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aunhofer Nachrichten Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, GroWeinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Ponchen, Staudnitz) Threna und Umgegend. s Bezugspreis r ; Frei ins HauS durch Austräger i Mk. 1.20 vierteljährlich. ! Frei ins jHauS durch die Post § Mk. 1.30 vierteljährlich. ? Mit zwei Beiblätter«: Illustrierte- SormtagSblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere «lle 14 Lage. Verlag und Drnck: GLnz L Gnle, Naunhof. Redaktion: Robert Günz, Naunhof. «En-l-nngenr Für Inserenten der Amt-Hauptmann« schäft Grimma 10 Psg. die fünfge spaltene Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 12 Psg. Bei Wiederholungen Rabatt. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens Nr. 32. Sonntag, den 15. Marz 1903. 14. Jahrgang. Bekanntmachung. In der gestrigen Sitzung ist folgendes beraten und beschlossen worden: 1 ., In Sachen der Gasanstalt wird von der Genehmigung des Dampfkessels Kennt nis genommen. Der Dreierofenblock wird gegen Mehrzahlung von 600 Mk. sogleich mit 3 Retorten anstatt zunächst mit einer belegt. Die Malerarbeiten hat Herr Heber als der Mindest fordernde erholten. Die Absicht, Installationen für die Gasanstalt auszuführen, haben die Herren Leipnitz, Hochstädt, Golzsch und Becker angemeldet. Wenn sie den Besitz der erforderlichen Werkzeuge nachweisen und eine von ihnen ausgeführte Leitung abgenommen ist, wird ihnen die Be fugnis zur Gasinstallation erteilt werden. Die Lieferung des Handwagens erhält Herr Funke übertragen. ! Die Bestimmungen über Gasentnahme werden zu Ende beraten und zunächst in Druckabzügen verteilt. Der Gaspreis soll, wie schon immer ins Auge gefaßt, 15 Pfg. für Tagesgas (Heiz-, Koch- oder Kraftgas) und 20 Pfg. für Leuchtgas betragen. 2 ., In Sachen der Waldstraße wird Kenntnis genommen von der Absteckung der Vorgärten durch den Bauausschuß und Herrn Geometer Beyer, von einer Gegenzuschrift des Herrn Bankdirektors Voigt, von einer Zuschrift der Königlichen Amthauptmannschaft, daß die Uebereignung des Waldstraßenareal« durch den Bezirksausschuß genehmigt worden ist, und daß die Abfindungssumme von 1500 Mk. zum Stammvermögen der Gemeinde zu schlagen ist und endlich von einer Zuschrift der Frau Domka wegen ihres Vorgartens. 3 ., Gegen die Baugesuche der Herren Dr. Götze, Errichtung zweier Blockhäuser am Walde und Bäckermeister Rahm, Hinterhausneubau an der Langen Straße, find keine Ein wendungen zu machen. Bei dem Baugesuch des Herrn Neumann, Hinterhausvergrößerung an der Wurzener Straße, ist auf Grund der Baubedingungen von 1897 darauf zu dringen, daß zunächst das Vorderhaus gebaut wird. 4 ., Der Verein Deutsches Haus in Niedereisenberg erhält einen Betrag von 5 Mk. 5 ., Vom Stande der Prozesse mit Frau Schaarschmidt und Frau Staitz wird Kennt- nis genommen, nicht minder von 2 Gutachten in Sachen der Beschleusung. 6 -, Dle Besserung des Brandiser Weges muß bis nach Klärung der Ansichten der Anlieger über den im Werke befindlichen Baufluchtlinienplan ausgesetzt bleiben. Naunhof, am 14. März 1903. Der Stadtgemeinderat. Igel, Bürgermeister. Bekanntmachnng. Nachdem der Preis für Leuchtgas auf 20 Pfg, und für Tagesgas (Heiz-, Koch- oder Kraftgas) auf 15 Pfg. für jeden Kubikmeter festgesetzt worden ist, ist darauf hinzuweisen, daß diese Preisverschiedenheil in den meisten Fällen das Setzen zweier Gasuhren nicht nötig machen wird, vielmehr wird man in den meisten Haushaltungen unbedenklich das an sich billigere Tagesgas aus der für das Leuchtgas gesetzten Uhr mit entnehmen können, da der hierdurch entstehende Mehraufwand von 5 Pfg. für jeden Kubikmeter kaum höher sein wird als die Miete für den 2. Gasmesser. Naunhof, am 14. März 1903. Der Stadtgemeinderat. Igel, Bürgermeister. Zur Reform der Volksschulen. Wenn man einen Blick auf die großen Summen richtet, welche die einzelnen deutschen Staaten und Gemeinden für die Volksschule ausgeben, wenn man weiter die Ziffer der Analphabeten Deutschlands mit der anderer Völker vergleicht, dann kann man leicht zu dem Schlüsse gelangen, daß sich die Masse unseres Volkes an Intelligenz weit über die der anderen Kulturvölker erhöbe. Diese An sicht ist nicht völlig berechtigt. Unsere Er fahrung bestätigt uns selbst, daß oft recht wenig von dem Wissen, das in den acht Jahren der Schulzeit erworben worden ist, in» Leben hinüber gerettet wird, dort aber, wo das Schulwissen vorhanden ist, mangelt es nicht selten an der Fähigkeit, sich in manch mal recht einfache Verhältnisse des praktischen Lebens hineinzufinden und dieselben klar zu beurteilen. Woher diese Tatsache, die man eigentlich als einen Mißerfolg unserer Volksschulen ansehen muß? Es soll hier abgesehen werden von all den Ursachen, welche außerhalb der Schule liegen — ihr großer Einfluß soll selbstverständlich nicht geleugnet werden —, es soll die Frage erörtert werden: Inwieweit trägt die Schule die Schuld? Die Schule? Sie, die es doch soweit gebracht hat, deren Methoden in der Gegenwart so vorzüglich sind, daß die Kleinen der achten Klasse schon nach einem halben Jahre lesen können? Ja, und gerade an dieser Stelle sind wir bei dem rechten Punkte des Angriffs angelangt. Um ein klares Bild zu gewinnen, wollen wir uns die tatsächlichen Verhältnisse vor Augen halten und uns einmal in die Seele des Kindes versetzen. Bevor das Kind zur Schule kommt, lebt es in der blühenden, goldenen Zekk der Freiheit, das Spiel ist seine einzige Arbeit. Zwanglos bewegen sich die kleinen Glieder ; und der lebhafte Tätigkeitsdrang, die kindliche Ruhelosigkeit ist das weise Mittel der Natur, um durch stete Uebung den zarten Körper zu kräftigen und zu entwickeln. Und wie die Glieder frei, so auch der Geist, besten Wißbegier durch tausend Fragen be friedigt sein will, der ungebunden im Reiche der Phantasie schweifend uns ergötzt und vielleicht manchmal in Erstaunen versetzt. Das Kind kommt zur Schule. Ein tlfe- eingreifender Wechsel findet m seiner Lebens- rbeise statt. An Stelle der freien Bewegung des Körpers tritt das notwendige Stillsitzen; und die Hände, die nach allem greifen wollen, werden zur Ruhe veranlaßt. Wird nun die Schule wenigstens dem kindlichen Geiste gerecht, setzt sie den natürlichen Weg der Entwickelung desselben in der rechten Weise fort? Diese Frage kann leider nicht bejaht werden. Von seiner naturgemäßen Richtung auf die Gegen stände seiner Umgebung wird der Blick des Kindes weggelenkt und hingelenkt in die Bücher. Nicht einmal auf bunte Bilder, denen es noch seine Teilnahme entgegenbringen könnte, sondern auf schwarze Schnörkel, denen es völlig fremd gegenübersteht. Da» ist ja die herrschende Ansicht: Die Bücher sind die Quelle aller Weisheit, darum ist das Lesenlernen das Notwendigste und Erste, was die Ausbildung des jugendlichen Geistes erheischt. Lernen! Da« heißt hier: da» Gedächtnis üben, Borgesagtetz und Vorgezeigte« merken; die Schulung des Verstandes, der Urteilskraft tritt in den Hintergrund, dazu ist nicht genügend Zeit vorhanden. Denn schnell muß das Lernen gehen: Kaum zu Hause angekommen, wird von dem Kinde das Buch, da« Symbol aller Weisheit wieder ergriffen und unter dem Beistand von Vater und Mutter, der älteren Geschwister, der Dienstboten usw., wird in erfrischender Ab wechselung der Geist auf den Buchstaben dressiert. Welcher Stolz für die Eltern, wenn das Kind schon nach einem halben Jahre lesen kann, welche Freude für manchen Lehrer, wenn er den Rekord im Lesenlernen wieder um 24 Stunden verbessert hat! In den Augen sämtlicher Urteilsunfähiger ist er ein vorzüglicher Pädagog. Der Berg der Erkenntnis muß im Sturme genommen werden. WaS Wunder, wenn bei einem derartigen Raubbau der kindlichen Kräfte die Kraft in den späteren Jahren erlahmt! Wenn da« Kind müde wird und der fragende Mund verstummt? Wenn manches Kind schon nach einem Jahre „sitzen bleiben" muß, das bei einem naturgemäßen Unterrichtsbetrieb, bei einem allmählichen Uebergange von der Frei heit zur Lernarbeit das Klassenziel erreicht hätte. Und diese Lesefertigkeit schreitet weiter, da« Kind lieft ganze Sätze. Wie vieles lernt da das Kind! Es lernt das lesen, wa« es noch nicht selbstständig sprechen kann, e« lernt die Welt aus dem Lesebuche kennen. Zwar giebt es auch Anschauungs unterricht in der Schule, in dem das Kind Gegenstände, Tiere, Pflanzen, zu sehen be kommt, in dem es zum freien Sprechen, zum Beobachten und Denken angehalten wird, aber die Zeit dafür kann nur knapp bemessen sein, denn im ersten Jahre muß auch noch ge schrieben werden: das kleine und große Alphabet und was gelesen worden ist, — ganz abgesehen davon, daß auch die übrigen Fächer des Unterrichts, biblische Geschichte, Rechnen usw. Zeit in Anspruch nehmen. So liegt es im Wesen des Unterrichts in den achten Klaffen, hervorgerufen durch das Verlangen, im ersten Jahre die Kinder lesen zu lehren, daß der Verstand und die Urteils kraft vernachlässigt wird zu Gunsten einer einseitigen Schulung des Gedächtnisse«; die alte Fundamentregel der Pädagogik: erst die Anschauung, dann da« Wort, wird gerade umgekehrt. Wie kann Abhilfe geschaffen werden? Man muß sich frei machen vom Altherge- brachten: Lesen und Schreiben muß aus dem Lehrplane des ersten Schuljahres ausgeschieden werden. Wenn die Kinder im zweiten Schuljahre zum Lesen kommen, so ist durch aus nichts versäumt, es kann in sieben Schul jahren noch genug gelesen werden. An Stelle des Lesens und Schreibens möge ein vermehrter Anschauungsunterricht, verbunden mit Zeichnen, treten. Not tut, daß die Kinder erst die Dinge sehen, beobachten und über sie frei sprechen lernen, ehe sie darüber lesen und schreiben. Not tut, daß, ehe sie verschnörkelte Buchstaben mit Tinte u. Feder schreiben, einfache Formen zeichnend darstellen. Not tut, daß an Stelle des Gedächtnisses die Urteilskraft, das Denken geübt wird Fällt der Buchstabenkultus, dann kann der Unterricht der kindlichen Eigenart angemessener gestaltet werden, dann fällt auch da» Haupt moment, das die Treibhauskultur in unsere Schulen bringt. Wird da« Kind von allen Anfänge an gewöhnt, erst eine Sache kennen zu lernen, dann darüber zu reden und zu schreiben, sich auf seine eigenen Augen zu verlaffen, selbst Urteile zu bilden, nicht fertige Urteile abzulesen oder nachzusagen, dann könnte es vielleicht kommen, daß unsere Kinder weniger examinierbares gedächtnismäßig ein geprägtes Wissen aufweisen können, dafür hätten sie aber das erworben, was das praktische Leben von jedem einzelnen in erster Linie verlangt, nämlich die Fähigkeit, selb- ständig zu denken und sich auch in Wissens gebiete einzuarbeiten, die in der Schule nicht gelehrt worden sind. Rundschau. — Das Reiseprogramm der beiden ältesten kaiserlichen Prinzen muß eine Aenderung erfahren. Prinz Eitel-Friedrich ist nämlich in Kairo an den Masern erkrankt. Grund zur Besorgnis liegt indessen nicht vor. Der Kronprinz ist von Kairo nach Luxor weitergereist. — Die Hauptverwaltung der preuß. Staatsschulden macht erneut aufmerksam, daß falsche Zintzscheine von Schuldscheinen der 3^/zprozentigen Staatsanleihe von 1885 und 1890 umlausen. Ersatz wird nicht ge währt. Das Publikum kann sich vor Ver lusten dadurch schützen, daß es die Annahme von Zinsscheinen im Privatverkehr ablehnt. — Berlin. Die Gemahlin des Prinzen Bernhardt von Sachsen - Weimar, eine ge borene Ella Brockmüller, verwitwete Marquise Lucchesini, wurde gestern auf einer Spazier fahrt im Stadtwalde bei Hannover von einem Unwohlsein befallen, das ihren Tod zur Folge hatte. — Am Mittwoch fand in Berlin durch den Kaiser die Vereidigung des neuen Kölner Erzbischofs Dr. Fischer statt. Der Erzbischof hielt an den Kaiser nach seiner Vereidigung eine Ansprache, in der er erklärte, er leiste den Treuschwur nicht blos im Bewußtsein seiner Pflicht, sondern tue e» au» innerem Herzensdrange. Er erinnere an die Aachener Kasterrede, in der der Kaiser sein Haus, das Heer und die Flotte und das Volk unter den Schutz de« Kreuzes gestellt habe. Die er- hebenden Worte an der denkwürdigen Stelle haben überall, namentlich im rheinischen Volke jubelnden Beifall gefunden und Helle Begeisterung für Se. Majestät wachgerufen. „Ich übernehme das schwere Amt im Ver trauen auf die Hilfe Gotte«, auf die An hänglichkeit des Klerus, auf des Volkes wirk samen Schutz und das gnädige Wohlwollen S. Majestät des Kaisers." Hierauf erwiderte der Kaiser: „Ich habe zur Erwählung Dr. Fischers gern die Genehmigung aussprechen lassen. Seine Pflichttreue, sowie die Be weise patriotischer Gesinnung aus seiner früheren Thätigkeit sind Mir Gewähr, daß Sie auf dem erzbischöflichen Stuhl als guter Hirte der Ihnen anvertrauten Seelen, dem Mir soeben geleisteten Gelübde getreu, in den Gemütern der Geistlichen und den Ge meinden den Geist der Ehrfurcht und Treue gegen Mich und Mein Haus, Liebe zum Vaterlande, Gehorsam gegen die von Gott geordnete Obrigkeit sowie Eintracht unter den Bewohnern de« Landes pflegen und nähren werden. In dieser Erwartung erteile Ich Ihnen die landesväterliche Anerkennung und wünsche Ihnen Gotte» reichsten Segen/' — Manila. Die beiden amerikanischen Dampfer „Nueva" und „Nuestra" sind auf offener See zusammengestoßen. Beide sanken und gelten al« verloren. Nur ein Teil der Passagiere und Mannschaften konnte gerettet werden. — London. Der Finanzmann Wbitaker Wright, der gestern verhaftet werden sollte, ist entflohen. Er hat durch falsche Spekulation Verluste von 3- bis 400 Millionen Francs verursacht.