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Naunhofer Nachrichten. AukSndi-unGent Lerlag und Druck: Bei Wiederholungen Rabatt. BezugSpretS r Frei in'8 HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei in'S HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, Grotzsteinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Pomtzen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Redaktion: Robert GSnz, Raunhof. Mit zwei Beiblätter»: Illustriertes Touutagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere «Se 14 Laae. Verlag u»d Druck: f Für Inserenten der Nmtrhavptmann« Gültz L Eule, Raunhof. schast Grimma 10 Pfg. die viergt- / spaltene Zeile, an erster Stelle und ) für AuSwärttge 12 Pfg. Dix Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DienStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigenannahme Vormittag- 11 Uhr am Tage deS Erscheinen! Nr. 137. Freitag, den 14. November 1902. 13. Jahrgang. Die gewerbliche Kinderarbeit. Wie verlautet die statistische Antwort auf diese speziell an da« Königreich Sachsen gerichtete Frage bezüglich der Kinderarbeit? Im Jahre 1898 wurde, wie den Lesern noch in Erinnerung sein dürfte, eine Er hebung über die gewerbliche Arbeit schul pflichtiger Kinder außerhalb der Fabriken angestellt. Da« Ergebnis war folgendes: Während im deutschen Reiche unter rund 8,335,000 Volksschulkindern etwa 544,000 hausgewerblich beschäftigt waren, also 6,53 Prozent, zeigte sich in Sachsen ein weitaus anderes Bild. Hier kamen auf 604,600 Schulkinder 137,871 hausgewerblich arbeitende das heißt beinahe dreiundzwanzig vom Hundert. Die nicht wegzuleugnende That- fache also ist, daß in Sachsen mehr al« drei mal so viel Schulkinder zu hau-gewerblicher Arbeit herangezogen werden, als es im deutschen Reiche durchschnittlich der Fall ist. Ein Hauptanteil entfällt auf die Weberei in ihren verschiedenen Zweigen. Hier sind mehr als 34 000 Schulkinder beschäftigt; dazu kommen noch über 23 600 in der Posamentierfabrikation und 11,600 mit Häkeln und Stricken beschäftigte Schulkinder. Sogar bei so gesundheitsschädlichen Arbeiten, wie bei der Herstellung von Perlmutter-, von Kamm-, Bürsten- und Pinselwaren, wurden 3269 arbeitende Schulkinder ermittelt. Was aber allen die Krone aufsetzt, ist die Be schäftigung selbst von Kindern in noch nicht schulpflichtigem Alter bei der Spielwaren-, bei der Mundharmonikaindustrie! Ein grau samerer sozialer Hohn ist gar nicht auSzu- sinnen, als er in der Beschäftigung solcher Kinder unter dem schulpflichtigen Alter zur Herstellung von Kinderspielzeug steckt. Und auf wie viel beziffert sich der Arbeitsverdienst dieser beklagenswerten Wesen? Auf durch schnittlich kaum mehr als einen Pfennig die Arbeitsstunde! Die besten Löhne werden in Chemnitz bezahlt? nämlich 1,55 Mark wöchentlich an Knaben und 1,22 Mk. an Mädchen! Arbeiten bis spät in die sinkende Nacht, — wie man zu sagen pflegt — oder mit dem ersten Morgengrauen bilden die Regel. Bisher wurde nichts aus dem Gesetzent wurf, betreffend die Regelung der gewerb lichen Kinderarbeit überhaupt, der dem Reichstage zu Anfang dieses Jahres vor gelegt wurde. Der Reichstag ist ja aus schließlich mit der Beratung über den Zoll tarif beschäftigt, so daß für die Erledigung anderer, ebenfalls sehr wichtiger sozialpolitischer Vorlagen keine Zeit erübrigt werden kann. So schleppt sich denn diese soziale Schuld an den ge werbsmäßig arbeitenden Volksschulkindern und den im vorschulpflichtigen Alter an die Arbeitssitze gespannten armen Kinder wieder um eine Legislaturperiode weiter. Die soziale Schuld wird schwerer, und die Zahl der sozialdemokratischen Stimmen bei den ReichStagswahlcn schwillt höher. Es ist Zusammenhang auch in den sozialen Er scheinungen. Man muß nur auf sie achten. Eisenbahn Ergebnisse r i In letzter Zeit sind die Ergebnisse de» Rechnungs-Abschlusses von zwei deutschen Staatseisenbahnbetrieben für das Jahr 1901 bekannt geworden, die auch in Sachsen be sondere Aufmerksamkeit verdienen, weil sie zu einem Vergleiche mit dem Ergebnisse der sächsischen Staatseisenbahnen geeignet sind und hierbei die Ansicht wiederlegen, daß die Verhältnisse in Sachsen ungünstiger seien, al« anderswo. Weit ungünstiger vielmehr, al» der sächsische erweist sich der badische Rechnungsabschluß für da« Jahr 1901. Er zeigt bei einem Einnahmeausfall von 3,88 Millionen Mark einen Rückgang der Eisen bahnrente von 3,31 Prozent im Jahre 1900 auf 2,55 Prozent und ein Anwachsen de» BetriebScoöffizienten (d. h. der Aufzehrung der Einnahmen durch die Ausgaben in Prozenten) von 77,53 auf 80,77 Prozent. Bei den sächsischen Staatseisenbahnen betrug die Rente bet einem Einnahmeausfall von 4,9 Millionen Mark immer noch, 3,04 Prozent und ihr Betriebscosffizient, der im Jahre 1900 75,84 Prozent betrug, stieg nur auf 78,64 Prozent, blieb also in der absoluten Höhe de« CoWzienten hinter dem badischen zurück. Von besonderem Interesse ist aber ein Vergleich mit dem soeben er schienenen Rechnungsabschluß der bayrischen Staatseisenbahnen, der wenn auch nicht in den absoluten Zahlen, doch bezüglich de« Rückgänge« gegen das Jahr 1900 noch un günstiger erscheint, als der badische. Bei den bayerischen Staatseisenbahnen minderten sich die Einnahmen gegen da» Vorjahr um 4,63 Millionen Mark gleich 2,76 Prozent. Dagegen vermehrten sich die Ausgaben um 5,28 Millionen Mark gleich 4,24 Prozent, während bei den sächsischen Staatseisenbahnen noch eine Abminderung der Ausgaben gegen da« Vorjahr um 26000 Mark, gleich 0,03 Prozent möglich war. Der Ueberschuß der bayerischen Staatseisenbahnen erlitt daher einen Rückgang gegen das Vorjahr von 10,1 Millionen Mark gleich 11,46 Prozent gegen 4,9 Millionen Mark gleich 14,76 Prozent bei den sächsischen Staat«eisenbahnen. Diese» ungünstige Ergebnis drückt sich natürlich auch in den rapiden Steigen des bayerischen Betriebscoeffizienten au». Er stieg von 72,73 im Vorjahre auf 78,01 Prozent, also um 5,23 Prozent, und erreichte damit an nähernd den sächsischen, hinter dem er 1900 noch um 3,06 Prozent zurückblieb. Der bayerische Abschluß, ergiebt zu Lasten de» Staates einen Fehlbetrag von 7,1 Millionen Mark. Die Verzinsung des Anlagekapitals ist Ivon 3,57 auf 2,71 Prozent gesunken, also noch beträchtlich unter die sächsische Rente von 3,04 Prozent. „D. N." Generalversammlung der Leipziger Bank. Aus der Rede des Herrn Rechtsanwvlt Dr. Blumenfeld, die derselbe zur Begründung der gegen Konkursverwalter und ehemalige Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder geltend zu machende Ansprüche hielt, heben wir nach stehende Sätze hervor. Der Redner sagte: „E» sei in Fällen von Konkursen von Aktien gesellschaften fast regelmäßig auch eine kleine Quote für die Aktionäre abgefallen, auch wenn die Gläubiger nicht voll befriedigt werden konnten. Wenn Sie die lange Liste der falliten deutschen Aktiengesellschaften durch gehen finden Sie die» alsbald bestätigt, so z. B. bei der Leipziger DiSkonto-Gesellschaft (10 Prozent für die Aktionäre, obgleich die Gläubiger keine 100 Prozent erhielten). Der Vergleich im Falle der Leipziger Bank ist jedenfalls ein Unikum. Zu vergessen ist freilich nicht, daß die ganze vorliegende Jn- dtkatur eigentümlicher Art ist. Im allge meinen hat die Konkurrverwaltung die Be fugnis, Maßnahmen aller Art zu treffen, aber nicht bezüglich der Rcgreßansprüche. Letztere können nicht mit einfacher Majorität beschlossen werden, Diese» Recht geht nicht auf den Konkursverwalter über, Regreßan- sprttche gehören nicht zum Konkursvermögen, dahin gehört nur, wo» der Zwangsvollstreckung zugehört. Wenn wir diesen Standpunkt dem Aufsichtsrate gegenüber einnehmen, er langt der Vergleich einen anderen Charakter. Nunmehr ist die Möglichkeit, ihn umzuftoßen, nicht mehr ausgeschlossen. Und wenn der Vergleich etwa umzustoßen ist, so haftet jedes Aufsichtsratsmitglied einzeln für den Gesamt stock deS Anspruchs von 60 Mill. Mk. Wir find natürlich nicht der Meinung, daß der Aufsichtsrat uns enorme Summen herzugeben hat, e» versteht sich von selbst, daß wir nur eine ganz mäßige Entschädigung verlangen, aber diese fordern wir." Herr Rechtsanwal Burkas resümiert sich in den Hauptpunkten seiner Rede dahin: Jene 5 Millionen Mark Vergleichsumme, welche die Konkursverwaltung einzieht, bez. schon eingezogen hat, bestehen »icht zu Recht als Eigentum der Masse. Insoweit steht jedem Aktionär da» Recht zu, hiergegen Einspruch zu erheben. Im übrigen ist die Konkursverwaltung gehalten, über ihre Maßregeln dem Gemeinschuldner (der Ge samtheit der Aktionäre also) Rechenschaft ab zulegen. Der Konkursverwalter hätte also vor dem Vergleich« eine Generalversammlung einberufen müssen, er mußte den Aktionären wenigstens Kenntnis davon geben, daß dir Vergleichssumme ein Sonderrecht der Ge sellschaft ist. Nach alledem ist eine Feststellungs klage anzustellen, weil die Vergleichssumme der Konkursmasse nicht angehört. Die Ver- sammlung wählte, wie schon gemeldet, eine Kommission, in die al« Mitglieder die Herren Dr. Blumenfeld-Hamburg, Dir. Schumann- Hamburg, Dr. Röder-Görlitz, Rechtsanwalt Dr. Küstner-Leipzig und Rechtsanwalt Dr. Kallir-Leipzig berufen wurden. Der letzte Punkt der Tagesordnung betraf die Neuwahl de« Aufsichtsrate». Der gegenwärtige Auf sichtsrat erklärte in der Gesammtheit seinen Rücktritt. Zur Neuwahl wollten sich aber keinerlei geeignete Persönlichkeiten finden, so daß dieser Punkt der Tagesordnung resultat- loS verlief. Preisausschreibung in der Landwirtschaft. Ueber die Wirksamkeit der zur Förderung der sächsischen Landwirtschaft bestimmten und der Verwaltung des König!. Ministeriums des Innern unterstehenden Neuning-Stiftung in den letzten zwei Jahren wird jetzt bekannt, daß Herrn Rittergutsbesitzer Dr. Hübel auf Sachsendorf bei Kühren ein Preis von 3000 Mk. für die beste Bearbeitung de» Themas: Die Gestaltung des landwirtschaft lichen Betriebes mit Rücksicht auf den herrschenden Nrbeitermangel" zuerkannt werden konnte, und daß einen der je 500 Mk. be tragenden Preise für mustergiltige bäuerliche Wirtschaftsbetriebe Herr Gutsbesitzer Emil Schmidt in Kleinschönau bei Zittau für das Jahr 1901 erhielt. 1902 haben sich um die zwei 500 Mk.-Preise für mustergiltige bäuerlich« WlrtschaftSbetriebe wiederum zwei Landwirte beworben, deren Güter vor einiger Zeit von dem auS den Herren Erbgericht-befitzer Benne- witz-LanghennerSdorf, Oekonomierat Däweritz- Döbeln und Rittergutsbesitzer Kasten-Rosen berg bestehenden Preisgericht besichtigt wurden. Das Endresultat der Konkurrenz steht noch nicht fest, wird aber demnächst konstatiert werden. Gegenwärtig stehen zur Konkurrenz folgende Fragen: 1. Welche Bodenrente knn von einer bestimmten Kleinteichwirtschaft >ei sachgemäßem Betriebe unter den ver schiedenen Verhältnissen im Königreich Sachsen erzielt werden und welche Wirtschaftsweisen und besonderen Maßnahmen sind für die ver- chiedenen Höhenlagen und Bodenarten anzu wenden, um eine solche Rente zu erlangen? Einlieferungstermin: 31. Dezember 1903. Preis: 1000 Mk.) 2. Inwieweit empfiehlt es sich die Aufforstung minderwertiger «der ungünstig für den Landwirtschaftsbetrieb ge legener Flächen und wie ist dabei unter be sonderer Beachtung des Kleinbefitze« zu ver fahren? (Einlieferungstermiu: Z1. Dezbr. 1903. Preis 1000 Mk.) 3. Anschauliche Darstellung der Organisation, Entwickelung, Lebensbedingungen, Vermehrung«- und Ver- breitungSweise der wichtigen Samen- und Wurzel-Unkräuter, kritische Schilderung wohl gelungener, desgleichen mißlungener Aus rottungsversuche und hieraus sich ergebende begründete Anweisungen zur Bekämpfung der Verunkrautung der Felder durch allgemeine vorbeugende, sowie durch die für einzelne Gattungen angezeigten besonderen Vertilguogs- maßregeln. (Einlieferungstermin: 31. Dezbr. 1904.' Preis 3000 Mk.) Rundschau. — Der Kaiser erließ eine evangelische und eine katholische militärkirchliche Dienst ordnung. Die evangelischen Militärober pfarrer sind künftig nicht mehr zugleich einer Division oder einen Gouvernement usw. zu geteilt ; sie gehören daher nur zum Stabe de« Generalkommandos. Für die katholischen Militärobekpfarrer wurden acht Amtsbezirke gebildet. — Nach dem endgiltigen Ergebnis der Landtagswahlen im Großherzogtum Hessen verloren die Nationalliberalen drei Sitze an die Freisinnigen, einen an die Antisemiten und einen an den Bund der Landwirte. Da« Zentrum und die Sozialdemokraten behaupteten ihren Besitzstand. — München, 11. November. Wie die „Münchner N. Nachr." melden, ist gestern rüh aus dem zur Abfahrt nach Garmisch »ereitstehenden Bahnpostwagen ein Postbeutel entwendet worden, der Geldbriefe mit 25 000 Mark Bargeld enthielt. Vom Thäter fehlt ede Spur. — In Breslau erschoß sich der Effekten- kssirer Heinke, der dem Schles. Bankverein 230 000 Mk. unterschlug. — Gin Bauernsohn von Arlberg in Tirol, Franz Spiß, wurde, erst 36 Jahre alt, so eben zum Bischof von Dar-eS-Salaam, der Hauptstadt von Deutsch-Ostafrika, ernannt. Er war schon als Missionar dort lhätig. — Folgendes erheiternde Rundschreiben der pästlichen Kanzlei veröffentlichte der „Anvanti": „Da der traurige Gedenktag ür die Toten in diesem Jahre auf einen Sonntag fällt macht der heilige Stuhl be gannt, daß der 2. November diesmal auf »en 3. verlegt ist. (!) Ebenso ist der Schmerz >er Bürgerschaft von Sonntag auf Montag verlegt." Die Allmacht muß im Vatikan arg zunehmen, wenn man sich jetzt schon her ausnimmt, selbst den Schmerz der Gläubigen nach Belieben zu „verlegen". — Aus Bern: Zur Feier der hundert- ährigen Unabhängigkeitserklärung de« Kantons Waadt sollte zur Aufführung eines Festspiels eine reichsdeutsche Musikkapelle hinzugezogen werden. Nun beschloß der schweizerische Musikverband de« Kantons, seine Mitwirkung an der Feier abzulehnen, fall» eine deutsche Musik mitwirke. — Der Plan einer Pariser Weltausstellung 911 ist in der Seinestadt aufgetaucht. Man >enkt mit Befriedigung an die Summen, die luSländer im Weltausstellungsjahr 1900 in Frankreich gelassen haben. Auf Kreditbriefe allein wurde 1900 um 14/r Milliarden Fr. Mehr Geld erhoben als in den anderen Jahren. — Der „Deutsche Tag" wurde gestern n New-Dork gefeiert. Etwa 15 000 Deutsch- Amerikaner wohnten dem Fest bet, dessen