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Allgemeiner Anzeiger. Amtsblatt für-die Ortsbehörde und den Gemeinderat zu Bretnig. Lokal-Anzeiger für die Ortschaften Bretnig, Hauswalde, Großröhrsdorf, Frankenthal und Umgegend. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend. Abonnementsprei« inkl. de» allwöchentlich beigrgebenen „Illustrierten Nnterhaltungsblattes" dierteljährlich ab Schalter 1 Mark, bei freier Zusendung durch Boten in« Hau« 1 Mark 20 Pfennige, durch die Post 1 Mark exkl. Bestellgeld. Anserate, die 4gesvaltene Korpurzeile 10 Pfg., sowie Bestellungen auf den «ll gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unsere sämtlichen Zeitungeboten jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen gewähre« wir Rabatt nach Nebereinkunst. Ansernte bitten wir für die Mittwoch-Nummer bi» Dienstag v,rmittag V,ii Uhr, für die Sonnabend-Nummer bi« Freitag vormittag l/,11 Uhr einzusendrn Schristleitung, Nruck und dertng nun A. Lchuvig, Bretnig 18. Jahrgang. Ar. 13. Mittwoch, den 12. Februar 1808. LerMcheS und eäHftkle». Bretnig. Am Sonntag feierte der hie sige homöopathische Verein im Gasthof zum deutschen Hause sein 20 jährige« Etistung»fest. Die Teilnehmerzahl war eine recht große, und mit gespannter Aufmerksamkeit »erfolgten die Erschienenen all die Darbielungen, welche in schönen Solo- u. Duoscenen humoristischen und Gesängen ernsten Charakter«, sowie in einem trefflich wiedergegebenenEinalter bestanden. Der Beifall, den jede Nummer erntete, war ein lebhafter. Ein Tänzchen hielt die Anwesenden bi« zur festgesetzten Stunde in bester Stim mung beisammen. — Im Gasthof zum Echützenhause hatte sich am nämlichen Tage der hiesige Radfahrerklub mit Angehörigen vereinigt, um sein Winter-Vergnügen abzu- halten. Auch hier war für Unterhaltung Sorg« getragen worden. Während im ersten Trile de« Programm« ein recht gediegener und erheiternd wirkender Einakter dargeboten wurde, brachte der zweite Teil einen den Lall unterbrechenden Reigen. Daß man mit dem Gesehenen zufrieden war, Henne« der laute Beifall, den man den Ausführenden zollte. Bei guter Laune wurde oltdann wieder da» Tanzbein bi« zum letzten Saitenschlag« ge schwungen. Bretnig. Der Mitte Dezember hier selbst aufgetretene Versicherungtschwindler angeblich Otto Richter au» Dresden ist in der Person de» Maler« Hermann O»kar Böhme au« Langburkertdorf bei Pirna ermittelt wordeu. Derselbe konnte noch nicht oingfest gemacht werden. — Zahlung»einstellungcn. Konkurs wurde eröffnet: über da« Vermögen oe» Rich. Theodor Otto Haltenort« in Niedersedlitz, Inhabers einer Handlung mit Kinderwagen und Korb waren, Schulstraße 19 r, über da» de« Bäcke- reigeschäfttinhader» Friedr. Max Börner in Oederan und über da« he« Tischlermeister» Iuliu» Hermann Hanspach in Löbau. — Schützt die Behauptung, keine Zeitung zu lesen und infolgedessen keine Kenntni« von einer amtlichen Bekanntmachung gehabt zu haben, vor Strafe? Unkenntni« der Gesetze schützt vor Strafe nie l Die Wahrheit dieser Worte mußten dieser Tage auch zwei Gt- schirrführer an sich selbst erfahren, die ent gegen dem Verbot de« Gemeindevorstanoe« zu Hainichen eine neuaufgeschüttete Straße mit schwerem Lastfuhrwerk befahren hatten. Es wurde ihnen dec Prozeß gemacht, den sie schließlich bi» zum OberlandeSgericht durch fochten. Ihrer Versicherung, daß sie einmal auf Geheiß ihres Dienstherrn auf der ver botenen Straße gefahren seien, und zum an dern, daß sie keine Kenntni« von dem durch amtlichr Bekanntmachung erlassenen Verbot hatten, da sie kerne Zeitung lesen, wurde keine Beachtung geschenkt, und e» erfolgte die Verurteilung. Großröhr«dorf. Zur Haft gebracht wurde ein hiesiger Tischlergeselle, welcher einen Knaben durch Messerstich« verletzt hatte. Hau-walde, 11. Februar. Heute vor mittag fand die Beerdigung de« Arbeiter» Max Schreier statt, der am Sonnabend tot au» dem Mühlgraben hinter dem Thoma»'schen Hause gezogen worden war. Derselbe wurde seit letztem Dienstag vermißt. Jedenfalls liegt eine Verunglückung vor. Bautzen, 10. Febr. Die Genickstarre beim hiesigen Infanterie-Regiment Nr. 103 greift weiter um sich. Wie da» hiesige Garnison kommando heule bekannt gibt, ist nunmehr auch ein Soldat der 2. Kompagnie in der neuen Kaserne an Genickstarre erkrankt. Eine An zahl Unteroffiziere und Mannschaften sind in einer Wellblechbaracke isoliert. Bautzen, 8. Febr. Vor der I. Straf kammer unter Vorsitz de« Justizrate« Dr. Hartmann hatte sich heute der 48 Jahre alte Bandweber Friedrich Wilhelm Schwartzel au» Großröhrsdorf wegen schweren Diebstahl« zu verantworten. Er hatte am 19. November ver Fabrikarbeiterin Schreier in Großröhr«- dorf au« einem verschlossenen Holzkästchen ein Fünfmarkstück entwendet. Schwacher wurde zu 4 Monaten Gefängnis und 2 Jahren Ehrenrechtsverlust verurteilt. Taubenheim, 10. Febr. Heute mittag 1 Uhr fand im hies. Schlöffe die Bcisetzung»- feierlichkeit für den verstorbenen Kulturminister a. D. v. Schlieben statt. Derselben wohnte auch Se. Majestät der König bei. Dre «den, 8. Febr. Aufsehenerregende Verhaftung. In Vorstadt Trachenberge wurde der 70 Jahre alte selbständige Kaufmann G. unter dem Verdachte verhaftet, sich gegen Knaben im großen Umfange unsittlich vergan gen zu haben. Dec Schuldige wurde in der Schule den Kindern gegenübergestellt und leug nete es, bekannte aber später seine Tat. E» sollen 50-60 Fälle festgestellt worden sein. Dresden, 7. Februar. Verwegene Flucht eines Strafgefangenen. Die 3. Strafkammer ve« Dre«dner Landgericht« beschäftigte sich mit der geglückten, an die Taten de« Berliner« Mörder« Hennig erinnernde Flucht -sine» Slra - gefangenen, de« mit 4 Jahren Zuchthau« iv- bestraften und erst am 5. Oktober vom Dresd ner Landgericht wegen eine« raffinierten Be truges zu 1 Jahr Gefängni« verurteilten Kauf mann« Camillo Mühlmann. M. stellte in der Strafanstalt wiederholt den Antrag, dem Zivilrichter und Gcundbuchführer vorgeführt zu werden, da er angeblich vor Verbüßung der Strafe sein- Vermögensverhällniffe ordnen wollte. So gingen denn Trantporle vom Münchener Platz nach der Lothringer Straße durch den lebhaftesten Stadtteil fast täglich hin und her. Mühlmann suchte offenbar eine Ge legenheit zur Flucht. Am 4. November war er einem Gendarm auf der Krenkclstraße ent wichen, aber wieder eingefangen worden Al» daher am 5. November der früher bei den Amtsgerichten Nossen, Ehrenfrieder«dorf und Chemnitz al» Expedient beschäftigt gewesene jetzige Gericht»diener Max Georg Hennig den gefährlichen Gefangenen wiederum nach der Lothringer Straße zu trantportieren hatte, vermerkte der Staattanwalt auf dem Vor- sührunqSbefehl: „Vorsicht, fluchtverdächtig, da schon flüchtig geworden!" Der Lrantpor- teur beachtete die Warnung nicht, gebrauchte nicht einmal die Handfessel, sondern bestieg mit dem Gefangenen die Straßenbahn und beide langten ohne Zwischenfall beim Amts gericht an. Mühlmann unterzog sich ruhig einem Verhör vor dem Zivilrichtrr und suchte noch andere Bureauräume auf, immer gefolgt von Hennig, seinem Transporteur, der ganz sicher gemacht war. Im Gericht-gebäude übergab die „zufällig" hinzukommente Frau Mühlmann ihrem Manne ein verschnürte« Paket, wa« der Transporteur ohne weitere» geschehen ließ. Auf der Straße äußerte dec Gefangene den Wunsch, seine m Striesen wohnende Schwester noch einmal sprechen zu dürfen. Auch das gestand der Transporteur zu. Er und da« Ehepaar Mühlmann fuhren also mit der Straßenbahn bi« zum Schiller platz. Hennig schöpfte auch dann noch keinen Verdacht, al« Frau Mühlmann im Straßen bahnwagen ihrem Manne ein wohlgefüllte« Portemonnaie übergab. Auf dem Schillerplatz verabschiedete sich Fcau Mühlmann und Mühl mann und der Trantporteur begaben sich in die angebliche Wohnung der Schwester Mühlmann». Letzterer beiahl dem allein in der Wohnung anwesenden Dienstmädchen, Kaffe« zu kochen. Der Tran»porteur gewann bald den Eindruck, daß er sich in Mühlmann» eigen« Wohnung befinde und postierte sich zunächst an ver Voc- saallür, «ährend Mühlmann ein Zimmer be trat. Zuletzt ließ sich der Beamte bewegen, gleichfall» da« geheizte Zimmer aufzusuchen. M. ging wiederholt hinaus, um nach dem Kaffee zu sehen, welcher nicht fertig werden wollt«, nnd — kam zuletzt nicht wieder. Er hatte die Wohnung ungehindert verlaffen und die Freiheit wiebererlangt. Gegenwärtig soll er sich in Oesterreich aufhalten. Da sich der Tericht«beamte in Zivilkleidung befand und auch keine Legitimation bei sich trug, konnte er nicht sofort polizeiliche Hilfe zur Verfolgung de» Flüchtigen erlangen. M. war zudem ge nügend für die Flucht vorbereitet und ausge rüstet. Der Transporteur Hennig hatte sich jetzt wegen fahrlässigen Entweichenlaffen eines Gefangenen polizeilich zu verantworten. Er wurde zu 50 Mark Geldstrafe oder 10 Tagen Gefängni« verurteilt. Dresden, 9. Februar. U«ber 8000 Ar- beit»Iose in Dresden. Die Zahl der Arbeit«- losen nimmt auch in Dresden infolge mancher Belriebteinschränrungen fortgesetzt zu. Man schätzt die Zahl der Arbeitslosen auf msgesamt 8000. Die Hirsch-Dunkerschen Gewerkvereine haben nun an den Rat zu Dresden da« Er suchen gerichtet, beizeiten Maßnahmen zur Be seitigung der durch die Arbeitslosigkeit hervor gerufenen Notlage ver arbeitenden Bevölkerung zu treffen. Fr.eiderg, 7. Februar. Heute mittag stand vor der 1. Strafkammer de« hiesigen Königlichen Landgericht« eine Hauptverhand lung au gegen die verwitwete Bürgermeisters- gattin Ida 6ei«r von Brand wegen unternom mener Verleitung zum Meinside. Die Ver handlung wurde aber bi» Dien«tag vertagt. Im Laufe der Verhandlung wurde der Fall Grete Beier de» öfteren berührt. Unter an- derm gelangte zur Mitteilung, daß die Grete Beier an demselben Tage, an dem sie den In genieur Preßler in Chemnitz ermordet hatte, abend» wieder nach Freiberg zurückfuhr und dort zu einem Feste ging. Von diesem Ver gnügm au« telephonierte sie nach Brand an ihre Mutter, sie befände sich in Freiberg in so animierter Gesellschaft und amüsiere sich so gut, daß sie erst mtt dem letzten Zuge nach Brand zurückkehce. Weiter wurden die unge heueren Durchstechereien berührt, die zwischen Mutter und Tochter stattsanden. Die Kaffi ber, die meist in Blusen rc. eingenäht waren, ließ da» Gericht nach Einsichtnahme passieren, wodurch mit einem Schlage Licht in die ganze Sache gebracht wurde und «s auch zutage kam, daß die Grete Beier den Ingenieur Preßler in Chemnitz ermordet habe. U. a. ging ein Zettel durch, der für Merker bestimmt war, und in dem sie verlangte, vaß Merker sich vermummt bei der Frau Schlegel einführen, sie mit Chloroform betäuben und dann um» Leben bringen sollte, damit sie durch Verschwin den der Hauptzeugin in der Diebstahlsaffäre gerettet werde. Der Zettel wurde auch durch Frau Beier an Merker weitergegeben. — Der „Fall Beier" zieht immer weitere Kreise. Vier Personen, die Grete Beier, deren Mutter, der Kaufmann Merker und die Hebamme Kunz«, befinden sich schon rm Ge- sängni«. Jetzt ist auch gegen den Gendar merie-Brigadier Kuchar in Brand ein Ver fahren eingeleitet. K. soll in einem Prozesse gegen den verstord«nen Bürgermeister Beier zu dessen Gunsten einen Meineid geleistet haben. — Die mit dem rätselhaften Tod de» Schneider« Paper au« Geyer in Veroindung gebrachten Einwohner Handacbelttr HeSly und Maurer Markert bestreiten auch in ihrer Un- tecsuchung«haft iin Amtsgericht zu Eycensne- üertdorz jebweoe Schuld. Sie behaupten noch immer, Payer unterweg» verloren zu haben. Dien»tag noch wurde die Leiche Payer» nach der Totenhalle Elterlein gebracht, wo auch bis Sektion stattfano. Man erklärt sich jetzt di« Angelegenheit so, baß alle drei in Streit geraten sind, aus dein sich bald eine Schläge rei entwickelte. In dieser ist Payrr vermutlich geschlagen worden. Der Schlag selbst mag ihn dewußtlo» gemacht haben, und in diesem Zustande ist er dann in der kalten Nacht er froren. — Die beiden Personen in Geyer, die unter dem schweren Verdachte, den im Walde tot ausgefunoenen Schneider Payer ermordet zu haben, verhaftet wurden, sind wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Riesa. Dieser Tage wurde hier ein Glasergeselle verhaftet, der mit zwei Frauen verheiratet ist. Seine erste Fcau lebt in Hamburg, von wo der Mann, oer zwei Kin der hatte, verschwand und sich nach Dce»d«n wandle. Hier lernte er ein Mädchen au« Riesa kennen, mit der er sich verheiratete. Zwei Kinder sind dieser jweitrn Ehe entsprossen. — Ein Martyrium oreier Halbwaisen. Auf Veranlassung de» Waisenrats in Geyer wurden dem Posamentier F. drei Kinder im Alter von 15, 11 und 8 Jahren, au« oer ersten Ehe stammend, entzogen. Die armen Kinser sind von ihrer Stiefmutter nahezu unmenschlich behandelt worden. Tag und Nacht arbeiten mußten die Kleinen, erhielten nur da» üllernotwendigste zu essen, dafür aber Prügel um so mehr. Der Vater sah nicht, wie seine Kinder oft hungrig zur Schule eilen mußten, und wena da» eine ausgespeiten Kartoffelbrei wieder auslecken mußte. Lor dem Schlafengehen, welche» saft stets erst nach Mitternacht erfolgte, wucoe den Kindern Efflgwasser gereicht. Auch da» Nacht lager, besonder, da» oer Kleinsten, ließ sehr zu wünschen übrig. Ihr Bett bildete entweder die blanke Diele oder eine au-rangierte Eier- kiste mit Stroh. Der ganze Vorgang dürfte jedenfalls ein gerichtlicher Nachspiel zur Folge Haden. Dre-dner Sitzlachtviehmarkt vom 10. Februar 1908. Zum Auftrieb kamen: 4166 Schlachttiere und zwar 483 Rinder, 880 Schafe, 2513 Schweine und 290 Kälber. Die Preise stellten sich für 50 Kilo in Mark wie folgt: Ochsen: Lebendgewicht 44—45, Schlachtge« wicht 80—82; Kalben und Kühe: Lebend gewicht 39—42, Schlachtgewi hl 72—75; Bull-n: Lebendgewicht 42—46, Schlachtgewicht 74—78; Kälber: Lebendgewicht 46—49, Schlachtgewicht 75 —78; Schafe: 86—88 Schlachtgewicht; Schweine: Lebendgewicht 44—46, Schlachtgewicht 58—60. Et sind nur oie Preise sür die vesten Viehiorlen verzeichnet.