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„ Naunhofer Nachrichten Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, GroWeinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Ponchen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Bezugspreis: Frei in's HauS'durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei in s Haus durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Verlag und Druck: Günz ä- Eule, Naunhof. Redaktion: Robert Günz, Naunhof. A«kündignnge«t > Für Inserenten der Amtshauptmann. s schäft Grimma 10 Pfg. die vierge« ? spalten« Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 12 Pfg. ! Bei Wiederholungen Rabatt. Mit zwei Beiblätter«: Illustriertes Sonntagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere olle 14 Lage. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DienStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag S Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tages. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinen» Nr. 138. Sonntag, den 17. November 1901. 12. Jahrgang. Bekanntmachung. Nach § 3 del Revidierten Statuten der Sparkasse zu Naunhof vom 24. Mai 1901 wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der bisherige Kaffenexpedient Herr Friedrich Paul Müller aus Greifenhain heute als Assistent der Sparkaffe und als Hülfsexpedient bei der Stadtverwaltung in Pflicht genommen worden ist. Naunhof, am 15. November 1901. Der Stadtgemeiudcrat. Igel, Bürgermeister. Die Eröffnungsfeier des Landtages erfolgte nachdem für die Mitglieder beider Ständekammern in der evangelischen Hofkirche zu Dresden ein öffentlicher Gottesdienst stattgefunden hatte, welchem auch sämtliche Staatsminister beiwohnten. Im Vestibül des Schlosses erwies eine Ehrenkompagnie den ankommenden Herren militärische Ehren bezeugungen. Gegen 1 Uhr wurden die Herren, soweit sie nicht zur Cortöge gehörten, nach dem Thronsaal geleitet und dort plazirt und zwar nahm das diplomatische Korps mit den fremden Herren neben dem Thron Auf stellung; vor dem Throne rechts standen das Präsidium und die Mitglieder der ersten Kammer; hinter ihnen gewahrte man die Herren der dritten, vierten und fünften Klaffe der Hosrangordnung, sowie eine Anzahl ein heimischer, bei Hofe vorgestellter Herren. Zur festgesetzten Stunde des Beginns der Feier bliesen das Trompeterkorps des Garde- reiterregiments und die Hoftrompeter einen festlichen Marsch, unter dessen Klängen der König den Saal betrat. In der, durch das Zeremoniell streng vorgeschriebcnen üblichen Reihenfolge bewegten sich in diesem Zuge die königlichen Prinzen, die Hofwürdenträger und das Gefolge. Als der König den Saal be trat, brachte der Präsident der ersten Stände- kammer Wirkl. Geh. Rat Dr. Graf von Könneritz auf Loffa ein dreimaliges, be geistert aufgenommenes Hoch auf den Monarchen aus. Der König blieb, umgeben von seinem großen Dienste, zunächst vor dem Thronsessel stehen; das Gefolge gruppirte sich um ihn. Durch Verneigen entbot nach beendeter Gruppirung der König den Erschienenen seinen Gruß, bedeckte das Haupt und ließ sich auf dem Throne nieder. Dann las der Prinz Georg im Auftrage des Königs, welcher sich durch Erkältung einen starken Bronchialkatarrh zugezogen hatte, die Thronrede vor, welche ihm von dem Vorsitzenden des Gesamt ministeriums Staatsminister v. Metzsch über reicht und hierauf an den Staatsmimstcr v. Metzsch zurückgegeben wurde. Weiter er folgte die Vorlesung der übersichtlichen Mit teilungen zur Eröffnung des 29. ordentlichen Landtags, in welchen ein Bild der Ent schließungen und Maßnahmen der Staats regierung auf die ständischen Anträge des 28. Landtages enthalten war. * * * Aus der Thronrede welche nach formeller Einleitung erfolgte, ent nehmen wir einige wichtige Abhandlungen: „Meine Herren Stände!" „Ihr Zusammentritt fällt in eine Zeit, in welcher die Verhältnisse auf dem Gebiete der Volkswirtschaft nicht eine so günstige Gestaltung ausweisen, wie in früheren Perioden. Im Bereiche der Industrie und des Handels läßt sich die bisher iü er freulicher Weise zu beobachten gewesene Stetigkeit desWachstumS vermissen. Gleiche» massen steht die Landwirtschaft nach wie vor unter einem schweren Drucke und voll zieht sich auf diesem Hauptproduktionsge ¬ biete des wirtschaftlichen Lebens ein em pfindlicher Rückgang. Eine Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse hat allerdings die Fortdauer des Friedens nach Außen zur Voraussetzung, in dieser Richtung sind aber glücklicherweise keinerlei Anlässe zu Befürchtungen gegeben. Zur Befriedigung gereicht es Mir, daß das reine Staatsver mögen auch in der zuletzt abgeschlossenen Finanzperiode wiederum einen ansehnlichen Zuwachs und damit die wohlgeordnete Finanzlage des Landes eine weitere Kräf tigung erfahren hat. Der Erhaltung eines guten Standes unserer Landesfinanzen wird Meine Regierung fortgesetzt ihre Fürsorge widmen. Dabei bietet allerdings die Lage des Etats leider nicht das erfreuliche Bild früherer Perioden. Die Eisenbahnen, welche einen wesentlichen Faktor der Staatsein nahmen bilden, leiden naturgemäß unter der Ungunst der allgemeinen wirtschaft lichen Verhältnisse, und ihre Erträgnisse sind daher viel geringer, als früher. Eine Vermehrung der Staatseinnahmen kann im Wesentlichen nur durch stärkere Inanspruchnahme der Steuerkraft des Landes herbeigeführt werden. Hierzu stehen die zwei Wege, entweder der dauernden Er hebung allgemeiner Zuschläge zur Ein kommensteuer oder einer organischen Neu ordnung des Systems der direkten Steuern zur Verfügung. Wenn indessen Zuschläge zur Einkommensteuer im Lande begreif licherweise unbeliebt sind, so liegt es mir sehr am Herzen, daß auf dem Landtage, zu welchem Sie jetzt berufen sind, im Einvernehmen mit Meiner Regierung eine Einigung darüber zustande kommt, aus welchem der bezeichneten Wege die Be schaffung der erforderlichen Mittel zur gedeihlichen Fortentwickelung unseres Staatswesens künftig erfolgen soll. Meine Beamten leiden fortgesetzt unter der em pfindlichen Verteuerung der Lebenshaltung die seit der letzten Regelung der Besoldungen vom Jahre 1892 innerhalb des ganzen Staatsgebietes, namentlich in den größeren Orten, Platz gegriffen hat. Insbesondere die Mietpreise haben vielfach eine solche Höhe erreicht, daß die Beamten mit den ihnen gewährten Bezügen den Aufwand für die Bestreitung einer angemessenen Wohnung nur mit Mühe zu decken ver mögen. Es wird Ihnen daher trotz der Ungunst der finanziellen Verhältnisse die Vorlage, die Gewährung von Wohnungö- geldzuschüssen betreffend, die bereits während der letzten Tagung Gegenstand Ihrer Beratungen gewesen ist, anderweit zugehen. So mögen Sie denn, Meine Herren Stände, Ihr Werk unter Gottes gnädigem Beistände beginnen und zum Wohle deS Landes vollenden! Di« englischen Barbareien in Südafrika. Von einer Seite, die aus den zuver- ässigsten transvaalischen Quellen zu schöpfen n der Lage war, wird geschrieben: Die Presse Englands hofft, daß die Buren demnächst um Frieden bitten werden, weil nachgerade ganz England mit Ausnahme der wenigen Verbrecher um Joe Chamberlain den Frieden voll Sehnsucht wünscht. Und das hat seine guten Gründe. Großbritannien ist am Ende seiner Leistungsfähigkeit, und die vereinigten Streitkräfte von Transvaal und Oranje haben im Bunde mit den Hol ländern vom Kap zwölftausend vortreff- lich berittene, mit Waffen und Munition bestens ausgerüstete Mann andauernd im Felde, welche an hundert verschiedenen Orten gleichzeitig dem Feinde Abbruch thun und infolge eines tadellos fungierenden Kund schafter- und MeldungsdiensteS innerhalb weniger Tage an beinahe allen Punkten so verstärkt werden können, daß sie, der feind lichen Abteilung an Gewandtheit, Tüchtig keit, Mut und Glück überlegen, schon durch ihr Erscheinen eine wahre Panik Her vorrufen. Im taktischen Aufmarsch und in strategischen Jneinondergreisen klappt Altes seit ungefähr einem Jahre so vortrefflich, daß eine aus 5—8000 Mann bestehende Truppe heute in einer heiklen Stellung, welche unhaltbar gemacht worden ist, sich über Nacht in un- zäylige Abteilungen von 80—150 Mann auf löst, um zehn Tage später 500 Kilometer entfernt einen anderen Feind mit erheblicher Mehrheit anzugreifen und bis zur Vernichtung zu schlagen. So hat Louis Botha z. B. nur darum drei englische Kolonnen auf sich gezogen, um eine höchst verwegene Strafe stiner „Jungen" in der Kapkolome zu verdecken; jener Zug ?ehrte mit viertausend Pferden und Maul tieren und mehr als zweihundert Wagen Kriegsmaterial als reiche Beute glücklich zur Stammtruppe zurück, während gleichzeitig 3otha in Person die Truppe des Obersten Benson vernichtete. Seit Monaten verfolgen die Buren den Zweck, die einfachen Söldner und kolonialen Soldaten zu schonen, dagegen die Offiziere und Unteroffiziere wegzuschießen und gefangen zu nehmen. Das geschah z. B. bei Bethel o gründlich, daß den Engländern von drei Regimentern auch nicht ein einziger Chargierter übrig blieb; vom Ser geanten aufwärts waren alle Kommandierenden tot oder schwer verwundet am Boden oder gefangen. Ta Tomy Atkins, der gemeine Soldat weiß, daß er nach drei Tagen wieder reigelasscn und als Gefangener gut behandelt wird, so wirft er seine Patronen massenhaft wrg nnd hält im Moment der Gefahr die Hände hoch. Die kolonialtruppen insbesondere wrren der art des Krieges müde geworden und zeigten ich in solchem Maße widerspenstig, daß sie in aller Stille aus den Angriffslinien urückgezogen, zum Etappendienst ver- vendet oder heimwärts geschickt werden mußten. Zuerst verschwanden die Kanadier, dann die Australier. Im englischen Haupt quartier wurde man über die rapid wachsende Entmutigung und Unzuverlässigkeit des Heeres dergestalt wütend, daß man den Zorn an den armen Frauen und Kindern der Buren ausließ, denen man wissent lich und geflissentlich die dürftigsten Nahrungs mittel entzog. So erzählte der im Haag wohlbekannte Burenbeamte Jongheer van Leven, daß unter den Augen von Kitchener ein aus 15 Wagen bestehender Train von Lebensmitteln, bestehend aus englischen Zwie back, kondensirter Milch, präparirten Fleisch mehl und getrockneten und geräucherten Fleisch- und Wurstwaren, verbrannt worden ist. Dieser Train sollte 600 Frauen, Mädchen und Greise, welche 2000 Kinder unter zwölf Jahren zu verpflegen halten, mit Lebens mitteln für eine Woche versorgen. In jener Woche starben darum Hunderte von Kindern nnd Frauen den Hungertod. Ebenso erblickt Jongheer in der Füsilirung der gefangenen FeldkornetS und andererBuren« führern nur die Rache der ihrer Ohnmacht sich bewußt gewordenen englischen Generäle. Präsident Paul Krüger bildete bisher mit seinem Stabe von Getreuen und Ratgebern dasHinderniS, welches dem Generalissimus Louis Botha trotz der entsetzlichsten Gräuel auf englischer Seite humane und noble Kriegsführung anbefahl. Botha hat am 2. November sich von diesen Ratschlägen befreit, indem er unter Hinweis auf die von den Engländern gemordeten Kinder, Weiber und Gefangenen den Befehl gab, die ge fangenen Offiziere Englands aufs strengste zu bewachen und ihnen zur Abfassung deS Testaments Gelegenheit, Beamte und Zeugen zu geben. Botha hat seinen von allen Unter befehlshabern einstimmig gebilligten Entschluß, alle in Gefangenschaft befindlichen englischen Offiziere erschießen zn lasten, den in Holland weilenden Präsidenten Krüger und Stein mitgeteilt. So off ei» Bnr erschossen wird, fällt ein eng lischer Offizier. Das Recht der Repressalien tiilt jetzt endlich mit der Losung „Äug' um Äug' und Zahn um Zahn!" in Kraft, so daß der Adel und das wohlhabende Bürger tum Albions das für seine Söhne die Offi- zierSstellungcn zu kaufen pflegte, nachgerade aus zahlreichen Testamenten mit Trauer die Erkenntnis schöpfen kann, wie thöricht es handelte, als es seine Sache den geld- und blutbefleckten Händen deS ersten „Armee lieferanten" Joe Chamberlain anvertraute. Rundschau. — Berlin. Die „Deutsche TageSztg.", das Organ des Bundes der Landwirte, er klärt, der Zolltarifentwurf, wie er nunmehr aus dem Bundesrat hervorgegangen ist, sei für die Vertreter der Landwirtschaft unan nehmbar. — Köln. Die „Köln. Ztg." erfährt vom hessischen Hofe, für jedwede Vermuthung, daß eine dritte Person zur Ehescheidung beige tragen, liege auch nicht der entfernteste An halt vor. Eine solche Vermutung sei viel mehr unbedingt ausgeschlossen. Übrigens sei die baldige Losung der Ehe im Interesse der Beteiligten und des Landes dringend geboten. Der Vater der Großherzogin war mit Rück sicht auf die naheVerwandschast ein entschiedener Gegner des Ehebundes. Der von tiefer Neigung zu der schönen Cousine erfüllte jugend liche Großherzog wußte jedoch durch Für sprache naher verwandter fürstlicher Frauen die Zustimmung der Eltern durchzusetzen. Wegen der jetzigen unerquicklichen Verhältnisse unterblieb auch der für den September vor gesehene Besuch des Zarenpaares am hessische» Hofe. — Köln. In der Besprechung der hiesigen Krise in der Zementindustrie gelangt die „Köln. Ztg." zu dem Ergebnis, die Auf lösung des Syndikats sei besiegelt. Es be stehe ein gewaltiges Mißverhältnis zwischen der Erzeugungs- und Absatzgelegenheit; die Ausfuhr ginge zurück, während die Einfuhr zunehme. Die Beteiligungsziffern der Syn dikatsfabriken betragen über 11 Millionen; der Absatz im Syndikatsgebiete habe zur besten Zeit nur 5 bis 6 Millionen betragen. Viele Zementfabriken schließen mit empfind lichen Verlusten ab, andere müssen den Betrieb teilweise einstellen. Auch dürften Kapital- Herabsetzungen eintreten.