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Wachen- und Nachnchtsdlati zugleich 8eschD-A«zeiser fiir Sshnüors, NsSlitz, Ber»sSsrf, Riisdorf, St. KBit», HeiimGrt, Rarima» u»d Mülft». Nr. 162. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. —— — —— «s. Jahrgang. — — — Sonntag, den 14. Juli 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtag») abend« für den folgenden Tag. Bierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer ö Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Pfennige. — viergespaltene Bekanntmachung. Nachdem Herr Kaufmann Gotthilf Heinrich Große hier zum Branddirektor hiesiger Stadt und Herr Feuerwehr-Kommandant Bürgerschullehrer Karl Richard Graupner hier zu dessen Stellvertreter Ratswegen ernannt worden ist, wird dies andurch bekannt gemacht. Lichtenstein, den 12. Juli 1889. Der Rat zu Lichteustei». Fröhlich. Sparkassen-Expeditronstage in Lichtenstein: Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Geschäftstage der Sparkasse zu Callnberg: Montag, Donnerstag und Sonnabend. Einlagen werden mit 3V.°/< verzinst, Zinsen für Ausleihungen möglichst billig vereinbart. Wochenschau. Es schweigt die auswärtige Politik nahezu voll ständig. Wenn in weiteren Kreisen ein Gegenstand auf diesem Gebiete Interesse erregt, so sind es nur die Verhandlungen zwischen dem deutschen Reiche und der Schweiz über die Handhabung der Schweizerischen Fremdenpolizei, die immer noch fortdauern. Der Konflikt dreht sich aber nicht mehr um den Fall Wohlgemuth, sondern um die Auslegung der Bestim mungen des Deutsch-Schweizerischen Niederlassungs vertrages. Fürst Bismarck hat in seiner letzten Note an den Bundesrat in Bern ganz entschieden betont, die Schweiz habe die Verpflichtung, von den Deutschen, welche sich in ihrem Gebiet niederlassen wollen, Aus weispapiere zu fordern. Der Bundesrat bestreitet, daß diese Verpflichtung bestehe und lehnt es ab, den deutschen Forderungen nachzukommen. Um diesen Punkt hat sich der Zwist zusammengezogen; was weiter geschieht, wird abzuwarten sein. Jetzt, in der heißen Zeit werden wohl kaum definitive Beschlüsse gefaßt werden. Aber die herrschende tiefe Stille hat die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" gerade benutzt, um eine Frage zu erörtern, die für unsere innere Entwickelung von großer Bedeutung ist. Das Blatt des Fürsten Bismarck ist auf das schon wiederholt gestreifte Thema zurückgekommen, welcher Einfluß militärischen Kreisen auf die allgemeine Politik zusteht und hat in sehr entschiedenen Worten ausgeführt, daß die letztere ganz unabhängig von den Wünschen jener Kreise sei, daß auch über Krieg und Frieden nur nach den Grundsätzen der allgemeinen Politik eines Staates entschieden wird. Es ist selbstverständlich, daß nach diesem Artikel die schon oft aufgetauchten Gerüchte von einer gewissen Rivalität zwischen dem Reichskanzler und dem Grafen Waldersee wieder laut geworden sind, aber man geht sicher fehl, wenn man annimmt, daß sich die Verhältnisse irgendwie zugespitzt hätten.^ Der Einfluß Fürst Bismarcks auf die Leitung der deutschen Reichspolitik ist ein so felsenfester, daß er nicht wird erschüttert werden können. Die Reise des Kaisers in Norwegen vollzieht sich ohne alle Störungen und im ganzen bei günstigem Wetter. Es steht fest, daß der Monarch gleich nach der Landung in Wilhelmshaven die Reise nach England antreten und Berlin vorerst nicht besuchen wird. Auch die gemeinsame Reise des Kaiserpaares nach Athen zu den im Oktober stattfin denden Hvchzeitsfeierlichkeiten des Kronprinzen von Griechenland scheint beschlossene Sache zu sein. In Deutsch-Ostafrika hat Neichskommissar Wiß mann den Ort Pangani besetzt. Die Araber haben aber einen Zusammenstoß gar nicht abgewartet, sondern den Ort bereits unter der Wirkung eines heftigen Bombardements geräumt. Einige Schwarze aus der Wißmann'schen Truppe sind verletzt. Die Aufständi- chen sind wohl zur Besonnenheit gekommen und lassen tch auf ein Handgemenge nicht mehr ein. Es läßt ich darnach hoffen, daß sich die Beruhigung ohne weitere wesentliche Verluste an Menschenleben voll ziehen wird. Auch auf Samoa gehen die Zustände ihrer definitiven Regelung entgegen. Die kriegführenden Parteien selbst haben Frieden geschlossen und die Wiedereinsetzung Malietoa's zum König scheint nahe bevorzustehen. Das Unwetter vom 12. Juli. Das am Freitag nachmittag nördlich über unsere Stadt hinziehende Gewitter, welches mit seinem blei grauen tiefgehendem Gewölk und dem unheimlichen Brausen drohendes Unheil verkündete, aber glücklicher weise uns nur den gewünschten Regen brachte, hat anderwärts, namentlich auch in der nächsten Umgebung ungeheuren Schaden angerichtct. Nachrichten aus St. Egidien, Kuhfchnappel, Rüsdorf melden, daß der Hagelfchlag, welchen das Unwetter brachte, unermeß lichen Schaden an Fensterscheiben, Dächern, Gärten und Feldfrüchten angerichtet hat; trostlos sieht das Getreide aus, alles so nahe der Ernte stehend, ist vernichtet und der Landmann schaut betrübt darein. In Hohenstein und Ernstthal hat das Hagelwetter ebenfalls fürchterlich gewütet, Bäume abgeknickt und entwurzelt und eine Unmasse Fensterscheiben zerschlagen. An der Albert'schen Fabrik in der Nähe des Bahn hofes sind sämtliche Glasdächer zerschlagen und der Betrieb mußte eingestellt werden. Auch hat der Sturm die Telegraphenleitung beschädigt. Die Größe der Hagelstücke waren wie Hühnereier. Dem hiesigen Stadt rat ging die Bitte zu, Glaser nach Glauchau zu senden. Nachstehend lassen wirnoch einige uns zugegangene Nach richten folgen: — Glauchau, 12. Juli. Heute nachmittag hatten sich dunkle Gewitterwolken unter rollendem Donner aufgetürmt. Niemand ahnte wohl, daß sich in kurzer Zeit eine Naturerscheinung abspielen würde, wie sie unsre Stadt in solcher Grauenhaftigkeit Wohl nur selten gesehen hat. Nachdem schon nach 4 Uhr das ununterbrochene Rollen des Donners und ein unheimliches Sauses und Pfeifen in der Luft ange zeigt, welch' eine elementare Gewalt die Herrschaft antreten will, brach eine Viertelstunde später ein Ge- wittersturm über unsre Stadt herein, dessen orkanar tige Wucht jeder Beschreibung spottet. Im Nu waren besonders die niedrig gelegenen Straßen überschwemmt, Bäume geknickt und ganze Teile von den Dächern ab gehoben. Ein Hagel prasselte nieder, wie er so leicht nicht wieder zu sehen sein dürfte. Nußgroße Schloßen fielen in dichten Massen nieder, fuhren direkt durch die Fensterscheiben bis in das Innerste der Häuser alles zerschlagend und verwüstend. Fast alle Straßen bieten besonders auf der Nordseite ein grauenhaftes Bild der Verwüstung, — Ziegel- und Glasscherben bede cken allenthalben das Pflaster — kurz die Gewalten des Himmels haben großes Unheil angerichtet und mancher der Betroffenen dürfte den heutigen „kritischen" Tag sobald nicht wieder vergessen. Kaum eine halbe Stunde und das Toben der Elemente war vorüber. Eine große Menschenmenge war später in den Straßen auf den Beinen, um das Bild der Zerstörung zu be trachten. Vieler Mittel und emsiger Thätigkeit wird es be dürfen, um den angerichteten Schaden wieder auszubessern. — Waldenburg, 12. Juli. Ein entsetzliches und auch in seinen Wirkungen unheilvolles Wetter zog heute nachmittag gegen ^/«5 Uhr über unsere Stadt. Um diese Zeit wurde es thatsächlich finstere Nacht und nicht lange währte es, so fielen vereinzelte Schloßen' denen bald ein so fürchterliches Schloßenwetterfolgte, daß wohl die ganze hoffnungsvolle Ernte vernichtet ist. Die Schloßenstücke waren zum teil größer als Hühnereier. Die Bäume sind völlig entlaubt und von einer Obsternte kann nicht mehr die Rede sein. Hohe weiße Schloßenschichten bedecken die Fluren und Straßen; tausende von Fensterscheiben sind zerschlagen. DaS Unglück läßt sich in seiner ganzen Ausdehnung vorläufig noch gar nicht übersehen. Die ganze Gegend bietet ein Bild der größten Verwüstung. Das Un wetter währte nicht länger als eine Viertelstunde. — Mee raue, 12. Juli. Heute nachmittag gegen sts5 Uhr ging ein schweres Gewitter über unserer Stadt nieder, welches zeitweise eine derartige Finsternis hervorrief, daß man genötigt war, in den Wohnungen Lampen anzuzünden. Den zahl reichen grellen Blitzen folgten krachende Donner schläge oft auf dem Fuße, und nach kurzer Zeit stellte sich auch einwolkenbruchartiger sturmgepeitschter Regen mit starkem Hagelschlag ein, infolgedessen im Nu alle Straßen dicht mit den Hagelkörnern bedeckt waren, unter denen sich viele von Taubeneiergröße (!) befanden. Die ganze Luft war mit dem sturm gefegten Wasser wie mit einer einzigen Wolke erfüllt, man konnte es eigentlich nicht mehr regnen nennen, und in den Straßen schossen wahre Ströme dahin, welche unsere beiden Bäche binnen ganz kurzer Zeit in reißende Ströme verwandelten, welche Bäume und Sträucher mit sich führten und den Altmarkt und Merzenberg sts Meter hoch überfluteten, so daß die dortigen Fabriken vollständig abgeschnitten waren. Zahllose Fensterscheiben sind vom Hagel zerschlagen, alle Straßen mit zertrümmerten Dachziegeln bestreut. Auf dem Schützenplatz hat das Unwetter die seitlich gelegenen Bretterbauten vollständig demoliert und das Dach derselben zum teil auf das Dach der Rudolf'schen Fabrik entführt. Es wird großer An strengung bedürfen, die zertrümmerten Logen für das am Donnerstag beginnende Vogelschießen wieder fertig zu haben. Der Schaden ist bedeutend. — Altendorf, 12. Juli. Heute nachmittag überzog unsere Gegend ein Schloßenwetter. Die Schloßen hatten einen Durchmesser von 2—3 cm Zum Glück hielt das Wetter nicht so lange an, so daß der Schaden an den Feldfrüchten mäßig ist. Be sonders das anstehende Kraut und die Rüben haben arg gelitten. Das Wetter soll auch in Borna ange- trosfen haben. Im Ober- und Mitteldorf sind ein zelne Fensterscheiben zerschlagen. Ziemlich große Neste, die unter den Bäumen liegen, zeigen, mit welcher Kraft die Hagelkörner gefallen sein mögen. Tagesgeschichte. — Bei der dies Jahr ungewöhnlich heiß auf tretenden Temperatur ist die allgemeine Desinfektion der Aborte, Senkgruben, Ausgüsse u. s. w. ein unab weisbares Erfordernis, soll Epidemien und schweren Krankheiten vorgebeugt werden. Zunächst ist diese Desinfektion Pflicht der Hausbesitzer und deren Ver treter, es liegt aber auch im Interesse jedes einzelnen Mieters, dazu beizutragen, den allgemeinen guten Ge sundheitszustand zu erhalten, zumal die Kosten ganz unbedeutende sind.