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Naunhofer Nachrichten. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, Grotzsteinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Ponchen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Bezugspreis r Frei in's HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei in s Haus durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Mit zwei Beiblättern: Illustriertes Sonntagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere olle 14 Lage. Verlag und Druck: Günz L Eule, Naunhof. Redaktion: Robert Günz, Naunhof. Ankündigungen t j Für Inserenten der Amtshauptmann- ) schäft Grimma 10 Pfg. die vierge- ? spaltene Zeile, an erster Stelle und s für Auswärtige 12 Pfg. ? Bei Wiederholungen Rabatt. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DienStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 8 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tages. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinen- Nr. 145. Mittwoch, den 4. Dezember 1901. 12. Jahrgang. Städtische Sparkasse Naunhof. Wegen des Rechnungsabschlusses bleibt die hiesige Sparkasse für Einlagen und ungekündigte Rückzahlungen vom 13. bis 31. Dezember 1901 geschlossen. Einlagen auf neue Sparkassenbücher können jedoch auch während dieser Zeit bewirkt werden. Hypothekenzinseu werde» an jedem Wochentage angenommen. Im Januar 1902 wird Montags, Dienstags und Donnerstags Vormittags von 9—12 Uhr und Nachmittags von 2—4 Uhr expediert. Vom Februar 1902 ab wird an den regulativmäßigen Kassentagen, also Montags und Donnerstags Vormittags expediert. Einlagen werden mit 3VzO/o vom L. und »5. jedes Monats ab verzinst. Naunhof, am 2. Dezember 1901. Die Sparkassenverwaltung. Igel, Bürgermeister. Zu Beginn der ZollSchlacht. Nun ist es soweit; die langerwarteten und lange besprochenen Verhandlungen über den neuen Zolltarif, und damit zugleich über die auf Grund des TarifeS später ab zuschließenden Handelsverträge werden nun mehr praktisch im Reichstage ihren Anfang nehmen. Für die Volksvertreter kommt die ernste Stunde der gewissenhaften Selbst prüfung, damit Entschließungen vermieden werden, an deren Folgen wir hinterher Jahre lang zu leiden haben können, für den Reichs kanzler der Augenblick, in welchem er für seine Wirtschaftspolitik mit seiner Person einstehen muß. Bei Militär« und Marinevorlagen, die dem Reichstag unterbreitet wurden, sah es früher mehr wie einmal wetterschwül und sorgenvoll aus; aber ein kräftiger Appell brachte es am Ende immer wieder dahin, daß die vorhandenen Schwierigkeiten über wunden wurden. Heute liegen die Dinge weniger einfach es handelt sich um die Existenz-Interessen des Bürgers, und da laufen die Ueberzeugungen nicht immer den selben Weg. Wir haben für die Industrie einen ge waltigen Aufschwung gehabt, der leider uner freulich endete. Viel, sehr viel Geld ist verloren, Tausende sind arbeitslos geworden. ES ist leicht begreiflich, wenn man in den betreffenden gewerblichen Kreisen lieber an eine bessere Zukunft denkt, als an die böse letzte Vergangenheit, wenn man daraufhin arbeitet, denselben Zolltarif etwa zu behalten unter welchem der Aufschwung Platz greifen konnte. Selbsterhaltungstrieb diktiert die Agitation. Während der vergangenen Jahre hat sich auch für viele Landwirte die zum Beginn des vorigen Jahrzehnts infolge der niedrigen Getreidepreise recht unerfreulich gewesene Situation etwas gebessert; die Preise sind gestiegen, und besonder» die Viehzucht, wo sie in größerem Umfange eingeführt werden konnte, hat gute Einnahmen gebracht. Auf der anderen Seite hat sich in den ver flossenen Jahren, wo Tausende von ländlichen Arbeitern der Industrie mit ihren unge- zwungenerem Leben zuströmten, auch die Leutenot, der Mangel an Arbeitern, auf dem Lande und in der Landwirtschaft verschärft, stellenweise in einen Grade, daß thatsächlich unliebsame Zustände für den thätigen Land wirt herauskamen. So rufen denn nun Tausende von Landwirten: der Selbstunter haltungstrieb zwingt uns, eine andere Wirt schaftspolitik zu fordern, die uns höhere Einnahmen ermöglicht! Das sind die Hauptströmungen im Reiche, von welchen wir klar und deutlich wissen, was jfie wollen! Die Relchsregierung, ver treten durch Graf Bülow, hält es für aus geschlossen, unbedingt Partei zu ergreifen, sie will vermitteln. Sie hält Verkehrsfreiheit für die Industrie erforderlich, aber auch höheren Schutz für die Landwirtschaft; die letztere soll nicht durch ausländische, billiger arbeitende Konkurrenz erdrückt werden, sie soll, wie bisher, Tausenden Verdienst geben, um thunlichst solche Arbeitslossigkeits-Krisen, wie die gegenwärtige, zu verhindern. Leicht wäre es, alle Schwirigkeiten zu losen, wenn wir bestimmt wüßten, wie sich zu uns die fremden Staaten stellen würden. Die Annahme, der deutschen Industrie würde bei unveränderten deutschen landwirtschaftlichen Zöllen dasselbe Entgegenkommen gezeigt werden, wie bei den zur Stunde noch geltenden, vom Grafen Caprivi, dem zweiten Reichskanzler, abgeschlossenen Handelsverträgen, ist zum Aller mindesten ungewiß. Wir brauchen, um vor Trugschlüssen zu warnen, nur an die wieder- holten nordamerikanischen Zollschraubereicn zu erinnern, ohne daß in unserem Zolltarif auch nur das allergeringste geändert worden wäre, wir brauchen nur zu betonen, wie England uns vor verschiedenen Jahren ohne jeden Grund den heute noch nicht wieder definitiv erneuerten Handelsvertrag kündigten. Wir fürchten, es werden noch Manchem die Augen über den »ausländischen Edelmut" aufgehen. Bei der Fortsetzung der Zölle werden wir unbedingt darauf zu achten haben, daß wir nicht dem Auslande unseren Markt auS- liefern, ohne auf seinem einen festen Platz zu erhalten. Mangel an Vorsicht bringt uns sofort eine neue und verschärfte Zollkrisis, einen weiteren Rückgang des Nationalwohl standes, der im letzten Jahre gerade genug gelitten hat. Rundschau. — Im „Reichsanzeiger" wird das end- giltige Ergebnis der Volkszählung vom 1. Dezember 1900 für das gesamte deutsche Reich veröffentlicht. Danach betrug die orts anwesende Bevölkerung 56367178 Personen, vondenen27 737247 männlich und 28629931 weiblich waren. Seit dem 1. Dezember 1885 hat sich die Bevölkerung um 4 087 277 Personen oder 7,82 vom Hundert erhöht; das männliche Geschlecht hat um 2 075997 Personen oder 8,09 vom Hundert, das weib liche um 2 011280 oder 7,56 vom Hundert zugenommen. Der Flächeninhalt des Reiches ist auf 540 739,5 ykm festgestellt, während er im Jahre 1895 nur auf 540 657,6 gkm angegeben war. — Das Resultat der zweitägigen Kaiser jagd in der Göhrde bestand im Ganzen auS: 74 Rothirschen; 75 Stück Wild, 393 Sauen und 2 Rehen, in Summa 544 Stück Wild. Der Kaiser schoß 15 kapitale Hirsche und kehrte gegen 3 Uhr in das Jagdschloß zurück. Das Wetter war regnerisch. Der Kaiser war äußerst trefflich, er verschickte nur wenige Kugeln. Erzherzog Franz Ferdinand schoß im zweiten Jagen 18 Hirsche, 6 Stück Mutterwild. Nach dem Diner besichtigte der Kaiser die im Lchloßhof b reitete Stricke beider Tage. — Minister des Innern v.Metzsch undJustiz- minister v. Watzdorf haben sich gestern Mon tag nach Berlin begeben, um an der Ver handlungen über den Zolltarif im Reichstage teilzunehmen. — Die Expeditionsbeamtcu an den Land- und Amtsgerichten weiden vermehrt. In Zugang kommen 20 Sekretäre mit durch schnittlich 3000 Mk. Gehalt, 30 Aktuare mit durchschnittlich 2000 Mk., 50 Expedienten mit durchschnitlick 1300 Mk., Mehrbedarf 185 000 Mk. Die Vermehrung der Stellen ist durch das Anwachsen dec Geschäfte ge boten. Ferner kommen in Zugang 10 Gerichtsvollzieher mit durchschnittlich 2550 Mk., 20 GerichiSvollziehergehllfen mit durch schnittlich 1950 Mk., 15 Gefangenaufscher mit durchschnittlich 1450 Mk., sowie je 390 Mk. Wohnungs-.HeiznngS- und Be leuchtungs-Entschädigung, 45 Diencrgehilfen mit durchschnittlich 1350 Mk. Gehalt. — Anfänge eines Reichsarbeitsamtes? Es ist beabsichtigt, an Stelle der Kommission für Arbeiterstatistik eine neue ständige Ein richtung zur Pflege der Arbeiterstatistik zu schaffen. Zu diesem Behuf soll mit dem Be ginne des kommenden EtotsjahreS im Kaiser!. Statistischen Amte eine besondere, unter der unmittelbaren Leitung des Präsidenten dieser Behörde stehende Abteilung errichtet werden, welche zur Ausführung der bisher der ge nannten Kommission zugewiesenen Obliegen heiten durch einen Beirat verstärkt werden soll, dessen Mitglieder gleich denen der bis herigen Kommission durch Wahlen des Bundes rates und des Reichstages berufen werden. — Kassel. Im Konkurs Hermann Summpf, des früheren Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Kasseler Trebertrocknungü-Gesellschaft, hat die Gesammthöhe der Forderungen nunmehr 115 Millionen Mark erreicht, darunter be findet sich die Leipziger Bank mit 18 Mill, und die Aktiengesellschaft für Trcbertrocknung mit 76 Mill. Mark. — Freiburg i. Br. Der Bankdirektor Grüßner in Lörrach wurde wegen Unter schlagung von i/z Millionen Mark und Ur- kundenfälschung zu 6 Jahren Gefängnis ver urteilt. — Regensburg. Der Direktor der Holz industrie-, Bagger- und Tiefbau-Aktiengesell schaft in Regensburg, Karl Alexander, der nach Wechselfälschungen flüchtig wurde, ist in Frankfurt a. M. verhaftet worden und wird nach hier überführt werden. Die unter schlagene Summe beträgt 84000 Mork. — Wien. Der Abgeordnete Wolf hat wegen dervor einigenTagen stattgehabter Duell affaire wegen einer Ehebruchsgeschichte seine Demission als Abgeordneter gegeben. Der MandatSniederlegung des öster reichischen Abgeordneten Wolf sind innerhalb der alldeutschen Partei lehr lebhafte Szenen vorangegangen. Wie mitgeteilt wird, trat Schönerer in einer Versammlung der Partei in heftigster Weise gegen Wolf auf, mit der offenbaren Tendenz, ihn zu stürzen und sich seiner zu entledigen. Er erklärte: Wolfs Ehre sei durch das unblutige Duell mit Prof. Seidel nicht wieder hergestellt: er könne nicht im selben Parteiverband mit Seidels Schwieger vater, Dr. Tschau, bleiben. Es lag auch ein Brief mit sehr schweren Anklagen Seidels gegen Wolf vor. Schönerer erklärte, Wolf müsse freiwillig aus der Partei austreten und sich ehrenwörtlich verpflichten, niemals mehr ein Mandat im Reichsrat oder im Landtag anzunehmen. Wolf, so heißt es, müßte sich fügen, da er von früher her Schönerer finanziell verpflichtet sein soll und ihm wahrscheinlich noch Geld schuldet; auch soll er sich schriftlich verpflichtet haben, SchönererS Führung in der Partei stets un bedingt anzuerkennen. SchönererS Anhänger waren in der Versammlung in Majorität; aber die jüngeren Mitglieder der alldeutschen Partei werden voraussichtlich gegen SchönererS Dictatur protestiren. Ueber den weiteren Verlauf der Angelegenheit berichtet ein folgendes Privattelegramm: Wien, 1. Dez. Allgemein herrscht hier die Meinung, daß Schönerer mit Freunden die Gelegenheit benutzt haben, um Wolf zum Rückzug aus dem öffentlichen Leben zu zwingen. Schönerer hatte nämlich die Be obachtung gemacht, daß sein Einfluß im All deutschen Verband dem des Abgeordneten Wolf gegenüber im Sinken begriffen war. Wolfs Fraktion war schon numerisch stärker ais die Schönerertaner. Um Wolf über Bord zu werfen, soll Schönerer, zu dessen unbe dingten Anhängern vor allen die Abg. Jro, Hofer und Berger gehören, selbst sich an die Spitze der Agitation gegen den Nebenbuhler gestellt haben. Es kursirt auch das sonst so unbeglaubigte Geiücht, daß Wolf seinerzeit, wie es SchönererS Gepflogenheit ist, diesem einen Revers unterschrieben habe, wonach Wolf sich verpflichtete, auf die Aufforderung Säönerers jederzeit das Mandat niederzu legen. Dieser in parlamentarischen Kreisen verbreiteten Version tritt heute Wolf in der Ostdeutschen Rundschau entgegen. Daß Wolfs Feinde unschöne Sachen über ihn verbreiten, ist selbstverständlich. Da er er wirklich im Unrecht ist, findet man ihn jeder Unchat fähig, und schuldig. Heute Nachmittag war sogar in der ganzen Stadt verbreitet, Wolf habe sich erschossen. — Das Gerücht entbehrt aber jeder Begründung. Allgemeine Teil nahme erregt Wolfs Gattin, die als Tochter des Collier Advokaten Stepischnek sich für die Bühne ausbildete und eine bedeutende Sängerin zu werden versprach. Sie gab ihre Zukunft auf, um Wolf zu heiraten. Frau Wolf ist eine Großnichte des berühmten Fürst bischofs v. Steichnck von Lavan. Aus Stadt und Laud Naunhof, 3. Dezember. Naunhof. Am Sonntag Nachmittag in der vierten Stunde zog ein Gewitter über unsere Stadt ohne jedoch irgend welchen Schaden anzurichten. Im übrigen war das Wetter den ganzen Tag über ein häßliches. Regen vermischt mit Schnee und abermals Regen, sodaß dieser Tag eigentlich eher als ein Falb'scher erster Ordnung zu bezeichnen ge wesen wäre, nur mit dem Unterschiede, daß derselbe vorher nicht angemeldet war. Naunhof. Das GaS-Komitä, welches dieser Tage zusammentrat, konstatirte erfreu liche Fortschritte in der Kapitalangelegenheit und gedenkt den Zeichnern der Anteilscheine spätestens Ende dieses Monats mit einem vollständigen Plan und Kostenanschlag näher treten zu können. Die Zeichnungen haben bie-her das erfreuliche Resultat von annähernd 2/z der Summe ergeben, und man hofft sicher bis Schluß deS laufenden Jahres das volle Kapital zusammenzubringen. Obgleich das Komite große Schwierigkeiten zu überwinden und manche Vorurteile zu bekämpfen hat, wird dasselbe dennoch gern und freudig an dem begonnenen Werk weiter arbeiten, ist es sich doch bewußt, daß bei aller Uneigennützig keit die ihr Thun begleitet, das Ganze nur