Volltext Seite (XML)
MiMMMWM Wochen- nnd Nachnchtsblal! zugleich AWs-Anzeiger siir HshnSorf, RLRitz, Pkri^orf, UMrf, st. KOieii, HtiUichsorl, Mniitna« M Riilseii. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. — — LS. Jahrgang. — — Nr. 103. Sonnabend, den 4. Mai 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer S Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespalten« Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Auktion. Son«abe«d, dm 4. Mai 1889, vormittags 11 Nhr sollen im Ratskeller hier einige getragene Kleidungsstücke, ein Winterrock, ein Sommerrock, sowie eine Baumsäge gegen Barzahlung versteigert werden. Lichtenstein, den 2. Mai 1889. Oeser, Gerichtsvollzieher. ÄekMrttmachuvg. Es werden hiermit die in Betreff der Düngerabfuhre allhier bestehenden Be dingungen zur genauen Befolgung bekannt gemacht. 1. Die Herausschaffuug des Düngers auf die Gassen und Straßen darf nur in den frühen Morgenstunden geschehen. 2. Aller aus den Gehöften auf die Gassen und Straßen der Stadt gebrachte Dünger ist längstens bis vormittags 10 Uhr desselben Tags abzufahren. 3. Die Abfuhre von Dünger und Jauche darf nur in dichten, dem Abfluß von Flüssigkeiten auf die zu passierenden Straßen nicht zulassenden Wagen, resp. Fässer, erfolgen. 4. Die Plätze vor den Häusern oder Gehöften, auf welche der Dünger behufs der Abfuhre geschafft worden ist, sind sofort nach der Abfuhre sorgfältig zu reinigen. 5. Zuwiderhandlungen gegen eine der vorstehenden Bestimmungen werden mit Geldstrafe bis zu zwanzig Mark oder verhältnismäßiger Haststrafe geahndet werden. Lichtenstein, den 2. Mai 1889. Ter Rat zu Lichtenstein. Fröhlich. Kurze Rundschau der letzten Tage. Der Kaiser hat am Dienstag in Berlin die Ausstellung für Unfall-Verhütung eröffnet. Diese Ausstellung ist ein bedeutsames Moment für die gesamten Anschauungen, die Volk und Regierung den ihnen gestellten Aufgaben der heutigen Zeit gegen über an den Tag legen. Der Kaiser hat es in seiner Rede bei der Eröffnung ausgesprochen, daß die Aufgabe unserer Zeit nicht zum wenigsten darin zu bestehen habe, demjenigen, der sich im Schweiße seines Angesichts sein Brod erwirbt, Schirm und Schutz bei seiner Arbeit zu gewähren. In Oester reich ist man noch einen Schritt weiter gegangen, und sucht den Arbeiter nicht allein in Leben und Gesundheit, sondern auch vor der Ausnutzung zu bewahren. In dem nunmehr beendeten Streik der Wiener Tramwey-Kutscher traten Staat und Ge meinde auf die Seite der Kutscher, so daß die Ge ¬ sellschaft unter dem teils direkten, teils moralischen Druck sich genötigt sah, mit den Streikenden Frieden zu schließen, unter Bedingungen, welche den allge meinen Forderungen von Recht und Billigkeit ent sprechen. Recht und Billigkeit hat auch Boulanger verheißen, für den Fall, daß er in Frankreich zur Herrschaft gelangen sollte. Natürlich versteht der brave General darunter unter anderen auch die Herausgabe von Elsaß-Lothriugen an Frankreich und da er wohl weiß, daß Deutschland so ohne weiteres die alten deutschen Lande nicht herausgiebt, macht er kein Hehl daraus, daß es einen kleinen Krieg geben wird, an welchen Frankreich nach dem bekannten Ausspruch Gambetta's immer denken, aber von dem es niemals sprechen solle. Das künftige Oberhaupt glaubte sich jedoch berechtigt, von dieser Regel eine Ausnahme zu machen, indem es dem Correspoudenten eines englischen Blattes gegenüber sein volles Herz ansschüttete und dabei so laut an die Revanche „dachte", daß auch das taubste Ohr da heraus den grollenden Kanonendonner vernehmen konnte. Be merkenswert bleibt auch die tiefe Verbeugung, welche Boulanger bei dieser Gelegenheit machte. Dieses soll nun einmal der natürliche Bundesgenosse unseres westlichen Nachbarn sein, wenn er sich erhebt, um den Frankfurter Frieden für null und nichtig zu er klären. Boulanger findet, daß Frankreich und Ruß land das gleiche Ziel haben, und das kann doch nur darin bestehen, Deutschland zu befehden, um ihm seine Weltmachtstellung zu entreißen. Wenn auch nicht gegen Deutschland selbst so führt doch bereits gegen das Deutschtum die russische Regierung einen solch erbitterten Krieg, wie er in der Geschichte schwerlich seines gleichen finden dürfte. Die Unter drückung der Rigaer Zeitung ist unter vielen andern ein Zeichen dafür, mit welcher Barbarei und welchem Haß die russische Regierung gegen alles, wes deutsch heißt, vorgeht. Aber es ist immer eine innere Angele- Dl e Billa am Rhein. Original-Novelle von Mary Dobson. (Fortsetzung.) Wie gern wäre ich an Deiner Seite, wo auch in all' Deiner Trübsal mein Platz hätte sein sollen, allein Du weißt, es ist nicht möglich, und wir müssen uns dem Unabänderlichen fügen. So Gott will, werden wir uns im Frühling Wiedersehen. Mit herzlichen Grüßen für Euch alle Deine treue Mutter M. Waldheim." Elisabeth's Hände sanken mit dem Briefe in den Schooß und sinnend richtete sie den Blick in die Ferne hinaus. Endlich sagte sie in bewegtem Tone zu ihrer Freundin: „Wie gut meine Mutter ist, Hermine, und welche Opfer sie mir und den Kindern bringt! — Wer aber, wer hätte vor wenigen Jahren, als der reiche Bankier sich mit der armen Lehrerin und Tochter der unbemittelten Beamtenwitwe verlobte, gedacht, daß Tage wie diese noch einmal kommen würden! Und wer weiß noch, wie es mit uns wird?" fügte sie seufzend hinzu. „Gronau und Albrecht sagten mir noch gestern, daß es ihnen erwünscht sei, eine bestimmte Summe in Händen zu haben, und für den Augenblick wußte ich nicht, woher ich sie nehmen sollte. Nun kommt mir glücklicherweise meine Mutter zu Hülfe." „Elisabeth, nimm doch das Geld, welches Du nnd Deine Mutter mir gegeben, wenigstens einst weilen zurück!" bat dringend die Freundin. „Hermine, kannst Du wirklich glauben, daß ich das jemals thun würde?" rief lebhaft die junge Witwe. „Nein, nein, lieber verkaufe ich die Villa mit der wertvollen Einrichtung und gebe sie eben falls für den Namen Eschenbach hin! Für mich und meine beiden Kinder wird auch eine bescheidenere Wohnung genügen!" „Du bist aufgeregt, Elisabeth!" „Ist es zu verwundern, Hermine?" antwortete sie. „Ich höre seit langer Zeit täglich von neuen Verlusten und die unglücklichen Geschäftsverhältnisse haben schon Gustavs schreckliche Krankheit und seinen frühen Tod zur Folge gehabt,- jollten da nicht endlich auch meine Ruhe und Fassung erschüttert werden?" „Du wirst sie aber, wiederfinden, teuerste Elisabeth", entgegnete tröstend die bewährte Freundin, „denn Du hast ein starkes Herz und einen ebenso mutigen Geist! Bedenke, Du verlierst jetzt nur Geld und Gut, das Dir durch einen Umschwung der Verhältnisse leicht ersetzt werden kann." „Du hast recht, Hermine", erwiderte die junge Frau. „Ich könnte noch Teureres verlieren." Auf einmal wurden an der Thür fröhliche Stimmen vernehmbar, und hastig sprangen die Kinder herein, Hilda voran, gefolgt von ihrem kleinen Bruder, — der laut und lebhaft in einer Sprache redete, welche nur die junge Mutter verstand, die ihn unter zärtlichen Worten und Liebkosungen auf den Arm nahm. Hilda dagegen ergriff schnell Her- minens Hand und rief: „Mama! Tante Hermine! Ihr müßt mit uns kommen und sehen, wie schön wir spielen. Wir haben alle Puppen und Soldaten geholt!" und ungeduldig blickte das liebliche Kind von einer zur anderen und ebenso ungeduldig versuchte sich das Brüderchen von der Mama loszumachen. Sie gewährten einen reizenden Anblick und sich ihrer letzten Worte erinnernd^ blickte Elisabeth auf sie uud auf Hermine uudrichtete dann das Auge gen Himmel. „Ja, sie konnte noch mehr verlieren als ihr Vermögen, welches sie für die Ehre ihres Namens dahingegeben. 23. Still und einförmig war in der Villa der Winter verflossen uud die einzige Abwechslung hatten die Briefe und die langsam sich abwickelnden Geschäfts- angelegenheüen gebracht. Der Märzmonat ging zu Ende; es hatte in den letzten Tagen warmes Frühlingswetter geherrscht uud Felder, Wiesen nnd Gärten fingen an, sich neu zu begrünen. Den Garten der Villa schmückten Primeln und an geschützten Stellen sah man schon Veilchen blühen. Hermine hatte sie entdeckt und ging nun täglich mit Hilda, um welche zu pflücken und das Zimmer der Mutter damit zu schmücken. Als sie eines Morgens wiederum mit den Kindern hinausgegangen war, sah sie Elisabeth kommen, deren ernste bekümmerte Gesichtszüge nichts Gutes verrieten. Sie ging ihr, die einen offenen Brief in der Hand hielt, schnell entgegen und fragte hastig: „Elisabeth, es sind doch keine traurigen Nach richten von Deiner Mutter gekommen?" „Ja, Hermine, traurige Nachrichten," entgegnete Elisabeth mit feuchten Augen, „ich will Dir alles erzählen. Doch lies selbst den Brief meiner Mutter, die sich gottlob wohl befindet." „Sollte der Doktorin Bäumer etwas zugestoßen sein?" frug schnell die Freundin fort.