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Wochen- und Uachnchlsblatl zugleich GMts-AnzeM fiir Hohiidors, Nödlitz, BMdttf, Riiskrf, St. KBit«, HeiniPort, R«rikn«ii «ilS Msc«. Amtsblatt für den Stadtrat zu Lichtenstein. — — AA. Jahrgang. ——-—— — —-—-—— Nr. 85. Donnerstag, den 11. April 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- und Festtags) abends für den folgenden Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer 5 Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiserl. Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. ! I« > Tagesgefchichte. —* Lichtenstein, 10. April. Mit heutigem Tage haben die Osterprüfungen in hiesiger Bürger schule ihr Ende erreicht. Wie man wahrnehmen konnte, waren die Prüfungen sämtlich von Eltern und Freunden der Schule gut besucht und ist dies ein recht erfreuliches Zeichen, sieht man doch hieraus, mit welchem Ernst man die Erziehung unserer Jugend von allen Seiten ins Auge faßt. Daß aber auch unsre Herren Lehrer die schweren Pflichten ihres Amtes mit aller Berufstreue erfüllen, konnte man nicht nur aus den Prüfungen selbst, sondern auch aus den ausgelegten, von den Schülern gefertigten muster haften Zeichnungen, Nadelarbeiteu rc., ersehen. Auch die Lehrmittelausstellung bot viel des interessanten und belehrenden Stosses und war wieder mit vielem neu angeschafften Material ausgestattet. —* Mit dem letzten März traten alle diejenigen Soldaten zum Landsturm über, welche im Jahre 1850 geboren wurden. Dieser Jahrgang ist der letzte der Krieger aus dem letzten deutsch-französischen Kriege. Sie gehörten schon einmal dem Landsturm an, mußten aber nach dem neuen Gesetz vom Februar letzten Jahres noch einmal zur Landwehr geschrieben werden und sind jetzt zum zweiten Male Männer des Landsturms. — Soll im Kleinhandel der Zahlende Quittung verlangen können? Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich giebt Veranlassung, diese Frage in Ueberlegung zu ziehen. Unser fächs. bür gerliches Gesetzbuch enthält im § 983 die Bestimmung: „Bei allen Geldzahlungen, ausgenommen bei sofor tigen Barzahlungen im Kleinhandel, kann der Zah lende von dem Empfänger der Zahlung Quittung da rüber verlangen." Der gedachte Entwurf enthält da gegen die allgemeine Vorschrift: „Der Gläubiger hat gegen den Empfang der Leistung demjenigen, welcher dieselbe bewirkt, auf dessen Verlangen ein schriftliches Empsangsbekenntnis (Quittung) zu erteilen." Das soll also auch im Kleinhandel gelten. Mithin würde künftig jeder, der z. B. beim Konditor ein paar Pfann kuchen für 20 Pfennige kauft und diesen großen Kauf preis bezahlt, eine Quittung darüber zu verlangen berechtigt sein. In der Begründung des Entwurfs (zu ß 269) wird hervorgehoben, die Quittung sei gegen Empfang der Leistung d. h. Zug um Zug zu erteilen, der Schuldner habe also das Zurückhaltungsrecht, und es gerate auch der Gläubiger, welcher auf Verlangen des die Erfüllung anbietenden Schuldners die Quittung auszustellen sich weigere, in Annahmeverzug. Folglich würde der Schuldner auch berechtigt werden, das Geld öffentlich zu hinterlegen, und die Kosten der öffent lichen Hinterlegung fielen dem Gläubiger zur Last (8 272,279.) UebrigenS folgt nach den Grundsätzen des Entwurfes aus der Verpflichtung des Gläubigers zur Quittungsleistung, daß der Schuldner auf Erfüllung dieser Verpflichtung auch klagen kann. Wird das nicht leicht zu Belästigungen im Kleinhandel führen? Muß man dabei bedenken, daß, in Ermangelung einer be sonderen gesetzlichen Vorschrift über den wesentlichen Inhalt einer Quittung, nach allgemeinen Grundsätzen wohl anzunehmen sein würde, der Zahler könne ver langen, daß die Quittung die Unterschrift des Em pfängers, den Betrag, Zeit und Ort der Zahlung, den Namen des Zahlers, die Bezeichnung des Zah lungsgrundes und die Angabe der Zahlungsmittel enthalte. Vor einiger Zeit ist es thatsächlich vorge- kommcn, daß ein Dienstmädchen, die in einer Kondi torei für 30 Pf. Ware entnahm, von der Verkäuferin Quittung darüber verlangte, weil die Herrschaft über alles Quittung sehen wolle. Die Verkäuferin konnte diese Zumutung nach unserem geltenden Rechte ab lehnen. Wie wird es mit der Quittungsleistnng beim Kleinhandel, wenn sich im Laden oder an dem Markt stande des Verkäufers alles drängt? Kann in einer Schankwirtschaft der Gast, wenn er sein Stammfrüh- stück bezahlt, auch Quittung (natürlich mit der Unter schrift des Geschäftsinhabers oder eines dazu genügend bevollmächtigten Vertreters versehen!) verlangen? Wo soll da die Grenze sein? — Dresden, 8. April. Am nächsten Sonn abend, 13. April, sind 40 Jahre verflossen, da unser König Albert als 21jähriger Prinz seine Feuertaufe empfing. Die deutschen Bundestruppen unter der Führung des preußischen Generals v. Prittwitz — Bayern, Sachsen und Hannoveraner — erstürmten am 13. April 1849 die von den Dänen in Schles wig erbauten Düppeler Schanzen. Prinz Albert, der an dem deutsch-dänischen Kriege als Hauptmann der reitenden Artillerie unter General v. Heintz teil- nahm, zeichnete sich bei diesem Schanzenstnrm derart aus, daß er das Ritterkreuz des sächsischen Hein richs-Ordens und den preußischen Orden xour la mercks erhielt und zum Major der Infanterie er nannt wurde. — Der augenblicklich mit Familie hier weilende Kaiserlich russische Botschafter in Paris, Baron von Mohrenheim, begiebt sich auf seinen Posten zurück. — Chemnitz, 9. April. Das Programm für das Fest- und Preis-Schießen, welches aus Anlaß des 800jährigen Regierungs-Jubiläums des Hauses Wettin vom 26. bis mit 28. Mai auf dem Schießplatz der Chemnitzer Priv. Scheibenschützen-Gesellschaft zu Alten dorf für alle sächsischen Schützen abgehalten wird, lautet folgendermaßen: Sonnabend, den 25. Mai, abends von ^^8 Uhr an geselliges Beisammensein im Gasthaus „Zur Linde". Sonntag, den 26. Mai, früh 5 Uhr Weckruf. Von früh 7 Uhr an Empfang der fremden Schützen am Bahnhof durch Deputationen der hiesigen Gesellschaft und Führung nach dem Gast haus „Zur Linde", woselbst Wohnungskarten veraus gabt werden. Vormittags 11 Uhr Aufstellung des Fcstzugcs. Abmarsch desselben nach dem Schießplätze Altendorf. Nach Ankunft daselbst Festtafel in der Festhalle (Apollasaal). (Für diejenigen Schützen, welche an der Festtafel nicht teilnehmen, ist Sorge getragen, daß dieselben sowohl im Schützenhause, als auch im Kiystallpalast a la earts speisen können.) Das Schntzenhaus ist allen Festteilnehmern zugängig. Nach beendigter Tafel Unterhaltungsmusik im Garren des Schützenhauses. Um 3 Uhr Beginn des Schießens. Montag, den 27. Mai, Fortsetzung des Schießens. Unterhaltungsmusik im Garten des Schützenhauses. Von 12—2 Uhr gemeinschaftliche Mittagstafel. Diens tag, den 28. Mai, Fortsetzung des Schießens. Unter haltungsmusik im Garten. — Von 12—2 Uhr ge meinschaftliche Mittagstafel. Nach beendigtem Schießen wenn möglich, Verteilung der ersten 10 Preise. — Es ist begründete Aussicht vorhanden, daß sich der Festzug sehr abwechslungsreich gestalten werde, da außer den Schützen aus den verschiedensten Orten Sachsens in ihren mannigfachen Uniformen auch an dere Vereine und Korporationen aus Chemnitz teil nehmen werden. — Die Nachricht von der Auffindung der Leiche des in Lößnitz vermißten Dr. Käuffer wird wider rufen. Dieselbe beruht auf Verwechslung. — Kirchberg. Letztvergangeneu Freitag, den 5. April, hielt der aus 115 Mitgliedern hier bestehende Erzgebirgzweigverein seine Generalversammlung ab. Die Bestrebungen der seit etwa 12 Jahren bestehenden Erzgebirg-Vereine sind bekannt. Sie sind darauf ge richtet, unser so wenig beachtetes, weil bis vor wenig Jahren fast unbekanntes Erzgebirge mit seinen herr lichen Wäldern, lieblichen Thälern und Hellen Wasser läufen dem Fremdenverkehr immer mehr und mehr zu erschließen. Mit Stolz dürfen cs die Vereine sagen, ihre Mühen sind nicht umsonst gewesen. Die Zahl von Touristen und solcher, die einige Wochen der Großstadt den Rücken kehren und sich in länd licher Stille von dem Jagen nach Erwerb erholen, sich an den Schönheiten der Natur erfreuen und an der frischen Waldluft stärken wollen und zu diesem Zwecke in unser Erzgebirge kommen, wird von Jahr zu Jahr größer. — Aue, 8. April. Heute Vormittag stürzte sich aus einem Fenster der ersten Etage im Hotel „blauer Engel" hier in einem Anfall von Geistes störung ein daselbst wohnender Fremder auf das Pflaster. Der Betreffende, der Anstellung als Lehrer an der hiesigen Fachschule finden sollte, ist anscheinend nicht lebensgefährlich verletzt; er wnrde in das Kreis krankenstift nach Zwickau gebracht. — Hundshübel, 7. April. Ein recht bekla genswertes Unglück ereignete sich heute Sonntag nachmittag in unserem Orte. Beim Reifentreiben berxaten drei Knaben die morsche Eisdecke des dem Gutsbesitzer Dittrich gehörigen Teiches und brachen sämtlich ein. Während es nun Herrn Felicetti aus Neidhardtsthal gelang, mit Einsetzung des eigenen Lebens zwei derselben noch lebend ans Ufer zu bringen, konnte der dritte, der zehnjährige und einzige Sohn des Herrn Schlossermeisters Mildner von hier, nicht gerettet werden. Erst nach fast einstündiger Arbeit und nachdem durch Abgraben ein Teil des Wassers abgeflossen war, konnte die Leiche des armen Knaben aus dem Teiche hervorqeholt werden. Alle angestellten Wiederbelebungsversuche blieben leider erfolglos. Der Jammer der unglücklichen Eltern und der jähe Tod des Kindes finden hier und in der Umgegend die wärmste Teilnahme. — In Radeberg erfolgte am 6. d. M. durch den dasigen Gendarm Morgenstern die Verhaftung jenes Diebes, welcher, wie die „D. N." kürzlich be richteten, in Königstein ein Fuhrwerk im Werte von 1300 Mark gestohlen und dasselbe in Reichenbach bei Görlitz verkauft hatte. Es ist der aus Kleinerkmanns dorf stammende ehemalige Gutsbesitzer und Restaura teur Gustav Müller, in dessen Wohnung noch ein großer Teil des Geldes, welches derselbe bei diesem Verkauf erhalten hatte, aufgefuuden Wurde. 8 Berlin, 9. April. Die Reichskommission ist heute zusammengetreten und hat das Verbot der „Volkszeitung" aufgehoben. — Der Reichstag wird sich voraussichtlich am Freitag bis Hum 30. d. ver tagen. — Die Samoa - Conferenz dürfte bald nach Ostern zusammentreten. Die Ankunft der amerikani schen Delegierten wird am 24. oder 25. d. hier er wartet. — Präsident Drenkmann übernimmt die Prä- sidialgeschäfte des Berliner Kammergerichts am 16. d. 8 Berlin, 9. April. Auf der Zeche Derry bei Gastropp fand heute eine Explosion schlagender Wetter statt. Die Zahl der Verwundeten wird ans 25 geschätzt. 8 In den Kreisen derjenigen Abgeordneten, die Wahlkreise vertreten, welche in diesem Frühjahr wiederum von Ueberschwemmuugen heimgesucht worden sind, wird der Gedanke erwogen, zu beantragen, daß die aus dem Notstandsfonds noch verfügbaren Mittel nach dem Vorgänge bezüglich der Hochwasserschäden vom vorigen Sommer auch für die Verheerungen des laufenden Frühjahrs nutzbar gemacht werden. Dieses ohne Zweifel wohlwollende Vorhaben beruht insofern auf einer thatsächlich unrichtigen Grundlage, als jenes Gesetz vom 13. Mai v. I. die Regierung