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Fernsprecher Nr. 22. Die „Sächsische Elbzcilung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Die Ausgabe des Blattes erfolgt Tags vorher nachni. 4 Uhr. Abonncmcnts-Prcis viertel- sährlich 1.50 Mk., Linonatlich I Mk., 1 monatlich 50 Pfg. 'Einzelne Nummern 10 Pfg. Alle kaiserlich. Postanstalten, Postboten, sowie die .Zcitnngsträgcr nehmen stets Bestellungen ans die »Sächsische Elbzcitung" an. Tägliche Roman-Beilage. Sonnabends: „Illustriertes Unterhaltungsblatt". ADW LWiils. Amtsblatt säi Kis Rmzii^e ÜImtsitMi, ks AniBEt mi> Sk« ZiMni l» Zchmk«, s»ik sSr Um LWWmdmt pi ßibustm. Verantwortlicher Redakteur: Hugo Lehmann, Schandau. — Druck uud Verlag: Legler L Zeuner Nachf. Tel.-Adr.: Elbzeitung. Anzeigen, bei der weiten Ver breitung d. Bl. von großer Wirkung, sind Montag« Mittwochs nnd Freitags bi« spätestens vormittags 9 Uhr «nfzugebeu. Preis für die 5 gespaltene Petitzeile »der deren Raum 15 Pfg. (tabel larische und komplizierte An zeigen nach Ucbereinkunft.) 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Es war ihm nicht vergönnt gewesen, Deutschlands Freiheit zu sehen. Nicht im Toben der Schlacht unter der Wacht seiner ihn hochverehrenden Soldaten schied er aus dem Leben, sondern fern von der Heimat als einsamer Reisender. Am 2. Mai bei Großgörschen hatte ihn das Heer, das ihm vor allem seine neue Gestalt, seinen neuen Geist und seine neue Kraft verdankte, zum letztenmal gesehen. Da hatte man ihn aus dem wildesten Getümmel als Verwundeten herausgetragen. Zwei Pferde waren ihm schon unter den Beinen niedergeschossen worden, sein Tschako war durchlöchert und zuletzt wurde auch sein linkes Bein getroffen. Noch nachts >^12 Uhr ließ er sich die Kugel hcrausschnciden, aber seine Sorge galt nicht seinem Körper, sondern seinem Volk. Er sah die deutsche Sache bei den Russen schlecht aufgehoben, eben der Aus gang der Schlacht von Großgörschen lies ihn das Schlimmste sürchten sür sein mühevolles Werk. Sollte er deshalb Tag und Nacht geopfert haben, damit nun russische An maßung und Dummheit das von ihm geschaffene Heer ins Verderben führten? Nasch stand sein Entschluß fest. Es galt, das erkannte er, seinem bescheidenen König Rußland gegenüber mehr Freiheit zu verschaffen durch Gewinnung eines dritten Bundesgenossen. So wurde der Waffenschmied zum Diplomaten. Aller ärztlichen Bedenken zum Trotz eilte er mit des Königs Vollmachten nach Wien. Freilich dort ließ man ihn nicht hinein. Wenige Poststationen davor hielt ihn ein Befehl des österreichischen Ministers aus. Dieser fürchtete, Scharn- horst's Erscheinen in Wien könnte Napoleon erfahren und darüber Aerger haben. Solch feige Angst empörte den tapsern General so, daß er davon krank wurde. Vom Wundfieber geschüttelt, kehrte er nach Prag zurück. Hier erwartete ihn ein neuer Schmerz. Bei Bautzen war sein geliebtes Heer wiederum geschlagen worden. Sollte denn seine ganze Lebensarbeit umsonst gewesen sein? Mit wehem Herzen schrieb er an den Feldmarschall Miissling: „Sollte es denn nicht sein, daß endlich Wahrheit und Recht obenauf kommt? Wenn mir jetzt und hier der Tod beschieden sein sollte, so scheide ich schwer; denn ich habe nur den Untergang der edelsten Sache vor Augen." Mit solch trübem Bild vor Augen — denn der Waffen stillstand mit Napoleon dünkte ihm ein Fehler — beschloß er sein Leben, ohne daß er seinen höchsten Wunsch, ein befreites Deutschland erfüllt sah. Ergreifend ist ein Bries von dieser Reise, in welchem steht: „Alle sieben Orden und mein Leben gäbe ich für das Kommando eines Tages." Auch das war ihm nicht vergönnt. So starb einer der edelsten Söhne Deutschlands im Alter von 57'/2 Jahren, von Tausenden betrauert, am meisten wohl von Fürst Blücher. Er hat nie nach Ruhm und Ehren getrachtet, sein Grundcharakter war größte Bescheiden heit; er war nie aus Reichtümer erpicht, trotz der Millionen, die durch seine Hände gegangen waren, starb er arm. Er ist es wert, daß wir sein Gedächtnis feiern und wir freuen uns, daß wir es trotz seines tragischen Endes tun dürfen mit dem Gedanken daran, daß Deutschland die Früchte seines Lebenswerkes noch in reichem Maße hat erfahren dürfen und daß Wahrheit und Recht doch noch obenaufgekommen sind. Politische Tagesübersicht. * Ein Besuch des Kaisers in Gmunden ist, wie die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt, sür die nächsten Monate nicht beabsichtigt. * Zeppelins 75. Geburtstag wird am 7. Juli in Friedrichshafen durch den Luftschiffbau Zeppelin festlich begangen werden. 1' Die Wchrbcitrags-Vorlage wurde am Donnerstag nach den Beschlüssen der Budgetkommission vom NtichS- tagc in zweiter Lesung angenommen. Nach den vielerlei Aenderungen, denen die Staffelung sowohl beim Wehr beitrag als auch beim Besitzsteuergesetz unterzogen worden ist, gestalten sich die Sätze jetzt wie folgt: Es werden erhoben a) vom Vermögen (bis 10 000 Mk. ganz frei; bei einem Einkommen unter 2000 Mk. bis 50 000 Mk. ebenfalls frei; bei einem Einkommen unter 4000, aber über 7000 Mk. bis 30 000 Mk. gleichfalls frei von der Abgabe): von den ersten 50 000 Mk 0,15 v. H. v. d. nächst, angesang. od. vollen 50000MK. 0,35 ff ff f, f, „ „ „ «, 100 000 „ 0,50 ff ff 300 000 „ 0,70 ff „ f, ff ff ff ff ff 500 000 „ 0,84 ff ff ff ff ff ff ff 1000 000 „ 1,10 ,f ,f ,, ,, „ ,, ,, „ 3 000000 „ 1,33 ff ff ff „ 5 000000 „ 1,50 ff „ von über 5 000 000 Mk. ebenfalls . . . 1,50 b) vom Einkommen: ff ff von 5 000 bis 10 000 Mk. 1 v. H. des Einkommens 10 000 15 000 ff 1,2 ff ff 15 000 20 000 ff 1,4 1,6 ff ff ,, 20 000 25 000 ff ff „ 25 000 30 000 1,8 ff ,f ,, 30 000 35 000 ,, 0 ff ff 35 000 40 000 2,5 ff ff 40 000 ,, 50 000 3 ff ff ,, 50 000 60000 3,5 ff ff ff 60 000 ,, 70 000 4 ff ff ff 70 000 80 000 4,ö 80 000 100 000 5 ff ff ff ff ,, l00000 200 000 6 ff „ ff 200 000 500 000 7 ff ff ff ff mehr als 500 000 ,, 8 ff Im Bundesrat ist, wie weiter berichtet wird, für die Beschlüsse eine Mehrheit vorhanden. Die vor einiger Zeit in Aussicht genommene Besprechung der Finanz minister ist fallen gelassen worden. Der Reichskanzler hat sich schriftlich mit den Regierungen der Bundesstaaten unmittelbar in Verbindung gesetzt. Auf diese Weise ist es ihm gelungen, die Zustimmung der süddeutschen Re gierungen zu der Vermögens-Zuwachssteuer zu erhalten. Gegner dieser Steuer sind noch Sachsen, die Hansastädte, besonders Hamburg, und einige thüringische Staaten. * Der Reichstag setzte als Zahlungstag für die beiden Wchrbcittagsratcn 1915 und 1916 den 15. Februar fest. * Nach den neuesten Berechnungen des Ncichöschatz- amtes werden sich ergeben aus der Besteuerung: der Vermögen 880 Millionen, der Einkommen 80 Millionen und der Aktiengesellschaften 40 Millionen Mark. * Zur dritten Lesung der Heeresporlage hat das Zentrum eine Resolutinn eingebracht, in der der Reichs kanzler ersucht wird, Anordnungen zu treffen, daß: a) bei Vergebung des durch die Heercsvermehrung eutstehenden Mehrbedarfs von Arbeiten und Lieferungen Handwerk und Gewerbe, insbesondere auch dessen gewerbliche Organisationen, in weitestgehendem Maße Berücksichtigung finden; d) bei Ausführung von Arbeiten möglichst in ländisches Material verwendet wird; 0) die Arbeiten zu einem unter Zuziehung von Sachverständigen festgesetzten angemessenen Preise vergeben werden. * Aushebung der WcrtzuwachSsteucr. Die Parteien der bürgerlichen Linken haben bei der 2. Beratung der Deckungsvorlagen in der Budgetkommission des Reichs tages den in der 1. Lesung abgelehnten Antrag aus Aufhebung der Neichswertzuwachssteuer wiederum ein gebracht. Diesmal mit dem Erfolge, daß mit 14 Stimmen (Nationalliberale, Dolkspartei, 2 Konservative, der größte Teil der Zentrumsmitglieder) gegen 12 Stimmen (Sozial demokraten, einige Konservative und Zentrumsleute) der Antrag Schiffer-v. Pager angenommen wurde, nach welchem die Wertzuwachssteuer vom 1. Juli 1913 von Reichs wegen nicht mehr erhoben werden soll. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden soll jedoch gestattet sein, den auf sie entfallenden Anteil so lange weiter zu erheben, als nicht die Regierung des zuständigen Bundes staates Widerspruch erhebt. Zugleich geben die genannten Abgeordneten in einer Resolution dem Wunsche Ausdruck, die Voraussetzungen gesetzlich zu regeln, unter denen den Gemeinden und Gemeindeverbänden mit Genehmigung ihrer Landesbehörden die Erhebung einer Grundwert- Zuwachssteuer gestattet werden soll. Der Reichsschatz sekretär wandte sich lebhaft gegen diesen Antrag der beiden liberalen Parteien; er erklärte ihn für unannehm bar, weil die Aushebung der Wertzuwachssteuer einen Verlust von jährlich 20 Millionen Mark sür die Reichs- Kasse bedeute, und weil in den 3^/4 Jahren bis zum Jahre 1917, in dem das Dermögenszuwachssteuergesetz in Kraft treten soll, der Reichskasse dadurch 75 Millionen Mark verloren gingen. — In der Nachmittagssitzung der Kommission wurde alsdann beschlossen, gewisse Sätze der Erbschaftssteuer von 1906 zu erhöhen, und zwar für Geschwisterkinder von 4 auf 5, sür Geschwister - Kindes kinder von 6 auf 8, sür die übrigen Seitenverwandten von 10 aus 12 Prozent. Davon verspricht man sich einen Mehrertrag von 7 bis 8 Millionen. Bei der Abstimmung über 8 1 des Gesetzes über das Erbrecht des Staates wurde diese grundlegende Bestimmung mit den Stimmen der beiden liberalen Parteien und Sozial demokraten angenommen. Damit soll indessen nur der Grundgedanke dieses Entwurfs vorläufig gerettet werden in der Absicht, wenn das Plenum keine Schwierigkeiten macht, die Weiterberatung dieses Gesetzes bis zum Herbst zu vertagen und dann eine besondere, mit Juristen bese^ Kommission zu ernennen, die die Sache weiter ver folgen soll. * lieber die Löschung von Strafvermerken hat, wie eine Berliner parlamentarische Korrespondenz meldet, ein Vertreter des Reichsjustizamtes in der Reichskommission gesprochen. Es sei Rehabilitierung Verurteilter bei guter Führung beabsichtigt, um den Verurteilten später jeden Makel zu nehmen. Ein dem Bundesrat vorliegender Entwurf ändert die Vorschriften für die Strafregister und schlägt die Löschung von Strafvermerken in weitem Um fange vor. Die Löschung soll sich auch auf Polizeilisten erstrecken. Der Entwurf wird dem Reichstage schon im Herbst zugehen. Holland. 1' Die Stichwahlen zur zweiten holländischen Kam mer endeten mit einer völligen Niederlage sür die klerikale Regierung. Es wurden im ganzen 45 Klerikale, 37 Liberale und 18 Sozialdemokraten gewählt. Die vorige Kammer zählte 58 Klerikale, 34 Liberale, 7 Sozial demokraten und einen Fraktionslosen. England. * Der deutsche Zahntechniker William Klare, welcher angeklagt war, sich ein geheimes Flottenbuch der Werft zu Portsmouth verschafft und sich so der Spionage schuldig gemacht zu haben, wurde am Mittwoch vom Schwurgericht zu Winchester trotz seiner Unschulds beteuerungen zu der empfindlichen Strafe von 5 Jahren Zuchthaus verurteilt. Frankreich. * Die Heereskommission der Kammer stimmte dem neuen Berichte Pates über die dreijährige Dienstzeit zu, nach dem es durch Herabsetzung der Ueberschußziffer von 8 aus 6 Proz. möglich sein wird, von der Iahrcsklasse 1913 und den folgenden, jährlich 49 000 Mann schon nach zweijährigem Dienste zu entlassen. 1- In der am Dienstag fortgesetzten Debatte der französischen Deputiertenkammer über die Vorlage, betr. die dreijährige Dienstzeit, wies der Sozialisten führer Iaures nach, daß der Generalstab in seinen aus gestellten Ziffern für die Mannschastsvermehrung einen Rechenfehler gemacht habe. Iaures beantragte deshalb, daß der Heeresausschub ungesäumt den Bericht über die richtigen Ziffern der Mannschastsvermehrung erstatten möge. Der Negierungskommissar, General Legrand, mußte unter lebhafter Bewegung des Hauses zugcbcn, daß tatsächlich ein Nechensehler des Generalstabes vor liege. Die Kammer genehmigte hierauf den erwähnten Antrag Iaures, was eine Unterbrechung der Weiter- beratnng der Heeresvorlage bedingt.