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Naunhofer Nachrichten 16. Hahrgang. Sonntag, den 17. September 1905 Nr. 112. Kür Inserenten der AmtShauptmann. schast Grimma 10 Pfg. die sünsge» spalten« Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 12 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Bezug-Prel-: Frei inS HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei inS HauS durch di« Post Mk. 1.30 vi«rteljährlich. Verlag und Druck: Güuz är Eule, Nauuh-f. Redaktion: Aug. Franz Hauschild, Naunhof. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Mit einem Illustrierten Sonntagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letzter« alle 14 Lage. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uta mit dem Da nn, des nachfolgenden TagcS. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage dcS Eischmrcn^ Bekanntmachung. Diejenigen bedürftigen, unansässigen Einwohner Naunhofs, welche in der Zeit von Michaelis 1905 bis Michaelis 1906 in der Slaatswaldung Leseholz sammeln wollen haben sich Dienstag, den IS. September 1905 vormittags vor« S bis 10 Uhr in dem hiesigen Meldeamt persönlich zu melden. Naunhof, den 16. September 1905. Der Bürgermeister. Willer. Zweiter sächsischer Truppenübungsplatz. Das „Torgauer Kreisblatt" berichtete, wie wir dem „Wurzencr Tageblatt" vom I. September entnehmen, daß nach den in letzter Zeit ganz geheim gepflogenen Verhand lungen die Errichtung eines neuen Nebungs- platzes für das 2. sächsische Armeekorps auf dem Gelände bei Belgern als festehend an- zunchmen sei und knüpfte daran Betrachtungen über die Vorteile, die daraus der dortigen Gegend erwachsen würden. Es ist nun zwar schon früher kurz darauf hiugewiesen worden, daß die Frage der Verlegung des Truppen übungsplatzes für das 19. Armeekorps nach Torgau in verneinendem Sinne entschieden sei. Da dieser Hinweis aber, der nur nebenher in eine Besprechung linksliberaler Wahlumtriebe im 8. städtischen Wahlkreise eingeflochten war, den beteiligten ländlichen Kreisen möglicherweise verloren gegangen ist, so nehmen wir Gelegenheit, nochmals auf die Sache zurückzukommcn. Nach unserer Kennt nis der Sachlage hat ein im konservativen Verein in Dresden im Mai gehaltener Vor trag der auch Beachtung in den Naunhofer Nachrichten gefunden hat, in mancher Hinsicht aufklärend, wohl auch belehrend gewirkt, namentlich in der Richtung belehrend, daß in den ländlichen Bezirken, die die Angelegen heit am unmittelbarsten berührt, sich doch die Erkenntnis Bahn gebrochen hat, daß die Frage nicht ausschließlich von dem engen Standpunkt des eigenen, rein persönlichen Interesses be trachtet werden dürfe, sondern daß man wohl zu erwägen habe, wie hoch man kluger Weise seine Forderungen stellen dürfe, um nicht zu einer Ueberspannung zu gelangen, die cs der Militärverwaltung als der Vertreterin des Neichsfisklls unmöglich machen würde, den rein sächsischen Jnteressenstandpunkt noch weiter zu vertreten. 'Nach unserer Kenntnis der Lage sind dem sächlichen Kriegsministerium Vorschläge unterbreitet worden, die als geeignet bezeichnet werden können, allen billigen Wünschen ge recht zu werden, eine genügende und gerechte Entschädigung des Grundbesitzes ^gewährleisten, die in Bezug auf das Ausbildungsbedürfnis der Truppen zu stellenden Anforderungen er füllen, das fiskalische Interesse des Reichs wahren und alle die Bedenken beseitigen, die vom volkswirtschaftlichen und politischen Stand punkte au» gegen eine Verlegung des Platzes nach Preußen erhoben worden sind. Wenn wir die Geneigtheit des sächsischen Kriegsministeciums, versuchen zu wollen, die ihm unterbreiteten Projekte für das Königreich Sachsen weiter zu verfolgen, mit freudiger Genugtuung begrüßen, so dürfen wir ander seits auch der Erwartung Ausdruck geben, daß die beteiligten Kreise es an entsprechendem Entgegenkommen nicht fehlen lassen und etwa gegebene vorläufige Zusagen auch halten werden. Man wird sich immer zu vergegen wärtigen haben, daß das sächsische Kriegs ministerium einerseits über eine gewisse ihm durch den Reichssiskus gezogene Grenze der Bewilligungen nicht hinausgehen kann, ander seits aber einen zweiten Truppenübungsplatz aus militärischen Gründen schassen muß, den es, in eine Zwangslage gesetzt, auch außerhalb der weiß-grünen Grenzpfähle anzunehmen haben würde. 1^. 1'. 0. Die Umgestaltung der Persoueutarife. Die Generaldirektion der Sächs. Staats eisenbahnen legte dem Sächs. Eisenbahnrale die Vereinbarung der deutschen Eisenbahn vermaltungen über die Umgestaltung der Personentarife zur gutachtlichen Aussprache vor. Nach dieser Vereinbarung fallen die Rückfahrkarten fort; der Fahrpreis für den Kilometer soll betragen in 1. Klasse 7 Pfg., in 2. Klasse 4,5 Pfg., in 3 Klasse 3 Pfg. und in 4. Klasse ivie bisher 2 Pfg. Bei Benutzung von Schnellzügen sollen nach drei Zonen abgestufte Zuschläge erhoben werden. Das Freigepäck soll Wegfällen; die Gepäck fracht wird ermäßigt und die je 25 Kg Ge wicht nach 15 EntfernnngSzonen berechnet. Die zusammenstellbareu Fahrscheinhefte sollen beibehalten werden mit besonderen Preissäyen, die für Schnellzug ohne Zuschlag gelten. Die Dresdner Handelskammer erklärte sich auf Grund der bisherigen Beschlüße der Kammer mit dem geplanten Einheitssätzen einverstanden, wünscht aber, daß Schnellzugs- znschlüge nur erhoben werden für l)- und solche Züge, die mit durchlaufenden Wagen und den Bequemlichkeiten der O-Züge ver sehen sind. Die Kammer sprach ferner den Wunsch aus, daß es gestattet werde, für oft befahrene Strecken mehrere Fahrkarten auf einmal, und zwar auch für die Rückfahrt, zu lösen. Schließlich ermächtigte die Kammer ihren Vertreter im Eisenbahnrate, etwaige be antragte Erleichterungen hinsichtlich der Zoncn- und Gewichtseinheiten für die Gepäckfracht ermittelung zu unterstützen. Der Eisenbahn rat stimmte ebenfalls der Vereinbarung zu. Vom Kolonialkongreß der vonl 3. bis 5. Oktober in Berlin tagt, und zu dessen Veranstaltern auch 16 evan gelische und 13 katholische kirchliche Vereini gungen gehören, werden die Vertreter der Mission in unseren Kalonien mehrfach zum Worte kommen. Bei einer Plenarversammlung im NeichstagSsaal spricht der Missionsdirektor 0. Buchner von der Brüdergemeine über die Mithilfe der Mission bei der Erziehung der Eingeborenen zur Arbeit. In Sektion IV, wo die religiösen und kulturellen Verhältnisse der Kolonien und überseeischen Jntreffcnge- biete besonders beraten werden, sind als Sprecher «»gezeigt: Missionsinspektor O. Oehler von Basel über „die Schultätigkeit der evangelischen Mission in den deutschen Kolonien"; Pastor I. Richter a. Schwanebeck: „Der Islam, eine Gefahr für unsere afrika nischen Kolonien" und Pastor Paul a. Lorcnz- kirch: „Bestand und Arbeit der evangelischen Mission in unseren Kolonien". Zwei evan gelische Missionare berichten aus eigener Be obachtung : Der zur Norddeutschen Mission ge hörige Missionar Spieth über „die religiösen Anschauungen des Ewhe-Volkes in Togo" und Präses Hoffmann von der Rheinischen Mis sion in Neuguinea über „Sprache und Sitte der Papuastämme an der Astrolabebai." Die katholische Mission hat drei Vorträge ange meldet. Der Provinzial Linckens aus Hiltrup spricht über „die Erziehung eines Naturvolkes durch das Mutterland" und Dr. Froberger aus Trier über die Frage: Welchen Kultur- wert hat das Islam für koloniale Ent wickelung?" Derselbe redet über „Vie Mission als Mitarbeiterin an der vergleichenden Reli gionswissenschaft". Auch in andern Sektionen kommen Fragen zur Behandlung, die für die kirchlichen Kreise Deutschlands aktuelle Be deutung haben. Prof. Dr. Zahn spricht z. B. über die Verbreitung der Deutschen im Aus land und Prof. Thieß über die Fürsorge für die Auswanderung. Mitglied des Kongresses kann jedermann gegen einen Beitrag von 10 Mark werden. Die Räumung der Mandschurei, von russischen und japanischen Truppen wird aller, Voraussicht nach nur langsam vor sich gehen. Die Gründe hierfür iverden in den schlechten Gelände- und Verkehrsverhältnissen zu suchen sein und darin, daß die Ober befehlshaber beider Armeen ein Interesse daran haben, vor ihrem Abzug zu erfahren, wie sich China zu der Neugestaltung in den Krieg so hart mitgenommenen mandschurischen Gebieten stellen wird General Lenewitsch wäre, so meint man, geneigt, sich hinter den Hun-Fluß zurück- zuzichen, falls Marschall Oyama sich dazu verstehen würde, seine vordersten Stellungen hinter den Liaufluß znrückzuschieben. Das Gelände zwischen Kuantschantse und Tieling würde in diesem Fall die neutrale Zone sein. Lenewitsch und Oyama haben aber, bevor sic ihre Anordnungen zur Heimsendung von Truppen treffen, ein starkes Interesse, zu wissen, welche Kategorien von Truppen und in welcher Stärke die Pekinger Regierung nach der Mandschurei zu entsenden gedenkt, ob Abteilungen älteren Stils oder solche mit europäischer Ausbildung und Bewaffnung Um Klarheit über diesen wichtigen Punkt zu erlangen, wird Lenewitsch sich mit der Heim- ssndung seiner Regimenter nicht beeilen. Rundschau. — Prinz Friedrich Leopold von Preußen hat das russische Hauptquartier verlassen und begibt sich zunächst nach Wladiwostok. — Zu Generalobersten wurden er nannt Erbprinz Bernhard von Sachsen-Mei ningen und Erbgroßherzog Friedrich von Baden. — Generalmajor Gras von Moltke, General ü la suitv des Kaisers und Ab- teilungschcs im Großen Gencralstabe, wurde zum Kommandanten von Berlin ernannt. — Der neuernannte Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika von Linvequist ist zum Besuche des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg-Schwerin, des Präsidenten der deutschen Kolonialgesellschaft, in Schloß Wiligrad eingetrosfen. — Der Verstürkungstransport für Ost afrika ist mit dem Dampfer „Körber" in Sansibar eingetroffen und weiter nach Dar es Salam in See gegangen. — Mehreren Hcrerobanden wurden von deutschen Patrouillen in der Nähe von Rehoboth empfindliche Verluste bcigebracht. — Das Bräunen der Säbel scheiden war vor mehreren Wochen vom Kaiser fiir die Armee angeordnet worden, der Befehl wurde jedoch vor etlichen Tagen wieder aufgehoben. Tie Versuche mit den gebräunten Säbelscheiden haben sich nicht be währt. Sobald eine derartige Scheide auf längere Zeit dem fliegen ausgesetzt war, über zog sie sich mit Rost und beschmutzte Wasfen- rock und Beinkleider. Die Gewehrläufe, welche durchweg mit künstlicher Bräune überzogen sind, schützt man durch einen feinen Fettüber zug vor dem Rosten, was sich beim Säbel nicht gut »lachen läßt. Aber auch sonst sind gebräunte Säbelscheiden insofern unpraktisch, als sich die Bräune beim Gehen oder Reiten an den Beinkleidern, mehr aber noch am Sattelzeug abreibt. Da der Kaiser diese Er fahrungen persönlich machte, erfolgte der Gegenbefehl. — Die Zentralauskunftsstelle für Aus wanderer in Berlin ^v., Schellmgstraße 4, II, welche vom Deutschen Reich unterstützt wird, hat es sich zur Aufgabe gemacht, aus- wanderungslustigen Personen über die Ver hältnisse in den überseeischen Ländern und die Aussichten, welche sich dem Auswanderer bei einer Niederlassung in denselben bieten, Nat und Auskunft zu erteilen. Die Auskunft wird unentgeltlich gegeben. Im vergangenen Jahre wurden 3000 mündliche und schrift liche Anfragen eingehend und unparteiisch be antwortet. Es liegt im Interesse der Aus- wanderer, daß sie sich vor Ausführung ihres Planes mit der Zentral-Auskunftsstelle in Verbindung setzen, damit sie vor Not bewahrt werden und ihnen bittere Enttäuschungen er spart bleiben. — Die fernere Beteiligung schulpflichtiger Kinder an Treibjagden ist im Herzogtum Gotha durch Erlaß der Schulämter mit Rücksicht darauf verboten morden, daß die Kinder bei solchen Gelegenheiten gefährdet seien und „Dinge zu sehen und zu hören bekämen, die ihre Erziehung ungünstig zu be einflussen geeignet .seien", daß sich auch für den Unterricht allerlei nachteilige Wirkungen herausgestellt hätten. — Der Bürgerausschuß ^on Lübeck empfahl einstimmig dem Senat ein Gesuch der Bürgerschaft betreffend den Bau eines Krematoriums. — In Reichenbach in Schlesien streiken jetzt über 1100 Textilarbeiter. 'Nur eine kleine Weberei hat den Betrieb einstcUen müssen, in den anderen wird mit einem Fünftel bis einem Drittel der Wcbstühle weiter gearbeitet. — In der Zarenfamilie steht, wie aus Peterhof nach Paris gedrungene 'Nach richten wissen wollen, ein freudiges Ereignis bevor. — Neber Rußlands und Japans Zukunft hat sich Präsident Roosevelt dem Korrespondenten eines Pariser Blattes gegen über in recht beachtenswerter Weise ausge sprochen, vorausgesetzt, daß der darüber vor liegende Bericht der Wirklichkeit entspricht. Rußland, so sagte der Präsident danach, muß lernen seine geographischen Ausdrücke in wirt- chaftliche Wirklichkeiten umzumandeln, d. h. cs muß seine Zeit verstehen lernen. Japan versteht seine Zeit besser, als Deutschland, England und den Vereinigten Staaten von Nordamerika lieb sein mag. Die Produktion der, Roosevelt sagte unsrer, drei Länder wird mit der japanischen einen harten Kampf zu bestehen haben. Nichts könnte interessanter ein, als die bevorstehende Anspannung aller ebendigen Kräfte in Japan zu beobachten. Dies freimütige Wort beiveist, daß Präsident Roosevelt nicht bloß aus platonischen Gründen 'ich um das Zustandekommen des Friedens bemüht har. - Der russische Marineminister ließ der japanischen Regierung die Nachricht von der Degradation NebogatowS übermitteln, da mit sie ihm nicht mehr die Ehren erweise, die ihm früher infolge seines Ranges zustande». — Ter russische u»d der japauische Kommissar, die mit der Festsetzung der Beding-