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Wocien- und KachrichlsblaU zugleich 8eschD-AiizeiM ßr Sohnilorf, Uhlitz, Bcriisilorf, RüsSarf, Zt. KOieil, SeimiOttl, Raritiilni md Msen. Amtsblatt Mr den Stadtrat zu Lichtenstein. —— ——-—- SN. Jahrgang. —— —— — Nr. 109. Sonnabend, den 11. Mai 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Tagcsgeschichte. *— Lichtenstein, 10. Mai. Wie wir hören, ist als der Urheber des Brandes am letzten Sonntage im herrschaftlichen Rümpfwalde der beim Dämpfen des Feuers mit beschäftigt gewesene Weidhaas aus Mülsen St. Micheln ermiltelt und heute in Haft ge nommen worden. -- Die Erinnerung an die Maiereignisse vor 40 Jahren, im Jahre 1849, bringt auch manche inte ressante Ereignisse jener Zeit wieder in den Vorder grund und auf die Bildfläche der Gegenwart. Die Zeitungsnotiz, daß der Prinzregent von Braunschweig kürzlich der bekannten Schriftstellerin Claire v. Glümer eine Praebende im Set. Aegidienkloster, einem Pro testantischen Fräuleinsstifte zu Braunschweig, verliehen habe, ruft die Reminiszenz an eine romantische That genannter Dame aus jener bewegten Zeit wach. Claire v. Glümer, welche schon während des Frank furter Parlamentes eine litterarische Thätigkeit ent wickelt und z. B. die „Parlamentsbriefe" für die „Magdeburger Ztg." geschrieben hatte, hörte mit Schrecken, daß ihr Bruder als Barrikadenkämpfer in Dresden verwundet und gefangen worden sei und daß er seine Strafe auf der Festung Königstein zu ver büßen habe. Ihn zu befreien, war von nun an das einzige Ziel der mutigen Schwester. In Männer kleidern kam sie bei einem Lebensmitteltransport mit in die sonst so schwer zugängliche Festung. Und auch in die Zelle des Bruders verstand sie Einlaß zu be kommen. Sie wechselte mit demselben die Kleidung, er entkam glücklich, sie selbst blieb im Gefängnis zurück, König Friedrich August ließ Gnade für Recht ergehen, das tapfere Mädchen wurde freigelassen, mußte aber außer Landes gehen. Erst König Johann gestattete ihr die Rückkehr nach Sachsen. Eine blei bende Erinnerung an jene Nacht im Gefängnis blieb ihr — sie hatte graue Haare bekommen. — Die Turner und Turnsreunde Sachsens und der Nachbarstaaten werden nach München, in welcher Stadt in diesem Jahre das 7. Deutsche Turnfest statt findet, in zwei Sonderzügen fahren. Die Fahrt geht von Dresden über Hof und Regensburg. Der erste Zug verläßt am 19. Juli Dresden, der zweite am 26. Juli. In Bezug auf die Fahrpreise, die Giltig keitsdauer der Fahrkarten, die Benutzung der Schnell züge usw., werden wiederum die günstigsten Bedin gungen zugestanden. Nach den uns vorliegenden Mel dungen scheint sich dieses Fest zu einem glänzenden zu gestalten. Dem Kostenvoranschlag zu dem Fest von 280 000 Mk. wird die voraussichtliche Einnahme von 286 000 Mk. bei der angenommenen Beteiligung von 18 000 Turnern gegenüber gestellt. — Dresden, 7. Mai. Das „Dresdn. Journ." veröffentlicht folgende amtliche Bekanntmachung: „Se. Majestät der König haben aus Anlaß der bevorste henden Feier des 800jährigen Regentenjubiläums allerhöchstseines Hauses beschlossen, einen außerordent lichen Landtag auf den 12. Juni dieses Jahres in die Residenzstadt Dresden einberufen zu lassen. Aller höchstem Befehle gemäß wird solches und daß an die Mitglieder der beiden ständischen Kammern noch be sondere Missiven aus dem Ministerium des Innern ergehen werden, hierdurch zur öffentlichen Kenntnis gebracht." — Dresden, 9. Mai. Ihre Majestäten der König und die Königin kehrten heute von Sibyllenort wieder nach Dresden zurück. — Am Sonntag, 12. Mai, findet von nachm. 4 Uhr an in der Hauptkirche zu Glauchau eine von dem Kantor Reinhold Finsterbusch veranstaltete und von diesem um das Musikleben genannter Stadt hoch verdienten, bewährten Musiker auch geleitete geistliche Musikaufführung zum Besten der dortigen „Luther- stiftung" statt. Zur Aufführung kommt der „Elias", Oratorium in 2 Teilen von Mendelssohn Bartholdy. Als Solisten wirken mit Frau Melitta Otto-Alvsleben, königl. sächsische Kammersängerin, Frau Julie Müller- Bllchi, Konzertsängerin aus Dresden, Benno Köbke, Herzog!, sächsischer Kammersänger aus Halle, Eugen Hildach, Konzertsäuger aus Berlin. Der Chor wird von 150 Sängerinnen und Sängern gebildet. Das Orchester stellt das auf 45 Mann verstärkte Glauchauer Stadtmusikchor. — Kuhschnappel, 9. Mai. In nicht allzu- feruer Zeit dürfte dem Zöblitzer Serpentinstein ein Konkurrent durch einen in unserm Ort in bedeutender Menge vorhandenen ähnlichen Stein erwachsen. Der geschliffene und polierte Stein dürste auch dem Zöb litzer sehr wenig oder auch gar nicht nachftehen, wie ein sehr sauber gearbeiteter 22 Pfund schwerer „Ci garrenabschneider zur Genüge beweisen wird, der in der Bahnhofsrestauration zu St. Egidien zur Benutzung steht und dessen unterer Teil aus Kuhschnappler Ser pentin besteht. — Hohenstein, 8. Mai. In seiner letzten Delegiertenversammlung beschloß der Erzgebirgische Gauverband der Gewerbevereine, welchem auch der hiesige Gewerbeverein angehört, ein Gesuch an den Staatssekretär des Rcichspostamts, Dr. Stephan, um Einführung einer 30-Pfennig-Marke zu richten. Be gründet wurde dieses Gesuch auf folgendes: Einmal hat das Publikum Nutzen, weil es nicht mehrere Marken aufzukleben braucht, zum anderen aber auch die Post beamten. Unterm 17. April ist aber eine abschlägige Antwort eingegangen, weil durch Einführung einer neuen Marke der Post namhafte Erschwerungen er wachsen würden. — Waldenburg, 9. Mai. Heute mittag 12 Uhr traf Se. Durchlaucht Fürst Heinrich XXII. Reuß- Greiz nebst hoher Gemahlin zum Besuche am Fürst lichen Hofe hierselbst ein. Hochdieselben reisten heute abend bereits wieder nach Greiz zurück. — Bei dem heute nachmittag in hiesiger Gegend aufgetretenen Gewitter schlug der Blitz in die nahe der Schäferei in Altwaldenburg stehende Pappel und splitterte mehrere Aeste ab; ferner schlug der Blitz in Dürrenuhls dorf in den Winter'schen Gasthof und richtete mehr fachen Schaden an den Mauern und am Dache, das teilweise abgedeckt wurde, an, ohne indessen glücklicher weise zu zünden. — Limbach, 8. Mai. Kaum hat das Baden in Flüssen und Teichen begonnen und schon hat das Wasser im nahe gelegenen Orte Oberfrohna ein Opfer gekostet. Der 14 Jahre alte Spuler Pfau ertrank am 5. Mai nachmittags in einem bei genanntem Orte gelegenen und mit Wasser gefüllten Steinbruch. Die an dem Ertrunkenen angestellten Wiederbelebungsver suche blieben erfolglos. — Wittg ensdo rf, 7. Mai. Der Handarbeiter Drechsel, hier wohnhaft, welcher am 7. Mai vor dem im Anzüge befindlichen Gewitter in einer Hausflur in Glösa mit einem unbekannten Handwerksburschen Schutz gesucht hatte, wurde vom Blitz getroffen, ge lähmt und betäubt, so daß er mittelst Geschirrs nach seiner Wohnung transportiert werden mußte. Der unbekannte Handwerksbursche wurde betäubt, konnte aber nach kurzer Zeit seine Weiterreise fortsetzen. — Das Schicksal der unglücklichen Elsa Günther aus Schneeberg beschäftigt noch lebhaft die Gemüter. Kürzlich wurde der Vater derselben, Gendarmeriebri gadier Günther, durch den Staatsanwalt nach Chemnitz gerufen. In einer Chemnitzer Pfandleihanstalt wurden nämlich die dem Kinde geraubten Gegenstände ermittelt. Eine Frau soll in Haft genommen sein. — Schwarzenberg, 8. Mai. In der Frei- tag'schen Holzschleiferei zu Wildenau kam in voriger Woche der Arbeiter Bach aus Raschau dem gangbaren Zeug zu nahe, wodurch er von einer Welle erfaßt und mehrere Male herumgefchleudert wurde. Dem Bedauernswerten wurde der linke Arm zerquetscht. — Aus der Lößnitz, 7. Mai. Am Sonntag fuhr an der Niederwarthaer Elbbrücke infolge starken Nordostwindes ein größeres Floß auf den Steindamm und konnte erst am Montag wieder flott gemacht werden. Am Montag früh 4 Uhr havarierte an der selben Brücke infolge großen plötzlich eingetretenen Nebels durch Anfahren an den Brückenpfeiler ein mit Kohlen fahrender Kahn. Der Kahn ist mit Ladung vollständig gesunken und liegt leider in der Fahrbahn, deren Freilegung hoffentlich bald gelingt. — Am Dienstag wurde in Niedergrund jener Mann begraben, welcher sich neulich bei Mittelgrund in selbstmörderischer Absicht von seinem Kahne aus, nachdem er sich mit vielen Steinen behangen, in die Elbe gestürzt hatte. Trotz eines Quaderstückes, das noch mittels Seiles am Körper befestigt war, war der Leichnam doch die etwa 5 irm lange Elbstrecke fortgetrieben worden. — Einen seltenen Besuch hatte am Sonntag der Rentier Krusche in Kötzschenbroda, welcher früher Besitzer des Bahnhofshotels dafelbst war, zu ihm kam ein Landstreicher mit der Bemerkung: „Der jenige, welcher Ihnen vor etwa 20 Jahren die 200 Thaler und Wertsachen durch Einbruch entwendet hat, bin ich, und wollen Sie mich arretieren lassen, denn mein Gewissen läßt mir keine Ruhe, ich kann so nicht sterben." Da alle Einzelheiten über den Einbruch genau stimmten, so konnte kein Zweifel sein, daß der Strolch wirklich der Verbrecher sei. Da Krujche aber die Verhaftung ablehnte und den Strolch ersuchte, schleunigst das Weite zu suchen, so erwiderte dieser: „Dann geben Sie mir wenigstens noch 50 Pfennige zum Fortkommen." Er erhielt diese noch und verschwand. — Namenloses Herzeleid ist in den jüngsten Tagen über eine höchst achtbare Familie in Groß rückerswalde gekommen. Als am Donnerstag abend die Ehefrau des Gutsbesitzers B. die mit Petroleum ge füllte Hängelampe ausblasen wollte, um sich zur Ruhe zu begeben, explodierte dieselbe und im Nu glich die be klagenswerte Frau einer förmlichen Feuersäule. Dabei erhielt sie aber derartige Verletzungen, daß sie Freitag früh ihren qualvollen Leiden erlegen ist. Der Ehe mann, welcher seiner Frau zu Hilfe geeilt war, er hielt ebenfalls schwere Brandwunden, so daß er zur Zeit noch in größter Lebensgefahr schwebt. Wiederum eine ernste Mahnung, beim Auslvschen derartiger Lam pen die peinlichste Vorsicht zu beobachten. ß. In Wickrath bei Neuß schlug am Sonntag nachmittag der Blitz in die Kirche ein, welche fast bis auf den letzten Platz gefüllt war. Eine Frau wurde sofort getötet, acht Personen wurden schwer, viele andere leicht verwundet. Z Naumburg a. d. S., 8. Mai. In dem nahen Dorfe Goseck ist wieder einer der Veteranen aus den napoleonischen Kriegen zur „großen Armee" abberufen worden. Der 98str Jahre alte Invalid Rockstroh, der mit den Sachsen unter Napoleon nach Rußland gezogen war, ist, nachdem er noch die dia mantene Hochzeit im Kreise vsn Kindern, Enkeln und Urenkeln hatte feiern können, gestorben.