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Naunhofer Nachrichten Ortsblatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Bezugspreis: Frei tnS HauS durch AuStrSger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei inS HauS durch die Post Mk. 1 30 vierteljährlich. NM einer vierseitige» Tvustrierteil So««tagSveUaOe Verlag und Druck: Gültz L Eule, Naunhof. Redaktion: Rovert Günz, N««»hOs. Anküudigunge« Für Inserenten der AmtShauptmann« schäft Grimma >2 Psg. die fünfge« spaltene Zeile, an erster Stelle und für Auswärtig« IS Pfg- Bei Wiederholungen Rabatt. Die Raunhofer Nachrichten erscheinen jeden DicnStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tage?. Schluß der Anrnyennnnakimt: Be^mittagS I l Uhr am Tage dcS Erscheinens. Nr. 94. Freitag den 9. August 1912. 23. Jahrgang. Amtliches Stadtgemeinderatssitzung Freitag, ve« 9. August, abends 8 ItYr. Tagesordnung: 1. Bausachen. 2. Verlängerung des Gasrohrnetzes in der Klingaer Straße. 3. Mitteilung über Zuweisung einer Gemeindeschwester. 4. Heranziehung des K. StaalSfiskuS zu den Schul-, Kirchen - und Armen-Anlagen. 5. Unfallversicherung der Ausschußmitglieder. 6. Vergebung der Hausnummer-Lieferung. 7. Verpachtung eines städtischen Grundstücks. 8. Beschleusungs-Angelegenheiten. 9. Bestimmung des Tages für die Stadtratswahl. Ouartiergelder-Auszahlung. Die noch nicht erhobenen EinquartierungSgelder sind nun« mehr spätestens bis Sonnabend, den I«. ds. Mts. während der Geschäftszeit in der Stadikafse gegen Abgabe der Quartierbescheinigungen in Empfang zu nehmen. Nach dieser Frist erfolgt schriftliche Aufforderung unter Anrechnung von 50 Pfg. Gebühren. Naunhof, am 7. August 1912. Der Stadtrat. Mllionen - Unfälle. (Don unserem Berliner ^.-Mitarbeiter.) Berit«, 7. Aug. Die Leiche des von hier verschwundenen Justizrats Michaelis wurde in der Seine bei Auteuil aufgefischt und ins Pariser TvtenhauS gebracht. Ein bei der Leiche gefundener Zettel gibt » große Spielverluste als Grund des Selbst ¬ mordes an. Noch ist nicht alles beamtet, noch gibt eS eine Anzahl „freier" Berufe, in denen man allerdings in vielen Fällen beguem verhungern, dafür aber auch in einigen zu fürst« liehen Einkünften kommen kann. Das lockt. Wer Sänger wird, denkt an Carusos Honorare. Wer als Schriftsteller, Arzt, Rechtsanwalt durch das Leben kommen will, dem schweben ähnliche vom Glück begünstigte Kollegen vor Natürlich sind es fast durchweg Spezialisten. Wir Haber nachgerade Grundstücks«, Auto-, Konfektions und Ehe- scheidungSanwälte in den Großstädten. Namentlich daS Scheiden bringt oft mehr als das Vereinigen ein, denn mancher und manche in der „Welt, die sich nicht lang« weilt", opfert gern ein halbes Vermögen, um manchen oder manche wieder los zu sein. Diese Spezialisten im Advokatenberuf sehen auf den -Verteidiger", wie sie ihn nennen, der Diebe, Mörder, Einbrecher und ähnliche meist wenig zahlungsfähige Ge sellen durchbringt, etwas hochmütig herab. Sie halten sich an die fetten Zivilprozesse. Sie sind womöglich nebenbei noch Syndikus von vier, fünf Gesellschaften und nehmen jeden Klienten an, vertreten persönlich aber erst den zehnten. Man will den „berühmten" Anwalt Soundso, im Termin aber sieht man einen jungen Assessor oder gar Referendar, bestenfalls den ganz unbekannten Rechts anwalt Meyer XXI. Das Geld aber wird bezahlt. Es fliegt nur so über den Tisch des Bureauvorstehers. Früher sprach man von den „Millionen-Bauern" der Berliner Vororte. Die sind jetzt allmählich ausgestorben, aber dafür gibt eS Anwälte mit dem Einkommen eines mehrfachen Millionärs. Sie leben meistens auch „danach". Das Geld zerrinnt ihnen zwischen den Fingern. Dieser Tage laS man in Berliner Blättem, daß eine Witwe aus gebildeten Ständen, Frau Dr. Hagemann, mit ihrem 17 jährigen Sohne Selbstmord begangen, weil sie kein Stück Brot mehr hatte und bis auf die Lagerstatt alle Möbel verkauft waren. Der berühmte Rechtsanwalt und Justtzrat Michaelis ging bei Paris ins Wasser, gleich falls aus Nahrungssorgen, obwohl er auf ein Durch schnittseinkommen von 80 000 Mark geschätzt wurde und im letzten Jahre 130000 versteuert hatte. Er hatte das letzte Bündel Tausendmarkscheine in Enghien bei Paris verspielt und ging aus dem Klub direkt in die Seine. Ein gelinder Schrecken geht durch die Reihen der Mllionen-Anwälte, denn gar mancher von ihnen tanzt auf einem Vulkan. Der eine hat es im Alter von noch nicht 8L Jahren zu rund 50 000 Mark jährlich gebracht, läßt aber Rennpferde laufen, und die fressen ihn rattenkahl. Ein zweiter kann mit rund 70 OM Mark seine Leidenschaft Mr altes chinesische- Porzellan als wütender Sammler nicht befriedigen. Soundso viele andere haben gewöhn lichere Passionen, sind ganz gewöhnliche Lebemänner und Verschwender. Sind sie es allein? Ach nein. Es wird nirgends überhaupt so -gelebt" wie in dem modernen Berlin, das längst VarrS in oen Schatten gestellt hat. .Geld ist Dreck", sagen diese Leute, „man muß es bloß Haben." Und gehen hin und schieben sich eine Kugel vor den Kopf, wenn sie bloß noch so viel davon besitzen, daß eine ehrbare Familie fünf Jahre davon leben konnte. Ztsno wsvs testet upbarsin. Mas gibt es f^eues? lTelegrapdiiche und Korrespondenz-Meldungen.) Neue Zusammenstöße In Tripolis. Rom, 7. Aug. Uber 1000 Araber -auw Mch einer amtlichen Mitteilung morgens gegen 4 Uhr Zanzina an-' gegriffen, sind jedoch durch Artillerie- und Gewehrfeuer, das bis gegen 8 Uhr dauerte, mit einem Verlust von etwa LVO Toten und Verwundeten zurückgeworfen worden, während auf italienischer Seite nur 3 Mann verwundet wurden. Auch ein italienischer Lenkballon beteiligte sich durch Bombenwerfen erfolgreich an dem Gefecht. — Nach einer türkischen Meldung haben die Italiener das türkisch arabische Lager bei Derna angegriffen und zehn Tage lang mit schwerem Geschütz bombardiert, wobei angeblich nur drei Frauen außerhalb desselben getötet wurden. Die Türken machten darauf einen Gegenstoß und beschossen mit Feldgeschützen die Stadt Derna und die italienischen Baracken. Letztere mußten infolgedessen zum Teil von den italienischen Truppen geräumt werden. Der Zustand in der Stadt und im Lager ist für die Italiener auf die Dauer unhaltbar. Memoiren Pius X Rom, 7. Aug. Wie aus Kreisen, die den Katholiken nahestehen, versichert wird, ist der Papst eifrig dabei, Memoiren seines Pontifikates niederzuschreiben. Er hat angeblich schon mehrere hundert Blatt Manuskript vollendet und widmet sich jeden Tag dieser Arbeit mehrere Stunden. Nachklänge zu den ungarischen Kammerskandalen. Budapest, 7. Aug. Der Untersuchungsrichter ordnete die Haftentlassung des Abgeordneten Kovacs an, der seinerzeit in der Kammer den Mordversuch auf den Präsidenten Grafen Tisza machte, indem er mit dem Revolver auf ihn schoß. Diese Anordnung geschah auf Grund der Gutachten der Gerichtsärzte, die besagen, daß Kovacs im Zustande der Geistesverwirrung, die sich bis zur Bewußtlosigkeit gesteigert habe, die Tat begangen haben müsse, weshalb sie ihm strafrechtlich nicht angerechnet werden könne. Der Staatsanwalt hat Einspruch dagegen erhoben, über den sofort verhandelt wird. Bis dahin bleibt Kovacs noch in Haft. Schlappe der persischen Sendarmerie. Teheran, 7. Aug. Unter dem Kommando von zwei schwedischen Offizieren Siefört und Nyström, Reorgani satoren der persischen Gendarmerie, brachen 80 Mann zu Fuß und 80 Berittene auf, um rebellische Stämme zu züchtigen. Die Truppe wurde jedoch völlig geschlagen und floh unter Zurücklassung eines Geschützes und fast sämt licher Gewehre. Hauptmann Siefört wurde leicht ver wundet. Man fürchtet, daß den Rebellen nach diesem Sieg über eine von Europäern ausgebildete und befehligte Truppe der Mut zu größeren Taten wieder wachse« wird. Bestätigung des Deutschenmordes in Marokko. Marrakesch, 7. Aug. Die Nachforschungen nach dem Verbleib dss Deutschen Wolfgang Opitz baden ergeben, daß dieser am 20. Juli in drei Kilometer Entfernung vom Stadttor durch einen Schuß in den Kopf gelötet und der Leichnam verbrannt worden ist. Die Täter sind eben falls bekannt, und einer von ihnen befindet sich bereits in Haft, während auf den anderen noch gefahndet wird. Aufstand in Mazagan. Mazagan, 7. Aug. Hier ist es unter Anführung des Kaid Triahi zu bedenklichen fremdenfeindlichen Bewegungen gekommen. Seine Anhänger wollten unter dem Einfluß seiner Aufreizungen die Franzosen vertreiben. Als d e Verhaftung des aufrührerischen Kaids als Präventivmaß regel angeordnet wurde, kam der Aufruhr zum Ausbruch. Ein Teil der Einwohner hat sich in seinen Häusern ver barrikadiert. Der Pascha hält sich in seinem Hause ein geschlossen, weil er fürchtet, von den Aufrührern getötet zu werden. Dv Europäer flüchteten in die Konsulate und der französische Konsul verteilte Waffen unter sie. Französische Kolonisten patrouillieren bewaffnet durch die Stadt. ! Hürkikkes Potpourri. Inner« Wirrsale. — Et» nener Krieg in Sicht? Die türkische Regierung hat wirklich keinen leichten Stand. In der Hauptstadt kehren ihre Besen ja gut, aber weit über deren Grenzen hinaus reicht ihr Arm vorläufig noch nicht. Und ob es auf die Dauer möglich sein wird, erscheint auch noch fraglich. Flucht der Jungtürken. Die Drohungen der Führer der Jungtürken, nament lich der ehemaligen Minister Dschavid und Talaat, gegen das Kabinett Mukhtar haben dieses genötigt, energisch oor- zugehen und ihre Verhaftung anzuordnen. Dschavid und Talaat konnten jedoch noch rechtzeitig die Flucht ergreifen und mit ihnen viele ihrer Anhänger, die ebenfalls für ihre Freiheit fürchten. Auch der Kammerpräsident Halil Pascha sieht einem kriegsgerichtlichen Verfahren entgegen wegen Nichtoerlesung des Auflösungsdekrets der Kammer. Die Kammer in San Stefano. . Eine große Anzahl von Mitgliedern der aufgelösten Kammer hat sich nach San Stefano begeben, um dort als Rumpfparlament'' -protestierend weiterzutagen und auf eigene Faust Politik treiben. Die Regierung hat ihnen jedoch einen Riegel vorgeschoben und auf der Reede von San Stefano drei Panzerkreuzers vor Anker gelegt Mit dem strikten Befehl, jede Beratung zu verhindern. Die Jungtürken erklären, daß sie ihre verlort?., .^uwn wiedergewinnen wollen und selbst vor einem neu«L E'- cuhr nicht zurückschrecken. Bulgarenmafsakre. In Kotschana ist wiederum folgenschweres Bomben attentat, angeblich von einer bulgarischen Bande, verübt worden, worüber die Einwohner in eine solche Erbitterung gerieten, daß sie unter den in der Stadt wohnenden Bulgaren ein furchtbares Blutbad anrichteten, an dem sich sogar die Garnison beteiligte und dem 186 Personen tot oder oerwimdet zum Opfer fielen. Di« Friedensverhandlungen mit Italien «erden unterdessen tu Zürich fortgeführt, und zwar soll sie, wie versichert wird, der italienische Bot schafter in Petersburg letten. Die Anregung zur Wieder aufnahme der durch den Kabinettswechsel abgebrochenen Verhandlungen soll von der Türkei auSgegangen sein, die infolge der inneren Schwierigkeiten zu größerer Nach giebigkeit entschlossen ist. Drohender Krieg mit Montenegro. Kaum hat man mit dem italienischen Feind Friedens oerhandlungen mit Aussicht auf baldige Erledigung ange- knüpst, so tauchen an einer anderen Stelle des politischen Horizontes neue Gewitterwolken auf, da der Grenz zwischenfall mit Montenegro sich bedenklich zuspitzt, was bei so alten Rivalen stets gefahrdrohend ist. Der türkische Gesandte in Cetinje erklärte sich nämlich mit der Antwort Montenegros unzufrieden und teilte dem Minister des Äußern mit, daß er, da ihm die verlangte Genugtuung nicht gegeben wurde, Cetinje verlassen werde. Der Ab bruch der diplomatischen Beziehungen wäre also geschehen, und man muß darauf gefaßt sein, daß es zu kriegerischen Verwicklungen kommt, wenn nicht die Mächte energisch dazwischenfabren. Politische Kunälcbau. Deutliches Keick. . * Unter dem Vorsitz des früheren englischen Botschafters m Berlin, Sir Frank Lascelles, fand in Homburg v. d. H. eme vorbereitende Sitzung für die im Herbst zusammen- tretende Deutsch , englische Verständigungs - Konferenz uE. Es wurde beschlossen, diese Konferenz vom 30. Oktober bis 1. November in London abzuhalten und folgende Punkte auf die Tagesordnung zu sehen: 1. Forderung der gegenseitigen Kenntnis der beiden Länder und der gemeinsamen Kulturaufgaben. 2. Wirtschaftlicher Wettbewerb 3. Die Presse. 4. Unverletzbarkeit des Prwa elgentums zur See im Kriege. 5. Abgrenzung der beiderseitigen Interessensphären auf kolonialem Gebiete. 4- Nach einer Bekanntmachung des preußischen Kriegs- Ministeriums ist es den Unteroffizieren und Gemeinen dienstlich verboten, „innerhalb ihrer eigenen oder einer fremden Truppe oder Behörde Zivilpersonen oder den Handwerksmeistern der Truppen und der militärischen Anstalten usw. zur Ausübung des Gewerbebetriebes Bei hilfe zu leisten, insbesondere durch Vermittlung oder Er leichterung des Abs- '.usses von Kaufgeschäften, Ver sicherungsverträgen und dergleichen." 4- Die Grundsätze über die Verleihung der vor einigen Monaten gestifteten preußischen Auszeichnung in Gestalt des goldenen Berdienstkreuzes werden jetzt wie folgt be kannt gegeben: Das goldene Verdienstkreuz rangiert hinter dem Kronenorden vierter Klasse, der in Zukunft seltener verliehen werden soll und an dessen Stelle, besonder- an Beamte in den unteren Stellen der Eisenbahnverwaltung, der Gerichte usw., nunmehr das Verdienstkreuz treten wird. Aus Jsn- unä Auslanä. Berli«, 7. Aug. Ende September werden der russische Premierminister Kokowzew und der Minister des Äußern Ssasanow in Berlin zu einer Besprechung mit den deutschen Staatsmännern eintreffen.