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Naunhofer Nachrichten Ortsblatt für Albrechtshain, Ammelshain,^Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, Großsteinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Pomtzen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Bezugspreis r Frei in's Haus durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei in's Haus durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Mit zwei Beiblatter«: Illustriertes Sonntagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere »lle 14 Lage. Verlag und Druck: Günz L Eule, Naunhof. Redaktion: Hugo Rösch, Naunhof. In Vertretung R. Günz. Ankündigungen t Für Inserenten der Amtshauptmann- ! schäft Grimma 10 Pfg. die vierge- ) spaltene Zeile, für Auswärtige 12 Pfg. s Bei Wiederholungen Rabatt. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag S Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tages. Schluß der Anzeigenannahme . Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinen» Nr. 47. Freitag, den 19. April 1901. 12. Jahrgang. Öffentliche Willig des StMgkvlkindmIks zu Naunhof Freitag, den IS. April 1SO1. Tagesordnung befindet sich am Ratsbrett. Bekanntmachung. Die Geschäfte der zur Zeit in einer Person vereinigten Aemter des Bürgermeisters, Standesbeamten, Schulvorstandsvorsitzenden und Gemeindewaisenrates sind schon seit längerer Zeit durch das außerordentlich häufige und zu einem ansehnlichen Teile völlig überflüssige Aufsuchen des Unterzeichneten durch das Publikum nachteilig beeinflußt worden. Es müssen daher mit Ausnahme der standesamtlichen Thätigkeit bestimmte Sprech stunden eingeführt werden. Hierfür wird in Zukunft die Zeit von 9 bis 12 Uhr an jedem Montage und Donnerstage genügen. Zu anderen Zeiten werden die Ratsbeamten die etwa gewünschte Auskunft geben. Naunhof, den 18. April 1901. Der Bürgermeister Igel. Der Januar in Tschili. Unter dieser Ueberschrift schreibt der „Frkf. Gencralanz." Die schlitzäugigen Gesellen in Peking haben es noch nie so gut gehabt, wie jetzt unter dem Kommando des internationalen Ausschusses. Es kommt allmählich immer mehr Ordnung und Sauberkeit in dieses ver rottete Gemeinwesen. Demnächst sollen große Hospitäler für Chinesen eingerichtet werden, die von irgend einer Epidemie ergriffen worden sind; auch denkt die internationale Sanitäts kommission bereits ernstlich an den Bau einer — Wasserleitung. Wenn es so fortgeht, dann haben wir über kurz oder lang die west europäische Großstadt hier. Nur Asphalt- plaster, Bogenlampen, Nachtcaf^s, Dampf heizung, Leierkastenmänner, Fernsprechamt, eine Filiale der „Woche" und ein Wertheim- Bazar fehlen uns noch. Schutzleute, elektrische Bahn (vor der Stadt im Süden), Zeitungs druckerei, Pferderennen, Bartbinden und Münchener „Echtes" giebt es bereits. Auch Tanzlokale. Jedenfalls ist vorgestern an Kaisers Geburtstag von den Mannschaften eifrigst gescherbelt worden. Unsere 8.Kompagnie die in der Chinesenstadt liegt, hat schon vor einigen Wochen einen geräumigen Tempel als Exerzierhaus eingerichtet; dort wurde nach' heimischer Art mit Prolog, Theater, Trinksprüchen, Zechen und Tanzen der große Tag verbracht, ähnlich in den Quartieren der übrigen Truppenteile. Wenn auch die Soldatenbräute fehlten, so erwiesen sich doch einzelne Musketiere als hingebende Tänzerinnen oder Solotänzer „markierten" auf einfachste Weise durch den leicht gekrümmten rechten Arm die fehlende Braut, machten dabei auch dasselbe still-verzückte Gesicht, wie sonst wohl Sonntags in den Bierdorfern vor Mainz. Neugierige chinesische Weiblein, Mandarinen töchter aus der Chinesenstadt, hatten in ihrer bereits erwachten Zutraulichkeit gebeten, zu schauen zu dürfen. Den krüppelfüßigen Kleinen wurde aber angedeutet, daß man an diesem Abend mit seinen Gedanken an die Heimat ganz unter sich zu bleiben wünsche. Die Heimat! Wie wundersam uns das Wort jetzt klingt; wie mächtig es uns dorthin zieht! Auch in den Kasinos regt sich bei uns hier in China gewaltig das Heimweh, nicht etwa nur bei den Mannschaften. Die verschiedensten Gründe mögen den Meldungen nach China untergelegen haben, vom ältesten Offizier bis zum jüngsten Rekruten waren sich aber jedenfalls alle Freiwillige darüber klar, daß sie für ihr Vaterland ihr Leben einzusetzen hinauszögen. Dieses Opfer wird nun nicht angenommen. Man kommt kaum in die Lage, sein Leben in die Schanze zu schlagen. Der Feind läuft davon. Nur Gewaltmärsche über Eis und Felssplitter in stockdunkler Nacht haben es bisweilen ermöglicht, beim Morgen grauen noch irgendwo eine chenesische Be satzung zum Kampfe zu stellen. So ist uns denn die zweite Hälfte des Januar, unterbrochen nur durch Kaisers Ge burtstag, eintönig genug vergangen. Die fremden Soldatentypen sind nichts Neues mehr. Die gelben Kerle aber, die einen auf der Straße anstarren oder in unterwürfiger Grußstellung verharren, sind nachgerade wider lich. Wir haben vor allem konstatieren können, daß nicht etwa die Russen allein heute noch widerstandsfähiges Menschenmaterial gegen über den Unbilden des Wetters besitzen. Unser kombiniertes Detachement Pawel ist bei 15 bis 22 Grad Kälte (Röumur!), während ein scharfer Wind einen die Eisnadeln ins Gesicht jagte, in unzerstörbarer Munter keit auf unglaublich schwierigen Saumpfaden über das Gebirge geklettert und hat dann noch einmal nach durchmarschierter Nacht in aller Herrgottsfrühe ein exerzierplatzmäßig tadelloses Gefecht geliefert. Ende Dezember waren wir auSgerückt — ein kombiniertes Bataillon Infanterie, 20 Meldereiter, je ein Zug der Marinefeldbatterie, der 7.GebirgS- batterie und des Reiterregiments — um im Nordwesten von Peking angebliche chinesische Reguläre aufzustöbern, die innerhalb der Demarkationslinie aufgetaucht sein sollten. Unser Operationsfeld lag im Gebirge. Be zogen wir abends Quartier, dann flammten ringsumher die Berge von Feuerzeichen und auch am Tage begleiteten uns Rauchsäulen, so daß die Chinesen von Gipfel zu Gipfel Meldung über uns verbreiteten. Das ging blitzschnell; und so fanden wir ein Nest nach dem anderen leer. Unsere „Hauptmacht" selbst hatte am 2. Januar Meldung erhalten, daß bei Hophu eine starkbesetzte Thalsperre sich befinde. Um 1 Uhr nachts wurde in unserem Quartier in Liupinphu geweckt. Bald darauf wurde marschiert — bei eisiger Kälte über Felsengeröll, dessen schwierige Passage durch den frischen Schnee verdeckt war. Die berittene Infanterie als Vortrupp führte einen Chinesen am Zopf als Wegweser mit sich; er wußte, daß er eine Kugel erhielte, falls er uns irre führte. Bei Tagesanbruch, kurz vor 7 Uhr, jagten ein paar berittene Infanteristen plötzlich im Galopp vorne links eine Anhöhe hinauf. Gleich darauf erschienen sie mit zwei Chinesen am Zopf wieder. Vor uns sahen wir auch nun nach den nächsten Schritten ein Wachtfeuerchen, an dem drei Kerle gehockt hatten. Einer war noch recht- zeitig ausgerissen und hatte das Boxernest allarmiert. Im Nu wurde es auf dem Höhen rücken rechts von uns und in den Thalbe- festigungen vor uns lebendig. Eine Kompagnie Sachsen schwärmte jetzt in unsere Schützen linie ein. unsere beiden Gebirgsgeschütze, die sofort hinter uns abgeprotzt waren, beschossen über uns hinweg den Turm. Bald kam nun auch der Befehl zum Sturm, und schon waren wir in der Boxerfeste. In Hophu blieben wir nicht lange. Maler Rocholl mußte nur noch schnell unsere zwei Gefangenen von der chinesischen Feldwache abkonterfeien, um die Aquarellbildchen Seiner Majestät dem Kaiser zu schicken. Der Kaiser muß schon eine ganz artige Sammlung von gelben Hallunken besitzen. Am 14. Januar waren wir wieder in Peking. Hier war der „Friede" inzwischen ein gut Stück weiter ge diehen. Vielleicht ist er nächstens ganz mann bar. Wir aber freuen uns, doch noch wenigstens ein kleines Gericht erwischt zu haben, wohl unser letztes. E» ist still, sehr still in unserem Tschili. Mörder des Hauptmanns Bartsch. In der Person eines jungen Chinesen ist der Verbrecher verhaftet worden, der den deutschen Hauptmann Bartsch meuchlings erschossen hat. Der Mörder ist geständig, er will die Tbat wegen einer angeblichen Mißhandlung durch den Officier begangen haben. Er heißt Howan und ist ein junger Bursche mit einer wahren Verbrecherphysiognomie, mit unverschämtem Benehmen und rohen Charakter. Er gesteht die That nicht nur rin, sondern rühmt sich ihrer noch. Er behauptet, der Hauptmann habe ihn auf dem Wege überholt; Howan, habe gegrüßt, aber Bartsch habe ihn im Vorbeireiten über den Kopf geschlagen. Darauf zog Howan, wie er weiter erzählt, eineu Revolver hervor, feuerte und rannte weg. Hauptmann Bartsch verfolgte ihn einige Schritte weit, aber sein Pferd bockte plötzlich: er wurde aus dem Sattel geworfen und stürzte in einen Graben. Das Pferd lief davon. Howan sing es aber mit Hilfe eines anderen chinesischen Spießgesellen — der gleichfalls verhaftet wurde — ein. Beide setzten sich daun auf das Pferd. Als sie später von der Polizei erblickt wurden, erschraken sie und ließen das Pserd entlaufen. Das Pferd wurde dann eingefangen. Rundschau. — Berlin, 17. April. Als heute Nach mittag in der katholischen Michaeliskirche eine Singprobe stattfand, erfolgte aus bisher unauf geklärter Weise eine Explosion. Das Kreuz gewölbe, der linke Seitenflügel und die Be dachung sind total zerstört, sämtliche Kirchen fenster und der Hintere Teil der Orgel zer- trümmert. Zwei Knaben und ein Soldat sind schwer verletzt. — Berlin. Der Kaiser wird auf seiner Reise nach Bonn dem König Albert von Sachsen in dessen Sommerresidenz Strehlen einen Besuch abstatten, um dem greisen König, welcher am 23. d. M. sein 73. Lebensjahr vollendet, persönlich seine Glückwünsche zu überbringen. Der Kaiser wird am 23. d. M. mittags in Dresden bez. Strehlen eintreffen und abends die Weiterreise nach Bonn an treten. — Berlin. Die Ehescheidungsklage der Frau Bankier Sternberg gegen ihren Ehe mann ist entgegen vielfacher Anzweifelung, wie von authentischer Seite berichtet wird, nunmehr eingebracht worden. Die Klage ist bei dem Landgericht Berlin II anhängig ge worden, da der Beklagte in Charlottenburg seinen Wohnsitz hat. — Deutschland sieht sich zum Zollkrieg mit Haiti genötigt. Diese Negerrepublik hat Frankreich Zollermäßigungen gewährt, die es Deutschland verweigert. Wahrscheinlich werden die aus Haiti kommenden Waren — Kakao, Kaffee, Blauholz — mit 100 Prozent Zu schlag belegt. — Am 1. Mai werden wieder Jubiläums- Denkmünzen ausgegeben. Es sind nachträg lich noch 360 000 Fünf- und 1 600 000 Zwei markstücke geprägt worden. — Hanau. Die Höhen des Taunus und des Rhöngebirges sind seit gestern mit Schnee bedeckt. — Kempen. Gewaltige Aufregung herrscht in der hiesigen Bevölkerung, nachdem ein be reits in den letzten Tagen kursirendes Gerücht, die Gewerbebank sei verkracht, zur Wahrheit geworden ist. Das Defizit beträgt nach vor läufiger Schätzung 280 000 Mk. Ausschließ lich kleinerer Leute, die ihre Ersparnisse bei der Bank hinterlegt hatten, sind die Be trogenen. Der Bankdirektor Thören soll ver fehlte Spekulationen gemacht und für den Aufsichtsrat angeblich besondere Bücher ge führt haben. — Der amerikanische Eisenring hat den Preis für Manganeisen um 4 Dollars herab gesetzt. Als Grund giebt er die deutsche Kon kurrenz an. Der deutsche Eisenmarkt wird dadurch noch mehr gedrückt werden. — Teplitz. Im nordböhmischen Kirchen bezirk sind in der ersten Hälfte dieses Monats abermals 176 Personen zur evangelischen Kirche übgetreten. — Rom. Im Dorfe Marianella bei Neapel gebar die siebzehnjärige Bäuerin Angelrosa Riccio Zwillinge, deren Rippen auf demRücken wie bei den Siamesischen Zwillingen zusammengewachsen sind. Alle übrigen Körper teile sind normal. Das Gewicht der Neu geborenen beträgt sechs Kilogramm, deren Größe 60 Zentimeter. Die Aerzte erklären die Kinder für lebensunfähig. — Kopenhagen. In 15 verschiedenen Branchen ist ein Arbeitskonflikt wegen des neueingeführten PreiSkourantS entstanden. Wenn nicht bis zum 20. April eine Ueber- einkunft getroffen ist, wird ein kolossaler Streik ausbrechen. China. Li-Hung-T schang's R olle als Unter händler scheint ausgespielt zu sein. Nach einem Telegramm der Londoner „Morning- Post" aus Shanghai verhandelt der englische Gesandte mit dem chinesischen Hofe nur noch durch den Vizekönig von Nanking. Li war schon wiederholt in Ungnade gefallen, doch hat er sich nie viel daraus gemacht, da er wußte, daß man im rechten Augenblicke seinen Rat wieder begehren werde. Peking. Auf die Vorstellungen Japans hat der chinesische Hof erwidert, es sei dem Kaiser unmöglich, nach Peking zurückzukehren, ehe nicht die Fremden das Land verlassen hätten. Peking. Die Gesandten berieten über die allgemeine Lage und über den Bericht des Grafen Waldersee über die militärischen Vorschläge. Endgiltiges wurde nicht beschlossen. Südafrika. Lord Kitchener meldet aus Pretoria: Während der Operationen Babington- über raschte die Kolonne des Obersten Rawlinson nordwestlich von Klerksdorp mit Tagesanbruch Smuts Lager. Sechs Buren wurden ge« tödtet, zehn verwundet und 23 gefangen ge nommen ; ein Zwölfpfünder, ein vollständiges Pom-pom-Geschütz, zwei Munttionswagen mit