Volltext Seite (XML)
Fernsprecher Nr. 22 Die ^Sächsische Elbzcitunq" erscheint DicnStag.DonuerS- tcig nnd Sonnabend. Die ÄiiSqabc des Blattes erfolg« Tags vorher nachni. 4 Uhr. Vlbonnemcnts-Prcis vicrlel- sährlich I.W Mk, 2monnllich 1 Mk, 1 monatlich 5« Pfg. Einzelne 9!i»nnicrn 10 Pfg. ?ltlc kaiserlich. Postanstalicn, Postboten, sowie die Zellnngsträgcr nehmen Kels Bestellungen ans die «Sächsische Abzcitnn»" an. Tägliche Roman-Beilage. Sonnabends: „JllnstrierteS NnterhaltungSblatt". 5WWe LözeiliiU. Amtsblsti sül des A«ils«niiljl. ks Aiiüiiillt öWl.B»l m!> itt« Llidlisl j» AM«. s»it siir St« §l«dl^mki«dkral g H«h«siki«. Bcrantivortlichcr Redakteur: Hugo Lehmann, Schandau. — Druck und Verlag: Legler L Zeuner Nachs. Tel.-Adr.: Elbzeitung. Anzeigen, bei der weiten Ver breitung d. Bl. vox große! Wirkung, sind Montags Mittwochs und Freitags bis svätcslcns vormittags 9 Ubr anfzugebcn. Preis für die 5 gehaltene Pctitzeile oder deren Raum 15 Pfg. (tabel larische nud komplizierte An- zcigcu nach Ilcbcrcinkiuift.) Auswärtige Auzeigcu 20Psg. „Eingesandt" und „Reklame' 50 Pfg. die Zeile. Bei Wiederholungen ent sprechender Rabatt. Alle 14 Tage: „Landwirtsch. Beilage." In scrat c n-A n u a hm c st c l le n: In Schandau: Expedition Zankenslraßc 184; in Dresden nnd Leipzig: die Annoucen-Bureaus von Haasenstciu L Vogler, Jnvalidendank nnd Rudolf Mosse; . in Frankfurt a. M.: G. L. Daube L Eo. Nr. 130. 5/. Jahrgang. Schandau, Donnerstag, den 30. Oktober 1913. Amtlicher Teil. Das Konknröverfahren über das Vermögen des Maler- meisteret Gnstav Adolf Schödel in Schandau wird nach Abhaltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Schandau, den 27. Oktober 1918. Königliches Amtsgericht. Das .Konkursverfahren über das Vermögen des Dach- deckermeistcrS Franz Rietschel in Schandau wird nach Ab haltung des Schlusstermins hierdurch aufgehoben. Schandau, den 28. Oktober 1918. .Königliches Amtsgericht. Nichtamtlicher Teil. Des Neformationsfestes wegen gelangt die nächste Nummer am MV" Sonnabend mittag zur Ausgabe. ^NUrülb insbesondere Jahrmarkts-Anzeigen, siir die nächste Numnier bitten wir bis HM" Donnerstag abend "W8 aufzugeben. Zum Reformationsfest. Der 31. Oktober bleibt siir alle Zeit ein Tag, an dem unser deutsches evangelisches Volk seinem Gotte nicht genug danken kann. Mit dem Namen Dr. Martin Luthers verknüpft sich das Größte und Beste, das unser Volk sein eigen nennt: Gewissensfreiheit und Glaubens- gcwißheit, Gottvertraucn und Bekenntnisfreudigkeit. Ganz gewiß wollen wir's nie vergessen, daß Luther uns von Roms Fesseln frei gemacht hat: aber das Beste an unserm Luther ist doch, daß er nicht bloß Altes, Morsches zerstörte, sondern daß er auch Neues mit starker Hand und sreiem Blick ausbaute. Nicht nur los von Rom, sondern auch hin zum Evangelium hat uns der große Mann von Wittenberg geführt — dazu gab er seinem Volke die deutsche Bibel uud den Katechismus in die Hände, dazu hat er sein Volk in deutschen Lauten seinem Gotte singen, hat es kindlich beten gelehrt. — Noch vier kurze Jahre, und wir feiern, wenn Gott es uns erleben läßt, das 400jährige Jubiläum jenes ersten ge waltigen 31. Oktobers, dieses Wendepunktes in der Weltgeschichte. Es kann gewiß nicht schaden, wenn wir beizeiten uns sragen, wie unser Volk diesem großen Er- inneruugstage entgegengeht. Hat die evangelische Kirche die heilige Mission, die ihr anvertraut wurde, ein Salz der Erde zu sein, nach Kräften erfüllt? Ist Luthers Freiheitsgeist, Heldenmut, Bekenntnisfreudigkeit noch ebenso lebendig in unserer Mitte, wie seine kindliche Demut, seine umwandelbare Glaubenstreue, sein berge versetzender Gebotsgeist? Weiß unser Volk jene geistigen und geistlichen Schätze, welche die Nesormation uns be schert hat, noch in gleicher Weise zu würdigen wie einst unsere Vorväter, wie insbesondere jene treuen Exulanten, die ehemals über die Grenze in unsere Gemeinden ge kommen sind? Die Erinnerung an große Gnadengaben, die unserm Volke zuteil geworden sind, steht vor unseren Äugen wie eine ernste Richtergestalt, die uns fragt, wie wir die Zentner, die Pfunde verwaltet haben, die wir erhielten, ob wir sestgehalten haben, was eine große Zeit als Erbteil uns hinterlassen hat. Man kann wohl ost in den besten Kreisen unseres Volkes ein Sehnen hören nach einer neuen Reformation, nach einer neuen Erweckung des Glaubens, nach einer neuen Aufrüttelung des guten, edlen Geistes, der in den Tiefen unseres Volkslebens schlummert. Das ununter brochene Nennen nach Zerstreuung, das atemlose Jagen nach Titel und Rang, das gierige Verlangen nach Herr schaft und Macht, das heiße Hungern nach Gold — sind das Zeichen dafür, daß die Volksseele hungert und dürstet nach Gott? Wird der Herzenskündiger unserem Volke durch eine neue Reformation von neuem die Quellen ausdecken, aus denen das lebendige Wasser in die Seelen der Menschen sich ergießen kann? Wir wissen es nicht. Jedenfalls lehrt die Erfahrung, daß sich in der Geschichte niemals dieselbe Bewegung genau wiederholt. Auch sehen mir in unseren Tagen andere Schäden, andere Bedürfnisse, andere treibende Kräfte als zu Luthers Zeit. Eins aber ist sicher, daß das Heilmittel für unser Volk auch gegenwärtig kein anderes sein kann als das alte, ewig neue Evangelium, diese Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben. Ein Refor mator, der wirklich unser Volk aus neue Höhen sühren will, muß es darum in der Kraft lebendigen Glaubens zu dem wieder hinsühren, von dem es auch heute gilt: „Es ist in keinem Andern Heil, als allein in Jesu Christo gestern und heute und derselbige auch in Ewigkeit." Politische Tagesübersicht. * Se. Maj. der König wird am 14. November zum Besuche des Prinzrezenten Ludwig in München eintreffen. Aus dem Bahnhose findet großer militärischer Empfang statt. — Am 8. November wird der König einer Einladung des Kaisers zur Hosjagd nach Königswusterhausen folgen. * Zum Besuche Kaiser Wilhelms in Wien schreibt die „Neue Freie Presse": Kaiser Wilhelm hat sich, wie man in diplomatisch.n Kreisen ersähet, sehr befriedigt über seinen Aufenthalt in Schönbrunn ausgesprochen, der auch einen diplomatischen Charakter trug. Der Kaiser »ahm Gelegenheit, zweimal mit dem Grafen Berchtold zu sprechen. * Die Königin von Griechenland ist am Montag früh mit ihrer Schwester, der Prinzessin Friedrich Karl von Hessen und ihren Kindern, dem Prinzen Paul, sowie den Prinzessinnen Helene, Irene und Katharina, von Lron- berg nach Berlin abgereist. * Die Regelung der braunschweigischen Thronfolge durch den Bundesrat. Nachdem am Montag in der Plenarsitzung dos Bundesrats der Vertreter der herzoglich braunschweigisch-lüneburgischen Regierung, Staatsminister Hartwig, unter Vorlegung der Verzichtsurkunde davon Mitteilung gemacht hatte, daß Se. König!. Hoheit der Herzog von Cumberland aus den Thron von Braunschweig verzichtet habe, beschloß der Bundesrat einstimmig, dem Anträge Preußens wegen der Thronfolge in Braunschweig zuzustimmen. Damit hat der Bundesrat unter Aufzählung der Ereignisse der jüngsten Vergangenheit sestgestellt, daß die Negierung des Prinzen Ernst August von Cumberland mit der Reichsversassung und dem Wortlaut der Bündnis verträge nicht mehr unvereinbar sei. * Nach amtlichen braunschweigischen Nachrichten findet der Einzug dcs Hcrzogpaarcü in Braunschweig am 3. November statt. * Die dcutsch-cuglischen Beziehungen. Die Behauptung eines auswärtigen Blattes, bei den gegenwärtigen Ver handlungen zwischen Deutschland und England handle es sich im wesentlichen uni eine Austeilung des portu giesischen Kolonialbesitzes zwischen den beiden genannten Mächten, wird-von unterrichteter Seite als unzutreffend erklärt. Eine Verständigung zwischen Deutschland und England für den Fall, daß Portugal sich ganz oder teilweise seines Kolonialbesitzes entäußern wolle, sei längst getroffen und es liege zurzeit kein Anlaß vor, aus diese Frage zurückzukommen, da Portugal an eine Veräußerung seiner Kolonien oder eines Teiles nicht denke. * Der Kamps zwischen Aerzten und Krankenkassen. Unter ungemein zahlreicher Beteiligung von Aerzten und Aerztinnen sand am Sonntag in Berlin ein vom Deutschen Aerzteverein einberusener außerordentlicher deutscher Aerzte- tag statt, um zu den Streitigkeiten zwischen den Aerzten und den Krankenkassenvorständen Stellung zu nehmen. Es waren 458 Delegierte von 387 Aerzteoereinen, die 21207 Stimmen vertraten, aus allen Teilen des Reiches einschließlich Elsaß-Lothringen anwesend. Es gelangte schließlich eine Resolution zur Annahme, gegen welche von den vertretenen 21207 Stimmen nur 164 stimmten. Sie besagt im wesentlichen: „Der außerordentliche deutsche Aerztetag macht es jedem einzelnen Arzt und jeder ärzt lichen Vertretung zur Pflicht, von jetzt ab mit keiner Krankenkasse einen Vertrag abzuschließen und die kassen ärztliche Versorgung aller früheren wie auch neu hinzu- tretendeu Versicherten unbedingt abzulehnen. Die Kranken werden die Hilse ihres Arztes nach wie vor finden, un eingeschränkt, nur ohne die Einmischung einer Kassen- verwaltung." Den Krankenkassen kann unter der Vor aussetzung der Unerfüllbarkeit der ärztlichen Forderungen von ihren Aufsichtsbehörden das Recht verliehen werden, den Versicherten an Stelle der freien ärztlichen Behand lung eine Barentschädigung zu gewähren. * Die Antwort der Krankenkassen au die Acrztc. Der Hauptverband deutscher Ortskrankenkassen (Dresden), der Hauptoerband deutscher Betriebskrankenkassen (Essen), der Gesamtverband deutscher Krankenkassen (Essen-Köln), der Allgemeine deutsche Knappschaftsverbaud (Berlin) und der Verband deutscher Innungskrankenkassen (Hannover) nahmen am Montag auf einer Vertretersitzung in Berlin Stellung zu den Beschlüssen des Aerztetages vom Sonn tag. Man stellte zunächst fest, daß diese Beschlüsse den allgemeinen Kamps gegen die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und den Generalstreik diesen gegen über bedeuten. Dann wurde weiter erklärt, daß die Kassen sich lediglich in der Abwehr befänden. Einigungs verhandlungen seien gescheitert, weil die Aerzteorganisationen allgemein die Durchführung der freien Arztwahl bei den Kassen durchsetzen und das Kassenarztsystem nur noch ausnahmsweise und für eine kurze Uebergangszeit bestehen lassen wollen. Die Abstufung der Honorare sollte nach der Höhe der Einnahmen der Versicherten ersolgen; alle Arztoerträge sollten zum gleichen Zeitpunkt ablaufen. Diese Forderungen der Aerzteorganisationen wurden als Mindestforderung bezeichnet. Bei dieser Regelung würde den nach dem Gesetz verantwortlichen Kassenvorständen der Einfluß aus die Kassenverwaltung genommen werden. Für eine Gestaltung der Verhältnisse, die die Kassen den Aerzteorganisationen so ausliesert, könne kein Kassen vertreter die Verantwortung übernehmen. * In Baden haben die Nationalliberalen, die Fort schrittliche Volkspartei und die sozialdemokratische Partei für die Stichwahlen am 30. Oktober den Großblock erneuert. Oesterreich-Ungarn. * Das Agramer Garnisonsgericht verurteilte den russischen Untertan Ian Koop wegen Spionage zum Tode durch den Strang. Koop hatte mit den schon bestraften Spionen Bravura, Veloesst), Berant und anderen für den russischen Generalstab lm Bereiche des 13. Armeekorps Spionage getrieben. Wenn die oberen Gerichte Koop nicht begnadigen, muß das Todesurteil noch im Oktober vollstreckt werden. England. * In Großbritannien beginnt der Rückgang der Geburten den Behörden und den Sozialpolitikern nun ebenfalls ernste Sorgen zu bereiten. Im Jahre 1911 gingen die Geburten auf 24,4 von 1000 Einwohnern zurück, und daß damit noch nicht der Tiefstand erreicht zu sein scheint, geht daraus hervor, daß die provisorischen Ziffern für 1912 schon jetzt einen Rückgang aus 23,8 ergeben. Vergleicht man diese Ziffern mit der deutschen Geburtenstatistik, so zeigt sich, daß in derselben Zeit, d. h. zwischen 1876 und 1912, der Rückgang in beiden Ländern ein ganz gleichmäßiger gewesen ist. Im Jahre 1876 hatte Deutschland 42,6 Geburten auf 1000 Einwohner, es war also England, dessen Geburten ziffer damals 36,3 betrug, um 6,3 überlegen. Im Jahre 1911 betrug die Geburtenziffer in Deutschland 29,5, sie war somit der englischen noch um 5,1 überlegen, was verhältnismäßig etwa dem deutschen Vorsprung von 1876 gleichkommt. In beiden Ländern betrug der Rückgang binnen 25 Jahren ungefähr ein Drittel. Für England ist die Abnahme der Geburten allerdings dadurch noch fühlbarer, da Großbritannien sehr vielmehr Verlust durch Auswanderung zu verzeichnen hat als Deutschland. Im Jahre 1912 wanderten aus Deutschland 18 545 Personen aus, aus Großbritannien und Irland aber 418 000. Allerdings gingen davon mehr als 300 000, also etwa zwei Drittel, nach Britisch-Nordamerika, Britisch-Süd afrika und Australien, sie blieben also sozusagen der britischen Flagge erhalten, aber sie gingen doch dem eigentlichen Mutterlande verloren. So kommt es, daß, während die deutsche Beoölkerungszunahme in den letzten Jahren trotz der Abnahme der Geburten durchschnittlich jährlich noch immer etwas über 800 000 betrug, die britische sich auf noch nicht 400 000 belief. Spanien. * Das Ministerium Romanones, das im Mat d. I. schon einmal eine schwere Krists durchmachte, damals aber durch das Vertrauen des Königs Alfonso im Amte belassen wurde, ist ganz plötzlich gestürzt. Die Ablehnung eines von der liberalen Regierung beantragten Vertrauens votums im Senat führte zur Demission des Kabinetts. Der Ministerpräsident begab sich sofort nach der Senats sitzung ins Schloß und zeigte dem Könige seinen und des Ministeriums Rücktritt an, der auch sofort angenommen wurde. Nach Beratung mit verschiedenen Parteiführern hat sich der Monarch dahin entschieden, die Regierung den. Konservativen zu übertragen. Leicht mag dem König dieser Entschluß nicht geworden sein, denn es ist bekannt.