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Naunhofer Nachrichten Psg schäft 23. Jahrgang. Sonntag den 28. Januar 1912. Nr. 12. Mit einer vierseitige» Illustrierten Go««ta--bettaOA spaltenc Zeile, an erster Stelle und für Auswärtig« 15 Psg- Bei Wiederholungen Rabatt. Bezugspreis Frei tnS HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich Frei inS HauS durch die Post Mk. 130 vierteljährlich. Ortsblatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Verlag und Druck: GÜnz Sr Eule, Naunhof. Redaktion: Robert Günz, NouutzOs. Di« Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DicnStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TagcS. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens. Zu Kaisers Geburtstag. In stürmisch bewegte Zeit fällt diesmal der Geburtstag unseres obersten Landesherrn. Wie manches gehässige und un gerechte Wort mag in den Tagen des Wahlkampfes gegen ihn gefallen sein, wie oft schlugen die Wellen des Parteihaders und des Klassenhasses bis hinauf zu der edlen Person unseres Kaisers! Aber gerade in diesen Tagen hat sichs wieder gezeigt, wo in unserm Volke der nationale Gedanke herrsch», wo die zu finden sind, die treu zu Kaiser und Reich stehen. Die Gestalt des Kaisers ist für uns Patrioten gleichsam die konkrete Ausprägung des nationalen Gedankens, und überall, wo sich Freunde des Vaterlandes zusammenfinden, da konzentriert sich ihre nationale Gesinnung gar rasch immer wieder in der Person unseres obersten Schirmherrn. Wir Deutsche» sind in der glücklichen Lage, einen Kaiser zu besitzen, von dem gesagt werden kann: bei ihm trägt nicht das Amt den Mann, sondern in ihm ist ein großes Amt vereinigt mit einer großen Persönlichkeit. Er ist der oberste Kriegsherr nicht bloß dem Namen nach, sondern mit Leib und Seele, in rastloser Sorge um Heer und Flotte, durch energische Tat auf allen Gebieten des Kriegswesens. Mit er staunlicher und gründlicher Vielseitigkeit beschäftigt sich der Kaiser mit dem Wohl und Wehe in Handel und Wandel, Industrie und Landwirtschaft, Handwerk, Kunst und Wissenschaft. Dabei gehört zu kennzeichnendsten Zügen dieses Herrschers sein großer Sinn für die Geschichte, für alles historisch Gewordene. Darin liegt vielleicht ein Hauptgrund, warum so manche modernen Heißsporne ihn nicht verstehen. Dafür aber, daß wir einen Kaiser haben, der ein bewußter Christ ist, und seinem Volke in religiöser Hinsicht ein treffliches Vorbild gibt, daß er ein Regent ist, in dessen Mund die Worte »von Gottes Gnaden" unendlich viel mehr bedeuten als bloße Worte, dafür können wir Evangelischen nicht dankbar genug sein. So grüßen wir an dem heutigen Tage den, der in nimmer müder Arbeit vor allem dafür sorgen will, daß unsere Grenzen sich starker Hut erfreuen. Niemals flammt unsere Begeisterung so lichterloh, als wenn der Herzog der Deutschen an der Spitze seiner Truppen einherreitet und so uns deutsche Volkskraft verkörpert, oder wenn die düsteren Eisenleiber unserer Panzer schiffe lautlos in Schlachtordnung das Meer durchfurchen, mit ihrem Schöpfer, dem Kaiser, auf dem Flaggschiff voran. Aber wir preisen ihn als Heros des Friedens. Nur gegen frevle Friedebrecher halten wir die Waffe scharf, selbst aber wünschen wir nicht den Krieg, und auch der Kaiser denkt wie wir. Er will uns die gesegneten Fluren er hallen, damit unser täglicher Schweiß sich belohne; und während in dem Ameisengewimmel dieser 65 Millionen Deutscher nicht alles planmäßig einander in die Hände arbeitet, sondern Haß und Streit ihre ewigen Tragödien ausfechten, sehen wir in der Person unseres Kaiser das leuchtende, tröstende, erhebende und uns immer wieder emporreißende Symbol der nationalen Einheit. Man sollte schier glauben, es strebe alles wieder aus einander, wenn man die erbitterten Kämpfe im Volke sieht. Aber an Kaisers Geburtstag wissen wir, was es bedeutet: Einer für alle, alle für einen! Das schfägt durch, das hallt in Millionen Herzen wieder; und dann mögen auch die Fremden es fick ge sagt sein lassen, daß unser Volk eines neuen 1813 immer noch . fähig ist. Mit heißer Freude rankt sich unser Gedanke an dem Kaiser empor, dem geistigen Erben jenes Friedericus Rex, den wir soeben als ersten Diener des Staates gefeiert haben. Eine lange Reihe von Fürsten zieht vor unserem Auge vorüber, die sich aufgerieben haben in der Arbeit für das Volk. Zum Danke aber erschall in einem jeden von uns, der noch nicht jeden ge schichtlichen Verständnisses und jedes deutschen Staatsbewußtseins bar ist, der innere Ruf, drängend und anseuernd: Bis zum letzten Atemzuge dein, du Deutscher Kaiser, in Not und Tod mit dir, du Herzog der Deutschen! Kuna um ctie Aocke. lDie volle Genugtuung.) Trotz der „materiell gesinnten* ** Zeiten geht es uns allen — Völkern, Parieren, Einzelmenschen — weit mehr um die Ehre, als um wirklichen Gewinn. Der französisch- italienische Zwischenfall konnte die Freundschaft der beiden lateinischen Schwesternationem schwer schädigen, aber trotzdem bestehen beide Staaten vor allem auf einer richtigen Genugtuung. Das ist ihnen die Hauptsache. Wenigstens der Schein, daß die nationale Ehre gewahrt ist, soll unter allen Umständen erhalten bleiben. So haben denn die Franzosen verlangt, daß die von der„Manouba" weg durch die Italiener verhafteten türkischen Passagiere wieder den Franzosen ausgeliefert und von ihnen nach Tunis gebracht wurden; dort könnten die französischen Behörden sie dann identifizieren und, falls es sich tal- sächlich.um türkische Offiziere bandele, ihnen den Übertritt auf tripolitanisches Gebiet verwehren. Diese „Schande" glauben die Italiener, nachdem sie einmal Schiff und Menschenfracht konfisziert haben, nicht ertragen zu können. Tie wollen die französische Freundschaft nicht verlieren, aber auch selber Genugtuung haben. So haben sie denn von sich aus die Türken nach hochnotpeinlicher Prüfung durch Universitätsprofessoren als harmlose Arzte und Lazarettgehilfen identifiziert und lassen sie darauf frei, nickt auf Grund der französischen Forderung. Die Franzosen knirschen insgeheim. Sie könnten mit dem friedlichen Ausgang sehr zufrieden sein, aber die Genugtuung, die Genugtuung fehlt! Infolge des dte bürgerlichen Parteien durchweg schwächenden, den Sozialdemokraten aber mächtigen Gewinn bringenden Ausfalls der Reichstagswahlen gedachten manche Leute des vorigen Reichskanzlers Fürsten Be rn- hard o. Bülow, der in der Villa Malta zu Rom sitzt und einst bei seinem Scheiden das Wort vom Wiedersehen bei „Philippi" sprach. Und diese weisen Leute deuteten die Romreise des Herrn o. Kiderlen als eine Art von Genugtuung, als erste Anknüpfung mit — dem kommenden Kanzler, der es schon einmal war. Demgegenüber legt die Regierung Wert darauf, den im Preßbureau des Aus wärtigen Amtes verkehrenden Journalisten ausdrücklich mitzuteilen, der Staatssekretär habe seinen italienischen Kollegen aufgesucht, ohne vorher bei Bülow vorzufahren. Erst nachher, unamtlich, trafen sich beide Männer bei festlichem Mahle. * Keine einzige bürgerliche Partei zieht ungefchwächt in den neuen Reichstag von 1912 wieder ein, aber jede muß natürlich erklären, daß sie „unter den gegenwärtigen Umständen" doch eine besondere Genugtuung über den Ausfall empfinde. Rechte und Zentrum — dieses übrigens am wenigsten — haben eine große Zahl von Mandaten verloren, aber sie stellen mit Befriedigung fest, daß die Linke auch nicht ungestraft daVvngekommen ist und daß es im neuen Reichstag sogar weniger Hünsabündler gibt, als im alten. Die Linke hinwiederum gibt zu, daß ihre Agitation nur der Sozialdemokratie große Erfolge ein getragen hat, aber dafür hat sich die Rechte hauptsächlich die Finger verbrennen müssen, und das tut wohl. Mit demselben Gefühl der „Genugtuung" haben sich etwa die Japaner und die Russen nach ihrem Kriege, als sie wegen gegenseitiger Ermattung Schluß machen mußten, angesehen. Die Japaner hatten die Genugtuung, Laß sie die Russen zurückgeschlagen hatten; und diese höhnten, daß die Japaner davon nur eine riesige Schuldenlast behielten, zu denen der Unterlegene keinen Pfennig beisteure. Den Hauptoorteil aber hatten die Engländer. Die Streitenden bei der deutschen Reichstagswahl aber wissen zur Stunde noch nicht einmal, wer eigentlich gesiegt hat. Es kommt darauf an, ob die beiden bayerischen Bauernbündler sich zur Rechten oder zur Linken rechnen. In dem einen Fall haben wir eine Mehrheit der Linken von 200, im anderen eine Minderheit von 198 Sitzen, — wenn nicht irgend ein „Wilder" auch da noch eine kleine Verschiebung bervvr- bringt. Ostasien ist und bleibt für uns bas Land der un gelösten Rätsel. Der vor einigen Jahren verbannte Grobwürdenträger Yuan-Schikai, der während der Boxerzeit in der gut verwalteten Provinz Schantung allein vollkommene Ordnung aufrecht erdalten und die Grundlagen zur chinesischen Heere:reform gelegt hatte, erlebte in den letzten Wochen die glänzendste Genugtuung, die ein Sterblicher überhaupt haben kann. Dasselbe Kaiserhaus, das ihn in Ungnaden fortgeschifit hatte, er flehte seine Rückkehr. Lange, sehr lange ließ er sich bitten. Dann fiel ihm anscheinend alle Macht zu, und die europäischen Blätter nannten ihn bereits den künftigen Präsidenten der himmlischen Republik. Schon habe die Dynastie ihre Abdankungsurkunde unterzeichnet. Aber jetzt hören wir plötzlich, daß das noch gar nicht wahr ist, ja, daß Puan-Schikai sogar einen Extrazug unter Dampf in Peking stehen hat, um nötigenfalls rechtzeitig entfliehen zu können. Wer schließlich mit der größten Befriedigung auf diese Revolution wird zurückbliaen können, läßt sich noch -ar nicht sagen. , Politilcbc kunälckau. Veutsckev kel«ch. * Das Gouvernement deS Gchutzgebirts Kiantscho« hat die telegraphische Anweisung erhalten, von den Ende Februar d. I. planmäßig zur Ablösung gelangenden Truppenteilen der Besatzungen von Tsingtau und Tientsin (Matrosenartillerieabteilung und Seebataillon) 500 Mann nebst den erforderlichen Offizieren zunächst -urückzuhalten. Die Veranlassung zu dieser Maßnahme ist iu der un geklärten und unsicheren innerpolitischen Lage Chinas zu erblicken, die erweiterte Schutzmaßregel»» zur Sicherung eventuell gefährdeter deutscher Reichsangehöriger, ihres Lebens und Eigentum- notwendig »iahen kam». Gewerbliche Privatschulen stellen begreiflicherweise ihre Erwerbsintereffen in den Vordergrund. Manchmal mag dies über Gebühr und -um Schaden de- gewerb lichen Nachwuchs«- geschehen. Den preußischen Re gierungspräsidenten teilt jetzt der preußische Handels minister einen Bescheid mit, worin eine strenge Ber- waltungspraxiS in der Bekämpfung zweifelhafter Unternehmungen empfohlen wird. Das Aufkommen zweifelhafter Unternehmungen soll womöglich verhindert werden. Dies ist nach der Ansicht des Ministers um so leichter, al- die öffentlichen gewerblichen Schulen erstarken und die Überzeugung von der Notwendigkeit einer strengen Staatsaufsicht sich verbreitet. Dagegen sei es noch nicht an der Zeit, auf eine Einigung der Bundesregierungen über einheitliche Grundsätze hinzuwirken. -- Dem preußischen Abgeordnetenhause ist -er Gesetz entwurf zur Entlastung der Oberrechnnngskammer wieder zugegangen. Die Entlastung der Oberrechnungs- kammer soll in erster Linie dadurch erreicht werden, daß der Kamrner die Möglichkeit gewährt wird, in weiterem Umfange, als es bisher zulässig war, die Prüfung von Rechnungen an geeignete Verwaltungsbehörden zu delegieren, d. h. die Revisionstätigkeit, die von den Ver waltungsbehörden sachgemäß und zuverläsfig auSgeübt werden kann, diesen zu übertragen. Diese Art der Ent lastung der Oberrechnungskammer soll um so unbedenklicher sein, als bei der Eisenbahn-, Zoll- und Justizverwaltung iowie bei der Ansiedlungskommifsion neuerdings wirksame Kontrolleinrichtungen in den sogenannten RevisionSbureaus geschaffen worden sind und in gleicher Art auch bei den Provinzialregierungen die Einrichtung von Rechnungs ämtern in Aussicht genommen ist, die eine gründliche und sachverständige Vorprüfung der Rechnungen gewährleisten. Zunächst ist versuchsweise ein solches Rechnungsamt bei der Regierung in Breslau eingerichtet worden, und nach den dort gemachten Erfahrungen sollen auch bei den übrigen Regierungen gleiche Einrichtungen getroffen werden. Die Oberrechnungskammer soll sich dann auf Stichproben beschränken. * Eine zwangsweise Vermehrung der Schutzmann- schäft wird am 1. April in verschiedenen größeren Orten durchgeführt. Von den Regierungen war den Stadtver waltungen eröffnet worden, auf eine Vermehrung der Schutzmamrschaft im neuen Etat Bedacht zu nehmen, da die Zahl der vorhandenen Sicherheitsmannschaften wegen der Ausbreitung von Handel und Industrie und der da durch bedingten Bevölkerungszunahme nicht ausreiche. Allgemein kam man diesem Wunsche nach. Wo dies aber nicht geschah, da griff der Regierungspräsident ein und verfügte ohne weiteres die Zwangsetatisierung. Um die Genehmigung des Etats zu erhalten, sind die Gemeinde vertretungen gezwungen, die erforderlichen Besoldungen für die neue Sicherheitsmannschaft zu genehmigen. Al- Kuriosum sei hierbei erwähnt, daß die Polizeihunde eben falls al- Posten in den Etats aufgeführt sind und daß für ihre Unterhaltung Summen bis zu 1000 Mark für das einzelne Tier gefordert werden. 4- Die Beschäftigung der Arbeitslosen mit Notstands- arbeiten ist von einer großen Anzahl Gemeinden und auch von Kreisverwaltungen durchgeführt worden. Die Kosten hierfür wurden meist schon bei der Etatsaufstellung in Ansatz gebracht. In der Hauptsache werden die Arbeits losen mit der Instandsetzung von Wegen, Straßen »mb Chausseen, sowie niit Aufforstungen beschäftigt. Beim Nachlassen der Kälte sind auch Ausführungen von Hoch bauten vorgesehem ** Als Alterspräsident im neuen Reichstag wird, wie die „Vossifche" meldet, der 83 jährige Albert Träger am 7. Februar die erste Sitzung eröffnen. **EinDenkmalfürRobert Koch. Der „Bazillen vater" Robert Koch soll nun in Berlin ein Denkmal bekommen. Es soll am Luisenplatz in der Nähe seiner langjährigen Tätig keit errichtet werden. Ueber die Gestalt des Denkmals ist noch nichts entschieden, und auch die Kostenaufbringung muß noch geregelt werden. Ein vorläufiges Komitee beschäftigt sich mit dem Plane. Mit der Aufstellung am Luisenplatz ist die städt ische Tiefbauverwaltung einverstanden. ** Die großeLandwirtschaftswoche, die all jährlich im Februar in Berlin stattfindet, wird durch die Tagung des Preußischen Landesökonomiekollegiums vom 8. bis 10. Februar eingeleitet werden. Ihr folgt die Tagung des Deutschen Land- wirtschaflsrats, der auf Einladung seines Präsidenten, des Grafen Schwerin-Löwitz, am 13. Februar zusammentritt und bis zum 16. versammelt bleibt. Anf dem Festmahl zum Schluß der Tagung pflegt, alter Gewohnheit getreu, der jeweilige Reichs kanzler eine Rede zu halten. Die Arbeitsfitzungen sind der Beratung des Viehseuchengesetzes, der landwirtfchaftlichen Ent wicklung Sibiriens, der Kalifrage und anderen interessanten Gegenständen gewidmet. ** Waldschäden. Das aus dem Schwarzwald gemeldete Absterben zahlreicher Tannen infolge des massenhaften Auftretens des Borkenkäfers, einer Folge des letzljährigen