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Fernsprecher Nr. 22. .'»<« „Sächsische Cibzcitunst" ^«scheint Dienstag, Donucrs- t«ß end Sonnabend. Die Msgabe des Blattes erfolgt Logs vorher nachni. 4 Uhr. AbonnementS-PreiS viertel jährlich 1.50 Mk, ümonatlich 1 Vlk, I monatlich 5» Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. Me kaiserlich. Postanstaltcn, Postboten, sowie die ZeitunMrägcr nehme» stet« Bcstcilnngctt ans die .Sächsische Elbzeit»»»" an. Däglichc Noman-Veilage. Sonnabends: .»Akustrierte« UnterhaltnngSblatt". 5HWe LkzeitiiW. Amtsb!«tt sir iis N»iB>Iik AmiS^richi. dis BchiW HiWizElMi md ko Tiidini p Lchiedi«, smie sir drii SiMWtindmi z» Hehnftti». Bcranlwortlichcr Nedaktenr: Hugo Lehman«, Schandan. — Druck und Verlag: Legler L Zeuuer Nachs. U«l.-Adr. : Elbzeitung. Anzeigen, bei der weiten Ver breitung d. Bl. von großer Wirkung, sind Montags Mittwochs und Freitags bis spätestens vormittags !) Uhr anfzugebcn. Preis für die 5 gespaltene Pctitzeile oder deren Raum 15 Pfg. (tabel larische und komplizierte An zeigen nach Ucbcrcinknnft.) 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Das ist ein schwerer Mangel, und daß er doch noch empfunden wird, daß der Hunger nach ernsterem, größerem nicht ganz tot ist, das zeigen die Kirchen am Bußtage und anderen Festen. Wie er klärt sich das anders, als daß noch in den Tiefen der der Seele etwas lebt, was nach Befriedigung drängt? Wenn aber nun einmal die Tiefen der Seele, ihr eigenes inneres Leben, zu vollem Bewußtsein und mit Kraft erwachten — dann ist es wie ein brausender Berg strom, der alle Schranken bricht. Dann ist es vorbei mit dem Wohlgefallen an Aeußerlichkeiten, dann sängt die Seele an zu schreien „wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser", dann Hilst ihr nichts und „wenn sie die ganze Welt gewänne." Mannigfach sind die Wege zu solchem Seelencrwachen: ein großer Schmerz, eine überwältigende Freude, ein Wort oft können das Feuer der Seele entzünden. Es ist ein Gotteswerk, wenn cs geschieht. Fangen aber der Seele Tiefen zu leben an, so heißt die Losung Kamps! Mit einem Schlage ist es vorbei mit einer anderen Acußerlichkeit; mit der Selbstzufrieden heit und dem Wohlgefallen an uns selbst. Das ist eine unbestreitbare Menschhcitserfahrnng. Darum hören wir schon aus grauer Vorzeit die herzbewegenden Klänge: „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir." Darum ruft Martin Luthers erste These zur Buße auf. Darum end lich sind alle großen Stunden in der Geschichte unseres Volkes, wo die Tiefen seiner Seele erbebten, Buß- und Bettage gewesen. So war es 1813, so war es 1870! Unseres Volkes größte Gefahr ist die Verflachung seiner Seelen. Glücklich der, der die Tiefen seiner Seele auswcckeu könnte zu kraftvollem Leben. Dann würde es ein Erwachen zu tatkräftiger Buße sein, ein großer Buß- und Bettag, eine Umkehr zu dem alten ewigen Gott mit dem aus der Tiefe der Seele kommenden Rus: „Aus tiefer Not schrei' ich zu Dir." Wenn doch die Tiefen erwachten! Politische Tagesübersicht. * Zum MgicrungSinluliimn des Kniscrö werden in Berlin der Erzherzog-Thronsolger Franz Ferdinand und der König von Italien cintreffen. * Ein Besuch der Kaiserin mit dem Brautpaare in Gmunden ist voraussichtlich für die nächste Woche zu erwarten. * Gestern vormittag nahm Sc. Maj. der König die Vorträge der Herren Staatsminister und des Kabinetts sekretärs entgegen. Um 6 Uhr sand bei Sr. Maj. eine größere sog. Staatsdiener-Tafel statt. " Wie halbamtlich mitgcteilt wird, wird der bisherige preußische Gesandte am Darmstädter Hofe, Freiherr von Ienisch, der bereits für den Posten des Kaiserlichen Botschafters in Nom bestimmt war, diesen nicht antrcten. Beim Freiherrn von Ienisch hat sich Ende vorigen Monats ein Herzleiden eingestellt. Dies hat ihn nun mehr veranlaßt, seinen Abschied aus dem Reichs- und Staatsdienst zu nehmen. An seiner Stelle ist der bis herige Kaiserliche Gesandte in Brüssel von Flotow für den Botschafterposten in Rom ausersehen. * Folgen des Straßburger Alarms. In Straßburg wird der Rücktritt des Gouverneurs, Generals der Infanterie Freiherrn v. Eglosfstein, im Anschluß an den falschen Kaiseralarm als bevorstehend angesehen. Als Nachfolger wird der Generalleutnant v. Deimling, der bekannte Südwestasrikaner und Kommandeur der 29. Division in Freiburg, genannt. Infolge der bei dem ganzen Alarm heroorgetretenen Schwächen des Meldungs wesens wird ein neues Lhiffriershstem ausgebeben, das nur den behördlichen Abgangs- und Empfangsstationen verständlich sein wird. -j- Don einer Dresdner Zeitung wurde vor einigen Tagen gemeldet, daß neue Verhandlungen zwischen der deutschen und österreichischen Regierung zur Frage der SchiffahrtSabgabeu auf der Elbe erwartet werden, weil im österreichischen Wasserstraßenausschusse neuerdings die Regulierung der Elbe in Böhmen von Melnik bis zur sächsischen Grenze gefordert würde. Für den Fall der Bewilligung dieser Forderung sollen Schisfahrtsabgaben in Deutschland angeblich unerläßlich sein, da die deutschen Anliegerstaaten infolge der durch die Regulierung der Elbe in Böhmen notwendig werdenden wasserwirtschaft lichen Arbeiten in ihrem Gebiete zur Abgabeneinhebung gezwungen wären, um deren Kosten zu decken. Nachdem diese Mitteilung auch in auswärtige Zeitungen über- gegangcn, also ernst genommen worden ist, erscheint eine Klarstellung geboten. Jener Mitteilung liegt offenbar eine völlige Unkenntnis der Sachlage zu Grunde. Eine Regulierung der Elbe von Melnik bis zur sächsischen Grenze ist weder geplant noch gefordert worden. Ge meint ist wahrscheinlich die Kanalisierung der Elbe von Melnik bis Aussig im Anschluß an die Moldaukanalisierung von Prag bis Melnik. Diese Kanalisierung wird aber nicht erst gefordert werden, sondern sie ist längst be schlossen worden und schon zu einem großen Teil fertig- gestellt, nachdem der erste Teil des Unternehmens, die Moldaukanalisierung, schon vor mehreren Jahren dem Verkehr übergeben worden war. Von einer Verquickung dieser Kanalisierung mit der Schiffahrtsabgabenfrage ist nie die Rede gewesen, und es ist auch völlig unverständ lich, inwiefern die deutschen Anliegerstaaten infolge dieser Kanalisicrungsarbeiten auf die Erhebung von Schiffahrts abgaben in ihrem Gebiete angewiesen sein sollen. Jeden falls zwingt die Kanalisierung die deutschen Anlieger staaten in keiner Weise, ihrerseits wasserwirtschaftliche Arbeiten in Aussicht zu nehmen. Die Kosten der Kanalisierung trägt Böhmen allein. Auch ohne die neueste deutsche gesetzgeberische Aktion hätte man österreichischer seits das Recht, auf der kanalisierten Moldau und Elbe Schisfahrtsabgaben in der Form von Schleusengebühren zu erheben, wie das preußischerseits auf dem kanalisierten Main schon seit Jahren geschieht. In Oesterreich steht man auf dem auch von den deutschen Gegnern von Schisfahrtsabgaben immer wieder vertretenen Standpunkte, daß die zur Hebung der Schiffahrt aufgewendeten Kosten ihren Ausgleich in der dadurch verursachten Förderung von Handel, Industrie und Landwirtschaft und der Steigerung ihrer Steuerkraft finden. Deshalb hat man sogar auf die Erhebung der Schleusengebühren verzichtet, obwohl mau dazu ohne weiteres berechtigt gewesen wäre. * Audienz sächsischer Gastwirte. Staatsminister Gras Vitzthum v. Eckstädt empfing vor einigen Tagen im Ministerium des Innern in Gegenwart mehrerer Räte eine Abordnung des Sächsischen Gastwirtsverbandes, be stehend aus den Vorstandsmitgliedern Treutler und Franke in Leipzig. Die Herren trugen dem Minister die Wünsche der Gastwirte zu der Abänderung des 8 33 der Gewerbe ordnung vor, wobei die Bedürfnisfrage, die Konzessionierung der privaten Kostgebercien und Privathotels, das Stell vertreterwesen der sog. alkoholfreien Casös, die rechtzeitige Benachrichtigung der Gastwirtsvereine bei Konzessionser teilungen und andere Fragen behandelt wurden. Gras Vitzthum informierte sich eingehend über alle das Gast wirtsgewerbe interessierenden Angelegenheiten und sagte in manchen Fragen seine besondere Unterstützung zu. Am Schlüsse der Audienz wurde dem Minister eine die speziellen Wünsche der Gastwirte enthaltende Denkschrift überreicht. * Krankcnkllsscn und Leipziger Berbuud. Die Einigungs verhandlungen zwischen Krankenkassen und Aerzten, die vom Reichsamt des Innern und dem preußischen Ministerium des Innern eingeleitet worden waren, schei terten bekanntlich, weil der Leipziger Aerzteverband darauf bestand, daß nur Aerztekreise seiner Richtung an den Verhandlungen teilnähmen, und daß nicht auf der Grund lage der von der Regierung, sondern auf der Grundlage der von ihm aufgestellten Bedingungen verhandelt würde. In letzter Zeit ist von verschiedenen Seiten, auch im Reichstage und im preußischen Abgeordnetenhause, an geregt worden, die Regierung möge erneut einen Der- ständigungsversuch unternehmen, um den drohenden all gemeinen Kampf bei der Einführung der Reichsversicherungs ordnung Ende dieses Iaahres zu verhindern. Wie die „Inf." dazu erfährt, wird weder die Neichsregierung, noch die preußische Regierung diesen Anregungen Folge geben. Die Regierungen werden vielmehr den Gang der Ereignisse abwarten. Die Träger der öffentlichen Krankenversicherung dürfen aber damit rechnen, daß die Regierungen sie vor ungerechtfertigten Forderungen schützen werden. * Dem Kanalprojckt Leipzig—Berlin über Eilenburg, Torgau und Potsdam hat die Potsdamer Stadtver ordnetenversammlung prinzipiell zugestimmt. Die Aus führung des Projektes unter Benutzung des Wasserlaufs der Nuthe würde die Verhältnisse der Nuthe in einer für Potsdam sehr günstigen Weise regeln. Die Stadt hat sich daher zur Förderung des Projektes bereit erklärt. * Der Bund der Landwirtc trat gestern in Berlin unter starker Beteiligung zu seiner Gcncrnlbtrsnmmlnng zusammen. -j- Die zwei treue» Kaincradt» Dculschlmid und Oester reich beim 12. Deutsche» Tttriifcst i» Leipzig. Der Turn ausschuß der Deutschen Turnerschaft hat einstimmig be schlossen, beim Ausschuß dieser Körperschaft zu beantragen, daß der Turnkreis Deutsch-Oesterreich zum Leipziger Turnfest eingcladen werde. Es dürste bekannt sein, daß dieser Turnkreis vor mehreren Jahren infolge der Arier- srage aus der Gemeinschaft der Deutschen Turnerschast ausschied. Zwar fehlten z. B. auf dem Frankfurter Turnfest 1908 die Oesterreicher nicht, aber sie waren nicht offiziell eingeladen worden. Für Leipzig nun ist zu er warten, daß eine besondere Einladung an diesen großen Turnkreis ergehen wird. Wie 1863 das 3. Deutsche Turnsest in Leipzig ein großes Verbrüderungsfest aller deutschen Stämme war, das die Begeisterung sür Deutsch lands Einigung weckte, so soll auch das Leipziger Fest von 1913 eine Verbrüderung der rcichsdeutschen Turner mit den Turnern Deutsch-Oesterreichs bedeuten. * Um jede »»»ötige Bcuilruhigtlng dcr Sparer zu verhindern, haben sich mehrere Handelskammern an den Deutschen Handclstag mit der Anfrage gewandt, ob nicht dagegen etwas unternommen werden könnte, daß durch beunruhigende Zeitungsnachrichten über Kriegsgefahr die Bevölkerung namentlich aus dem Lande und in den Kleinstädten veranlaßt werde, ihre Guthaben bei den Banken und Sparkassen abzuheben. Dadurch habe auch das Geschäft im allgemeinen stark gelitten, und im Bau geschäft wären wegen Unlust zu größeren Unternehmungen Stockungen eingetreten. Der Deutsche Handelstag möge auf Abhilfe bedacht sein; vielleicht empfehle sich eine Mahnung an die Depeschenbureaus, sich eingehend zu unterrichten, ehe sie gefährliche Gerüchte in die Welt setzen, ferner die Bitte an die Reichsverwaltung, etwaige falsche Sensationsnachrichten sofort in ihren Organen be richtigen zu lassen. Frankreich. * Heute wird die Einsetzung d es neuen Staats- chefs unter feierlichem Gepränge vor sich gehen. Nach der Uebcrgabe des Amtes durch den Präsidenten Fallidres an seinen Nachfolger begeben sich der alte und der neue Präsident im Galawagen, begleitet von sämtlichen Ministern, nach dem Rathause, wo in Anwesenheit des gesamten Stadtrats noch eine Feierlichkeit stattfindet. Marokko. * Keine Eisenbahnkonzession an Deutsch land. Gegenüber der Meldung eines Madrider Blattes, wonach eine spanische Gesellschaft die ihr in der Gegend von Elksar erteilte Eisenbahnkonzession einer deutschen Gruppe abgetreten und hierdurch eine diplomatische Be schwerde Frankreichs bei der spanischen Regierung her- vorgerusen habe, wird in einer anscheinend offiziösen Mit teilung erklärt, daß in hiesigen zuständigen Kreisen über einen solchen Vorfall nichts bekannt sei. Mexiko. * Der Waffenstillstand ist gestern vormittag für beendigt erklärt worden. Der Kamps wurde aus beiden Seiten mit großer Heftigkeit wieder ausgenommen. Jur Balkanfrage. — Einem Telegramm der Londoner „Central News" aus Konstantinopel zufolge wurde Sonntag abend ein Attentat aus Enver Bey verübt. Er soll schwer verwundet sein. — Nach anderweiten Nachrichten hat sich Enver Bei, nachdem die von ihm organisierte Lan dung von Truppen in Gallipoli mißlungen war, auf das Kriegsschiff „Haireddin Barbarossa" begeben, weil er die Rache gewisser Offiziere sürchtete, die ihm den Tod Nazim Paschas nicht vergeben können. Die ganze Expedition, die sich auf 45 Transportschiffe verteilte, liegt vorläufig untätig in der Nähe der Küste von Gallipoli verankert. Die Vorbereitungen zur Landung der Truppen waren vollkommen ungenügend. Seit dem 8. d. M. lag die Flotte vor Tscharköj, endlich geland es, 4000 Mann zu landen. Aber die Bulgaren entdeckten, was vor sich