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Nachrichten für Naunhof 32. Jahrgang Freitag, den 21. Januar 1921 Nummer 9 und Umgegend (Albrechtshain, Ammelshain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fnchshain, Groß- und Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Standtnitz, Threna usw.) Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupkmannschast Grimma und des Stadtrates zu Naunhof. Erscheint wöchentlich S mal: Dienstag, Donnerstag, Sonnabend, nachm. 4 Uhr: für den folgenden Tag. Bezugspreis: Monatlich Mk. 3.-, V,jährlich Mk. 9.—, : durch die Post bezogen etnschl. der Postgebühren Md. 9.75. Im Falle höherer: Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger Störungen des Betriebes, hat der Bezieher: keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Rückzahlung des Bezugspreises.: Fernruf: Amt Naunhof Nr. 2 - - - Anrcigenpreise: Die ggelpaltenc Korpuszeile 60 Psg., auswärts 75 Pfg. Amt. - : licbcr Teil Mk. 1.20. Rcktainkzetle Mk. l.20. Deilagegebühr pro Kundert MK.2.—.: : An,, hme der Anzeigen bis spätestens W Uhr vormittags des Erscheinungslages,: : g-öjz re noch früher. — Atle Anzeigm-Vermittlungen nehmen Aufträge entgegen. — ; : Beit-üungkn werden von den Austrägern oder in der Geschäftsstelle angenommen.: Dn:ck und Verlag: bin.', äl Eule. Nannhof bei Leipzig, Markl 2. Amtliches. In der Woche vom 17.-23. Januar 1921 erhalten Versorgungs- bsrechtigte 100 Zr Schweineschmalz 3.30 Mk. auf den Abschnitt der Fettmarke V. Grimma, 18. Januar 1921. 15b ffe. Der Bezirksverband der Amtshauptmannschaft. Brikett-Verkauf. Sonnabend, den LL Januar IS2L vormittags von S—/zlL u. nachmittags 1—4 Uhr wird im Schtrach'schen Grundstück, Bahnhofstraße 18 1 Zentner Brikett zum Preise von 17 Mk. gegen Abschnetden der rechten oberen Ecke der sämtlichen Kausbrandkohlenkarten abgegeben. Die Kohlengrundkarten find dabei vorzulegen. Naunhof, am 18. Januar 1921. Der Bürgermeister. Verständigung? Es klingt fast wie eine Ironie auf die ewige Ver- anstaltung von Konferenzen, nationalen und internatto- n rlen, mit denen die heute Regierenden sich gar nicht ge- - tg tun könen, scheint aber den Tatsachen zu entsprechen, raß nicht in Brüssel, sondern während der Pause, die man zwischen die dortigen Sachvcrständigenverhandlungen wgen Ende des vorigen Jahres eingelegt hat, eine An- iherung der beiden Parteien, die sich in der Kriegsent schädigungsfrage bisher völlig unversöhnlich gegenüber gestanden haben, erzielt worden ist. Nach heute vorliegen den Andeutungen scheinen der französische und der eng- l sche Botschafter in Berlin in unmittelbaren Besprechun- cen mit unserem Minister des Auswärtigen in den ersten Tagen dieses Jahres Vorschläge gemacht zu haben, die zwar mit unseren eigenen Wünschen selbstverständlich nicht ?:n entferntesten übereinstimmen, die aber doch erwägens- wert sind und zum mindesten als Ausgangspunkt erfolg oersprechender, gemeinschaftlicher Überlegungen dienen lonnen. Wenigstens gewinnt man nach dem, was bis jetzt darüber bekannt geworden ist, den Eindruck, daß diesmal Berlin vielleicht eher zu einer Verständigung führen könnte als Brüssel. Was bei den neuen Vorschlägen allerdings zunächst in die Augen springt, ist die Tatsache, daß uns abermals cin Verzicht auf eine der wesentlichsten Bestimmungen des Friedensvertrages zugemutet wird. Danach ist die Entente bekanntlich verpflichtet, uns spätestens bis zum 1. Mai 1921 wissen zu lassen, welche Höchstsumme sie insgesamt von uns als Kriegsschadensersatz in Anspruch nehmen will. Laß die Franzosen insbesonders bisher über die Größe ihrer materiellen Verluste noch gar nicht ins Reine kommen konnten, liegt gewiß nicht an diesen Verlusten, sondern lediglich an der Entschlossenheit ihrer Führer, diese Vertragsbestimmung als Hebel zu benutzen, mit dem üe dauernd auf die Gesamtlage Deutschlands einwirken können und sie je nach dem ihren eigenen Interessen dienstbar zu machen. Aus einer rein finanziellen Be stimmung hat man sich aus diese Weise ein moralisch-poli tisches Druckmittel zurechtgelegt, das man um keinen Preis der Welt aus der Hand geben möchte. Nach außen hin hat diese Umwandlung in der Weise Gestalt gewonnen, daß man erklärte, sich zunächst mit Jahresfestsetzung begnügen ;u wollen, um später, je nach dem Grade der Erholung des deutschen Volkes von den wirtschaftlichen Folgen des Krieges, die Ersatzschraube nur um so fester anziehen zu können. An diesem G nudgedanken ist auch bei den jüng- sen Berliner Besprechungen festgehalten worden. Wenn unser Minister des Äußeren Dr. Simons ihn nicht mehr non vornherein ablehnte, sondern nach Befragung des Ka- binetts wie der Fachleute aus allen Regierungsabteilun- gen sich bereit erklärte, über die so unmittelbar an ihn herangetretene Frage Wetter zu verhandeln, so selbstver ständlich unter der Voraussetzung bestimmter Gegenleistun gen ar f anderen Gebieten, die wiederum uns außer ordentlich am Hc.zen liegen. Die Frcmzosen sollen von vor läufigen Jahresleistungen im Betrage von drei Milliar den Goldmark gesprochen haben, was selbstverständlich als gänzlich ausgeschlossen zurückgewiesen wurde. Auch bei dieser Gelegenheit kam zur Sprache, daß man sich in Frank reich noch immer von der Leistungsfähigkeit Deutschlands Vorstellungen zu machen scheint, die vor der Wirklichkeit ganz und gar nicht standzuhalten vermögen, was von der Gegenseite Wohl zugegeben, aber damit entschuldigt wurde, daß nun einmal die Forderungen und Erwartungen in England und Frankreich so hoch geschraubt worden seien, und daß es nunmehr schwer sei, das Volk an geringere Siegesfrüchte zu gewöhnen. Auch darüber wurde von unserer Sette ein deutliches Wort geredet, daß man in Frankreich insbesondere immer noch sich so stelle, als hätte Deutschland so gut wie gar nichts geleistet, während in Wahrheit doch schon viele Milliarden der deutschen Werte über unsere Grenze gewandert sind. Hier müsse eine ganz andere Art der Buchung, der Anrechnung erfolgen, und zwar in ganz unmißverständlicher Weise, damit nicht immer die Leidenschaften gegen uns mit der unwahren Behauptung von unserem bösen Willen aufs neue aufge- pettscht werden können. Ob diese Auseiuandersetznngen freilich in Paris einen ühlbaren Niederschlag zeitigen werden, ist durchaus nicht oyue weiteres anzuneymen, aber immerhin, von der Ge legenheit, mit den Herren ans deutschem Boden einmal ein deutsches Wort zu sprechen, ist wenigstens Gebrauch gemacht worden, und ihr weiteres Verhalten wird ja zei- gen, ob Herr Dr. Simons auch diesmal lediglich in den Wind gesprochen hat. Mit der gleichen Deutlichkeit hat er betont, daß jährliche Zahlungen keinesfalls in bar, sondern nur in Gestalt von Warenlieferungen geleistet werden könnten, womit es wohl zusammenhängt, das; neuerdings auch Hugo Sünnes mit mehreren Arbeitervertretern zur Wiederaufnahme der Sachverständigcnberatungen nach Brüssel gesandt worden ist. Dort wird nun Wohl zunächst der Ort sein, wo die in Berlin hergestellte leichte An näherung der beiderseitigen Standpunkte weiter zu ver folgen ist. Die deutsche Regierung scheint jedenfalls bereit zu sein, falls die von ihr geltend gemachten Gegenseitig kitswünsche eine entsprechende Berücksichtigung erfahren, die ihr unterbreiteten Vorschläge als neue Verhandlungs grundlage anzunebmen. Sie würde das um so eher zu tun in der Lage sein, als zu gleicher Zeit die schon lange schwebenden Krcdiwerhandlungen mit Amerika dem Ab schluß näher gekommen sind. Wir würden dadurch in der Lage sein, unserer Industrie dieieniaen Rohstoffe zuzu führen, die sie braucht, um nach Frankreich hin die ausbe- mngenen Warenlieferungen Herstellen zu können. Eine kleine Erleichterung also, wenn man will, zum wenigsten die Aussicht auf Entspannung. Nimmt man hin zu, daß mit Herrn Briand ein Mann an die Spitze der französischen Regierung getreten ist, der solchen Verständi gungen mit Deutschland grundsätzlich nicht abgeneigt ist, so möchte man wirklich hoffen, daß nun nach endlosen Reden und Verhandlungen der Weg zu einer praktischen Verständigung, auf diesem einen Gebiete zunächst er schlossen sei. Aber wir wollen nicht vergessen, daß wir erst am Anfang dieser Ausgleichsmöglichkeft stehen, daß jeden Tag neue Zwischenfälle sich ereignen können, die diese ganz furchtsam sich hervorwagenden Keime einer wirklich auf Gegenseitigkeit beruhenden Vereinbarung wieder zrmich^ machen können. Entwaffnung und Entschädigung. Der Standpunkt der englischen Regierung. Das Reutersche Bureau erfährt von maßgebender Seite zu der bevorstehenden Pariser Konferenz, die briti sche Ansicht gehe dahin, daß eine Einigung in der Ent waffnungsfrage wahrscheinlich bald gefunden werden wird, ohne daß lange Erörterungen dazu notwendig sind. Mit Bezug auf die Reparation halte man es nicht für möglich, daß irgend etwas einer endgültigen Regelung Gleichkommendes auf der Pariser Konferenz erwartet werden kann. Wahrscheinlich werde man in dieser Frage nicht über einen allgemeinen Meinungsaustausch hinaus kommen. Man sei in London der Ansicht, daß sich nichts End gültiges ergeben kann, bevor weitere Nachrichten aus Deutschland vorliegen. In der Entschädigungsangelegen heit sei die Frage nicht nur, was die Alliierten wollten, sondern was sie bekommey könnten. Griechenland gegenüber werde Großbritannien be stimmt große Zurückhaltung üben und Gelegenheit zu ge nauerer Beachtung der Entwicklung wünschen, bevor es seine Haltung, die es von jeher in der türkischen Frage ein genommen hat, ändere. Jedoch auch hier seien die eng lischen Bevollmächtigten zu weitesten Erörterungen bereit. polnische Quertreibereien. Protest der Reichsregieruug. Von zuständiger Seite wird mitgeteilt: Nach dem Friedensvertragc ist die polnische und die deutsche Regie rung gehalten, allen Abstimmungsberechtigten die Aus übung ihres Wahlrechts zu gewährleisten. Nach hier vor liegenden einwandfreien Nachrichten hat die polnische Re gierung bereits jetzt den in den abgetretenen Gebieten wohnenden Oberschlesiern, soweit sie im Verdacht stehen, deutsch stimmen zu wollen, Schwierigkeiten bereitet bei der Beschaffung der Legitimattonspapiere. Die polnische Re gierung ist anscheinend gewillt, die Ausreise aller Stimm berechtigten zu verhindern, deren Stimmen sie nicht ganz sicher ist. Dieses Vorgehen steht im Widerspruch zu den Bestimmungen des Friedensvertrages. Ebenso wie die deutsche Regierung den Oberschleflern im Reiche ihr Ab- stimmungsrecht innerhalb der gesetzlichen Bestimmungen gewährleistet, muß verlangt werden, daß auch den Ober schlesiern in Polen dieses Recht gesichert bleibt. Die deutsche Rcgiermrg hat sich veranlaßt gesehen, deshalb bei der polnischen Negierung Vorstellungen zu er heben und die Botschafterkonferenz auf diesen Zustand hin zuweisen. Die deutsche Regierung hat auch in der Ange legenheit Brauweiler einen Protest an General Le Rond gerichtet, der durch den Fürsten Hatzfeld übergeben worden ist. Politische Rundschau. Deutsches Reich. „Im Interesse der Wahrheit." " ' Der französische Kreiskontrolleur von Kattowltz-Stadt sendet an die Presse eine längere Zuschrift — im Interesse der Wahrheit, wie er sagt — zur Ausweisung des früheren Reichsministers Gothein aus Oberschlesten. Diese Zu ¬ schrift enthält nichts Tatsächliches, als nur die Versiche rung, daß Reichsminister Gothein von der interalliierten Behörde mit dem größten Entgegenkommen behandelt worden sei, wie es seiner Persönlichkeit und seinem Alter entsprochen habe. Ostpreußen in Gefahr! Den Mitgliedern des Reichskabinetts wurde ein von der Deutschdemokratischen Partei, der Deutschnattonalen Volkspartei, der Deutschen Volkspartei und der Zentrums- Partei unterzeichnetes Schreiben übermittelt, in welchem gegen die von der Entente verlangte Entwaffnung der Festungen Königsberg i. Pr., Pillau und Lötzen protestiert wird, da hierdurch die Provinz Ostpreußen jedem feind lichen Angriff wehrlos preisgegeben würde. Die gesamte Bevölkerung Ostpreußens ohne Unterschied der Partei sehe durch solche Entwaffnung die letzte Möglichkeit einer Verteidigung ihrer Heimat schwinden. Heute, wo die Ge fahr von außen immer drohender werde, müsse die Reichs- rcgierung nachdrücklichst dafür eintreten, daß die Festungen nicht entwaffnet werden. Der „teure" Oberkommissar. Die Kommission des Auswärtigen Amtes des Land tages von Danzig hat die Einkommenfrage des inter alliierten Oberkommissars beraten. Es ist entschieden worden, daß die Kosten teils von der Stadt Danzig, teils von der polnischen Republik gedeckt werden in der Weise, daß auf jeden der beiden Teile 50 000 Frank in Gold ent fallen. Wiener Märchen. " " Die von Wien verbreitete Meldung über eine Ver schwörung des früheren Deutschen Kaisers und des Kron prinzen und über den von Holland angeblich auSge- drückten Wunsch, sie möchten Holland verlassen, entbehrt, wie die Niederländische Tclegraphenagentur halbamtlich meldet, jeder Begründung. Deutsches Papiergeld im Ausland. In Beantwortung einer Frage der Entente erklärt die Reichsregierung, daß die Summen des im AMland befindlichen Papiergeldes zusammen mit den vom Aus land gewährten Kredit auf etwa 70 Milliarden zu be ziffern ist. Deutsch-Österreich. Frankreich und der Gesandtenposten in Berlin. Aus Wien wird gemeldet, daß in der letzten Sitzung der Groß deutschen Vereinigung Dr. Langenhan mit 15 gegen 3 Stimmen, die auf den Sektionschef Riedl entfielen, als Kandidat für den Posten des Berliner Gesandten vorge schlagen wurde. Von französischer und tschechischer Seite sei gegen Dr. Langenhan aber entschiedener Einspruch er hoben worden. Frankreich erklärte, es müsse die Besetzung des Berliner Postens durch einen so ausgesprochen an- schlußfrcundlicheu Politiker wie Dr. Langenhan als einen unfreundlichen Akt der österreichischen Regierung be trachten. Belgien. Die flämische Geistlichkeit gegen Kardinal Mercier. Wie aus Rom gemeldet wird, geht in den Kreisen des Vatikans das Gerücht, daß 227 Prälaten der flämischen Region sich an den Papst gewandt und ihn gebeten haben, den Kardinal Mercier seiner Würde zu entheben. Holland. Der deutsche Kronprinz unter polizeilicher Aufsicht. Die holländische Regierung hat sich veranlaßt gesehen, die Polizeiabteilung auf der Insel Wieringen, die bekanntlich der Wohnsitz des deutschen Kronprinzen ist, zu verstärken. Künftighin werden dem Kronprinzen bei jedem Ausgang zwei Polizeiagenten auf dem Rade folgen. Der deutsche Kronprinz teilte einem Pressevertreter mit, daß er gern in seinem Vaterlande für den Wiederaufbau Deutschlands sich betätigen wolle, es aber unterlassen müsse, um seinen Feinden nicht Gelegenheit zu geben, von „monarchistischen Plänen" zu sprechen. Grohbritannlen. Terroristische Sinnseiner. In London wurden 6 Per sonen, von denen eine, wie man annimmt der Führer der terroristischen Sinnfeinerbewegung in England ist, im Zu sammenhang mit dem vor kurzem stattgefundenen Versuch, Petrolcumlager in Brand zu stecken, von bewaffneten Ge heimpolizisten verhaftet. Eine Unmenge von Drucksachen wurde beschlagnahmt. Spanien. Einschreiten gegen die Kommunisten. Der syndika listische Führer Jose Maria Vinelas ist in Santander ein- getrofsen, von wo aus er nach Duefo deportiert werden sott. 20 Gendarmen begleiteten ihn. Als die Polizei den extremistischen Syndikalisten Cadaller verhaften wollte, kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und den Extremisten. Revolverschüsse wurden gewechselt, und der Syndikalist Cadaller wurde tödlich verwundet. Cadaller wurde schließlich in Gewahrsam genommen. Deutschland unter Zwangsverwattung. Loucheur als Liquidator. Der neue französische Minister Loucheur, einer der tarken Männer, erklärte einem Pressevertreter, man werde nicht warten, bis Deutschland sagt, daß es bankrott sei. Man werde vielmehr gleich die ganze deutsche Verwaltung