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Wemmer Anzeiger Amtsblatt für die Ortsbehörde und den Gemeinderat ?u Bretnig. Lokal-Anzeiger sm die Ortschaften Bretnig, Hauswalde, Großröhrsdorf, Frankenthal n»d Umgegend. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend. Abonnementsprei» inkl. de« allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Nnterbaltungsblattes" vierteljährlich ab Schalter 1 Mark, bei freier Zusendung durch Boten in« Hau« 1 Mark 2V Pfennige, durch die Post 1 Mark exkl. Bestellgeld. Ik»re*«te, die 4gespaltene Korpu«zeilr 10 Pfg., sowie Bestellungen «uf den All gemeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unsere sämtlichen Zeitungtbote« jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen gewähren «ir Rabatt nach Uebereinkunft. A-ferute bitten wir für die Mittwoch-Nummer bi« Dienstag vormitta, Uhr, für die Sonnabend-Nummer bi« Freftag vornittag '/.11 Uhr einznssndea LchnsUeitung, Sruck und dectng aon M. 8lh«rig, Bretnig Bl. 6. Sonnabend, den 18. Januar 1808. 18. Jahrgang. LertlicheS und SSchstscheS. Bretnig. Ein seltener Genuß wurde un» am Mittwoch abend durch den Vortrag de« Herrn Generalsekretär des evangelischen Bunde« Hüttenrauch au« Halle zu teil. Zn wahrhaft meistervoller Form und Klarheit der Gedanken ging Redner im Verlaufe seine« Vortrage« auf die Frage ein: Warum heute, trotzdem augenblicklich die Centrumtherrschast in Deutschland gebrochen scheine, doch noch die evangelische Vunde«arbeit notwendig sei. Er wies sodann warnend hin auf das Ziel der ultramontanen-jesuitischen Politik: durch religiösen Abscheu vor dem Protestantismus dem katholischen deutschen Volksteil Ekel ein- zuflößen vor dem protestantischen deutschen Volksteil, mithin da« deutsche Volk als ein heitliche« Ganze zu zerreißen und daoucch dem Papste fern Ziel erreichen zu Helsen : politischer Wellherrscher auch über da» deutsche Reich zu werden. Dagegen müsse jeder deutsch-evan gelisch Denkende energisch sich verwahren. Ferner wies der Redner treffend daraus hin, wie die Vorwärts- und Aufwärtsentwickelung aller protestantischen Länder und die sichtbare Rückentwickelung aller katholischen Länder zeige, daß wir e« dem Protestantismu« allein verdanken, wenn wir angefangen Haden, ein romsreie«, in regelrechter Entwickelung zu selbständiger nationaler Kraft aussteigender Volk zu werden. Sehr wohltuend berührte in dem Vortrage, daß gezeigt wurde, daß der evangelische Bund nicht das katholische Volk in seiner Religion bekämpfe, — zählt er doch viele Katholiken al« seine Mitglieder — sondern, daß er es nur warne, sich in seiner katholischen Religion und gesamten Weltanschauung in jesu itischem undultramontanemGetste beeinflussen zu lassen. Es ist leider unmöglich, näher au dieser Stelle auf den Vortrag mit seiner gan zen Gedankenfülle ein,»gehen. Wohlverdienter, stürmischer Beifall belohnten den Redner für seme trefflichen Autführungen. Et wäre allerdings wünschenswert gewesen, daß der Vortrag feiten« unserer Einwohnerschaft sich eine« besseren Besuch» zu erfreuen gehabt hätte. — Im Laufe de» Abend« kam sodann ein von vielen in der Stille schon länger gehegter Wunsch zur Erfüllung: die bisher dem Bischofs werdaer Zweigverein de« evangel. Bunde» Mitglieder zu selbständiger, Zweigverein Rövertal zu vereinigen, al« dessen 1. Vorsitzender Herr Pfarrer Kränkel-Bretnig, al« dessen stellvertretender Vorsitzender Herr Pfarrer Steidtmann-HauSwaloe, al» dessen Schriftführer Herr Fabrikant Hennig-Bretnig und al» dessenKassierer Herr Fabrikbes. Adalbert Boden-Großröhr»dorf gewählt wurden. DieZahl der Mitglieder unsere« Zweigverein« beträgt zur Zeit einschließlich der am Vortragsabende erfolgten 12 Neuanmeldungen 92 Personen. — Möchten noch recht viele an der Arbeit dieses Bunde« sich beteiligen. Anmeldungen nehmen jederzeit vir obengenannten Herren entgegen. Der jährliche Mitgliedsbeitrag be trägt 1 Mark, wofür jede« Mitglied den monatlich erscheinenden evangelischen Bunde«, boten erhält. Auch Frauen können jederzeit Mitglieder werden. Bretnig. Unter Be> hme auf da» in heutiger Nummer befuwuche dietberügliche Inserat wollen wir nicht unterlassen, auch an dieser Stelle auf die morgen Sonntag im Gasthof ,um Anker hier zu vollziehende Grün dung eine« Obstbauveceins für das Rödertal hinzuweisen. — Zahlungseinstellungen. Konkur» wurde eröffnet: über da« Vermögen der Handel«frau (Papiergeschäft) Helene Martha verehel. Kloß geb. Bock in Dre«den, Marschallstraße 23, über da« de« Gasthof«besitzer» August Max Loui« Seidel m Neugersdorf, über da» de» Handelsmannes Franz Böhnl in Aue, Ernst Papststraße 4, alleinigen Inhaber« der Finna Franz Böhnl daselbst, uno über da» des Webers (bisherigen Handelsmann») Karl Heinrich Körner in Penig. Kamen,. Mittwoch, den 22. Januar 1908, öffentliche Sitzung de« Bezirk«rut- schusses. Kamenz. Am Montag vormittag ^12 Uhr fand unter Vorsitz de« Herrn AmtShaupt- man»s v. Ecdmanntdorff im Sitzungssäle der Königlichen Am'.shauptmannschaft öffent licher Bezirkstag statt, welcher durch die An wesenheit de» Herrn Kreithauptmann» v. Ccaushaar autgezeichnet wurde. Nach Eröff nung der Sitzung gedachte der Herr Vorsitzende de» verstorbenen Mitgliedes, Herrn Gemeinde- oorstand Milde in Vollung, deffm Andenken durch Erheben von den Plätzen geehrt wurde. Hierauf wurde auf die einzelnen Punkte der Tagesordnung Entschließung gefaßt. Bei der Wahl der Verlrausnsmänner für die Aus schüsse der Schöffen und Geschworenen bei den Amtsgerichten zu Kamenz, Pulsnitz und Königsbrück auf da» Jahr 1909 wurden die vorgeschlagenen Herren gewühlt oezw. wieder gewählt. Als außerordentliche Mitglieder der Ersatzkommission und ihre Stellvertreter wur den die bisherigen Mitglieder und ihre Stell vertreter auf 3 Jahre wiedecgewählt. Air Sachverständige zu Abschätzungen in Gemäß heit von Abteilung VII, 1k unter 2 der Kaiserlichen Verordnung vom 1. April 1876, betr. die Ausführung de» Gesetzes vom 13. Juni 1873 über die Kriegsleistungen, auf die Jahre 1908 bi» 1910 wurden die vorge- schlagenen Herren gewählt bezw. wiederge- wählt. Werter erfolgte 1. die Wahl der Mitglieder und ihrer Stellvertreter zur 8e- zirkseinguartierungskommission auf 6 Jahre — 1908—1913 —, 2. die Wahl dreier Taxatoren und ihrer Stellvertreter bei der Pfervcaurheöunq in Mobilmachung«sällen auf 6 Jahre, 3. die Wahl von 4 Bezirk«au»schuß- mitgliedern, wobei Herr Gcmeindevorstand Wlxkl^ in Schwepnitz nrugewählt wuroe, edenfall» auf 6 Jahre, und 4. die Wahl von 2 Mitgliedern der Finanzdeputalion auf 3 Jahre — 1908—1910 —. An Stelle de» ausscheraenden Herrn Tuchsadrikanteu Hermann Müller in Kamen, und Herrn Fabrikdirektor Lochmann in Schwepnitz wurden Herr Her mann Müller-Kamen, wieder- und Herr Ritter gutsbesitzer Hustig auf Reustädtel neugewählt. Als Direktor der Bezirksanstalt Jesau wurde der bitherige Direktor Herr Kammerherr v. Boxberg auf Rehnsdorf und ebenso sein Stellvertreter, Herr Ritterguttbesitzer v. Kanig auf Milstrich, wiedergewählt. Ferner wurde von verschiedenen Bezirk«angelegenbeiten Kennt nis genommen. Auf ein Gesuch de« Stadt- ral« zu Kamenz, Errichtung eine« Seminar« in Kamenz betr., wurde beschlossen, diese« zu befürworten und sich im übrigen für die Er richtung eine» solchen innerhalb de« hiesigen Bezirk» autzusprechen. — Einen kostspieligen Prozeß haben etwa 20 Personen von Klotzsche verloren, welche Beträge in Höhe von 300 bi« 1800 Mk. zu einem Garantiesonds für die verkrachte gleit lose Heidebahn Klotzsche-Dretden gezeichnet hatten. Die Klageschrift umfaßt 2226 Folio seiten. Dem kleineren Teil der Beklagten ist der Eid über ihre entlastende Behauptung zugeschoben. Nur wenige werden durch da» gerichtliche Urteil von der Zahlung»verpflrch- tung befreit. Dresden, 16. Januar. Zweite Kammer. Die Kammer trat heute in die Schlußberatung de» Gesetze« zur Abänderung der Bestimmungen über die Entschädigung für an Gehirn-Rücken marktentzündung umgestandene Pferde und für an Maul- und Klauenseuche gefallene« Rindvieh. Nach längerer Debatte erfolgte die einstimmige Annahme de« Gesetzentwurfes nach den Vorschlägen der Deputation. Es folgte dann die allgemeine Vorberatung de« Gesetzentwürfe«, durch den »ie Haftung der Landesbrandversicherungtanstaft derart au»gr- dehnt wird, daß versicherte Objekte auch gegen ExplosionLschäo^n mit Aurnayme von Spreng- stoff-xplosionen versichert sind. Die Kammer beschloß einstimmig die Ueverweisunz der Vorlage an di» Gesetzgedung«-Deputation. Dre« den. In einer Dachwohnung de« Hause» Freiberger Straße 16 hat sich am Donner»tag um die Mittag»zeit ein blutige» Familiendrama abgespielt. Dort erschoß in der 12. Stunde der etwa 30 Jahre alte BierauSgeb-r Felix Hofmann, der arbeitrls« und nur Sonntag» au«hilf«weiss im Gasthofe zu Würknitz beschäftigt war, sein 4 Jahre alles, reizenoe» Mädchen und seinen 1V, Jahre alten Knaben. Beide Kinder sind nach dem ärztlichen Befunde sofort tot gewesen. Nach verübter Tat richtete der unglückliche Mann, der auch lungenleidend gewesen sein soll, ore Waffe gegen sich selbst. Ec Mar so fort eine Leiche. Nachbar»leute, die die Schüsse gehört halten, venachrichtigten die Polizei, die die Türe öffnen ließ. Di- Beamten fanden den Vater mit den beiden Kindern entseelt vor. varo naoz oer Lat kam auch die Ehefrau von ihrer Beschäftigung nach Hause, fand aber die Ihren nicht mehr lebend vor. Not und Krankheit Haden, wie au« einim hinterlassenen Briese hecoorgehl, die Tat bestimmt. Pirna. Auf der Rodelbahn in der Vieh leite ereignete sich am Mittwoch gegen Abend wiederum ein schwerer Unfall. Ein mit drei Mann besetzter Schlitten sauste den Abhang hinab, blieb aber an der gefährlichsten Stelle, der unteren Kurve, hängen. Der ietzle Mann schoß herunter und trug eine Gehirnerschütter ung davon. Nach der großen Zahl der Un fälle ist auch von seilen der Schulleiter gegen di« Rodelei vorgegangen worden. Den Schü lern de» Seminars sowie den städtischen Schu len ist der Sport, der durchaus nrchl so harm- lo« zu sein scheint, verboten und auch den Unteroffizieren und Mannschaften der hiesigen Garnison ist die Roaelei untersagt worden. Oschatz, 15. Januar. Der Inspektor ve« Rittergutes Saalhausen Graßmann wurde gestern nach einem Wortwechsel mit einem polnischen Arbeiter von diesem durch einen Messerstich in die Brust schwer verletzt. Der Wortwechsel war dadurch veranlaßt, daß der Täter und sein Bruder den Dienst auf dem Rittergute, zu dem sie sich verpflichtet hatten, nicht antreten wollten. Sie verlangten von dem Inspektor die Papiere zurück, die dieser aber nicht aushändigte. Der Täter uno sein Bruder wurden verhaftet. Freiberg, 14. Januar. Aw Sonnadeno erkrankte im nahen Loßnitz eine Familie unter heftigen Vergiftungterschnnungen. Die Ehe frau v. fand, alt sie abend» nach Hause zu- rü'kehrte, ihren Mann starr und leblos auf einem Stuhle sitzend, während die drei ältes ten Kinoer «brnfall» in der Stube und auf dem Sofa lagen. Die Frau glaubte zunächst an einen Massenmord, später aber stellte »er Arzt fest, daß Vergiftung vorlag, die auf den Genuß von mariniertem Hering zurückzuführen war, den der Vater vorher mit seinen drei Kindern zum Abendbrot gegessen hatte. Dem Arzt gelang e«, den Barer wieder soweit her- zustellen, daß dieser heule wieder seiner Ar beit nachgehen konnte. Auch di« Kinder be finden sich aus dem Wege der Besserung. — Erfroren ausgefunden. In einem Gar ten in .Freiberg wurde die Geschirrführ«»- Ehefrau Hegewald erfroren aufgesunden. Die Frau war wegen Gristrskrankyeit im städti schen Krankenhause untergebracht, von wo sie sich tag« zuvor unbemerkt entfernt hatte. — Der Buchhändler Arthur Giegler in Leipzig wurde am Montag in halboerwestem Zustande in seinem Bette aufgesunden. E» stebt nunmehr mit ziemlicher Gewißheit fest, daß er von feiner Haushälterin, die zugleich seine Geliebte war, ermordet und verauvl worden ist. Et ist eine» de: grauenhaftesten Veibcechen, da» man sich denken kann. Ein Weib ermordet kaltblütig einen Mann, der sie liebt. Sie deckt da» Bett so zu, daß man glaubt, e» liege niemand drin. Ächt Wochen haust sie in der Wohnung, lebt lustig uno guter Dinge; erzählt den Leut -, die nach oem Herrn fragen, er sei nach Italien gereist. Man glaubt die Lügenmär, da der kränkliche Mann oft davon gesprochen hatte, nach oem Süden zu reisen, um sich zu erholen. Al» aber die Geschichte mit Italien den Leuten doch zu sonderbar vorkommt, da erfindet da» Weib eine neue Lügengeschichte. Der Herr liege schwer krank in Wren in einem Hospital. Uno die Frau, die in der Näh» der Leiche schläft, amüsiert sich Tag für Tag bi« in die Nacht hinein. Sie fährt Fiaker, kleidet sich nach der neuesten Mode und verkehrt mit Herren. Ihre großen Geldau«gaben fallen zwar aus. aber auf ein so furchtbare» Ver brechen kommt kein Mensch, kann kein Mensch kommen. Die Frau, die unter so schwerem Verdacht« steht, liebte überhaupt da» Hoch- hinaurleden. Sie erzählt der Nachbarschaft ganze Romane. Sie sei in Rußland erzogen uno voU schon »Nil 12 Jahren entern Manne angetram worden. Ihre Eltern und ihr Mann seien später nach Sibirien verbannt worden. Sir heiß« M. Wien«ky von und zu Dchladenbach. Und dabei «ar sie doch nur eine simple Haushälterin, di« Klara Minna Döll heißt. Sie ist am 21. Januar 1883 in Eischieben in Sachsen-Koburg-Zotha ge boren. Den Leuten gegenüber gab sie sich ost auch al« angetrante Frau de» Toten au». Sicher hatte sie e«, wenn sie wirklich die Mörderin ist, auf da» Gelb ihre« Herrn ab gesehen. Soweit man bis jetzt feststellen kann, fehlen 10 000 Mark von dem Vermögen de« Giegler. Die verdächtig« Minna Döll ist in Hall« verhaftet worden. — Da« „B-cl. Tageblatt" schreibt: Dr. Paul Liman, t? iriver Chefredakteur der „Leip;. N. Na -n" scheint, wie unser Leipziger Karres' -ent telegraphiert, au» der Redaktion diese« Blatte» au»geschieden zu sein. Seit Dienstag früh zeichnet oer bisherige politische Neoakteur Dr. Grauntoff als Chef redakteur. Man geht wohl nicht fehl, wenn man diese Aenderung als eine Folge der Roll« ansisht, dte Liman im Harden-Prozeß gespielt hat".