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Naunhofer Nachrichten. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, GroUteinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Pomszen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Bezugspreis r ! « Frei in's Haus durch Austräger j Mk. 1.20 vierteljährlich, i ; Frei in s Haus durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Mit zwei Beiblättern: Illustriertes Sonntagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere «lle 14 Tage. Verlag und Druck: Günz <L Eule, Naunhof. Redaktion: Robert Günz, Naunhof. Ankündigungen! Für Inserenten der Amtshauptmann- > schäft Grimma 10 Pfg. die vierge- ! spaltene Zeile, für Auswärtige 12 Pfg. > Bei Wiederholungen Rabatt. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DicnStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum dcS nachfolgenden Tages. Schluß der Anzeigenannahme . Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens Nr. 86. Freitag, den 19. ^uli 1901. 12. Jahrgang. Freitag, den 19. dies. Man. Mittags 12 Uhr gelangen in -er Restauration „Znr Stadt Dresden" in Naunhos einem Dritten abgepfändete Gegen stände als: 1 Eisschrank, 1 Fast Essigsprit, 1 halbe Tonne Heringe, 70 Flaschen Apfelwein, 60 Büchsen div. Konserven, 3 Waschbretter n. 1 Kochofen gegen sofortige Baarzahlung öffentlich zur Versteigerung. Grimma, am 16. Juli 1901. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts. Eine amerikanische Sympathie- Kundgebung für Deutschland. Die Fälle sind nicht allzu zahlreich, in denen von freundschaftlichen Gefühlen der Amerikaner für uns Deutsche die Rede ist. Nm so freudiger wird man ein Vorkommnis begrüßen, das beweist, daß in den Vereinigten Staaten einflußreiche Leute, gleich uns Wert aus gute Beziehungen der beiden Nationen legen. Vor Kurzem that die hervorragendste Kulturstätte Amerikas, die auch in Deutsch land einen guten Ruf genießende Harvard- Universität, dem deutschen Botschafter in Washington die hohe Ehre an, ihn zum Ehrendoktor zu promovieren. Die Harvard« Universität in Cambridge bei Boston hat sich aus einer im Jahre 1637 gegründeten Vor bereitungsschule für Prediger zur größten und in jeder Beziehung führenden Hochschule der neuen Welt entwickelt. Die „alten Herren" von Harvard sind die Elite der Nation. Jedes Jahr einmal versammeln sie sich, am Tage der Universitätsschlußfeier, am 26. Juni, während die Universität feierlichst die jurist ischen, medizinischen und philosophischen Diplome verteilt. Die Bedeutung des diesjährigen Festes lag darin, daß unter den Ehrendoktoren der deutsche Botschafter in Washington, Baron v. Holleben, die führende Rolle spielte: es war ein „deutscher" Tag, und die ganze Feier wurde zur bedeutendsten und gewaltigsten De monstration fürdieFreundschast zwiichenDeutsch- land und Amerika. Bei der Feier in der Aula spielte Deuischland eine vielfache Rolle; erstens zeigte es sich, und der berühmte Präsident der Universität Eliot, hob eü be sonders hervor, daß die zwei einzigen summa cum Inucks-Promotionen zwei Deutsch amerikanern zukamen; zweitens wurde der bekannte Berliner Chemiker van t'Hoff, der eine Ferienreise nach Amerika gemacht, zum Ehrendoktor ernannt; drittens wurde unter stürmischen Ovationen der Studentenschaft, Professor Münsterberg zum Ehrenmitglied der Harvard Alumni ernannt, und viertens machte vor Allem die Verleihung des Ehrcn- doktorrats an den Botschafter gewaltigen Eindruck. Als sich der Botschafter erhob, brach ein jubelnder Beifall aus und wie mit einem Schlag erhob sich spontan das gesamte Auditorium, eine Demonstration, die nie zu vor hier erlebt war. Aber das war nur die Einleitung zu den überwältigenden Kund gebungen am Nachmittag in der Festhalle. Der Präsident der Universität als erster Redner gab den Ton an: er verherrlichte die deutsche Wissenschaft; die Steigerung kam, als Senator Hoar den Botschafter einführte und mit feinem Humor sagte: Gegenüber anderen Ländern, wie England und Frank reich, drücken wir unsere Freundschaftsgefühle oft mit größerem Wortreichtum auS: das ist die Freundschaft der Versöhnung nach dem Streit; mit Deutschland haben wir nie einen Streit gehabt, und, so Gott uns gnädig ist, werden wir nie einen Streit haben. Die Musik spielte „Deutschland, Deutschland über Alle-" und dann hielt der Botschafter eine hinreißendeRede,über die deutsch-amerikanische Freundschaft, als Vereinigung der zwei Völker, die durchaus zusammengehören, und über len Ausdruck dieser nationalen Kameradschaft in der Harvard-Universität. Die Rede wurde immer wieder von lauten Beifall unterbrochen und doch war auch damit noch nicht der Höhe punkt erreicht. Drei oder vier weitere Redner bewegten sich in anderen Richtungen, dann aber kam Roosevelt, der berühmte Vize präsident der vereinigten Staaten, an die Reihe, und mit faszinierender Begeisterung wandteer sich wieder dem Botschafter und der Freundschaft mit Deutschland zu. Man muß sich vergegenwärtigen, daß Harvard der In begriff der Elite Amerikas ist, daß unter den Tausenden der anwesenden alten Herren die größten Gelehrten, die bedeutendsten Politiker, die höchsten Richter, die einflußreichsten Männer im öffentlichen und wirtschaftlichen Leben des Landes vertreten waren, um zu begreifen, daß es sich bei alledem nicht um den ge wöhnlichen Beifall einer gleichgiltigen Fest versammlung handelte, sondern um eine Demon stration von nationaler Bedeutung Es war die wichtigste Kundgebung der Sympathie für Deutschland, die seit vielen Jahren in der neuen Welt stattgefunden hat. Trübe Aussichten. Aus Sachsen wird geschrieben: Ein düsteres Bild der gegenwärtigen wirtschaft lichen Lage gewinnt man auch aus dem heute erschienenen zweiten Theil des Jahresberichtes der DresdnerHaudels- und Gewerbekammer. Ter Umsatz ging vielfach erheblich zurück, eine Steigerung wird nur aus wenigen Industrien gemeldet, häufig mußte selbst mit Verlust ge arbeitet werden, da die hohen Rohstoffpreise zu den gedrückten Verkaufspreisen in argem Mißverhältnis standen. Auch die Lebenshaltung der Arbeiter wurde durch die wirtschaftliche Verschlechterung stark beeinflußt. Der Be trieb der Fabriken mußte vielfach beschränkt werden, es fanden Arbeiterentlassung und Lohnherabsetzungen statt. Die Klagen über Arbeitcrmangel sind längst verstummt; nur hier und da werden besonders tüchtige Leute gesucht. Im Uebrigen ist Jeder froh, Be schäftigung zu haben, und, um sich wenigstens einen Stamm guter Arbeiter zu erhalten, sind manche Fabriken gezwungen, auf Lager arbeiten zu lassen. Auch der Kleinhandel litt unter der industriellen Krise, da die Kauf kraft weiterer Kreise geschmälert wurde. Manche Kleinhändler hatten auch der Kammer gegen- über den Wunsch nach einer Umsatzsteuer auf Großqeschäfte laut werden lassen, von anderer Seite ist aber entschiedener Widerspruch gegen eine derartige Steuer erhoben, da sie ein Hindernis für den tüchtigen Kaufmann sei. Aus den Kreisen der Strohhut- nnd Blumen fabrikanten ist festgestellt worden, daß die preußische Umsatzsteuer nicht von den Waren häusern, sondern ganz ausschließlich von ihren Lieferanten, den Fabrikanten, getragen werden muß. Viele Industrielle haben der Kammer die Befürchtung ausgesprochen, daß die Krise noch andaueru und sich vielleicht selbst noch verschärfen werde. Thatjächlich sind die Aus sichten auf eine baldige Wendung zu dem Besseren sehr gering, und es ist daher umso mehr zu verstehen, daß auch die Porsdamer Handelskammer aus den Kressen der Aus- fuhrw.duürullen entschiedene Proteste gegen eine Erhöhung der Getreidezölle erhallen hat, durch die der Abschluß von neuen Handels vertragen erschwert oder überhaupt unmöglich gemacht und unsere Auüfuhrindustrie in eine sehr schlimme Lage gebracht werde. Schichte, Nachrichten für die Engländer sind aus der Kapkolonie eingetroffen. Danach haben die Buren allen Jingolügen zum Trotz zahlreiche Verstärkungen in der Kapkolonie erhalten. Die Zahl der Verstärkungen beträgt mindestens 9000, nach anderen Meldungen sogar 15 000 Mann. Das ist ein Zustrom, der die Bunnkrafi mit der England so wie so nicht fertig wurde, verdoppelt. Nach Mitteilungen aus Kapstadt erhielt die dortige Bürgerwehr den Befehl, sich zum Abmärsche bereit zu halten. Auch das be stätigt, daß der Aufstand in der Kapkolonie immer gewaltigere Dimensionen annimmt In London ist darob großer Jammer. „Daily Mail" erklärt in einem längeren Artikel über den südafrikanischen Krieg, die Regierung habe systematisch den wirklichen Stand der Dinge verheimlicht. Die Lage sei bedeutend ungünstiger, als amtlich dar gestellt werde. Der Krieg könne nicht eher zu Ende geführt werden, als bis Botha und De Wet gefangen seien. Die Behörden schienen nicht die geringsten Anstrengungen (???) zu machen, um das Ziel zu erreichen. „Morninglender" ist der Ansicht, daß die gelbe Presse die Missethaien, welche die Buren begangen haben sollen, erfunden hat, um die Greuelthaten, welche von englischer Seite begangen wurcen, zu verdecken und so die grausame Kriegführung zu rechtfertigen. Die „Daily Mail" thut der Regierung Unrecht, was die Anstrengungen betrifft. Diese hatte sie gewiß gemacht, der beste Be weis sind die Verlustlisten, aber was die Lügen betrifft, hat das Blatt recht. Nur sollte es betreffs dieser nicht gar zu entrüstet sein. An der Spitze der Lügenberichterstatt ung stand allezeit „Daily Mail" und was !le der Regierung vorwirft, hat sie selbst gesündigt. Diese neuesten Eingeständnisse über die Kriegslage bestätigen lediglich, was von Seiten der Buren und ihrer fremdländischen Mit kämpfer berichtet wurde. Wie aber verträgt ich damit die Prahlerei, die von London in )ie Welt gesandt wurde: Man siedele bereits die englischen Reservisten an. Wie verträgt sich damit die unausgesetzte Großspurigkeit der Minister im Parlamente und auf Gastmählern? Wertsteigerung des ländlichen Grundbesitzes. Die agrarpolitischen Gelehitcn argumen- tiren u. A. auch gern mit der Entwertung und Wertlosigkeit der landwirtschaftlichen Boden rente. Dem gegenüber hat Professor Sarrazin an der Entwickelung der Preise des Grund und Bodens zunächst in der preußischen Provinz Posen nachgewiesen, in welchem Umfange die Werte des landwirtschftlichen Grundbesitzes eit 1821 fortwährend gestiegen sind. Der Großgrundbesitz hatte in dem Jahrzent von 1821—1830 für den Hektar einen Wert von mrchschnittlich 113 Mark. Dieser Grund- tückspreis ist seitdem stetig gewachsen und )atte in den Jahren 1891 —1894 eine Höhe von 732 Mark, also das 6^ fache erreicht. Der Mittelbesitz hatte seinen tiefsten Stand im Jahrzehnt 1831 — 1840, wo für 1 Hektar 132 M gezahlt wurden. Die höchsten Preise erzielte er von 1882—85, seitdem ist er etwas gefallen. Immerhin aber wurden am Ende der Beriätsperiode, also 1891—1894, für den Hektar 654 Mk. bezahlt, was ziemlich genau eine Steigerung auf das Fünffache bedeutet! Für den Großgrundbesitz wurden in Posen im Jahrzehnt von 1821—30 die niedrigsten Preise gezahlt, nämlich 133 Mk. für den Hektar. Auch er erzielte die besten Preise zwischen 1881 und 1885 und hat y itdem einen kleinen Rückgang zu verzeichnen; immerhin aber brachte 1 Hektar zuletzt durch schnittlich 537 Mk., also ebenfalls mehr als das Vierfache des erwähnten niedrigsten Preises. — Aus der Preissteigerung geht hervor, daß sich die Reinerträge trotz niedriger Getreide- preise und trotz erhöht« r Produktionskosten in dem gedachten Zsstraum ganz außerordentlich gesteigert haben. Rundschau. — Gegen den Vorsitzenden der Krieger vereine, General v. Spitz, der es in den Vereinen wiederholt unternommen, der. un seligen That des Epileptikers Weiland in Bremen eine politische Bedeutung beizulegen, hat eine Versammlung sämtlicher Bremer Kriegervereine eine Protestresolution angenom men, in dem das Verhalten des Generals einer so scharfen Kritik unterzogen wird, wie sie von Krikgervereinen gegen den Vorsitzenden noch niemals geübt worden ist. — Die bretonische Schwägerin des dritten Reichskanzlers. Der „Ende Paris" schreibt: Der Tod des Fürsten Hohenlohe hat auch einige bretonische Bauern, welche seine Schwäger waren, in Trauer versetzt; denn der Bruder der Fürstin Hohenlohe, Prinz Peter von Sayn- Wittgenstein, Generaladjutant des russischen Kasserö, war mit einer jungen Bretonin von märchenhafter Schönheit verheiratet, welche die Tochter des Besitzers eines einfachen Dorskruges war. Nach Prinz Peter's Tode gingen seine enormen Liegenschaften, deren Wert auf 300 Mill. Mark geschätzt wurde, auf die Füistin Hohenlohe über. Die Bretonin genoß in der Familie Hohenlohe die größte Achtung, nicht nur wegen ihrer wunderbaren Schönheit, sondern auch wegen ihrer voll endeten Manieren, ihres Taktes und ihres Feingefühls. In der Bretague betete man )ie Fürstin an. Sie stiftete Waisenhäuser, Hospitäler und Schulen und ihr Andenken wird in der Bretagne ewig fortleben. — Der auch dem hessischen Landtage angehörende RelchStagsabgeordnete Köhler (Antis.) hat dort eine Anfrage wegen der Einberufung von Landwehrleuten zur Ernte zeit eingebracht. Die Begründung lautet nach der „Berliner Morgenpost": „Die Belästig ungen des Bauernstandes nehmen auch noch einmal ein Ende, aber kein gutes. Diese Zeit ist gar nicht mehr so weit, als sich die Herrn in Berlin denken mögen: trotz aller großen Sprüche, trotz Bajonette, Pulver, Kartätschen nnd Säbel! Es ist heute die schwerste Verpflichtung der einzelnen Bundes regierungen geworden, mit klarem Blick die Dinge, wie sie gegenwärtig im Reiche wirr durcheinander kreuzen, genau zu durchschauen und ihrem irrsinnigen Treiben gemeinschaftlich mit fester und zielbewußter Hand ein Ende zu machen, ehe es gänzlich zu spät geworden ist. Ein Stück von diesem Treiben ist der Militarismus, der in keinerlei Welse Rück- icht auf die Leistungsfähigkeit und die Inter essen des Volkes nimmt. Ein Beispiel hier zu bieten die diesjährigen Landwehrttbungen.