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Wöchenllich erscheinen drei Nummern. Pränumeration« - Preis 22j Silbergr. (j THIr.) vierteljährlich, Z THIr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Deit u. Lomp., Jägersiraße Nr. 25), so wie von allen König!. Post-Aemtern, angenommen. Literatur des Auslandes. 12. Berlin, Donnerstag den 27. Januar 1848. Frankreich. Die Versicherungs-Anstalten in Frankreich. Neber ihre gegenwärtigen Verhältnisse und ihre Ausdehnung zu den Zwecken des Staates und der Gesellschaft. (Nach der Revue Iuäe^eu6aute.*) Das Leben des Menschen ist ein steter Kampf mit dem Schicksal. Bald beschädigt oder vernichtet eine wilde Naturkraft seinen Besitzstand, das Ergeb niß jahrelanger Mühen, bald wirft ihn ein düsteres Verhängniß auf das Sicch- bett oder raubt der Tod ihn seiner Familie in dem Augenblicke, wo diese seiner Hülfe am meisten bedarf. Stände nun der Einzelne, als solcher, diesen blinden Mächten gegenüber, so müßte er ihnen bald unterliegen. Schon der Gedanke, daß alle seine Bestrebungen und Erfolge jeden Augenblick zerstört werden könn ten , müßte lähmend auf Geist und Körper einwirken. Wenn das Gemllth um die Erhaltung des irdischen Gutes und Glückes fortwährend besorgt sepn muß, kann sich keine höhere Regung, keine freiere Anschauung entwickeln. DaS Auge des Geistes wird immer zur Erde gekehrt sepn, statt zum Himmel hinaufzu» schauen. Der Mensch wird sich nie ganz und freudig seiner höheren Bcstim» mung, dem Forschen nach Wahrheit, dem Streben nach Tugend hingeben kön nen. Auch die Gesundheit und Rüstigkeit des Leibes müßte leiden unter der Unruhe und Angst. Nun aber muß die Gesammtheit dem Individuum in sei» nem Ringen mit dem Fatum hülfrcich zur Seite stehen, die Pfeile der unerbitt lichen Göttin, so weit eS möglich, abstumpfen oder brechen und die Bürden dcS Daseyns erleichtern. DaS ist der Zweck und die Ausgabe jeder socialen Verbindung. Ist nicht in einem Staate das Eigcnthum sicher gestellt gegen die Gefahren des Zufalls, sind nicht eben so Institutionen vorhanden, welche den Familienvater in den Stand setzen, für die Seinen auch dann noch sorgen zu können, wenn Krankheit und Tod ihn hindern, selbstthätig für ihren Unter, halt zu wirken, so genügt der Staat den Anforderungen durchaus nicht, welche an ihn gestellt werden müssen. Statt eines selbstständigen Organismus, ist er nur eine sociale Anarchie, nichts weiter, wenn er den Bürger jedem Wechsel des Glücks schutzlos preiSgicbt. Er gleicht einem Schiffe, welches sich einen Theil seiner Mannschaft jeden Augenblick durch die Wogen entreißen läßt! Betrachten wir nun nach dieser Seite hin die Zustände Frankreichs. Man nigfache und zahlreiche Unfälle müssen in einem so großen Lande den Bürger heimsuchen. Folgende statistische Tabelle giebt eine Uebersicht davon: Jährlicher Verlust durch Feuer 16,170,606 Fr. « Biehsterben 5,276,Zit - - Hagel 57,497,66» - - Frost, Dürre, Ueberschwemmungen. . II,313,728 - - Schiffbrüche 13,000,000 - - verschiedene Unfälle . . . 2,240,360 - Summe . . 105,498,668 Fr. Im Ganzen beträgt also der Verlust mehr als hundert Millionen jährlich. Ein so bedeutender Theil unseres Rcichthums verschwindet und läßt in mancher Familie eine schmerzliche Lücke zurück. Welche Maßregeln hat aber die Admi- nistration getroffen, um diesen Uebeln vorzubeugen? Was haben die Privat- Anstalten geleistet, welche dieselben Tendenzen verfolgen? Was könnten die Gesammtkräfte des Volks bewirken, wenn sie energisch diesen Krebsschäden der öffentlichen Wohlfahrt entgegenträten, und wie müßten sic geleitet werden? Vielleicht finden wir im Folgenden durch die Beantwortung dieser Fragen die Lösung unseres Problems. WaS zunächst den sranzöfischcn Staat betrifft, so hat er sich bisher gegen die Noth der Bürger fast gleichgültig gezeigt. Er hat Nichts gcthan, Nichts versucht, um die Habe derselben gegen die Angriffe jener Landplagen zu schützen, welche doch jährlich wiederkchrcn. Er ist gleichsam im Taumel eines sanften Schlummers befangen, während rauhe Winterstürme um ihn toben. Selbst dann, wenn ihn per gellende Hülssschrei aufgerüttelt hat, weicht sein gewöhn- lichcr Leichtsinn keinen Augenblick von ihm. Wenn das Elend zu hoch steigt, öffnet er höchstens seine Hand. Dieses spärliche Almosen kömmt der Bergan- D'N Herm Aug. Barbe», einem sranzösiscken Slaats-Oekonomen, der ein neue« System sstr du Organisation der Banken vorgeschlagen, welchem Tasten, auch die folgen- den Sp'-u!a„°n»n m Bezug aus da« BerstcheruugSwcsrn angehören. Man wird nich- umhin können, die Bemerkungen de« Herrn Barbe», abgesehen von dem stalistlschrn Ma- »erial, da» ste darbieien, scharfsinnig zu finden, obwohl seine Theorie nich, auSsüh,barer schein», al» so ma„<hc andere, von Henfigen französischen StaaiS-Sekonomen ausgehende. genhcit zugut; die Zukunst bleibt unberücksichtigt. So wurden 1844 zwei Millionen, oder genauer 1,94Z,4Z6Fr. vcrtheilt. Und dies war ein Jahr, in welchem so viele Thränenflossen um denUntcrgang des häuslichen Wohlstandes. Da der Staat hier seinen Obliegenheiten nicht nachkömmt, so haben Pri vat-Anstalten seine Stelle einzunehmen versucht. So find die Verbindungen, welche man Assekuranzen nennt, entstanden. Alle haben den Zweck, das Eigen- thum gegen den Verlust zu sichern, welchen eS durch unvorhergesehene Ereig nisse erleiden könnte. Ein großer Mangel dieser Institutionen ist aber, daß sie ihre Kräfte in mehrere Gesellschaften zersplittert haben, welche das Unheil nur von Einer Seite angreifen, während sie ein organisches Ganze bilden sollten, welches mit energischem Zusammenwirken das Uebel in seiner ganzen Ausdeh nung bekämpfen würde. Alle diese einzelnen Gesellschaften sind nun auf dem selben Prinzipe basirt. Sie verlangen nämlich von den Bcthciligten bedeutende Geldopser und machen sich dagegen anheischig, sic vor etwanigcm Schaden zu behüten. Ein Uebcrblick mag uns nun zeigen, wie sie mit dem Publikum ver- fahren, und in wie weit sich ihr Einfluß auf dasselbe erstreckt. Folgendes war ihr Zustand am Schluffe des Jahres 1845. I. Versicherungs-Anstalten gegen FcuerSgefahr. Versicherte Werthe. Verluste. 20 Gesellschaften mit festen Prämien . . . 21,768,488,000 Fr. 11,497,000 Fr. »6 Gegenseitigkeits-Gesellschaften für un ¬ bewegliches Eigenthum 7,400,000,000 - 1,500,000 - 17 Gegenseitigkeits-Gesellschaften für be ¬ wegliches Eigenthum . . . 1,456,000,000 - 500,000 r 73 Gesellschaften mit Prämien und Gegen ¬ seitigkeit 30,600,000,000 Fr. 13,500,000 Fr. Die 20 Compagnieen mit Prämien haben eingenommen. . 18,500,000 Fr. Haben dagegen für Ersatz der Schäden bezahlt .... . . 11,500,000 - Mithin Brutto-Gewinn . . 7,000,000 Fr. Die 53 Gegenseitigkeils - Gesellschaften für bewegliches und unbewegliches Eigenthuin haben für Verwal tungskosten empfangen 2,000,000 Fr- Jährlicher Verlust für die Versicherten bei sämmtlichen Gesellschaften 9,000,000 . Werth alles zu versichernden Eigcnthums in Frankreich . 150,000,000,000 Fr. Werth des versicherten EigenthumS in Frankreich 30,000,000,000 - Die Gesellschaften mit Prämien haben seit ihrer Gründung 148 Millio- nen Fr. bezahlt; die zu ersetzendcn Schäden betragen im Vcrhältniß zu den rmpfangcnen Prämien 50 pCt. Also haben die Gesellschaften fast 300 Millio- nen einnehmen müssen. 2. Hagel. Assekuranz-Gesellschaften. Von 17 Gesellschaften haben sieben keinen Rechnungs-Abschluß veröffent licht, ein sicherer Beweis, daß sie keine gute Geschäfte machen. Bei den zehn anderen waren Früchte zum Belaufe von 192 Millionen Fr. versichert. Ihre Schaden »Ersatzgclder übersteigen 1,838,000 Fr., die VcrwaltungSkosten betra gen 600,000 Fr., also 33 pCt. von den Schäden. Bei einigen haben die Ver. sicherten das Marimum der SchätzungSgcldcr Ij, 2^ und 5 pLt. entrichtet und haben doch nur nach Verhältniß 50, 60, 70 pCt. Vergütung auf die von ihnen in Folge von Hagelschlag in Anspruch genommenen Summen erhalten. ES giebt also nichts Kostspieligeres und Drückenderes als dieses System von Versicherungen. Die in Frankreich in verschiedenen Zeiträumen entstandenen Hagelversicherungs-Gesellschaften haben meistens liquidiren müssen, und zwar aus einem einfachen Grunde: Diejenigen Departements, in welchen es nicht zu hageln pflegt, lasscn gar Nichts versichern, so daß den BcrsichcrungS-Anstal- tcn nur solche Gegenden zuströmen, die in jedem Jahre verhagelt zu werden pflegen. Alle in Frankreich gegen Hagelschäden zu versichernde Früchte haben einen Werth von 5,500,000,000 Fr. Davon sind jedoch nur versichert 190,000,000 « 3. Vieh-Assekuranz -Gesellschaften. Bei sechs Gegenseitigkeit!».Gesellschaften ist versichert die Summe von 20,000,000 Fr. Werth alles Viehes dagegen in Frankreich 2,000,000,000 - Zwei Pariser Gesellschaften haben im 1. 1845 für 10 Millionen Garantie geleistet und 306,000 Fr. Verlust erlitten. Ihre Büreau-Kosten belaufen sich auf 104,000 Fr., betragen also mehr als den dritten Theil der Summe des Verlustes. Die Versicherten haben ungeachtet der voll eingezahlten Schätzung«, geldcr nur 80 pEt. oder § des versicherten Werthes erhalten.