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Allgemeiner Am Amtsblatt tiir die Ortsbehörde lind den Gemeinderat zu Äretnig. Lotol-Aiizeiger für die Ortschaften Bretnig, Hanswalde, Großröhrsdorf, Frankenthal und Umgegend. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend, abonnementspreis inkl. des allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Unterhaltungsblattes" vierteljährlich ab Schalter 1 Mark, bei freier Zusendung durch Boten in« Hans l Mark 20 Pfennige, durch die Post I Mark exkl. Bestellgeld. Inserate, die 4gespaltene Korpuszeile 10 Pfg-, sowie Bestellungen auf den All gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unsere sämtlichen ZeitungSbotH jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen gewähren wh Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate bitten wir für die Mittwoch-Nummer bi« Dienstag vormittag '/z11 Uhr, für die Sonnabend-Nummer bis Freitag vormittag r/,11 Uhr einzusendsn. Inserate, welche in den oben vermerkten Geschäftsstellen abgegeben werden, werden an gedachten Tagen nur bis vormittags S Uhr angenommen. Schriflleilung, Druck und Verlag von N» Zlhllvig, Bretnig. Nr. 39. Sonnabend den 14. Mai 1904. 14. Jahrgang. Oertlickes und Sächsisches Bretnig. (Bericht über die Gemeinde- ratssitzung am 7. d. M.) 1) Eine Zuschrift der Kgl. AmtShauplmannschaft, die weitere Genehmigung der Schankkonzession des neuen Besitzers des Gasthofs zur gr. Aue betr , findet ihre Erledigung. 2) Erledigt wird die An- gelegenheit, betreffend den Bebauungsplan bei Nr. 66. 3) Auf Grund eines von einem hiesigen Einwohner an die Kgl. Amtshaupt. Mannschaft Bautzen eiuzureichenden Gesuches, die Herstellung des Kirchensteiges nach Frankenthal anlangend, beschließt man, die weitere Ausführung dem Herrn Gemeinde« vvlstand zu übertragen. 4) Mit der Prüf, ung der Gemeinde-, Armen- und Feuerlösch- fassen-, sowie der Schul- und Kirchenanlagen- Rechnung werden die Herren Ernst Gebler, Bernhard Eichhorn und Bernhard Petzold betraut. K) Drei Gesuche, Erlaß der Ge> weindesteuern betreffend, werden erledigt. 6) Die Steuerangelegenheit der an die Gemeinde noch zu zahlenden Betrage» vom Fleischermstr. E. Z. hat ihre Regelung gefunden. 7) Für die Arbeiterkolonie in Liske bewilligt man den Betrag von 5 Mark. Großröhrsdorf. Eines recht regen Besuches hatte sich das Konzert des hiesige» Musikchores, welches dasselbe am Himmel, sahrtstage in der Restauration zur Schäferei gab, zu erfreuen. Kein Wunder, ist man doch gewöhnt, von dieser Kapelle stets etwas Gediegenes zu hören. Auch diesmal wurden wir in unseren Erwartungen nicht getäuscht Mit einem feingewählten Programm wartete die Kapelle uns auf. Die vorgetragenen Tonstücke wurden in seelenvoller Werse und vertiefter Auffassung wiedergegeben, so daß der gezollte lebhafte Verfall ein wohlverdienter war. Hauswalde. Das Gustaw Adolsfest, welches am Himmelfahrtstage hierselbst unter zahlreicher Beteiligung der hiesigen Bewohner- schast und vielen Gästen aus den benach. barten Ortschaften gefeiert wurde, nahm in der festgesetzten, bekannten Weise einen überaus schönen Verlauf. Die Festkollekte, bchimmt für die Gemeinde Krammel Ober- Adlitz (Böhmen), ergab den höchst ansehnlichen Betrag von rund 230 Mark. Pulsnitz, 10. Mai. Gestern vormittag wuchte hier ein Schwindler auf, welcher sich dir ein im städtischen Elektrizitätswerk in Stellung getretener Schlosser ausgab. In derschiedenen Häusern »ersuchte er sich unter wischen Angaben einzumieten, jedoch ohne Erfolg. Die Polizei konnte leider de» Unbe- Knuten nicht habhaft werden. . Zu besetzen ist die 3. ständige Lehrer- Me an der achtklaffigen Schule zu Ohorn ve» Pulsnitz. Kollatur: die oberste Schulde- Mde. 1200 Mark Stellengehalt und 150 Mark Wohnungsgeld. Bewerbungsgesuche Wit den erforderlichen Beilagen sind bis 21. Mai bei Bezirksschulinspektor Schulrat Dr. Bartmann, Kamenz, einzureichen. Königsbrück. Der hiesigen Stadtge- wemde ist ein bedeutendes Vermächtnis zuge- wtlen. Der vor kurzem verstorbene Privatus stiller in Berneck (Bayern) hat der» . wen in dankbarer Erinnerung an die hier °h verlebte Jugendzeit und den erhaltenen "verricht letztwillig die Summe von wa 80000 Mark mit der Bestimmung daß die Hälfte der Zinsen dieser alljährlich zur Armenpflege zu ver- «ven sind, während der Betrag der anderen Zinsenhälfte fünfzig Jahre lang dem Kapital bkizufügen ist. Klotzsche. Ein junges, bei einem hie sigen Bauer in Diensten stehendes Mädchen aus Ottendorf-Okrilla bei Königsbrück siel in ven mit heißem Wasser gefüllten Brühtrog und zog sich schwere Brandwunden zu. Mit einem Notverband versehen, brachte man es in das Diakonissenhaus in Dresden, wo es seinen Verletzungen erlegen ist. Dresden. Der Vorstand des hiesigen „Jnvalidendank", Reinholz, hat sich nach Unterschlagung von 130- bis 140 000 Mark mittels Blausäure vergiftet. Da das Institut ein Vermögen von 160 000 Mark besaß, so verbleiben ihm nur noch 25—30 000 Mark. Auch der Pensionsfonds des Instituts in Höhe von 70 000 Mark ist verschwunden. Reinholz, welcher seine Stelle seit 1872 inne hatte und große Selbständigkeit genoß, hat große Spekulationen in Grundstücken be trieben. Dresden. Der frühere Inhaber des Bankhauses Eduard Rocksch Nachfolger, Ge heimer Kommerzienrat Viktor Hahn, heiratete, als er noch Angestellter des erwähnten, sich jetzt in Liquidation befindlichen Bankhauses war, die Tochter seines Chefs, des Bankiers Peter Spreckels, des Bruders des amerikanischen Zuckerkönigs gleichen Namens. Viktor Hahn stieg von Stufe zu Stufe, vom Kommis zum Bankier und, da er in Hofkreisen protegiert wurde, selbst zum Kommerzienrat. Doch das Glück ist eine leichte Dirn' . . . Geheimrat Hahn's Stern erblich wieder allmählich. Mit dem Sturz seines Bankhauses brach auch sein häusliches Glück zusammen, und seit Jahres- frist lebt der einstmals so gefeierte, oielum- worbene und beneidete, aber auch Melange- feindete Mann in tiefster Zurückgezogenheit. Seine Gattin strengte auf Grund des § 1568 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Ehescheidungs klage an, und am Sonnabend wurde der Bund, den Liebe geschloffen hatte und dem zwei Kinder entsprossen sind, von der 1. Zivilkammer des Königlichen Landgerichts Dresden getrennt und der beklagte Ehemann für den allein schuldigen Teil erklärt. Die geschiedene Frau Geheime Kommerzienrat Hahn beabsichtigt sich mit ihren Kindern nun mehr nach Amerika zu begeben. Dresden, 11. Mai. Auf dem Wet tiner Bahnhofe wurden 'heute zwei Burschen von 14 und 16 Jahren aufgegriffen, die mit Revolver, Infanterie-Seitengewehr und einem großen Fleischermefler bewaffnet waren und angaben, nach Amerika flüchten zu wollen, da man sie beschuldige, eine strafbare Hand lung begangen zu haben. In einem Briefe an ihre Eltern haben sie jedoch zu erkennen gegeben, daß sie sich aus obigem Grunde das Leben nehmen wollten. Der jüngere ist seiner Mutter zugeführt worden, während der ältere wegen begangener Straftaten in Haft geblie ben ist. — Der Straßenraub bei Adorf i. Erzgeb. vor Gericht. Chemnitz, 9. Mai. Unter großem Andrange des Publikums begann heute vor dem Schwurgerichte der Prozeß gegen 3 jugendliche Räuber, die am 9. Februar d. I. auf der Straße von Klaffenbach nach Adorf den Schriftenhändler Kretzschmar aus Reitzen dorf bei Pillnitz angefallen, niedergeschlagen und beraubt haben. Der Unglückliche blieb liegen und wurde später tot aufgefunden. Die Anklage lautete auf schweren Raub. Ange klagt waren die Handarbeiter Kurt Walter Berndt aus Plauen i. V., Max Kurt Thiemig aus Leipzig und der Schlofferlehrling Kurt Oswald Schott aus Plauen. Die drei Bur schen sind sämtlich schon mehrfach vorbestraft wegen Sittlichkeitsvergehen, Diebstähle rc. Alle drei waren dis Februar d. I. in der Besserungsanstalt Bräunsdorf bei Freiberg untergebracht und sind dort am 8. Februar ausgebrochen. Thiemig aus Leipzig war be reits früher einmal wegen Beteiligung an einem Morde in Untersuchungsdaft genommen worden, mußte jedoch wieder freigelaffen wer den. Die Angeklagten begaben sich, als sie ausgebrochen waren, zu Fuß über Chemnitz nach Plauen i, V. Unterwegs, auf der Straße zwischen Klaffenbach und Adorf, trafen sie einen unbekannten Mann, den halbblinden und tauben Handelsmann Bock, ven sie anbettelten, aber wieder laufen ließen, als sie sahen, daß er nichts bei sich hatte. Darauf trafen sie den Schriftenhändler Kretzschmar, den sie ebenfalls anbettelten und dann, als si. nicht genug von ihm erhielten, niederschlugen und derartig mit Schlägen traktierten, daß er schließlich an den Wunden starb. Sie be raubten den Mann seiner Kleidungsstücke und seiner Barschaft und ergriffen dann die Flucht. Einige Tage darnach wurden sie in Plauen i V. bei Verwandten ausgegriffen und fest genommen. In der Verhandlung trugen die drei Burschen ein sehr verstocktes Wesen zur Schau und hatten selbst auf die erdrückendsten Zeugenaussagen nichts zu entgegnen. Der Staatsanwalt beantragte die schwerste Strafe, und zwar gegen Thiemig-Leipzig lebensläng liches Zuchthaus und gegen die beiden anderen ;e 15 Jahre Gefängnis. Das Urteil lautete: Gegen Berndt und Schwarz auf je 14 Jahre Gefängnis, gegen Thiemig jedoch auf 15 Jahre Zuchlhaus, 10 Jahre EhrenrechtSverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht Die Ange klagten nahmen das Urteil ohne jede sichtliche Bewegung entgegen. — Ein entsetzliches Eifersuchtsdrama trug sich, wie schon kurz gemeldet, am Sonnabend abend in der neunten Stunde in dem kleinen stillen Dörfchen Giegengrün bei Kirchberg zu. Dort wohnte seit Ende März der 68 Jabre alte Leinweber Christian Klotz mit seiner 66 Jahre alten Ehefrau und seinem 21 Jahre alten jüngsten Sohne Christian, einem Stein- bruchüarbeiter, bei dem Zimmermann Freitag zur Miete. Die Ehe war von jeher die denk bar unglücklichste, da Klotz seine Frau so schlecht behandelte, daß sie, nach Aussage ihrer eigenen Kinder, ein Leben führte, schlim mer als im Zuchthause. Vor allem quälte er die zuletzt infolge vieler Arbeit und fort währenden Kummers ganz schwach und ge brechlich gewordene Frau mit fortwährender grundloser Eifersucht, trotzdem ihm sein Weib in 45jähriger Ehe 13 Kinder, von denen 11 am Leden sind, geboren hat. In der letzten Zeit wurde nun das Verhältnis zwischen den beiden Ehegatten immer schlechter. Klotz be handelte seine Frau m der miserabelsten Weise, so daß es der jüngste Sohn Christian nicht länger mehr mit ansehen konnte, sondern mit der Mutter zu seiner verheirateten Schwester, der Frau Hedwig Förster, nach Hartmanns dorf überzusiedeln beschloß. Dieser Umzug sollte am Sonnabend abend vor sich gehen. Der alte Klotz drohte zuvor, wenn sie ihn verließen, „würde etwas passieren". Und er hat die furchtbare Drohung nur zu wahr ge- macht. In dem Augenblicke, als Mutter und Sohn die Stube verließen, ging der Vater hinterher und schnitt der ahnungslosen Frau von hinten den Hals mit dem Rasiermesser durch. Auf den Aufschrei der Mutter drehte sich der Sohn um, warf sich, ohne jedoch zu wissen, daß die Mutter tödlich verletzt sei, auf den Vater, zog ihn die Stube entlang und drückte ihn aus das Sosa. Der Vater griff aufs neue nach dem Messer und brachte dem Sohne einen bis auf den Schädelkuochen gehenden Schnitt quer über den ganzen Hinter kopf, mehrere Schnitte im Gesicht und eine Verletzung an der einen Hand bei. Als der Sohn darauf den Vater lcsließ, schnitt sich dieser mit dem Rasiermesser selber dreimal in den Hals und stürzte dann hinaus ins Freie. Dort irrte er planlos etwa Stun den lang auf den Feldern umher und kehrte dann freiwillig in seine Behausung zurück, wo er von dem inzwischen herbeigerusenen Arzte Dr. Kietz aus Kirchberg verbunden wurde. Alsdann schaffte man ihn ins Kranken haus nach Kirchberg. Seine Verletzungen sind zwar schwer, aber nicht lebensgefährlich. Die Frau war, da die Schlagader durch schnitten war, in wenigen Minuten infolge Verblutung eine Leiche. Der Sohn befindet sich in der Pflege seiner Schwester in Hart mannsdorf. Der Täter gilt sonst als ein arbeitsamer, nüchterner, solider Mann. Chemnitz, 10. Mai. Das Schwurge richt verurteilte den 24jährigen Maler Alexan der Schubert, der am 13. Februar in Chem nitz seinen Vater mit einer Radehacke er schlagen hat, zu lebenslänglichem Zuchthaus. — Ein Fall von Pocken-Erkrankung ist in Chemnitz vorgekommen Die betreffende Per son ist sofort ins Krankenhaus gebracht worden. Leipzig. Das Schwurgericht verurteilte den 21 Jahre alten Ratsexpedienten Neumann aus Leisnig wegen Urkundenfälschung, Unter schlagung und Betrugs zu 1 Jahr 8 Monaten Gefängnis. Neumann hatte unter anderem als Beamter der Steuerabteilung vereinnahmte Gelder für sich behalten. — Die früheren Aerzte der Ortskranken kasse Leipzig haben am Sonnabend ihre Tä tigkeit für die Kassen wieder ausgenommen, nachdem ihnen das Ehrenwort, für die Kassen nicht mehr tätig zu sein, wieder zurückgegeben worden war. Unter den Arbeitern macht sich aber, wie man aus Leipzig schreibt, das Be streben bemerkbar, nur die bisherigen Distrikts ärzte zu konsultieren und die Kassenärzte zu boykottieren. Leipzig, 10. Mai. Die Ortskranken kasse beschloß, gegen die Verfügung der Kreis hauptmannschaft in Sachen des Aerztestreit» beim Ministerium des Innern Beschwerde ein- zulegen. Bodenbach, 10. Mai. Ueberlaute Tschechen, durchwegs Ziegelarbeiter aus Dres den, kamen Montag nachts in Bodenbach an, um nach Aussig werter zu fahren. Gegen Mitternacht verursachten sie ein unbändiges Geschrei, sangen tschechische Lieder, weshalb sie von der Polizei beanstandet wurden. Die Bürschchen wurden frech und renitent, daher auf die Wachstube gebracht und arretiert. Um weitere Krawalle zu vermeiden, wurden sie bis zum Abgang des nächsten Zuges in Verwahrung gehalten. Kirchennachrichten von Bretnig. Sonntag Exaudi, 15. Mai: '/»9 Uhr Gottesdienst. 11 Uhr Kirchliche Unterredung mit den Jungfrauen.