Volltext Seite (XML)
Naunhofer Nachrichten. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, Grotzsteinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Pomtzen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Bezugspreis i Frei in's Haus durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei ms Haus durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Mit zwei Beiblättern: Illustriertes Gonntagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere »lle 14 Lage. Verlag und Druck: Günz ä: Eule, Naunhof. Redaktion: Hugo Rösch, Nauuhos. Ankündigungen» i Für Inserenten der Amtshauptmann- < s schäft Grimma 10 Pfg. die viergc- spaltene Zeile, für Auswärtige l 2 Pfg. j Bei Wiederholungen Rabatt. > Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 8 Uhr mit dem Datum des nachfolgenden Tages. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage des Erscheinens Nr. 72. Sonntag, den 16. Juni 1901. 12. Jahrgang. Bekanntmachung. In der gestrigen Ratssitzung, in welcher Herr Jahn entschuldigt fehlte, ist, von vier Armensachen abgesehen, folgendes beraten uud beschlosten worden: 1 ., Für ein Regulativ wegen Beaufsichtigung von Wohnungen, insbesondere von Mietswohnungen und über die ' an solche Wohnungen zu stellenden Mindestforderungen liegt bei den hiesigen guten gesundheitlichen Verhältnissen und bei dem Bestehen des amts hauptmannschaftlichen Schlafstellenregulativs ein Bedürfnis nicht vor. 2 ., Die Graspachtungsangebote werden bekannt gegeben und angenommen. Auch in Zukunft erfolgt die Verpachtung auf nur ein Jahr. 3 ., Zur Durchführung der Straßenbenennung werden 21 eichene Pfähle zur An bringung von Straßenschildern ausgeschrieben. 4 ., Bei dem Gesuche des Konsum-Vereins für Stötteritz und Umgegend um die Konzessionserteilung zum Branntwein-Kleinhandel in der hiesigen Filiale wird die Be dürfnisfrage mit 8 gegen 4 Stimmen verneint, bei dem des Herrn Generalagenten Becker, ihm die Schankkonzession für seinen Neubau an der Wurzener Straße zu erteilen, wird diese Frage mit 8 gegen 4 Stimmen bejaht. 5 ., Gegen die Baugesuche der Herren Spediteur Lohse — Kohlenschuppenbau an der Langenstraße —, Privatmapy Koch — Etagenaufbau an der Waldstraße — und Or. Weber — Landhausneubau an dec Grimmaer Straße — sind keine Einwendungen zu machen, dagegen kann zu dem anderen Baugesuch des Herrn vr. Weber — Landhaus neubau an der verlängerten Nordstraße — vor der Aufstellung seines Bebauungsplanes, des Baues der Zugang-Straßen und der Vervollständigung des eingereichten Situations planes keine Entschließung gefaßt werden. > 6 ., Der Anregung des Kirchenvorstandes folgend, wird der Fußweg von der Klingaer Straße nach dem Kirchhof mit Kies gebessert. 7 ., Von den 5 Angeboten für die Parthenbrücke wird Kenntnis genommen und be schlossen, wegen der Frage, ob die für die Errichtung einer steinernen Brücke erforderliche Erhöhung der Straßenkrone zweckmäßig erscheint, nächsten Montag 11 Uhr eine Be sichtigung vorzunehmen. 8 , In den Sparkastenausschuß werden vom 1. Juli 1901 bis 30. Juni 1902 die Herren Wagner mit 12, Moritz mit 10, Nebel und Hessel mit je 8 und Rüdiger mit 7 Stimmen gewählt. 9 ., Einer neuerlichen Erinnerung der Aufsichtsbehörde folgend, wird das OrtSgesetz über die VerfastungSverhältnisse der Stadt Naunhof in Ansehung einer Parzelle ent sprechend abgeändert. Naunhof, den 15. Juni 1901. Der Ttadtgemeinderat. Igel, Bürgermeister. Prozeß Krottgk. An den Prozeß Krosigk schließen sich noch nachträgliche Vorgänge von allgemeinem Interesse. Der § 179 der Militärstrafge richtsordnung bestimmt u. a., daß die Unter suchungshaft aufzuheben ist, wenn der Be schuldigte freigesprochen wird. Ein zweiter Absatz des Paragraphen enthält die weitere Bestimmung, daß die Freilassung des An geklagten durch Einlegung eines Rechtsmittels nicht verzögert werden darf. In Gumbinnen ist nun der von dem Kriegsgericht frei ge sprochene Sergeant Hickel nicht aus der Haft entlasten, sondern in der Unter suchungshaft zurückbehalten worden. Eine Beschwerde des Verteidigers ist erfolglos geblieben. Gegen Fälle absoluter Verletzung einer Gesetzesbestimmung aber ist in unserem Miltärstrafverfahren eine sog. „Rechtsbe schwerde" nicht vorgesehen. In einer sehr umfangreichen Schilderung der Vorkommniste, die in der „Nat.-Ztg." veröffentlicht wird und offenbar von dem Verteidiger Hickel's herrührt wird dargelegt, daß alle Bemühungen, die Zurücknahme der ungesetzlichen Inhaftierung Hickel's zu erwirken, fruchtlos geblieben sind. Der kommmandierende General, den der Verteidiger als höhere Instanz anrief, lehnte jedes Eingreifen ab; der Divisionskommandeur v. Alten aber er klärte, er könne Hickel unter keinen Umständen freilasten, das führte zu unmöglichen Konse quenzen. Dem Hinweise auf den klaren Wort laut des 8 179 hielt der General entgegen, daß die neue Strafgerichtsordnung verbesse rungsbedürftig sei. 8 179 sei in un überlegter Weise aus der bürgerlichen Strafprozeßordnung herübergenommen und passe gar nicht auf die im militärischen Strafverfahren enthaltene Berufung mit völlig wiederholter Beweisaufnahme. Er sei übrigens starr über die Entscheidung des Gumbinner Kriegsgerichts (welches über wiegend aus Offizieren besteht). Hickel bleibe, auch wenn ihn das Kriegsgericht frei gesprochen habe, nach wie vorder Mordes dringend verdächtig. Der Kriegsrat, welcher dem Unteroffizier den neuen Haftbefehl er öffnete, machte ihn, auf seinen verwunderten Hinweis auf seine Freisprechung, darauf auf merksam, „daß das Kriegericht ja auch Dummheiten gemacht haben könne". Das olles sind Aeußerungen und Hand lungen, die im hohen Grade bedenklich er- erscheinen und nicht nur das Ansehen der Rechtspflege im Heere, sondern auch das Rechtsgefühl der Angehörigen der Armee in hohem Grade beeinträchtigen müssen. Ist schon eine Kritik des Spruches des Kriegs gerichts, wie sie der Kriegsrat übte, mit aller Entschiedenheit zurückzuweisen, so müssen auch die Aussprüche des Gerichtsherrn unter allen Umständen für unstatthaft erklärt werden, schon weil sie geeignet sind, einen schweren Druck auf die Berufungsinstanz auszuüben und unter Umständen beeinflussend zu wirken. Wenn ein Verfahren, wie es der General v. Alten geübt hat, im bürgerlichen Straf prozeß vorkäme, würde der betreffende Ge richtspräsident Gefahr laufen, wegen Rechts verletzung in Anklage versetzt zn werden. Der Bankkrach in Dresden. Das Garantie-Konsortium, welches der Dresdener Kredit-Anstalt für Industrie und Handel etwa 6 Millionen Mark zur Ver fügung gestellt, ist Mittwoch Vormittag zu Stande gekommen. Dasselbe besteht aus der Deutschen Bank in Berlin, der Berliner Handelsgesellschaft, der Darmstädter Bank, der Dresdner Bank, der Berliner Bank, der Leipziger Bank und der Allgemeinen deutschen Kreditanstalt in Leipzig. Die Reichsbank, welche etwa 2 Millionen Mark zu fordern hat, und die Sächsische Bank, die mit etwa 5 Millionen Mark beteiligt ist, haben sich den Maßnahmen des Konsortiums ange- schlosten. Zunächst dürste die Liquidation der Dresdener Kreditanstalt für Industrie und Handel in die Wege geleitet werden. Wenn ein kleiner Geschäftsmann einen Wechsel, den er in Zahlung erhielt, diskontirt haben will, dann braucht er einen oder zwei gute Giranten, hat eine Menge Lauferei, zahlt hohen Diskont, und schließlich ist ihm zu Mute, als habe er den Betrag des Papieres — abzüglich Diskont, Spesen, Dammno natürlich! — geschenkt erhalten. Bei der Großindustrie ist das aber anders. Die Dresdener Kreditanstalt für Industrie und Handel hat nicht nur fast ihr gesamtes Kapital und ihre Reserven in den Aktien der in großer Anzahl hon ihr gegründeten industriellen Gesellschaften an gelegt, sondern sie hat bedeutende Kredite eingeräumt, die mit Hilfe ausgedehnter Wechselreiterei aufrecht erhalten worden sind. Den größten Aktienbesitz und die größten Kredite des Instituts betreffen die Aktiengesellschaft Elektrizitätswerke (vor mals O. L. Kummer L Co.) in Dresden. Daneben kommen noch die Tochtergesellschaften dieser Elektrizitätsgesellschast, sowie eine An zahl der von der Kreditanstalt für Industrie und Handel gegründeten Etablissements in Betracht. Genannt werden die Aktiengesellschaft für elektrische Anlagen und Bahnen, die All gemeine Industrie-Aktiengesellschaft vormals H. W. Schladitz, die Danziger Elektrische Straßenbahn, die Baltische Elektrizitätsgesell schaft in Danzig, die Wagenbauanstalt und Waggonfabrik für elektrische Bahnen (vorm. W. C F. Busch) in Hamburg und die Kulmbacher Rizzibräu« Aktiengesellschaft in Kulmbach. Für diese Gründungen, denen von vornherein die Aussicht auf Rentabilität abging, sind anscheinend in erster Linie Gründe persönlichen Ehrgeizes maßgebend gewesen. Auffallend ist, daß die Bank ihre in große Beträge gehenden Wechselreitereien mit den einzelnen von ihr gegründeten Jn- dustriegesellschaften so lange fortsetzen konnte. Jahraus, jahrein haben diese mit ihr ver bundenen Industrie-Gesellschaften die Bank in sehr großen Beträgen bezogen, und auch sonst hat ein ausgedehnter Wechselverkehr zwischen dem Institute und diesen Gesell schaften stattgefunden. Die Acceptverbindlich- keiten der Bank betrugen nach der Bilanz am 31. Dezember v. I. 10227 548 Mk. und sie dürften sich im laufenden Jahre noch wesentlich erhöht haben. Bei der Be gebung der Accepte hat eine große Diskont maklerfirma in erheblichem Maße mitgewirkt, und obgleich von einzelnen großen Banken und Bankhäusern das immer wiederkehrende Accept des Dresdener Instituts wiederholt beanstandet worden ist, wurden bei Diskont käufen doch fast regelmäßig Accepte der Kreditanstalt für Industrie und Handel in größeren oder kleineren Beträgen mitgeliefert, deren Annahme von den Diskontkäufern nicht gut verweigert werden konnte, wenn sie im Grunde auch die Accepte nicht als Prima- diskont ansahen. Ohne die Beihilfe anderer Banken und Bankhäuser wäre der Konkurs unabwendbar gewesen. Diese Beihilfe beschränkt sich in« deß auf die Bereitstellung der Mittel für die Depositengläubiger. Auch hoffen die helfenden Banken, daß bei einer allmähligen Abwickelung die Wechselgläubiger mit der Zeit vollständig befriedigt werden können. Auf diese Weise glaubt man, die Eröffnung des Konkurses, die voraussichtlich noch mit großen Verlusten und namentlich mit beträcht lichen Kosten verbunden wäre, verhüten zu können. Voraussetzung hierfür bleibt aber, daß nicht seitens einzelner Wechselinhaber ge richtliche Maßnahmen gegen das Institut unternommen werden. Allerdings sind bereits mehrere Accepte unter Protest gegangen, doch hofft man, daß ein weiteres wechselrechtliches Verfahren hieran nicht geknüpft werden wird. Für die von der Bank abhängigen industriellen Gesellschaften gestaltet sich die Lage natürlich vielfach kritisch, da die Mehrzahl kaum in der Lage sein dürfte, die Kredite, die sie bei der Kreditanstalt für Industrie und Handel genosten haben, zmückzuzahlen, und sie über dies kaum neue Bankverbindungen finden dürften, die ihnen die für ihren Betrieb erforderlichen Mittel weiterhin zur Verfügung stellen. Es ist unerhört und steht glücklicherweise in der deutschen Finanzwelt einzig da, daß ein Bankinstitut wie die Kreditanstalt, das über 20 Mill. Mark Aktienkapital verfügt und das in den letzten Jahren Dividenden von regelmäßig 9 Proz. und für 1900 eine solche von 71/2 Proz. verteilt hat das in seiner erst kürzlich veröffentlichten Bilanz noch Reserven in Höhe von 3 750000 Mark aufwies, förmlich über Nacht wegrasirt wird, und daß seine Aktien, die noch vor wenigen Wochen pari notierten, plötzlich fast ganz wertlos werden. Die Frage nach der Ver antwortlichkeit der Direktion und des Auf- sichtörats wird in diesem so krassen Falle be sonders scharf zu prüfen sein. Rundschau. — Eine Konferenz zur Herstellung einer einheitlichen Rechtschreibung tritt nächsten Montag im Reichsamte des Innern zu sammen. Die meisten Bundesstaaten werden durch besondere Kommissare vertreten sein. — Der Krosigksche Mordprozeß wird voraussichtlich in der Berufungsinstanz schon im Laufe der nächsten Wochen vor dem zu ständigen, das ist dem Königsberger, Ober- kriegsgerlcht zur Verhandlung kommen. Wegen des umfangreichen Zeugcnapperats und der notwendigen Lokalbesichtigungen wird jedoch auch die neuerliche Verhandlung wieder in Gumbinnen stattfinden. Den Vorsitz wird diesmal ein Oberst oder Oberstleutnannt führen, den Gerichtshof werden Oberkriegsgerichtsräte Meyer und Scheer aus Königsberg bilden. — Die marokanische Angelegenheit darf als abgeschlossen angesehen werden. Die französische Regierung gedenkt Maroko gegenüber keine andere Politik als die der Aufrechterhaltung des Status puo zu ver folgen. Ein ungeheurer Kurssturz in Transvaal bahnaktien, das ist das neueste Glied in der Kette des Ungemachs, das seit geraumer Zeit immer von neuem über die Börse hereinbricht. Die Aktien setzten nach dem „Berliner Tage blatt", am Mittwoch mit 192 Prozent ein, also 34^ Prozent unter ihrem letzten Kurse, und büßten im Verlauf zunächst noch 10 Prozent ein, erholten sich aber später um mehrere Prozent. Der Verkaufsandrang in den Aktien wurde durch die Londoner Meldung verursacht, daß England beabsichtigt, die von der Regierung der Südafrikanischen Republik erteilten Konzessionen, besonders die Konzession der niederländischen Eisenbahn-Gesellschaft und die Dynamitkonzession, fürnull nnd nichtig