Volltext Seite (XML)
und Umgegend (Aldrechtshakr, Ammelshakt, Vevcha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fmhahaiu, Groß- und Kleinsteirrberg, Künga, KIHr», Liodhnrdt, Pomß«, Lhoa» «f») Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Grimma und des Stadiales -u Naunhof. ! A«reiae«pre<se r Di« v gespalten« Korpw»--Ü« - Ps-^ «wwärw Mk. »vü- H p» t i Teil «k.. Rejüame^tl« «k. Bellagegrdü-r pro LoadiM «k.. HM» ! Annah«« dar Anzeiß« di» MleReo» w Mr oormtltags Les Lrschrtoingrtager, ; größere noch srüh«r. — All« »nzeioen-D«rmtt1lungen nehmen Auftrag« entgegen. — : Bestellung«« »erd« non d« Nusaager» oder t« -er G«schäfwMl« «genommen. Druck und Verlag: Gün» ck Ente, Nnnnhaf des Leipzig, Markl S Nummer 17 Mittwoch, den 8. Februar 1922 33. Jahrgang Fernruf: Amt Naunhof Nr. L s Erscheint wöchentlich z Milt Dienstag, Donnerstag, Sonnabend, nach«. 4 Uhr - : für den folgenden Tag. vezng-pret-r Monatlich Mk. '/.Mnich Mk. , f ! ohne Austragen, Post etnschl. der Postgebühren Mk. ... Im Faste höherer r - Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger Störungen -es Betriebes, hat -er Bezieher; r keinen Anspruch aus Lteferung der Zettuug oder Rückzahlung des Bezugspreises.. Notausgabe infolge des Eisenbahnerstreiks! Amtliches. Stadtgemeinderatssttzung Donnerstags den S. Februar 1922, abends 7 Uhr. Tagesordnung befindet sich im Aalhause am Brett. Volksschule zu Naunhof. Die Anmeldung der zu Ostern 1922 schulpflichtig werden« den Kinder ist Freitag, den 10. Februar 1922 van V bi- I Uhr im Direkkorzimmer des neuen Schulgebäudes zu bewirken. Schulpflichtig werden alle zwischen Ostern 1915 und Ostern 19l6 geborenen Kinder. Dorzulegen ist bei der Anmeldung der Impfschein und sllr nicht in Naunhof geborene Kinder oukerdem die Geburts urkunde und der Taufschein. Die Kinder find durch Erwachsene, die nötigenfalls über sie Auskunft erteilen können, vorzustellen. Naunhof, den 7. Februar 1922. Schuldirektor Schäfer, Schulleiter. Der Eisenvahnerftreik! Die Reichsreglerung will, wie die .L-ipztqer Neuesten Nach, richten" schreiben, der Reichsgewerkschaft gegenüber keltbleiben. Den .Bedingungen" des Aktionsausschusses der Streikenden bat der Reichrverkehrsminifler eine ultimative Aufforderung zur Wiederauf» nähme der Arbeit binnen 24 Stunden entgegengesetzt. Wer dieser letzten Mahnung kein Gehör schenkt, gilt als entlassen. In der Reichskanzlei hoben die bereits am Sonntag in Aus sicht gestellten Verhandlungen der Reichsregterung mit den Spitzen, verbünden am Montag früh begonnen. Die Reichsgewerkschaft deutscher Eisenbahner war nicht unmittelbar vertreten: ihre Interessen nahm ein Postbeamter wahr. Bis Montag nachmittag hatten die Besprechungen no>- kein greifbares Ergebnis gezeitigt. Aufforderung zur Wiederaufnahme der Arbeit. Von der Eisenbahn General-Direktion Dresden ist unterm 5. Februar 1922 nachstehende Anordnung ergangen: An alle Dienststellen. „Der Herr Reichsverkehrsminister verfügt: Gegenüber verschiedenen Meldungen über Anschluß des Deutschen Eisen bahn er-Verbandes am Beomtenstreik stelle ich fest, daß der Zentraloorstand des Deutschen Eisenbahner-Verbandes ebenso wie die übrigen Großorganisaiionen mit Entschiedenheit sich gegen den Streik erklärt und den OrtSg^uvven, die im Wider, spruch zu seiner Anordnung in den Streik eintreten, mitteilt, daß sie das auf eigene Verantwortung tun, daß ihnen weder Etreikgelder noch sonstige gewerkschaftliche Unterstützungen von drr Zentrale gewährt werden. Dies ist durch Anschlag sofort bekannt,vgeben. Auf den Dienststellen, wo Arbeiter oder Angestellte in den Streik getreten find, ist durch weiteren Anschlag unter Setzung kurzer Frist von längstens 24 Stunden aufzufordern, den Dienst wbder anzutreten. Arbeiter und Angestellte, die dieser Aufforderung nicht nachkommen, haben ihr Dienstverhält nis selbst beendet und sich als entlasten zu betrachten. Wegen Vorgehens gegen B-amte gelten die bereits erlassenen Anord- nungen des Herrn RcickSverkehrSministrrS." Anschläge über den Beginn der Frist sollen von allen Dienststellen ausgehängt werden. Berhavdlttnqe« der Regierung mit de« Spitzenverbänden. Am Montogmorgen baden zwischen der Reichsregierunq einer- feits und Vertretern Les Deutschen Beamtenbundes, des Deutschen Gewerkschaftsbundes und des Deutschen Gewerkschas srings anderer seits Lie angekündlgken Verhandlungen besonnen. Auch die Partei führer waren in der Reichskanzlei anwesend. Die Lage wird als äußerst ernst bezeichnet. Heber Verhandlungen in der Reichskanzlei wird berichtet, daß fich der Reichskanzler eingehend über die politische Lage verbreitet. Gr wies daraus hin, daß dos feste Ziel der Regierungspolitik ge- wesen lei und noch Ist, in der Welt die Erkenntnis zu verbreiten, daß die Weltwirtschaft wieder aufgebaut werden müsse. Hierbei Hot die Regierung Erfolge erzielt. Bezüglich der Nachprüfung der Grundgehälter der Beamten erklärte der Reichsminister der Finanzen, er habe schon in der Reichs togssitzung vom Ll. Januar «ine Erklärung obgeden lasten, wonach di« Reichsregierung bereit sei. bald möglichst in eine etngehende Aus sprache über alle Besoldungsfragen etnzutreien und alle in Betracht kommenden Probleme zu prüfen. Sturz der Regierung. s» geht ums Ganz«! Darüber gibt sich, wie man au» Berlin meldet, niemand einem Zweifel hin, der die Land an den fieberheiß« Puls -er Zett legt. Am Dienstag kommen, mit Mühe und Not -usammengkUommell, Lie Aeichstagsboten wieder zusammen, um dir Int-rvellakionen der Kerren Koenen und Ledebour auf Aufhebung des Edertschen Erlöstes zu beraten. Man darf sich bei Gott auf einiges gefaßt machen! Koenen und Ledebour! In diesen Nomen lieat ein Programm, nämlich die beabsichtigte Erzwingung des Kou- dinischen Joches für Wirth und die Seinen. Die Machtprobe, die draußen auf den Gefilden der Schienen zum Austrag kommt, findet ihren Schauvlah auch im Reichstage. Bildet fich eine machtvoll« geschlossene Front in diesem Falle, die fich dem linken Flügel ent- gea-nstemmt, dann ist vielleicht noch Rettung zu erwarten. Sonst müssen wir mit Konsequenzen rechnen, die sogar zu einer Regierungs krise führen können, und was das gerade setzt, im Kinblick auf unsere Außenpolitik, bedeutet, wird sich jeder Einsichtige klar machen können. Es wird sich in dieser Sitzung am Dienstag zeigen, ob die Staatsgewalt Kammer oder Amboß ist. Nochmalige Erhöhung der Personentarife. Slutkaart, 4. Februar. Heber eine wettere Erhöhung der Personentartse auf der Eisenbahn berichtet der Vorstand „Reisender Kaufleute", dessen Vertreter kürzlich eine Besprechung im Reichsverkehrsministerium hatte. In dieser Besprechung erklärte der Vertreter des Reichsverkehrsministeriums, Geheim« rat Knebel, es sei schon jetzt sicher, daß die Erhöhung ab 1. Februar nicht die letzte sein werde, vielmehr würde ihr bald eine wettere Erhöhung der Personensahrpreise folgen. Die Erhöhung der Fahrpreise wegen Lohnerhöhungen und riesiger Steigerung der Beschaffungskosten stünde immer noch in keinem Verhältnis zu den allgemeinen Preissteigerungen. Ein neuer Putsch. Kalle (Saale). 6. Febr. Bei dem in Salle verhafteten Räuberhauptmann Ptättner und acht seiner Spießgesellen fand man Mobtlifierungspläne für einen neuen mitteldeutschen Putsch in aller Ausführlichkeit und anderes wichtiges Material, das hindeuket auf neue Absichten der Kosmiunisten. Auch von anderer Seite, nämlich aus Essen, wird ge meldet, daß Putschabfichten der Kommunisten bestehen. Der Bezirksführer der Reichsgewerkschaft der deutschen Eisenbahn» beamten, Eisenbabndiätar Rost aus Osterfeld, erklärte in einer zu Witten obgehaltenen öffentlichen Versammlung Klipp und klar, der Eisenbahnerstreik verfolge den Zweck, den Sturz der heutigen Regierung herbeizusühren. Die Sattler gegen Ebert. „Die Zeit" läßt fich aus Köln melden, daß gestern in einer Sauptoersommlung der Sattler und Tapezierer Kölns der Reichspräsident Ebert „wegen seiner die Gewerkschaftsbewegung schädigenden Verordnung" fast einstimmig aus der Organisation ausgeschlossen worden sei. KrifiSim Mitteldeutschen Vraunkohlenqebiet. Halle a. S. Die Verhandlungen über den Tarif im Mitteldeutschen Braunkohlengebiet sind nach zweitägiger Dauer als gescheitert zu betrachten. Der vom Schiedsgericht gefällte Schiedsspruch sah eine Verlängerung der Arbeitszeit für Hand werker, sowie eine Lohnkürzung für alle jugendlichen Arbeiter vor. Die Frage des Ausschlusse- der Unorganisierten vom Be züge der Soziallöhne und der Urlaubrbezablunq sollte einer besonderen Regelung Vorbehalten bleiben. Die Arbeitnehmer- Vertreter lehnten diesen Schiedsspruch ab und es wird dadurch wenn nicht fm letz»« Auaenblick noch eine Verständigung erzielt wird, zu schweren wirtschaftlichen Erschütterungen kommen. Die anschließenden Lohnverhandlungen werden ebenfalls als ergeb nislos betrachtet. Erwerbslosenkundgebung in Dresden Etwa 400—500 Erwerbslose zogen unter Führung des berüchtigten Agitators Frenzel vor das Ministerialgebäude in Dresden, um für ihre Forderungen zu demonstrieren. Ihre Absicht, in das Landtagsgebäude einzudrtngen, wurde durch den Pförtner vereitelt. Eine Abordnung der Demonstranten ging mit Frenzel zum Arbeitsminister Risbau. Vorher hotten die Demonstranten auf dem Postplahe einen Zusammenstoß mit der Polizei, weil sie versucht hatten, einem Poli-eikommissar den Säbel zu entreißen. Das Ministerium ist, damit weitere Gewalttätigkeiten abgewendek werden können, polizeilich be seht worden. Dmrcks My M die öffentliche Mtimng. Die nachstehenden Ausführungen entnehmen wir dem neuen höchst bedeutsamen Werke „Bismarcks Sturz" von Privat- dozent Dr. Schüßler. (Verlag von Quelle und Meyer in Leipzig). Auf Grund de- 3. Bandes der „Gedanken und Er innerungen" sowie anderen noch unbekannten Aktenmatertals, erhalten wir ein abgeschlossenes Bild jener gewaltigen Tragödie. Die Politik Wilhelm II. erscheint vielfach in ganz neuer Be ¬ leuchtung, und die Katastrophe von 1918 wird bereits in jener Zeit eivgeleltet. Bi-marck- Stimmung in den Tagen seiner Entlassung wurde durch die^ beispiellose Haltung der Oeffentlichkeit auf- tiefste verbittert. Das Gefühl des unvermeidlichen Geschehens beherrschte Deutschland in dieser weltgeschichtlichen S'unde weit hin: e» blieb stumm. Die großen Massen des Volkes, die anders als die^elngeweihten Führer in Parlament^uno Presse die Dinge nicht In ihren Zusammenhängen und in Ihrer inner! chen Notwendigkeit sahen, empfanden zwar anders; da sie aber kein Organ hatten, und da die Führer schwiegen, schwieg auch das Volk. „Das System Bismarck fällt", schrieb ein demokratische- Blatt, „es stirbt^vb an dem jugendkräftigen Wesen einer neuen Zeit, die sich aus dem Volke heraus offenbart und auch auf der Höhe die Gerster beherrscht . . . Alle bannt das Gefühl, daß ein historischer Prozeß, der unabwendbar sei, sich vollziehe." Am 21. März erhielt das Preußische Abgeordnetenhaus die offizielle Mitteilung von Bismarcks Entlassung. Das Haus verharrte nach der Verlesung in eisigem Schweigen. Und die Frankfurter Zeitung schrieb an demselben Tage: „Die Nation ist ruh'g; nicht ohne Bewegung, aber ohne Furcht vo» der Zukunft sieht das deutsche Volk den gewaltigen Mann aus der Machtfülle scheiden, in der er für die innere Entwicklung seit Jahren ein unüberwindliches Hindernis geworden war . . . Möge auch von ihm gelten, daß nicht wiederkehrt, was einmal gegangen ist; die Nation wird dann den 18. März 1890 bald zu den Tagen zählen, derer man mit Freuden gedenkt." Ist es ein Wunder, daß angesichts diese- Verhaltens die Franzosen fanden, die Deutschen seien kein große- Volk? Sie hätten an der Deutschen Stelle dem Gründer Ihre- Reiche- Abäre^errichtet. Die Spanier »banden selbst den toten Eid noch auf fein Schlachtroß, um e- in den Kampf zu führen und so die Fetnde"zu schrecken. Die Deutschen aber Mieden stumm, als sich ihr Schicksal zugleich mit dem des Fürsten Bismarck entschied. In den Preußischen Jahrbüchern erinnerte Delbrück an einen Gesandtschaftsbericht aus England vom Jahre 1742 nach dem Sturze Robert Walpole-, der Zustände schilderte, die genau auf das Deutschland dirftr Tage paßten: „Was in 28 Jahren nicht gesehen, nicht gehört, nicht geglaubt worden, das hat fich nunmehr begeben; Whiges und Tortes, Patrioten und wie sie alle hießen, seien einig miteinander und wetteiferten miteinander, ihre König-treue und Vaterlandsliebe zu betätigen. Whigs und Tortes wurden bei Hofe gesehen und gnäd'g empfangen; weder im Ober- noch im Unterhause gäbe es eine Opposition; wa ber König vom Parlament fordern^imöge, alles werde ihm bewilligt." Groß war in den hohen Aemtern, an den Regierungs stellen, die Genugtuung über^den Sturz'desM-heriAllmächtigen. Der österreichische Botschafter konnte nicht genug staunen, daß ln den ersten Tagen-jnach Mr'^Entlassung' in den höheren Kreisen der Gesellschaft von diesem Ereignis kaum gesprochen wurde. Mit Entrüstung erlebte er, daß die Leute, die noch rben vor Bismarck und allem, was Bismarck hieß, auf dem Bauche lagen, jetzt auf das unverschämteste das Seziermesser an seine Vergangenheit legten, um seine kleinen Fehler und Schwächen herauszuschälen. Gerade bei) den Mitgliedern der Bundesrates begegnete er der größten Genugtuung. Hätte Fürst Bismarck dem Kaiser geraten, sagte ein BundeSrat-beooll« mächtigter dem Grafen Szechenyr, Schritt zu fahren, wo Seine Majestät Trab anschlogen wollte, so hätte der Ka ser fich gefügt; daß er dem Monarchen das Fahren fader überhaupt verbieten wollte, war zu viel. Beim Ordensfest am 23. März saß der Statthalter Fürst Hohenlohe zwischen den Generälen Stosch und Kamccke. „Ersterer . . . war froh wie ein Schneekönig, daß er jetzt offen reden konnte, und daß der große Mann nicht mehr zu fürchten ist. Dies behagliche Gefühl ist hier vor herrschend." Wenige Monate später merkte er, daß in den hohen Regionen Berlin- alle Individuen geschwollen sein, daß jeder einzelne sich fühle. „Während früher unter dem vor wiegenden Einfluß dcs Fürsten Bismarck die Individuen ein- geschrumpfl^und gedrückt waren, sind sie jetzt alle aufgegangen wie Schwämme, die man ins Wasser gelegt hat " Nach dem Tode Friedrichs de- Großen war es geradeso gewesen, und dieselben Leute, die sich damals mit ihrer neuesten Weisheit brüsteten, führten Preußen dem Tage von . Jena ent gegen. Das war zwanzig Jahre, nachdem Friedrich der ' Einzige in die Unsterblichkeit eingegangen war. Zwanzig Jahre nach Bismarcks Tod endete das von ihm gegründete deutsche Kaiserreich. In trauriger, durch den widerlichen Jubel der Gegner weiter verdüsterter Stimmung empfing und machte Bismarck Abschiedsbesuche.