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MmMckliHMM Wochen- und KachnchlMntl zugleich 8tWB-AWM für Höhndorf, Wdlih, Lernsdorf, WSors, St. 8«iöicn, heinichsort, Roriexoii imi> Rulsk». Amtsblatt für den Stadtrat zn Lichtenstein. — — SS. Jahrgang. ———— — Nr. 112. Mittwoch, den 15. Mai 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden' Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer ö Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Karserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Naum mit 16 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. TagesgeschichLe. — Selten wird zum Pfingstfeste die Natur ein so sommerliches Gewand tragen, als in diesem Jahre, in welchem Pfingsten erst ans Ende des ersten Drittels vom Heumouat füllt. Wenn nicht ganz besonders lange Pausen rauher Witterung auf die durch die gegenwärtige Wärme außerordentlich beförderte Ent wickelung der Pflanzenwelt einen hemmenden Einfluß üben", blühen diesmal zum lieblichen Pfingstfeste statt des Hollunders die Rosen. So wird sich denn auch dementsprechend die Schönheit der Natur auf alle die Glücklichen bewähren, denen eine fröhliche Pfingstreise vergönnt ist. Und daß es solcher Glücklichen immer recht viele sein mögen, dafür pflegt in jedem Jahre unsere Staatseisenbahnverwaltung Sorge zu tragen, indem sie jene Extrazüge nach Dresden verkehren läßt, welche mit ihren außergewöhnlich billigen Fahrpreisen Tausenden in der Provinz die einzige und deshalb um so willkommenere Gelegenheit im ganzen Jahre bieten, eine Reise zu unternehmen. Auch in diesem Jahre werden diese Pfingstextrazüge verkehren und zwar soviel für jetzt feststeht, sollen von Plauen i. V., Reichen bach i. V., Zwickau und Glauchau, ferner von Chemnitz und Hainichen, von Leipzig und endlich von Görlitz, Zittau und Reichenberg solche Extrazüge nach Dresden verkehren. Den zahlreichen Interessenten wird diese vorläufige Notiz genügen. — Die diesjährige Bußtagskollekte in Sachsen, deren Höhe sich noch nicht fest' bestimmen läßt, weil noch mehrere Bezirke noch nicht ihre Erträge abge liefert haben, wird in ihrem Ertrage das Vorjahr, wo 13939 Mk. eingegangen waren, voraussichtlich um ein Erhebliches übertreffen. Bestimmt zu rechnen ist auf einen Gesamtertrag von 17000 Msi, welcher durch die Hochherzigkeit eines ungenannten Freundes der inneren Mission in Dresden um weitere 2000 Mk. erhöht worden ist, sodaß, nach Abzug der Kosten für Druck und Versendung des Flugblattes mindestens 18000 Mk. zur Verteilung kommen können. Nach den sorgfältig erwogenen Vorschlägen des Direkto riums des Landesvereins für innere Mission, welche ohne jeden Widerspruch von der Mitgliederversamm lung genehmigt wurden und nur noch der Zustim mung der obersten Kirchenbehörde bedürfen, sollen 34 Anstalten und Vereine der inneren Mission aus diesem Ertrage unterstützt werden. Es sollen er halten: Der Landesverein für innere Mission, welcher infolge des Rückganges feiner Mitgliederzahl erheblichen Zuschusses bedarf, 1170 Mk.; die Dia- koniffenanstalt, die Diakonissenbildungsanstalt in Gorbitz; der Schristenverein und die unentgeltliche Schriftenverbreitung je 900 Mk.; die Herbergen zu Bischofswerda und Radeberg zum Neubau, die Her bergen zu Pausa und das Äettungshaus in Bran dis zum Hauskauf, das Ret.ungshaus Raschau bei Oelsnitz zu Neubau je 720 Mk.; die Herberge zu Radeburg, die Kleinkinderschulen zu Seidan bei Bautzen und zu Leisnig zum Neubau je 630 Mk; die Magdalenenhilfsvereine zu Dresden und Leipzig, die Herbergen in Colditz zum Hauskauf und in Ebersbach bei Löbau zum Neubau, sowie das Bethlehemstift in Bad Elster zum Neubau je 540 Mark; die Herberge in Mittweida zum Neubau 450 Mk., die Herberge in Neustadt bei Stolpen zum Neubau, die in Rochlitz und Marienberg zu den Kaufkosten, die in Plauen zur Erweiterung, die Mägdeherberge in Pirna zur Einrichtung, die Gemeindediakonie in Pirna, Falken stein und Bernstadt zur Einrichtung, die Kleinkinder schule in Bernsdorf bei Cemnitz zum Neubau je 360 Mark, die deutsche Seemannsmission 270 Mk., die Unterstützungskasse für Berufsarbeiter der inneren Mission, die Herberge in Schandau, das Rettungs haus zu Neukirch am Hochwald zum Neubau und die Mägdeherberge in Zwickau zur Schuldentilgung je 180 Mk. Außerdem werden noch den Herbergen zu Radeburg, Colditz und Frankenberg Beihilfen von je 350 M. gewährt aus dem Geschenk eines ungenann ten Freundes, dessen ursprünglicher Betrag von 30 000 Mark nunmehr erschöpft ist. Um die Erwerbung der Mitgliedschaft beim Landesverein, welche jetzt nur bei Gelegenheit der Jahresversammlung erfolgen kann, zu erleichtern, ist beabsichtigt, eine Aenderung der Satzun gen herbeizuführen nach der Richtung, daß der Vor stand jederzeit Anmeldungen zum Beitritt annehmen kann. In der letzten Mitgliederversammlung wurden 26 neuangemeldete Mitglieder ohne Widerspruch auf genommen. Es ist dringend erwünscht, daß dem Landesvereine Mitglieder aus allen Ständen beitreten. — Zehn Zahlen aus der Entwickelungsgeschichte des Köngreichs Sachsen unter der Herrschaft der Wet tiner. Das jetzige Königreich Sachsen ist aus der Markgrafschaft Meißen hervorgegangen und umfaßt im Wesentlichen auch ihr Gebiet. Unter Konrad von Wettin (1123) gelangte die Mark Meißen, welche an fangs durch Markgrafen aus verschiedenen Geschlech tern verwaltet wurde, erblich in die Hände der Gra fen von Wettin. Diese erbten nach dem Tode des Heinrich Raspe (1247) auch die Landgrafschaft Thü ringen. Nach dem Aussterben der Kurfürsten von Sachsen-Wittenberg erhielten sie das Herzogtum Wit tenberg mit der Kurwürde (1423). Infolge dessen waren die Wettiner gegen Ausgang des Mittelalters durch die Größe ihres Landbesitzes und besonders durch den Sstberreichtum ihrer Berge das mächtigste Geschlecht in Norddeutschland und wohl geeignet zur Führung der Protestanten. Im Jahre 1485 wurde der ganze Bffitz unter die Brüder Ernst und Albert geteilt. Die Ai berliner besaßen den kleineren Teil mit der Haupfftadt Dresden. Der Schmalkaldische Krieg brachte aber (1547) den größten Teil der ernesti- nischen Lande, insbesondere Torgau und Wittenberg und damit die Kurwürde, an jene. Bei der Teilung der Grafschaft Henneberg (1583) gelangte der Bezirk Schleusingen am Thüringer Walde, und 1635 die von Oesterreich abgetretene Lausitz in ihren Besitz. Im Jahre 1697 irat Kurfürst August II (der Starke) zur römisch-katholischen Kirche über, um die Krone Polens zu gewinnen; diese Verbindung mit Polen hat aber Sachsen wenig zum Segen gereicht. Der Königstitel wurde 1806 angenommen, das Gebiet aber 1815 um mehr als die Hälfte geschmälert. — Die drei gefürchteten Eismänner Mamertus, Paneratius und Servatius sind glücklich vorüberge gangen, ohne den an diesen Tagen oft beobachteten Frost im Gefolge gehabt zu haben, im Gegenteil war auch an diesen Tagen die Temperatur überaus warm und mild, so daß die Entwickelung in der Natur wiederum wesentliche Fortschritte gemacht hat. Der Landmann ist mit dieser Witterung außerordentlich zufrieden, er kann die noch rückständigen Feldarbeiten beendigen. — Dresden, 11. Mai. Das „Dr. Journ." schreibt: Zur Zeit fehlt es an einem königl. sächsischen Staatswappen. Durch königl. Verordnung vom 29. Dezember 1806 war verfügt worden, daß die in Sr. Majestät Namen ausfertigenden Kollegia „vor der Hand und bis auf weitere Anordnung" des herzoglich sächsischen Wappens sich bedienen sollen. Seitdem sind nur einzelne geringe Aenderungen an diesem Wappen eingetreten. Auf Befehl Sr. Majestät des Königs ist nunmehr ein königliches Staatswappen festgestellt worden, welches zu dem bevorstehenden Jubiläum des Hauses Wettin zur Einführung gelangen soll. Das Verlagsrecht hat die Firma Giesecke u. Devrient in Leipzig übertragen erhalten, welche den Vertrieb noch vor dem Feste eröffnen wird. — Zwickau, 12. Mai. Im festlich beflaggten Gewandhaus ging heute abend vor vollem Hcmse „Luther", ein kirchliches Festspiel in volkstümlicher Aufführung von Dr. Hans Herrig, erstmalig in Szene. Das Stück zerfällt in folgende Abteilungen: Vorspiel. — Luther in der Erfurter Klosterzelle. — Luther schlägt die Thesen an. — Luther rüstet sich zum Kampfe wider den Papst und verbrennt die Bann bulle vor dem Elfterthore zu Wittenberg. — Luther im Johanniterhause zu Worms. — Reichstag zu Worms. — Luther auf der Wartburg, die Bibel über setzend. — Luther und die Bilderstürmer. Luther auf dem Markte zu Zwickau predigend. — Luther im Kreise der Seinen. — Nachspiel. Personen des Zwi schenspiels sind: Der Ehrenhold, Martin Römer, Zwickauer Ratsherr, welcher in hiesiger Marienkirche beigesetzt und der Ahnherr des noch blühenden Ge schlechts von Römern ist. Sprechende Personen der Handlung sind unter anderem: Luther, Staupitz, Studenten, Ritter, Melanchthon, Kaiser Karl V., Sprecher und Herolde des Reichstages, Georg von Sachsen, Philipp von Hessen, Friedrich der Weise, Feig von Braunschweig, Haus von Berlepsch, Käthe, Bilderstürmer, Schwärmer re. Stumme Personen: Luther's Kinder, Wittenberger S'udenten und Bürger, Kardinale, Bischöfe, Aebte, Ordensgeistliche, deutsche und spanische Edelleute, Landsknechte, Edelknaben, Trompeter, Zwickauer Bürgersleute usw. Die Auf führung machte einen gewaltigen Eindruck und wurde stürmisch applaudiert. Darsteller und Sänger sind großartig in ihren Leistungen, in denen sie völlig auf gehen. Die Pracht der Kostüme und Dekorationen ist einzig und verrät die schaffende, anordnende Hand des Künstlers. Noch nie ist in Zwickau Gleichartiges ge boten worden. Die hiesige, den weitesten Kreisen zu empfehlende Luther-Aufführung gehört zu den vollen detsten ihrer Art. —* Nächsten Sonntag abend 5 Uhr wird das berühmte Luftschifferpaar Securius und Frau in Hohenstein eine Luftballon-Auffahrt veranstalten. — Wildenfels. Am Donnerstag abend starb im hiesigen Schlosse die 13si4 Jahre alte Gräfin Anna Elisabeth zu Solms-Wildensels an Diphteritis. — Als ein seltenes Naturspiel ist zu berichten, daß bei einem Hausbesitzer in Steinbach vor 10 Tagen eine Ziege geboren worden ist, bei welcher das Fell vollständig haarlos ist. Das Tier befindet sich auch ohne diesen natürlichen Schmuck ganz wohl und munter. — Im Colbitzer Walde sind bis jetzt bereits 79 Kreuzottern gefangen und zum größten Teil gegen 1 Mark Prämie abgeliefert worden. — In Oschatz ist am Donnerstag während eines Gewitters der dortige Windmüller vom Blitze getroffen und sofort getötet worden in dem Angen blicke als er die Fenster der Mühle schließen wollte. Das Gebäude ist unberührt geblieben. 8 Halle, 13. Mai. Der größte Teil der be rittenen Gendarmen ist nach Westfalen abkomman diert. Vom 15. Mai ab werden wegen Kohlenmangel 24 Züge eingestellt. 8 Essen a. R., 13. Mai. Der „Rhein.-Westf. Ztg." zufolge, hatte die Erklärung des bergbaulichen Vereins, welche schon Sonntags in allen Zechen des Oberbergamtsbezirks angeschlagen worden war, bisher keine Wirkung, vielmehr haben mit verschwin denden Ausnahmen auch die Belegschaften der Zechen des Essener Reviers heute die Arbeit niedergelegt. Die Zahl der Streikenden beläuft sich jetzt auf