeitungen. Die neuen Postgebühren. Den ohnehin schwer gefährdeten Zeitnngsbetrieben soll durch die geplante Postgebührenordnung die Lebensmöglich keit noch mehr eingeengt werden. Nach den bisher geltenden Postbestimmungen war es jedem, der die Zeitung durch die Post bezog, freigestellt, je nach Belieben sich seine Zeitung vom Postamt abzuholen oder sie sich durch den Postboten ins Haus bringen zu lassen. Ließ er sie sich ins Haus bringen, so mußte er dafür ein Bestellgeld zahlen. Jetzt ver langt um; die Post, daß der gesamte Gebührenbetrag, ganz gleich, ob der Besteller seine Zeitung abholt oder nicht, vom Verleger bezahlt wird. Die Post kassiert also das ganze Abonnementsgeld ein und kürzt die gesamte Zustellungs gebühr von dem Betrage, den der Verleger erhält. Die Zeitung und nicht der Empfänger hat also nicht nur die Kosten der Lieferung an die Post am Verlagsorte des Abonnenten zu zahlen, sondern auch die Vergütung für den Weg deS Postboten vom Postamt in die Wohnung des Beziehers, und zwar ganz gleich, ob der Abonnent sich die Zeitung selbst mit seinen Briefen und sonstigen Postsachen vom Postamt abholt oder abholen läßt. Die Erleichterung, die für die Post darin lag, daß ein Teil, insbesondere der länd lichen Abonnenten, sich feine Postsachen selbst holte und dadurch der Post Arbeit ersparte, wird nun in Zukunft selbst verständlich auch in Fortfall kommen; denn wenn die Zu stellung den Abonnenten nichts kostet, wird er sich hüten, den Weg zur Post selbst zu machen. Es ist unbedingt not wendig, dab diese drückende Bestimmung noch Abänderung erfährt. Deutsche Nationalversammlung. A68. Sitzung.) 0L. Berlin, 22. Amis. Die Fülle gesetzgeberischen Stoffes, die noch zu erledigen ist, soll in einigen Tagen bewältigt werden. Die parla mentarische Maschine arbeitet daher jetzt mit Volldampf. Unter den geschäftlichen Mitteilungen, mit denen die heutige Sitzung eröffnet wurde, befand sich die Erwähnung eines Gesuches des Reichsministers des Innern um Genehmigung zur Ein«; leitung des Disziplinarverfahrens gegen den Äbg. Maretzkk von der deutschen Volkspartei wegen der Beschuldigung seiner Beteiligung an dem hochverräterischen Kapp-Unternehmen. Der Antrag wurde dem Geschästsordnungsausschub überwiesen. Der erste Punkt der Tagesordnung, dem man sich hieraus zuwandte, bestand in einem Antrag des Wohnungsaus schusses auf Errichtung von Bergmannswohnunaen. Nach einigen Auseinandersetzungen wurde beschlossen, die Wohnungs« fürsorgc auch auf den Kalibergbau auszudehnen, und die Mittel aus den Auslandsüberpreisen zu nehmen. Das Gesetz über Maßnahmen zu dem Wohnungsmangel wurde dem Wohmmgsausschuk überwiesen. Hierauf begann die zweite Lesung des Roichstvahlgesetzes. Der Verfassungsausschuß hat die abgeänderte Regie rungsvorlage einstimmig angenomm Danach wird auf 60 OVO abgegebene Stimmen ein Abgeordneter entfallen. Die Wahlkreise decken sich im allgemeinen init den bisherigen. Diejenigen Wahlkreise, die geographisch oder geschichtlich zu sammengehören, sind zu Wahlkrcisverbänden zufammengefaßt. Innerhalb eines Wahlverbandes können Vorschläge für ver bunden erklärt werden, sofern sie sich derselben Neichsmahlliste zurechnen. Überzählige Stimmen aus den Wahlkreisen werden bei Listenverbinüung imWahlkrsisverband derjenigen Liste zugeteitt, die die meisten überzähligen Stimmen hat. Alls weiteren Rechte geben auf die Retchsliste. Hat eine Liste innerhalb eines Wahlkreisoerbandes in keinem Wahlkreis? 80 000 Stimmen erzielt, so kann dieser Liste auch infolge dev Lislenocrbindung kein örtlicher Abgeordneter zugeteilt werden. Die Stimmen gehen vielmehr auf die Neichsliste. Auf Grund der Neichsliste aber dürfen keine Gruppen mehr Sitze er halten, als sie insgesamt in den einzelnen Wahlkreisen er hallen hat. Dadurch wird verhindert, dab kleine Gruppen, die nirgends im Reiche über eine gröbere Zahl von Anhängern verfügen, in den Reichstag kommen. Der Reichsminister des Innern Koch begründete die Vor lage mit kurzen Worten. Ich hoffe, bemerkte er, daß der Wahlkampf nicht vergiftet wird mit der Behauptung, die KoalitionSparleicn hätten versucht, durch Wahlschiebungen sich an der Macht zu erhalten. Der einstimmige Beschluß des Wahlausschusses macht diese Behauptung zunichte. Alle Mängel des Verhältuiswahlshstems sind durch den neuen Ent wurf nicht beseitigt. Immerhin hat dieses Spstem große Vor züge vor der Mehrheitswahl. Es ist angeregt worden, die Zahl der Neichstagsabgeordnelen zu vermindern. Tatsächlich ist aber der Deutsche Reichstag eines der kleinsten Parlamente der Welt. Leider sind die ernsten Gefahren, die ein früher